-
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung eines Additivs mit kettenregelnden und stabilisierenden Eigenschaften bei der Herstellung von Polycaprolactam.
-
Um hohen Anforderungen an die Licht- und Hitzestabilität von Polymeren Rechnung zu tragen, werden den polymeren Formmassen Stabilisatoren als Additive zugemischt. Unabhängig davon erfolgt die Einstellung des Polymerisationsgrades von Polykondensaten, wie Polyamiden, durch die Zugabe von kettenregelnden Substanzen, die zur Kondensation fähige reaktive Gruppen tragen, die an das Ende der Polymerkette eingebaut werden können. Außerdem beeinflußt das Verhältnis der funktionellen Endgruppen, bei Polyamiden Amino- und Carboxyl-Endgruppen, die Endeigenschaften der Polymeren, wie z. B. deren Anfärbung.
-
Zur Licht- und Hitze-Stabilisierung polymerer Formmassen ist der Einsatz von sterisch gehinderten Aminen, sogenannten HALS-Verbindungen, bekannt. Hierzu zählen auch 2,2,6,6-Tetraalkylpiperidyl- und Tetraalkylpiperidyloxy-Derivate, die u. a. zur Stabilisierung von Polyamiden eingesetzt werden (
DE 4403084 A1 ,
EP 0466647 A1 ).
-
2,2,6,6-Tetramethyl-4-piperidinol (TAA-o1) wird als Ausgangssubstanz zur Herstellung dieser Stabilisatoren genutzt (
EP 0565487 B1 ,
CA 997353 A ,
EP 0211572 A1 ) oder direkt als reaktives Reagenz zur Stabilisierung von PA-6.6 eingesetzt (N. S. Allen et al., Polymer Degradation and Stability 21, 251 (1988)), wobei die Hydroxylgruppe des Additivs mit einer freien COOH-Gruppe der Polymerkette reagiert.
-
Ebenso wird 4-Amino-2,2,6,6-tetramethylpiperidin (TAD) in einer Menge von bis zu 0,7 Gew.-% als Stabilisator-Additiv für PA-6 (
DE 19537614 A1 ) verwendet. Im Patent
DE 2040975 C wurden bereits Blends mit 0,01–5,0 Gew.-% 4-Aminopiperidin-Derivaten beschrieben. Im
US-Patent 5618909 wird TAD mit Polyamid-Monomeren oder Oligomeren verknüpft, um dann im Polyamid TAD-Konzentrationen von 0,1–1,0% einzustellen. Der Einbau in die Polyamid-Kette erfolgt durch Reaktion der freien ungehinderten Aminofunktion mit einer freien COOH-Gruppe der Polymerkette. Das TAD-Molekül wird an das Kettenende gebunden und reagiert so auch als Kettenregler (
WO95/28443 A1 ), wie es für Amine, Mono- und Dicarbonsäuren bekannt ist.
-
DE 3901716 A1 beschreibt die Kopplung von u. a. TAD oder TAA-o1 Resten an reaktive Gruppen aus der Klasse der Reaktivfarbstoffe, die dann Polyamid zugemischt werden und zur Verbesserung dessen Anfärbbarkeit führen.
DE 3932912 A1 beschreibt Polyamid (PA), das pro PA-Molekül 5–200 sterisch gehinderte Aminogruppen, insbesondere Tetramethylpiperidyl-4-Reste trägt. Das Verfahren umfaßt die Kondensation von Disäuren und Diaminen, die die sterisch gehinderten Aminogruppen als Substituenten tragen und die Verwendung dieses PA als Additiv für herkömmliche Polyamide.
-
Ein Nachteil der 2,2,6,6-Tetramethylpiperidyl-4-Derivate, die eine freie, zur Kondensation fähige Gruppe tragen, besteht in der Notwendigkeit der Handhabung unter Luftabschluß, um eine Gelbfärbung durch Reaktion mit Luftsauerstoff zu vermeiden.
-
DE 3901717 A1 behandelt Polyamide mit 0,5–5% Bis-(2,2,6,6-tetramethylpiperidyl-4)-isophthalsäurediamid (MPIA) und das Verfahren der Schmelze-Einmischung, u. a. zur Verbesserung der Anfärbbarkeit. MPIA wird über ein Masterbatch oder auch als Pulver mit dem Polymeren vermischt. Neben der ”nichtreaktiven” – weil sterisch gehinderten – Aminfunktion trägt dieses Additiv keine freien Amin-, Hydroxyl- oder Carbonsäurefunktionen, die mit den funktionellen Endgruppen des PA-6 Monomeren oder PA-6 Polymeren reagieren könnten und liegt folglich als ”inertes” Additiv ohne kettenregelnde Wirkung in der Polymermischung vor.
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Einstellung von Polymerisationsgrad, Endgruppenverhältnis sowie Licht- und Hitzestabilisierung bei der Herstellung von Polycaprolactam unter Verwendung eines Additivs zur Verfügung zu stellen, wobei das Additiv eine kettenregelnde und stabilisierende Wirkung aufweisen sollte und ohne Probleme an der Luft handhabbar sein sollte.
-
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß durch die Verwendung eines Additivs gemäß den Angaben der Patentansprüche.
-
Überraschenderweise und entgegen der Erwartung wurde nun entdeckt, daß bei Zugabe des inerten Additives Bis-(2,2,6,6-tetramethylpiperidyl-4-isophthalsäurediamid (MPIA) oder des Terephthalsäure-Analogen (MPTA) in eine frühe Prozeßstufe der Polyamid-6 Herstellung durch hydrolytische Polymerisation, dieses Additiv eine kettenregelnde und stabilisierende Wirkung zeigt. Carbonsäureamide als Kettenregler wurden bisher nicht beschrieben.
-
Damit wird die Verwendung eines Additivs mit kettenregelnden und stabilisierenden Eigenschaften bei der Herstellung von Polycaprolactam zur Verfügung gestellt, das sich dadurch auszeichnet, daß zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen der Zugabe des Monomeren und dem Beginn der Polykondensation eine Verbindung als Kettenregler zugesetzt wird, die der allgemeinen Formel (I) entspricht,
R1-NH-OC-R2-CO-NH-R1 (I) wobei R
1 eine Verbindung der Formel (II) beinhaltet,
R
2 ein Phenylrest ist, der die Substituenten in 1,3- oder 1,4-Position trägt,
R
3 Wasserstoff, C
1-6-Alkyl, C
1-4-Alkoxy oder -CO-C
1-4-Alkyl und R
4 unabhängig voneinander C
1-5-Alkyl bedeuten.
-
Eine bevorzugte Verbindung der Formel (I) ist Bis-(2,2,6,6-tetramethylpiperidyl-4)-isophthalsäurediamid (MPIA).
-
Unter Beginn der Polykondensation wird die Phase verstanden, die sich an die Ringöffnungsreaktion des Caprolactams anschließt; bezogen auf die gesamte Reaktionszeit ausgehend vom Start der Monomeren-Einspeisung bis zum Austrag des Polymeren sollte die Additivzugabe spätestens bis zur Hälfte der Reaktionszeit erfolgt sein.
-
Da in der Praxis unterschiedliche Viskositäten eingestellt werden müssen und andererseits die Endgruppenverhältnisse gesteuert werden müssen, je nach Anwendungsziel des Polyamides, kann der erfindungsgemäß eingesetzte Kettenregler auch durch die zusätzliche Zugabe von Anteilen bekannter mono- und/oder bifunktioneller kettenregelnder Substanzen ergänzt werden.
-
Unter Polycaprolactam wird somit ein Kondensationsprodukt aus Caprolactam verstanden, wobei während dessen Herstellung bis zum Beginn der Polykondensation des Lactams Bis-(2,2,6,6-tetramethylpiperidyl-4)-isophthalsäurediamid oder -terephthalsäurediamid neben Wasser und wahlweise auch Anteile von Monocarbonsäuren (wie Essigsäure, Propionsäure, Benzoesäure usw.) und/oder Dicarbonsäuren (wie Adipinsäure, Isophthalsäure, Terephthalsäure, Naphthalindicarbonsäure usw.) und/oder Monoaminen (wie Hexylamin, Ethylphenylamin usw.) und/oder Diaminen (wie 3-Dimethylamino-1-propylamin usw.) in Mengen von 5–70 mmol/kg zugesetzt werden. Falls gewünscht, können auch Pigmentansätze zugefügt werden.
-
In Abhängigkeit von den gewünschten und einzustellenden Endeigenschaften des Polyamides in Bezug auf Polymerisationsgrad, Endgruppenverhältnis sowie Licht- und Hitzestabilitität variieren die Mengen der Verbindung nach Formel (I), die bis zum Beginn der Polykondensation zugesetzt werden, zwischen 0,01 und 3,0 Gew.-%, bevorzugt 1,0 bis 3,0 Gew.-% wenn keine sonstigen Kettenregler verwendet werden bzw. 0,05 bis 1,5 Gew.-% wenn weitere kettenregelnde Komponenten zugesetzt werden (Gew.-% jeweils bezogen auf Polyamid).
-
Gegenstand der Erfindung ist somit die Verwendung eines ”neutralen” Additivs als Kettenregler, das bei der Polyamid 6-Herstellung zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen Zugabe des Monomeren und Beginn der Polykondensation zugegeben wird. Da dieser Kettenregler Substituenten des HALS-Typus trägt, zeichnet sich das erhaltene Polyamid außerdem durch hohe Licht- und Hitzestabilität aus. Weiterhin läßt sich ein solches kettengeregeltes, licht- und hitzestabilisiertes Polyamid-6 Material als Formmasse oder zu Fasern verarbeiten, insbesondere bei den heute üblichen hohen Spinngeschwindigkeiten von mindestens 4000 m/min. Im Gegensatz zur HALS-Verbindung TAD, die unter Luftabschluss zur Vermeidung von Gelbfärbung gehandhabt werden muß, läßt sich das erfindungsgemäße Additiv ohne Nachteile auch unter Luft handhaben.
-
Beispiel 1:
-
Ein Batchreaktor wurde mit 2,3 kg Caprolactam, 2 Gew.-% demin. Wasser und MPIA beschickt, wobei die Zugabe des MPIA in einem weiten Konzentrationsbereich variiert wurde (Tabelle 1).
-
Nach dem Aufheizen der Eduktmischung auf 260°C wurde ein autogener Druck von 4 bar über eine Stunde gehalten. Hieran schloß sich eine Entspannungsphase von 30 Minuten an, in der der Druck im Reaktor auf Atmosphärendruck reduziert wurde. Die Polymerisation zu PA-6 wurde bei 260°C isotherm und drucklos während 3 Stunden durchgeführt; eine 2 stündige Vakuumphase bei 950 mbar schloß die Polymerisation ab. Der Austrag der Polymerschmelze erfolgte durch N2-Überdruck, anschließend wurde der Polymerstrang granuliert.
-
Die Charakterisierung des Polycaprolactam in Abhängigkeit von der Einwaage des MPIA ist in Tabelle 1 aufgeführt. Die Bestimmung der Endgruppen und der Lösungsviskosität erfolgte an getrockneten Chips. Tabelle 1
Einwaage MPIA | R. V. | COOH-Endgruppen | NH2-Endgruppen | Extraktgehalt Caprolactam |
6 mmol/kg | 2,51 | 46 mmol/kg | 63 mmol/kg | 7,8% |
20 mmol/kg | 2,44 | 48 mmol/kg | 82 mmol/kg | 8,1% |
30 mmol/kg | 2,28 | 48 mmol/kg | 102 mmol/kg | 8,7% |
60 mmol/kg | 2,12 | 51 mmol/kg | 150 mmol/kg | 8,8% |
-
Beispiel 2:
-
Von größter Bedeutung für den erfindungsgemäßen Prozeß ist der Zeitpunkt der Zugabe des Kettenreglers. Zur Verdeutlichung dieses Effekts wurde eine konstante Menge von 30 mmol/kg MPIA entweder dem Edukt oder der Schmelze nach der Entspannung oder eine Stunde vor dem Ende der Polykondensation zugegeben. Ansonsten wurde, wie im Beispiel 1 verfahren. Die Ergebnisse in Tabelle 2 verdeutlichen, daß die kettenregelnde Wirkung bei Zugabe zu Beginn der Reaktion am größten und am Ende der Polykondensation vernachlässigbar ist. Zu diesem Zeitpunkt besitzt das MPIA nur noch die Funktionalität eines nicht reaktionsfähigen Additivs. Tabelle 2
Zugabe MPIA | R. V. | COOH-Endgruppen | NH2-Endgruppen | Extraktgehalt Caprolactam |
bei Reaktorfüllung | 2,28 | 48 mmol/kg | 102 mmol/kg | 8,7% |
nach Entspannung | 2,42 | 48 mmol/kg | 105 mmol/kg | 9,2% |
60 Min. vor Austrag | 2,62 | 47 mmol/kg | 95 mmol/kg | 8,6 |
-
Beispiel 3:
-
Der Reaktor wurde mit 2,3 kg Caprolactam, 2 Gew.-% demin. Wasser, 25,0 mmol/kg Essigsäure und 5,0 mmol/kg MPIA beschickt. Nach der, wie in Beispiel 1 beschrieben, durchgeführten Reaktion wurde ein Polyamid erhalten, das eine Lösungsviskosität (R. V.) von 2,23 aufwies und 65 mmol/kg COOH- sowie 47 mmol/kg NH2-Endgruppen hatte. Der extrahierte Caprolactam-Gehalt lag bei 7,9%.
-
Die vorstehend genannten Kennwerte würden, wie folgt, bestimmt:
Vor Durchführung der Analysen erfolgte die Trocknung der Polyamid-Chips während 24 h bei 80°C unter Vakuum (< 50 mbar). Die Lösungsviskosität R. V. (Relative Viskosität) wurde an einer Lösung von 1 g Polymer in 100 ml 96 Gew.-%iger H2SO4 bei 25°C gemessen.
-
Zur Bestimmung der NH2-Endgruppen wurde das Polymer unter Rückfluß in einem Gemisch aus m-Kresol/Methanol (3:1) bei 60°C während 1 h gelöst. Nach dem Abkühlen der Lösung auf Raumtemperatur wurden die NH2-Endgruppen mit ethanolischer Salzsäure gegen Thymolblau-Indikator titriert.
-
Zur Bestimmung der COOH-Endgruppen wurde das Polymer unter Rückfluß in Benzylalkohol gelöst und nach Abkühlung auf 120°C mit ethanolischer Kalilauge gegen Phenolphthalein-Indikator titriert.
-
Der Caprolactamgehalt im Extrakt wurde nach Extraktion von 5 g Chips mit 85 ml demin. Wasser bei 100°C während 8 h mittels HPLC in der Extraktlösung bestimmt.