DE19549144A1 - Verfahren zur Gewinnung eines Ionenstroms - Google Patents

Verfahren zur Gewinnung eines Ionenstroms

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Description

Herkömmliche, massenspektrometrische Gasanalyse, wie sie schon seit vielen Jahrzehnten zur Anwendung kommt, basiert darauf, daß die nachzuweisenden Gaskomponenten durch Stöße mit energiereichen Elektronen ionisiert und anschließend in einem Massenspektrometer nachgewiesen werden. Bei den ionisierenden Stößen von Elektronen mit Molekülen, M, entsteht in den meisten Fällen nicht nur das Mutterion M⁺, sondern es bilden sich auch Fragmentionen. Besonders bei der Ionisierung von Kohlenwasserstoffen und kohlenwasser­ stoffähnlichen Molekülen bilden sich sehr viele Fragmentionen (z. B. bei der Ionisierung von Benzol sind es 16 Fragmentionen), so daß bei Anwesenheit von mehreren Kohlenwasserstoffen die quantitative Zuordnung von Produkt-Ionen und Neutralgaskomponenten schwierig, wenn nicht gleich unmöglich wird, und daher die massenspektrometrische Gasanalyse basierend auf Elektronenstoß­ ionisierung in der Praxis auf jene Fälle beschränkt ist, wo nur einige wenige Neutralgaskomponenten vorhanden sind, von denen zudem jede einzelne nur wenig fragmentiert.
Eine Verbesserung der MS-Gasanalyse konnte dadurch erreicht werden, daß die Ionisation der nachzuweisenden Gaskomponenten nicht durch Elektronenstoß, sondern durch Ladungstauschprozesse zwischen bereits massenselektierten Ionen und den zu unter­ suchenden Neutralgaskomponenten erfolgt. Bei solchen oft als IMR- MS (Ionen-Molekül-Reaktions-Massenspektrometrie) bezeichneten Analysemethoden werden sogenannte Primär-Ionen, wie z. B. Kr⁺ oder Xe⁺-Ionen, in einen Reaktionsraum eingebracht, wo sie auf das zu analysierende Gas treffen (Ref. 1: W. Lindinger, J. Hirber, H. Paretzke, International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes 129 (1993) 79). Ein kleiner Bruchteil der Primärionen führt hier Reaktionen mit den vorhandenen Gaskomponenten durch, wobei im Idealfall pro Gaskomponente eine Produkt-Ionensorte entsteht, so daß eine einfache Zuordnung von Produkt-Ionen und vorhandenen Gaskomponenten möglich wird. Bei dieser Art der Ionisierung wird in der Tat die Fragmentierung stark reduziert, doch kann sie insbesonders bei Kohlenwasserstoffen oft nicht gänzlich vermieden werden. Der Grund dafür liegt darin, daß die Differenz E zwischen Rekombinationsenergie des Primärions und Ionisationsenergie der nachzuweisenden Moleküle in der von der Quasi-Equilibrium-Theorie (QET) beschriebenen Art und Weise zur Dissoziation der ionischen Produkte führt. Eine solche Dissozia­ tion erfolgt zumeist dann, wenn E größer als ein bis zwei eV ist.
Eine weitere Reduzierung der Fragmentierung gelang durch Anwendung sogenannter Protonentausch-Reaktionen. Beim Protonentausch erfolgt die Ionisierung einer neutralen Komponente M durch Übertragung eines Protons von einem Protonendonor XH⁺ auf die nachzuweisende Neutralgaskomponente M, wobei folgende Reaktion abläuft:
XH⁺ + M ---- MH⁺ + X.
Ein solcher Protonentausch erfolgt dann, wenn die Protonenaffini­ tät der Komponente X, PA(X) kleiner ist als die Protonenaffinität von M, wenn also gilt PA(X) < PA(M). Solche Protonentauschreaktio­ nen sind sehr schnell und daher effizient in der Umwandlung von neutralen M in Ionen MH⁺. Als besonders gut geeignet für die fragmentierungsfreie Ionisierung via Protonentausch von Kohlen­ wasserstoffen bzw. kohlenwasserstoffähnlichen Komponenten hat sich das Ion H₃O⁺ erwiesen (Ref. 2: A. Lagg, H. Taucher, A. Hansel, W. Lindinger, International Journal of Mass Spectrometry and Ion Processes, 134 (1994) 55). H₂O hat eine Protonenaffinität von 7,2 eV, ein Wert, der nur knapp (um 0,2 bis 1,3 eV) niedriger liegt als die PA von vielen Kohlenwasserstoffkomponenten. Eine PTR-MS (Protonen-Tausch-Reaktions-Massenspektrometrie) Methode, bei der mittels Massenspektrometer vorselektierte H₃O⁺-Ionen in einen Reaktionsraum eingebracht werden, in den auch menschliche Atemluft eingeführt wird, ist kürzlich erfolgreich zur Unter­ suchung von Spurenkomponenten der Atemluft, wie Methanol, Ethanol, Aceton und Formaldehyd entwickelt worden (vgl. Ref. 2). Diese Komponenten nehmen jeweils fragmentationsfrei bei niederenerge­ tischen Stößen ein Proton von H₃O⁺ auf. Andererseits reagieren die Hauptkomponenten der Atemluft, wie N₂, O₂, H₂O und CO₂ mit H₃O nicht, so daß sich die PTS-MS-Methode hervorragend zur quantita­ tiven Analyse von Spurenkomponenten der Atemluft eignet. Genauso läßt sich diese Methode zur Analyse einer Vielzahl von unver­ brannten Kohlenwasserstoffen in Autoabgasen verwenden. Ein Nach­ teil der in Ref. 2 beschriebenen PTR-MS-Methode liegt allerdings darin, daß die dabei verwendete Apparatur noch relativ aufwendig ist, da neben dem Quadrupol-Massenspektrometer, welches die Produkt-Ionen nachweist, ein weiteres MS vor dem Reaktionsraum nötig ist, um die H₃O⁺-Ionen aus der Vielfalt der Ionen einer konventionellen Ionenquelle zu selektieren. H₃O⁺-Ionen werden dabei in einer Elektronenstoßionenquelle, in der sich H₂O unter genügend hohem Druck befindet (typisch 10-3 bis einige 10-2 Torr) über Sekundärreaktionen produziert. Beim primären Elektronenstoß zwischen Elektronen und H₂O entstehen die Ionen H₂O⁺, OH⁺, O⁺, . . . In der Folge reagieren einige der H₂O⁺-Ionen mit H₂O zu H₃O⁺. Aus der Vielzahl der nun in der Quelle vorhandenen Ionen wird nun die Ionensorte H₃O⁺ massenspektrometrisch selektiert und über ein Linsensystem in den Reaktionsraum eingebracht.
Gegenstand dieser Erfindung ist es, dieses H₃O⁺-Ionen-Quellsystem so zu vereinfachen bzw. zu modifizieren, daß das Massenspektro­ meter, welches H₃O⁺-Ionen aus den verschiedenen Quellionen aus­ filtert, überflüssig wird. Dies gelingt dadurch, daß auf reaktivem Wege alle primär gebildeten Ionen in H₃O⁺-Ionen umgewandelt werden. Hierzu wird eine Anordnung aus drei Teilen verwendet. Im Teil A werden H₂O-Moleküle ionisiert, sei es durch Elektronenstoß in einer herkömmlichen Elektronenstoßionenquelle, sei es in einer elektrischen Entladung (z. B. Hohlkathodenentladung) oder durch α- Teilchen, die von einem α-Strahler emittiert werden. In all diesen Fällen entstehen, wie oben schon erwähnt, neben H₂O⁺-Ionen auch die Ionen O⁺, OH⁺, H⁺ und H₂⁺. Diese Ionen werden durch ein schwaches elektrisches Feld in einem Bereich B gezogen, in dem sich H₂O unter einem Druck von 0,01 bis einigen 0,1 Torr befindet (der Druck ist ähnlich oder gleich wie der in der Ionisierungs­ region A). Im Bereich B laufen nun einerseits die Reaktionen
O⁺ + H₂O → OH⁺ + OH
OH⁺ + H₂O → H₂O⁺ + OH
H₂O⁺ + H₂O → H₃O⁺ + HO
H⁺ + H₂O → H₂O⁺ + H
H₂⁺ + H₂O → H₂O⁺ + H₂
ab, so daß alle Primärionen bei genügend hohem Druck von H₂O in H₃O⁺-Ionen gewandelt werden, aber gleichzeitig werden bei den erforderlichen hohen H₂O-Drücken auch über Assoziationsreaktionen der Art
H₃O⁺ + 2 H₂O → H₃O⁺, H₂O + H₂O
H₃O⁺·H₂O + 2 H₂O → H₃O⁺·(H₂O)₂ + H₂O . . .
sogenannte H₃O⁺·(H₂O)n-Clusterionen erzeugt. Diese Clusterionen­ bildung gilt es zu verhindern bzw. rückgängig zu machen. Dies ist dadurch möglich, daß im Bereich C, der sich auch mit dem Bereich B teilweise oder ganz überdecken kann, ein gerade passendes elek­ trisches Feld angelegt wird, so daß sich ein Verhältnis von E/N (E = Elektrisches Feld, N = Neutralgasdichte) von ca. 50 bis 150 Td (1 Td = 1 Townsend - 10-17 V·cm²) ergibt. Bei solchen Werten von E/N erlangen Ionen der Art H₃O⁺(H₂O)n zwischen zwei aufeinander­ folgenden Stößen mit den neutralen Stoßpartnern genügend kineti­ sche Energie, daß diese Stöße überwiegend dissoziativ sind, d. h. daß folgender dissoziative Prozeß
H₃O⁺ · (H₂O)n + M → H₃O⁺(H₂O)n-1 + H₂O + M,
mit M = H₂O, Ar, Kr, N₂
gegenüber den Assoziationsreaktionen weitgehend überwiegt. Damit wird die Bildung von H₃O⁺·(H₂O)n-Ionen weitgehend rückgängig gemacht bzw. ihre Bildung von vornherein verhindert. Am Ablauf der Reaktionen ändert sich dabei nichts, da die Reaktionsraten dieser Reaktionen energieunabhängig sind. Zur Verbesserung dieser Dissoziationsreaktionen kann dem H₂O auch ein zusätzliches Gas, wie Ar, Kr oder N₂ zugemischt werden.
Damit ist erreicht, daß in der vorliegenden Anordnung alle primär gebildeten Ionen in H₃O⁺-Ionen umgewandelt werden und diese auch nicht quantitativ zu Clusterionen H₃O⁺·(H₂O)n werden können. Die durch eine Öffnung aus C austretenden Ionen bestehen bei dieser Anordnung aus bis zu mehr als 99% H₃O⁺-Ionen, ohne daß eine massenspektrometrische Filterung erforderlich ist. Durch diese "reaktive Filterung" ist daher die Anwendung eines Massenspektro­ meters zur Vorselektion der H₃O-Ionen, vor deren Einbringen in den Reaktionsraum, wo sie mit den zu analysierenden Gaskomponenten reagieren werden, überflüssig. Damit wird der Bau von kleineren und kostengünstigeren und damit leicht transportierbaren Gas­ analyseapparaturen, die auf der PTR-MS-Methode beruhen, ermög­ licht, ohne daß anderweitige Einschränkungen gemacht werden müssen. Solche transportablen Gasanalyseapparaturen lassen sich insbesonders für die On-line-Analyse der menschlichen Atemluft, aber auch für die Analyse von Autoabgasen und Abgasen aus Industrieanlagen einsetzen.
In der Zeichnung ist eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens schematisch dargestellt. Die Einrichtung besteht aus einem evakuierbaren Behälter 1, in welchen Wasserdampf einleitbar ist. Zweck der Einrichtung ist es, im Bereich A aus Wasserdampf erzeugte Ionisationsprodukte so umzuformen, daß aus der Blende 2 ein Ionenstrom austritt, weicher weitestgehend aus H₃O⁺-Ionen besteht. Zur Ionisation dient im dargestellten Beispiel eine geheizte Kathode 3, von welcher Elektronen mit derartiger Geschwindigkeit zur Anode 4 wandern, daß im Bereich A angeordneter Wasserdampf stark ionisiert wird. Aus dem Ionisationsbereich A gelangen die Ionisationsprodukte nicht direkt zur Blende 2, vielmehr werden sie durch ein elektrisches Feld dorthin geführt, welches von einem Ziehrohr bzw. einer Reihe von Blenden 5 erzeugt wird. Wenn die Ionen eine Dichte von etwa 10¹⁶ Teilchen/cm aufweisen, liegt ihre freie Weglänge im mm-Bereich und eine Wegstrecke von einigen cm stellt ohne weiteres sicher, daß alle Ionen durch Folgereaktionen in H₃O⁺-Ionen umgewandelt werden. Eine von der Teilchendichte abhängige Mindeststärke des elektrischen Feldes ist dabei notwendig, damit die Bildung von Clusterionen vermieden bzw. rückgängig gemacht wird. Diese Feldstärke muß zumindest im Bereich C nahe der Blende 2 herrschen. Die Feldstärke im Bereich B kann hingegen allenfalls auch niedriger sein.

Claims (4)

1. Verfahren zur Gewinnung eines im wesentlichen aus H₃O⁺-Ionen bestehenden Ionenstromes aus einer Mischung von verschiedenen, durch Ionisation von Wasserdampf erzeugten Ionisationsproduk­ ten, dadurch gekennzeichnet, daß die Ionisationsprodukte (O⁺, OH⁺, H⁺, H₂⁺ . . . ) so lange in einem Raum, in dem sich H₂O mit einem Druck oberhalb 0,01 Torr befindet, belassen werden, bis sich auch die zunächst von H₃O⁺ verschiedenen Ionisations­ produkte durch Folgereaktionen in H₃O⁺-Ionen umgewandelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zur Verhinderung der Bildung von Cluster-Ionen der Ionenstrom durch eine elektrisches Feld geführt wird, dessen Feldstärke geteilt durch die Zahl der Neutralgasmoleküle pro Volumen­ einheit zwischen 50 und 150 Townsend (Td = 10-17 V·cm²) liegt.
3. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2, mit einem evakuierbaren Behälter, der eine Einrichtung zur Ionisierung von Wasserdampf, beispielsweise durch Elek­ tronenstoß, enthält und der eine Austrittsblende für den erzeugten Ionenstrom aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen Ionisationseinrichtung (1) und Austrittsblende (2) lediglich ein elektrisches Feld zum Transport der Ionen vorgesehen ist.
4. Einrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das elektrische Feld wenigstens im Bereich (C) nahe der Aus­ trittsblende (2) eine Feldstärke von mindestens einigen V/cm aufweist.
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