DE19731358C2 - Übungsgerät, insbesondere zur Eigenmobilisierung von Körpergelenken, vor allem von Schultergelenken - Google Patents

Description

Übungsgerät insbesondere zur Eigenmobilisierung von Körperge­ lenken, vor allem von Schultergelenken;

Die Beschreibung des Übungsgerätes erfolgt für die Anwendung am Schultergelenk.

Es sind bereits Übungsgeräte zur Eigenmobilisation von Gelenken bekannt. DE-GM 94 16 796 beinhaltet zwar eine Auflage und ein Seilzugsystem, durch Betätigung des Seilzugs wird jedoch kein Kippmechnismus der Auflage aktiviert. Auch bei DE 43 28 866 A1 ist letzeres nicht der Fall.

Charakteristischerweise gehen schmerzhafte Bewegungsein­ schränkungen der Schulter mit einer räumlichen Enge zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach (Akromion) einher. Gleichzeitig besteht im überwiegenden Teil der Fälle eine re­ lative Schrumpfung der unteren Gelenkkapsel (Rezessus axilla­ ris). Dieses Problem ist in der einschlägigen Fachliteratur seit Jahren beschrieben (z. B.: Loyd, J. A. and Loyd H. M.: Ad­ hesive Capsulitis of the Shouder: Arthrographic diagnosis and treatment, Southern Medical Journal, Vol 76, No. 7, July 1983, 879-883; Neviaser J. S.: Adhesive capsulitis of the shoulder, Medical times, Vol. 90, No. 8, August 1962, 783-807). Dadurch ist der normale Roll-Gleit-Machanismus des Gelenks gestört. Die Gelenkfläche des Oberarmkopfes kann beim Heben des Armes aufgrund der geschrumpften unteren Gelenkkapsel nicht mehr gegenüber der Gelenkpfanne nach unten gleiten, wie dies bei einem normalen Gelenk der Fall ist. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit des Gleitens nach unten wird bei einer bewegungseingeschränkten Schulter beim Heben des Armes der Oberarmkopf nach oben gegen das Schulterdach gedrückt, was zu einem weiteren Engpaß und zur Einklemmung der dazwischenliegenden Sehnenstrukturen und des Schleimbeutels führt. Dies ruft in der Regel anhaltende Entzündungen der genannten Weichteilstrukturen hervor und kann zur Aufrechterhaltung der Schmerzen und der Bewegungseinschränkung beitragen.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein für den Benutzer einfach montierbares und einfach anwendbares Hilfsmittel zur Mobilisierung von schmerzhaften oder bewegungseingeschränkten Gelenken zur Verfügung zu stellen.

Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst.

Bei Betätigung des Zugseils werden Kräfte in die Auflage eingeleitet, die den daran fixierten Oberarm relativ nach unten ziehen, damit den gestörten Gleitmechanismus des Oberarmkopfes normalisieren, die geschrumpften unteren Kapselanteile dehnen und gleichzeitig einen Engpaß zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach verhindern. Parallel dazu wird der Bewegungsumfang in Richtung des Armhebens erweitert, ohne daß Weichteilstrukturen eingeklemmt werden. Ungewollte Ausweichbewegungen des Schulterblattes werden dabei zudem reduziert.

Die Erfindung berücksichtigt in einer bisher nicht ausgeführ­ ten Weise die biomechanischen Besonderheiten des physiologi­ schen Roll-Gleit-Mechanismus der Gelenkpartner sowie die mor­ phologischen Korrelate der Bewegungseinschränkung.

Das Übungsgerät ist zur rein konservativen Therapie oder auch zur postoperativen Nachbehendlung nach Schultereingriffen einsetzbar. Es vermag die Erfordernis einer krankengymnasti­ schen Behandlung durch einen Therapeuten vielfach zu erset­ zen, zumindest jedoch weitgehend zu reduzieren.

Weitere Ausgestaltungsmöglichkeiten bzw. deren Vorteile wer­ den im folgenden dargestellt:

Die Auflage kann aus einer Platte oder Schiene bestehen. Sie kann aus einem oder aus mehreren Teile gefertigt sein. Vor­ zugsweise ist eine nach innen gerichtete Vertiefung bzw. Aus­ muldung der Auflage zur stabileren Lagerung der Extremität zu wählen. Am körpernahenende Ende ist eine Abrundung und Aus­ buchtung zur besseren Anpassung an den Körper vorteilhaft. Eine nach körperfern gerichtete Verschmälerung der Auflage kann den anatomischen Gegebenheiten zusätzlich Rechnung tra­ gen. Zur Vermeidung von Druckstellen an der Körperextremität ist eine Polsterung der Auflage durch Weichmaterial vorteil­ haft.

Ein weiterer Vorteil ist durch eine Längenverstellbarkeit der Auflage zu erreichen. Dies ermöglicht dem Benutzer die ge­ wünschte Anpassung auf die individuelle Extremitätenlänge.

Die Seilführung kann aus zwei Untereinheiten bestehen, die jeweils am linken und rechten Rand der Auflage angebracht sind. Der dadurch erreichte Vorteil besteht in einer verbes­ serten Rotationsstabilität der Auflage gegenüber der Extremi­ tät beim Gebrauch des Geräts.

Die an der Auflage angebrachte Fixierungsmöglichkeit für den körpernahen Teil der Extremität kann aus einem Riemen, einer Schlaufe oder zum Zweck der einfacheren Anlage z. B. aus einem Klettband bestehen.

Die Seilführung kann aus gebogenen Rohren, Teilrohren, Rinnen oder auch aus Umlenkrollen bestehen. Sie kann fest an der Auflage fixiert oder auch verstellbar gegenüber dieser ange­ bracht sein. Letzteres bietet den Vorteil, daß je nach rela­ tiver Position der Seilführung zur Auflage eine zusätzliche Regulierung der resultierenden Zugkraft möglich ist.

Das Seilzugsystem kann aus einem oder aus verschiedenen Mate­ rialien bestehen. Werden als Seilführung z. B. gebogene Rohre verwendet, so ist es vorteilhaft, als durch die Rohre zu füh­ rendes Seil ein Stahlseil zu verwenden. Dieses bietet durch die Oberflächenbeschaffenheit und die relative Steifheit den Vorteil der relativ geringen Reibungswiderstände besonders an den Aus- und Eintrittsstellen der Rohre. Eine trichterförmige Aufweitung der Rohre an deren Enden vermag die Reibung weiter zu reduzieren.

Das durch die Rohre geführte Seil kann den körpernahen Teil der Extremität schlingenartig umgeben. Der dadurch erreichte Vorteil liegt in einer zusätzlichen Fixierung der Extremität gegen die Auflage und der direkteren Kraftübertragung auf die Extremität. Die Seilschlinge kann zur Vermeidung von Druck­ schäden im Kontaktbereich zur Extremität durch Weichmaterial gepolstert sein.

Die beiden an der körperfernen Seite der Seilführung austre­ tenden Schenkel des Seils können mit sich selbst oder mit ei­ nem weiteren Zugseil verbunden werden. Der dadurch erreichte Vorteil ist darin zu sehen, daß nur ein einziges Seil über die obere Umlenkrolle geführt werden muß. Für den Gebrauch des Geräts ist es vorteilhaft, daß am freien Ende des Zugseils ein Griff angebracht ist.

Als weitere Ausgestaltungsmöglichkeit ist die Verbindung des freien Seilendes mit der Kurbel eines Elektromotors möglich, der dann die Zugarbeit verrichten kann.

Die obere Umlenkrolle kann durch ein Stativ gehalten werden, an der Wand oder der Zimmerdecke angebracht sein oder über eine Halterung z. B. auf eine Türe aufsteckbar sein. Das Auf­ stecken der Umlenkrolle über eine Halterung an einer Türe er­ möglicht eine örtlich flexible Benutzung des Geräts. Es sind damit keine Bohrungen an der Wand oder der Decke erforder­ lich.

Die Halterung für die obere Umlenkrolle zum Aufstecken auf eine geöffnete Türe kann für verschiedene Türdicken verstell­ bar sein. Dies bietet den Vorteil der paßgerechten Fixierbar­ keit an Türen unterschiedlicher Stärke.

Die Verstellbarkeit der Halterung kann dadurch erreicht wer­ den, daß zwei formsteife, aus Metall oder anderen Materialen gefertigte Winkel gegeneinander verschiebbar und z. B. durch Schrauben feststellbar angeordnet sind. Eine zusätzliche Va­ riierung des Abstands der Umlenkrolle von der Türe kann bei­ spielsweise durch eine weitere, verschieblich zur Halterung angebrachte Schiene erreicht werden. Während der Benutzung des Geräts ist es sinnvoll, die Türe durch einen untergescho­ benen Holz- oder Kunststoffkeil in ihrer Position zu stabilisieren.

Mehrere Ausführungsbeispiele der Erfindung sowie funktionelle Besonderheiten der normalen und der erkrankten Schulter wer­ den anhand von Zeichnungen dargestellt und im folgenden näher beschrieben. Es zeigen

Fig. 1 ein Ausführungsbeispiel für ein Übungsgerät in Funktion

Fig. 2 ein Ausführungsbeispiel einer Auflage mit fest angebrachter Seilführung

Fig. 3 ein Ausführungsbeispiel einer Auflage mit verschieb­ lich angebrachter Seilführung

Fig. 4 ein Schnittbild des Ausführungsbeispiels aus Fig. 3

Fig. 5 ein Ausführungsbeispiel einer längenverstellbaren Auflage

Fig. 6 ein Ausführungsbeispiel einer Halterung für die obere Umlenkrolle zum Aufstecken auf eine Türe

Fig. 7 eine Aufsicht von oben auf das Ausführungsbeispiel der Fig. 6

Fig. 8 eine Aufsicht von unten auf das Ausführungsbeispiel der Fig. 6

Fig. 9 eine anatomische Schemazeichnung eines normalen Schultergelenks

Fig. 10 eine anatomische Schemazeichnung einer erkrankten Schulter beim Heben des Arms

Es folgt die Erläuterung einiger Ausführungsbeispiele der Er­ findung anhand von Zeichnungen.

Bei Betätigung eines Zugseil 13 wird über eine obere Um­ lenkrolle 12 Kraft auf eine Seilschlinge 2 übertragen. Die Schenkel der Seilschlinge verlaufen reibungsarm durch die Seilführung 3, die in diesem Ausführungsbeispiel aus Rohren besteht (Fig. 1 und 2). Die Seilschlinge umfaßt den Oberarm und drückt ihn an die Armauflage 1. Es resultiert eine Kippbewegung der Armauflage mit Zug am körpernahen Teil nach unten. Durch eine Fixierungsschlaufe 4 wird diese Zugwirkung nach unten auf den Oberarmkopf übertragen. Gleichzeitig wird der körperferne Teil der Armauflage durch die Reibung in den Rohren nach oben bewegt. Dies führt zu den gewünschten Effekten am Schultergelenk, die bereits ausführlich beschrie­ ben wurden.

Die Seilführung kann durch verschiebliche Schienen 5 gegen­ über der Auflage 1 verstellbar sein (Fig. 3 und 4). Ferner kann die Auflage zweiteilig und durch eine verschiebliche Leiste 7 längenverstellbar sein. Die Feststellung kann über Flügelschrauben 9 und Unterlegscheiben 8 erfolgen (Fig. 5).

Die obere Umlenkrolle 12 kann an einer Halterung 14 fixiert sein, die aus zwei rechtwinkeligen Schenkeln besteht. Die Schenkel 10 und 11 können durch längs angebrachte Ver­ schiebeschlitze gegeneinander bewegt und durch Flügelschrau­ ben 9 fixiert werden (Fig. 6, 7 und 8). Dies ermöglicht das paßgerechte Aufstecken über Türen (Fig. 1).

Die Anatomie eines normalen Schultergelenks ist in Fig. 9 dargestellt. Bei Erkrankung einer Schulter in Form von Ent­ zündung des Schleimbeutels 20, Veränderung der Supraspina­ tussehne 19 oder knöchernen Veränderungen des Schulterdaches 18 resultiert beim Heben des Armes eines relative Enge mit Quetschung der Weichteilstrukturen 19, 20. Der gleiche Effekt tritt bei Schrumpfung der unteren Gelenkkapsel 21 ein (Fig. 10), da die Gelenkfläche des Oberarmkopfes 17 nicht mehr nach unten gleiten kann. Diese Probleme werden durch die Erfindung in bereits beschriebener Weise gelöst.

Claims (7)

1. Übungsgerät, insbesondere zur Mobilisierung schmerzhafter oder bewegungseingeschränkter Gelenke, mit einer Auflage und einem Seilzugsystem, dadurch gekennzeichnet,

• a) daß an der Auflage (1) am körpernahen Ende eine Fixierungsschlaufe (4) angeordnet ist,
• b) daß das Seilzugsystem (2, 13) am körperfernen Ende der Auflage (1) angreift,
• c) daß das Seilzugsystem (2, 13) eine Seilschlinge (2) enthält, die über zwei Seilführungen (3) so in den Bereich des körpernahen Endes der Auflage (1) geführt ist, daß, abhängig von der Zugkraft des Seilzugsystems (2, 13) ein körpernaher Extremitätenanteil gegen die Auflage (1) gedrückt wird.

2. Übungsgerät nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß die Auflage (1) eine Armauflage ist.

3. Übungsgerät nach einem der vorherigen Ansprüche, wobei das Seilzugsystem (2, 13) derart angeordnet ist, daß der Proband den Auslenkungsgrad der Extremität und die Kraft der Hebelwirkung selbst steuert.

4. Übungsgerät nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Seilzugsystem (2, 13) Seilführungen (3) aufweist.

5. Übungsgerät nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Seilzugsystem (2, 13) eine obere Umlenkrolle (12) aufweist.

6. Übungsgerät nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die obere Umlenkrolle (12) an einer Halterung (14) angebracht ist.

7. Übungsgerät nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Halterung (14) auf eine Türe aufgesteckt werden kann.