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Die Erfindung betrifft ein geflochtenes resorbierbares Implantat, das als Band oder Kordel gestaltet ist.
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Resorbierbare Implantate mit hoher Reißkraft werden insbesondere zur Behandlung von Defekten im Stütz- und Bewegungsapparat eingesetzt, z. B. für die Zuggurtung von Knochendefekten oder bei Bänderabrissen. Derartige Implantate gibt es als Bänder oder Kordeln, die z. B. aus Poly-p-dioxanon, einem Glykolid/Lactid-Copolymer oder aus Polyglykoliden gefertigt sind.
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Resorbierbare Kordeln hoher Reißkraft sind in der Regel als Geflecht aufgebaut, und zwar überwiegend als Rundgeflecht, das üblicherweise aus Seele und Mantel besteht. Nach der Implantation muß eine derartige Implantatkordel nicht nur hohe Zugkräfte aufnehmen, sondern ist auch einer ständigen Beanspruchung durch Reibungskräfte ausgesetzt, die auf den Mantel der Implantatkordel einwirken. Dabei kann es vorkommen, daß durch Reibung ein Teil des Mantels reißt. Dadurch reduziert sich die verbleibende Reißkraft der Implantatkordel relativ stark, was im Detail von der ausgewählten Flechtkonstruktion abhängt. Ein typisches Rundgeflecht besteht z. B. aus drei Teilen Seele und sechzehn Teilen Umflechtung oder Mantel (wobei sich die ”Teile” auf die Klöppelanzahl beim Flechtvorgang beziehen), so daß z. B. die Reißkraft um 4/19 sinkt, wenn durch Reibung vier Teile der Umflechtung reißen. Wenn die Umflechtung ursprünglich symmetrisch aufgebaut war, macht sich ein Einreißen einiger Teile der Umflechtung besonders nachteilig bemerkbar, so daß die Reißkraft sogar noch kleiner werden kann, als sich aus dem Verhältnis aus der Zahl der gerissenen Teile zu der Gesamtzahl der Teile des Implantats ergibt.
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Als Bänder gestaltete Implantate hoher Reißkraft sind häufig Bandgewebe, für die verschiedene Bindungsarten in Frage kommen. Bänder können aber auch geflochten sein. Webbänder sind aus Schuß- und Kettfaden aufgebaut. Die Festigkeit der handelsüblichen resorbierbaren Bänder resultiert überwiegend aus den Kettfäden. Die Kettfäden sind durch den darüberliegenden Schußfaden zwar im Prinzip vor Reibung geschützt. Der Schußfaden verschiebt sich jedoch je nach Webart leicht bei einer Druckbeanspruchung, so daß die Kettfäden an der Stelle, wo sie frei liegen, durchgescheuert werden können. Die handelsüblichen chirurgischen Flechtbänder zeigen eine relativ geringe Scheuerbeständigkeit, da sie nur einen relativ kleinen oder gar keinen Anteil an Seele enthalten. Daher läßt die Reißkraft stark nach, wenn ein Teil der Umflechtung durchgerieben ist.
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Die
EP 0 108 171 A1 beschreibt ein Webmaterial zur Verwendung für Gefäßtransplantate. Dieses Gewebe hat längs verlaufende Fäden und quer verlaufende Fäden, zwischen die weitere quer verlaufende Fäden gelegt sind, die aber weniger dicht verwoben sind.
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Die
DE 40 12 602 A1 offenbart eine resorbierbare Implantat-Kordel mit einer einzigen Seele, einem die Seele umgebenden Flechtmantel und einer den Flechtmantel umgebenden geflochtenen äußeren Hülle.
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Die
US 5 662 682 A betrifft ein chirurgisches Nahtmaterial mit einer sich bis ins Innere des Nahtmaterials erstreckenden Flechtstruktur, bei der man – falls überhaupt – allenfalls eine einzige Seele erkennen kann. Ferner ist in dieser Schrift eine Vielzahl von möglichen resorbierbaren und nicht resorbierbaren Materialien für das Nahtmaterial genannt.
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Die
EP 0 067 929 A2 beschreibt einen Sehnen- und/oder Bänderersatz, bei dem mehrere von Mantelfäden aus Metall umgebene Kernfäden aus Metall von einem gemeinsamen textilen Geflecht aus Naturseide umhüllt sind.
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Die
WO 89/01320 A1 offenbart ein Bänderersatzimplantat, das entlang seiner Länge in unterschiedliche Abschnitte aufgeteilt ist. Bei einer Ausführungsform enthält ein Abschnitt eine Seele aus parallel angeordneten Bündeln von elastomeren Garnen, die jeweils mit einer Umwicklung versehen sind. Diese eine Seele ist von einem äußeren Flechtmantel umgeben, der individuell geflochtene Komponenten aufweist. Eine weitere Ausführungsform enthält eine geflochtene Struktur als zentrales Gebilde, die sich aber nicht über die gesamte Länge erstreckt.
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Aus der
US 4 792 336 A ist ein Implantat zur Reparatur von Bändern und Sehnen bekannt, das ein flaches Geflecht aus resorbierbaren und nicht resorbierbaren Garnen aufweist. Die Mehrzahl der Garne ist in Längsrichtung des Implantats ausgerichtet.
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Die
US 4 972 756 A zeigt eine Flechtmaschine, die selbstgetriebene Spulenträger und einen Garnspanner aufweist.
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Die
EP 0 041 111 A2 offenbart einen Sehnen- oder Bänderersatz mit einem runden Strang, der einen metallenen Kernfaden und diesen konzentrisch umgebende metallene Mantelfäden aufweist, wobei jeder Faden in einem Schlauch verläuft und der Strang durch eine Außenhülle zusammengehalten ist. Die Schläuche und die Außenhülle bestehen aus Kunststoff oder Naturseide.
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Aus der
EP 0 243 119 A1 sind komplex geformte Flechtstrukturen aus Kompositmaterialien bekannt, die zum Beispiel im Flugzeugbau verwendet werden können.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein als Band oder Kordel gestaltetes resorbierbares Implantat zu schaffen, das insbesondere für Einsatzzwecke geeignet ist, die eine hohe Reißkraft erfordern, und das weitgehend unempfindlich gegen Reibungsbeanspruchungen ist.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein geflochtenes resorbierbares Implantat mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das erfindungsgemäße geflochtene resorbierbare Implantat ist als Band oder Kordel gestaltet und weist mindestens zwei Seelen auf, die durch einen Flechtmantel voneinander getrennt und von einem Flechtmantel überdeckt sind. Der Beitrag der Seelen zur Reißkraft des Implantats liegt im Bereich von 30% bis 70%.
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Der Begriff ”Flechtmantel” ist hier ganz allgemein als zusammenhängende Umflechtung zu verstehen und nicht auf ein hohlzylinderartiges Gebilde eingeschränkt. Das erfindungsgemäße Implantat kann einen oder mehrere Flechtmäntel aufweisen, die für sich genommen und in ihrer Zusammenwirkung so gestaltet sind, daß sie einerseits die Seelen des Implantats voneinander trennen und andererseits überdecken, so daß an den Außenseiten des Implantats nur der Flechtmantel (oder die Flechtmäntel) in Erscheinung tritt.
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Die Seelen sind von der Umflechtung überdeckt und daher ausreichend vor Reißkraftverlusten infolge Reibung geschützt. Der Beitrag der Seelen zur Reißkraft des Implantats ist mit mindestens 30% relativ groß, so daß die Reißkraft nicht bedenklich stark absinkt, wenn ein Teil der Umflechtung durchgerieben sein sollte. Andererseits beträgt der Beitrag der Seelen zur Reißkraft des Implantats höchstens 70%, was bedeutet, daß die Umflechtung, d. h. der oder die Flechtmäntel, relativ dick ist, so daß die Seelen relativ weit innen in dem Implantat liegen und in der Regel selbst dann keinem Angriff ausgesetzt sind, wenn ein Teil der Umflechtung beschädigt ist. Da mehrere Seelen über das Implantat verteilt sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, daß auch im Falle sehr ungünstiger Reibungseinwirkungen ein oder mehrere Seelen völlig unbeschädigt bleiben und eine ausreichende Restreißkraft des Implantats gewährleisten.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das Implantat als Band gestaltet und weist mindestens drei Seelen auf, die nebeneinander angeordnet sind und von einem gemeinsamen Flechtmantel voneinander getrennt und überdeckt sind. Ein derartiges Implantat kann z. B. als flaches Geflecht ausgeführt sein, das als Streifenlitze mit z. B. sechs Seelen hergestellt ist. Eine größere oder kleinere Anzahl von Seelen ist auch möglich.
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Bei einer anderen bevorzugten Ausführungsform ist das Implantat als Kordel gestaltet und weist mindestens vier Seelen auf, die von einem gemeinsamen diagonal geflochtenen Flechtmantel voneinander getrennt und überdeckt sind. Vorzugsweise sind dabei die Seelen in einer Konfiguration angeordnet, die invariant gegen Drehungen um die Implantatachse um 90° ist. Dabei ist vorzugsweise eine zentrale Seele entlang der Implantatachse angeordnet, die dicker sein kann als die anderen Seelen und deren Reißkraft z. B. mindestens 20% der Reißkraft des Implantats beträgt.
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Eine Seele kann mehrere nebeneinander angeordnete Elemente aufweisen, die nicht von einer Umflechtung voneinander getrennt sind. Ein derartiger Aufbau einer Seele ist bekannt.
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Mindestens eine der Seelen kann einen eigenen Flechtmantel aufweisen, der die Seele überdeckt und von benachbarten Seelen trennt. Die anderen Seelen können ebenfalls mit einem derartigen Flechtmantel versehen sein, so daß das Implantat insgesamt mehrere Flechtmäntel hat, die untereinander zusammengehalten sind, z. B. durch einen gemeinsamen äußeren Flechtmantel, der alle Seelen einschließlich der den einzelnen Seelen zugeordneten Flechtmäntel umgibt. Insgesamt sind viele Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Implantats denkbar, denen gemeinsam ist, daß mehrere Seelen vorhanden sind, die durch eine Umflechtung geschützt sind und zur Reißkraft des Implantats 30% bis 70% beitragen.
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Als Material für das geflochtene resorbierbare Implantat kommen z. B. Poly-p-dioxanon oder ein Glykolid/Lactid-Copolymer (vorzugsweise Polyglactin 910, ein Copolymer aus Glykolid und Lactid im Verhältnis 9:1, oder ein Copolymer mit 5 Teilen Glykolid auf 95 Teile L-Lactid) in Frage. Auch die Verwendung von reinen Polyglykoliden oder von mehreren verschiedenartigen resorbierbaren Materialien ist denkbar. Mindestens eine Seele besteht aus einem anderen Material als ein Flechtmantel. Zum Beispiel kann das Material der Seelen langsamer resorbierbar sein als das Material des Flechtmantels.
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Im folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Die Zeichnungen zeigen in:
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1 einen schematischen Querschnitt durch ein als Band gestaltetes erfindungsgemäßes Implantat,
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2 in Teil (a) einen schematischen Querschnitt und in Teil (b) eine Seitenansicht eines als Kordel gestalteten erfindungsgemäßen Implantats mit fünf Seelen,
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3 in Teil (a) einen schematischen Querschnitt und in Teil (b) eine Seitenansicht eines als Kordel gestalteten erfindungsgemäßen Implantats mit neun Seelen,
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4 in Teil (a) einen schematischen Querschnitt und in Teil (b) eine Seitenansicht eines als Kordel gestalteten erfindungsgemäßen Implantats mit siebzehn Seelen,
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5 eine schematische Ansicht der Anordnung der Seelen über den Querschnitt eines erfindungsgemäßen Implantats mit einer zentralen Seele, die dicker ist als die anderen Seelen, und
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6 ein Kraft-Dehnungs-Diagramm, in dem das Verhalten von zwei herkömmlichen Implantaten (a, b) und das eines erfindungsgemäßen Implantats (c) miteinander verglichen sind.
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In 1 ist eine Ausführungsform eines als Band gestalteten geflochtenen resorbierbaren Implantats im Querschnitt dargestellt. Das Implantat hat sechs Seelen 10, die nebeneinander angeordnet sind, im wesentlichen parallel zueinander verlaufen und im Ausführungsbeispiel 50% zur Reißkraft des Implantats beitragen. Jede der Seelen 10 kann multifil sein, d. h. mehrere oder viele nebeneinander angeordnete Elemente aufweisen. Die sechs Seelen 10 sind von einem Flechtmantel 12 umgeben, der in 1 schematisch dargestellt ist und einen Umriß 13 hat. Im Ausführungsbeispiel ist der Flechtmantel 12 eine zusammenhängende Umflechtung der sechs Seelen 10, der die Seelen 10 einerseits voneinander trennt und andererseits überdeckt, so daß sie nach außen hin von dem Flechtmantel 12 geschützt sind.
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Das Implantatband gemäß 1 zeichnet sich durch hohe Flexibilität und hohe Reißkraft aus und ist in bezug auf seine Reißkraft widerstandsfähig gegen Reiben und Scheuern.
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Die 2, 3 und 4 zeigen Ausführungsformen eines geflochtenen resorbierbaren Implantats, das als Kordel gestaltet ist, und zwar jeweils in Teil (a) im Querschnitt und in Teil (b) in Seitenansicht, wobei der Flechtmantel teilweise weggelassen ist, um einen Blick auf die Seelen zuzulassen.
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Das Implantat gemäß 2 hat eine zentrale Seele 20, die entlang der Implantatachse angeordnet ist. Die zentrale Seele 20 ist von vier äußeren Seelen 21 umgeben, die auf den Ecken eines Quadrats angeordnet sind. Dadurch entsteht für die Seelen eine Konfiguration, die invariant gegen Drehungen um die Implantatachse um 90° ist. Die Seelen 20, 21, die vorzugsweise jeweils mehrere nebeneinander angeordnete Elemente aufweisen, sind von einem gemeinsamen diagonal geflochtenen Flechtmantel umgeben, der die Seelen 20, 21 voneinander trennt und auf Abstand hält sowie überdeckt, wodurch die Seelen 20, 21 vor äußeren Einflüssen geschützt sind.
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In dem Implantat gemäß 3 ist eine zentrale Seele 30 von acht äußeren Seelen 31 umgeben. Die Anordnung der Seelen 30, 31 ist wiederum invariant gegen Drehungen um die Implantatachse um 90°. Auch bei dieser Ausführungsform ist ein gemeinsamer diagonal geflochtener Flechtmantel 32 vorgesehen.
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In 4 ist eine Ausführungsform des geflochtenen resorbierbaren Implantats dargestellt, in der eine zentrale Seele 40 von insgesamt sechzehn weiteren Seelen 41 umgeben ist. Die weiteren Seelen 41 sind im Querschnitt in vier Reihen und vier Spalten angeordnet, und der Abstand zwischen der zentralen Seele 40 und einer der inneren weiteren Seelen 41 ist geringer als der Abstand einer der äußeren weiteren Seelen 41 zu einer anderen weiteren Seele 41. Auch hier ist die Anordnung der Seelen 40, 41 invariant gegen Drehungen um die Implantatachse um 90°. Die insgesamt siebzehn Seelen 40, 41 befinden sich in einem gemeinsamen diagonal geflochtenen Flechtmantel 42.
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5 zeigt eine Variante der Ausführungsform gemäß 3. Das in 5 dargestellte geflochtene resorbierbare Implantat hat eine zentrale Seele 50, die dicker ist als die acht äußeren Seelen 51. Der Flechtmantel der Ausführungsform gemäß 5 kann so gestaltet sein wie bei der Ausführungsform gemäß 3, ist aber in 5 nicht dargestellt. Die zentrale Seele 50 trägt im Ausführungsbeispiel mindestens 20% zur Reißkraft des Implantats bei. Die äußeren Seelen 51 haben ebenfalls einen beträchtlichen Anteil an der Reißkraft des Implantats und schützen außerdem die zentrale Seele 50, zusätzlich zu dem Flechtmantel. In dieser Ausführungsform wird die zentrale Seele 50, die den größten Anteil an der Reißkraft des Implantats trägt, also besonders wirkungsvoll vor schädlichen äußeren Einflüssen, insbesondere infolge von Reiben und Scheuern, bewahrt.
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Die zentrale Seele 50 kann, wie in den anderen Ausführungsbeispielen, mehrere nebeneinander angeordnete Elemente aufweisen. Bei einer Variante ist sie zusätzlich durch einen eigenen Flechtmantel in Form eines Rundgeflechts geschützt. Dieser Flechtmantel definiert den in 5 eingezeichneten Umriß der zentralen Seele 50. Außerdem weist diese Ausführungsform den zuvor beschriebenen gemeinsamen diagonal geflochtenen Flechtmantel auf.
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Auch die als Kordeln gestalteten geflochtenen resorbierbaren Implantate sind flexibel, haben eine hohe Reißkraft und sind infolge des beschriebenen Aufbaus reibestabil.
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Alle beschriebenen Ausführungsformen sind z. B. zum Einsatz am AC-Gelenk (Acromioclavicula-Gelenk) geeignet.
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Als Material für das geflochtene resorbierbare Implantat eignen sich zum Beispiel Poly-p-dioxanon oder Glykolid/Lactid-Copolymere, insbesondere ein Copolymer aus Glykolid und L-Lactid im Verhältnis 90:10 (Polyglactin 910) oder ein Copolymer aus Glykolid und L-Lactid im Verhältnis 5:95. Dabei kann es vorteilhaft sein, wenn für die Seelen und den Flechtmantel (oder die Flechtmäntel) verschiedene Materialien zum Einsatz kommen, wobei zum Beispiel das Material der Seelen langsamer resorbierbar sein kann als das Material des Flechtmantels. Dies wird im folgenden anhand von zwei weiteren Ausführungsbeispielen verdeutlicht.
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Im ersten Beispiel (Vergleichsbeispiel) bestehen sowohl die Seelen als auch der Flechtmantel bzw. die Flechtmäntel aus einem Copolymer aus Glykolid und L-Lactid im Verhältnis 5:95. Ein ansonsten erfindungsgemäß aufgebautes Implantat aus diesem Material hat infolge der Überdeckung der Seele durch den Flechtmantel bzw. die Flechtmäntel eine erhöhte Reibestabilität. Die Resorptionsdauer liegt bei etwa zwei bis vier Jahren. Die Reißkraft in vivo beträgt nach einem halben Jahr noch ca. 40% bis 70% und nach einem Jahr noch ca. 15% bis 35% der ursprünglichen (initialen) Reißkraft. Dieses langsame Abbauprofil ermöglicht ein relativ kleines Implantatvolumen, wenn sich die ursprüngliche Reißkraft und die Reißkraft in vivo nach ca. acht bis zwölf Wochen nicht wesentlich unterscheiden sollen. Derartige Bedingungen reichen zur Versorgung einer Acromioclavicula-Sprengung, denn nach ca. acht bis zwölf Wochen haben sich native Bandstrukturen in ausreichendem Maße gebildet, die langsam wieder eine hohe Festigkeit entwickeln.
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Im Vergleich dazu zeigen herkömmliche Implantate, zum Beispiel herkömmliche Bänder oder herkömmliche Rundgeflechte aus z. B. Poly-p-dioxanon-Garnen, innerhalb von acht Wochen allein durch den normalen in-vivo-Abbau ohne den Einfluß von Reibung einen Reißkraftverlust von ca. 50% bis 65%. Zusätzlich tritt bei Implantaten dieser Flechtkonstruktion ein Reißkraftverlust durch Reibung auf, der je nach Implantationsort, Implantationsart und Reibungsfläche nicht unbeträchtlich ist und z. B. die verbleibende Reißkraft nach mehreren Wochen Implantationsdauer noch einmal halbieren kann. Die initiale Reißkraft muß also bei herkömmlichen Implantaten entsprechend hoch sein, was eine größere Implantatmasse erforderlich macht und daher zu einer unerwünschten stärkeren Fremdkörperreaktion führt.
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Im zweiten Beispiel (erfindungsgemäß) bestehen die Seelen aus einem langsam resorbierbaren Material und der Fechtmantel bzw. die Flechtmäntel (Umflechtung) aus einem schnell resorbierbaren Material. Als langsam resorbierbares Material kommt zum Beispiel ein Copolymer aus Glykolid und Lactid in Frage, insbesondere ein Copolymer aus Glykolid und L-Lactid im Verhältnis 5:95 (Resorptionsdauer ca. zwei bis vier Jahre). Als schnell resorbierbares Material eignen sich zum Beispiel Polyglactin 910 (Resorptionsdauer ca. 70 bis 80 Tage) oder Poly-p-dioxanon (Resorptionsdauer ca. 180 Tage). Der Vorteil dabei ist, daß über einen Zeitraum von mehreren Wochen durch die Umflechtung eine ausreichende Reibestabilität gegeben ist. Das eigentlich lasttragende Element, nämlich die langsam resorbierbaren Seelen, wird von der Umflechtung in dieser kritischen Anfangsphase wirksam vor Reißkraftverlusten infolge von Reibung geschützt und zeigt nur einen langsamen Reißkraftverlust. Die gesamte Implantatmasse wird dagegen infolge des Abbaus der Umflechtung relativ schnell verringert, was dem Heilungspozeß zugute kommt.
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6 zeigt ein Kraft-Dehnungs-Diagramm, in dem das Verhalten von zwei herkömmlichen Implantaten (a, b) und das eines erfindungsgemäßen Implantats (c) miteinander verglichen sind. Die Implantate sind so dimensioniert, daß bei Anwendung einer Zugkraft von 100 N eine Dehnung von 100% eintritt, sich also die Länge des jeweiligen Implantats verdoppelt.
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Die herkömmlichen Implantate sind ein Rundgeflecht ohne Seele (a) und ein Rundgeflecht, das aus drei Teilen Seele und sechszehn Teilen Umflechtung besteht (b).
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Das erfindungsgemäße Implantat (c) ist als Streifenlitze mit einem Grundaufbau wie in 1 ausgeführt. Die Seelen bestehen aus einem hochverstreckten Multifilamentgarn und weisen jeweils mehrere oder viele nebeneinander angeordnete lasttragende Elemente auf. Dabei beträgt der Seelenanteil 50% an der Gesamtmasse des Implantats.
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Das Kraft-Dehnungs-Verhalten des erfindungsgemäßen Implantats wird im Bereich kleiner Dehnungen durch den hohen Seelenanteil geprägt. Dieses Implantat (c) hat im Bereich kleiner Dehnungen eine deutlich höhere Steifigkeit als die beiden Vergleichsimplantate (a, b). (Die Steifigkeit ist definiert als im Linearzug auftretende Kraftänderung pro Längenänderung, bezogen auf die Anfangslänge.) Für bestimmte Indikationen, zum Beispiel die Versorgung einer AC-Sprengung (Acromioclavicula-Sprengung), sind hohe Steifigkeiten erwünscht. Die Steifigkeit kann zum Beispiel durch das als Seele eingesetzte Material gesteuert oder festgelegt werden.