DE19531692A1 - Verfahren zum Entwurf lernfähiger, nichtlinearer Beobachter mit neuronalen Netzen - Google Patents

Verfahren zum Entwurf lernfähiger, nichtlinearer Beobachter mit neuronalen Netzen

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Description

1 Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entwurf lernfähiger, nichtlinearer Beobachter mittels neuronaler Netze. Dabei werden Methoden der nichtlinearen Regelungstechnik eingesetzt, wie sie z. B. in der Lite­ raturstelle K. Narendra and A. Annaswamy, "Stable Adaptive Systems", Kapitel 7, Prentice-Hall, Inc., Englewood Cliffs, NJ 07632, 1989, beschrieben sind.
Bei einer großen Zahl von Regelungsaufgaben besteht die Problemstellung, daß unbekannte statische Nichtlinearitäten in der betrachteten Regelstrecke enthalten sind; Beispiele sind Reibungskennlinien, Un­ rundheiten bei Achswicklern oder der volumetrische Wirkungsgrad bei Ottomotoren. Das bislang erfolg­ reichste Konzept zur Behandlung derartiger nichtlinearer Strecken besteht darin, einen linearen Regler permanent an das um den gerade aktuellen Arbeitspunkt linearisierte Prozeßmodell der Regelstrecke zu adaptieren. Dies ist gleichbedeutend mit der wiederholten Parameterschätzung der Prozeßparameter eines linearen Modells und der kontinuierlichen, rekursiven Aktualisierung dieser Parameter, siehe M. Papageor­ giou, "Optimierung: Statische, dynamische, stochastische Verfahren für die Anwendung", Abschnitt 5.2, Oldenbourg Verlag, München Wien 1991.
Der Hauptanteil dieser Methodik liegt in der zwingend notwendigen Linearisierung der Regelstrecke. Immer dann, wenn nichtlineare Eigenschaften das Verhalten der Strecke wesentlich charakterisieren, ist eine sinnvolle Linearisierung aber nicht mehr möglich.
Eine Verbesserung ist mit nichtlinearen Modellen erzielbar, die mit Methoden der nichtlinearen Rege­ lungstheorie adaptiert werden, siehe Narendra et. al., Seiten 107 ff. Dabei müssen allerdings die Struktur und die Parameter der Nichtlinearitäten bis auf einen proportionalen Verstärkungsfaktor bekannt sein.
Aufgabe der Erfindung ist es, den unerwünschten Einfluß von Nichtlinearitäten weitgehend zu eliminie­ ren für den Fall, daß keine Strukturkenntnis über die Nichtlinearitäten vorhanden ist.
Um die Erfindung an einem typischen Beispiel zu beschreiben, wird eine seit langem bekannte Aufga­ benstellung gewählt, nämlich die Kompensation der aus den Unrundheiten bei Achswicklern resultierenden Bahnkraftschwankungen. Dadurch lassen sich die Ergebnisse des bisherigen Vorgehens und des erfindungs­ gemäßen Vorgehens, das insgesamt als "lokale Linearisierung" bezeichnet wird, besonders deutlich darstellen.
2 Kritik des Standes der Technik
Betrachtet wird eine Anordnung gemäß Abb. 1. Der Abwickler und die erste Klemmstelle werden z. B. durch elektrische Asynchronmaschinen angetrieben. Die Stoffbahn, die beispielsweise aus Papier bestehen kann, soll unter möglichst genauer Einhaltung einer vorgegebenen Bahnkraft zwischen Wickler und der ersten Klemmstelle abgewickelt werden. Das Hauptproblem bei der Bahnkraftregelung besteht in den unerwünsch­ ten Bahnkraftschwankungen, die aus der in der Praxis nie zu vermeidenden Unrundheit des Abwicklers resultieren.
Obwohl es theoretisch möglich wäre, den Radius über den Umfang exakt und in Echtzeit zu messen, wird darauf in der Praxis wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes verzichtet. Es steht lediglich der über den Umfang konstante, mittlere Radius zur Verfügung, da dieser elementar z. B. aus dem stationären Drehzahlverhältnis zwischen Abwickler und der ersten Klemmstelle ermittelbar ist. Derzeit werden adaptive Zustandsregler eingesetzt, die diesen mittleren Radius zur Adaption benutzen. Darüber hinaus wird der Zu­ standsregler auf möglichst gute Robustheit gegenüber den Störungen, die aus der unbekannten Unrundheit resultieren, ausgelegt. Der Zustandsregler kann allerdings prinzipiell erst dann auf eine Störung reagieren, wenn sie sich auf mindestens einen Zustand ausgewirkt hat. Dieser Zeitverzug ist unbefriedigend, weil er die Güte der Bekämpfung der aus den Unrundheiten resultierenden Bahnkraftschwankungen beschränkt.
Die mit einem derartigen adaptiven Zustandsregler erzielbaren Ergebnisse sind beispielsweise in der Dis­ sertation Höger, "Ein Beitrag zur Systemdynamik von Wickelantrieben unter Berücksichtigung elastischer Kopplungen", Abschnitt 5.3.2.2, dokumentiert.
Um eine Verbesserung der Störgrößenkompensation zu ermöglichen, wurde das in Anspruch 1 angegebene Verfahren und die Einrichtung entwickelt, mittels dessen ein nichtlineares Störmodell der Unrundheit on-line erlernt wird. Das gewünschte Ergebnis einer optimalen Störgrößenkompensation - das beispielhaft vorge­ gebene Ziel der Erfindung - kann nur dann erzielt werden, wenn die erfindungsgemäßen Entwurfskriterien beachtet werden, die im folgenden näher beschrieben werden.
3 Darstellung der Erfindung 3.1 Verfahren
Es wird ein nichtlinearer Beobachter entworfen, der neuronale Netze als universelle Funktionenapproxima­ toren benutzt, um nichtlineare statische Funktionen zu implementieren, deren Verlauf unbekannt ist. Durch Anwendung dieses als "lokale Linearisierung" bezeichneten Verfahrens gelingt es, statische Nichtlinearitäten in der betrachteten Regelstrecke mit definierten Stabilitäts- und Konvergenzeigenschaften zu erlernen und zu kompensieren.
In der Literatur sind zahlreiche verschiedene Typen neuronaler Netze bekannt, die sich durch ihr Ap­ proximationsverhalten unterscheiden. Für die Funktionsfähigkeit der Erfindung ist es entscheidend, daß das sog. General Regression Neural Network (GRNN) in der von D. Specht in "A General Regression Neural Network", IEEE Transactions on Neural Networks, Seiten 568-576, Vol. 2, No. 6, November 1991, darge­ stellten Form verwendet wird, weil es ein aus regelungstechnischer Sicht günstiges Approximationsverhalten, insbesondere bezüglich Stetigkeit und Monotonieverhalten, aufweist.
Ein GRNN dient im Rahmen der Erfindung als Approximator für eine unbekannte, statische, nichtlineare Funktion y = f() und ist in der folgenden Form darstellbar:
Approximationsgrößen sind mit einem ˆ gekennzeichnet. Der Vektor ist q-dimensional, d. h. ∈ IRq, und besteht aus den lernbaren Parametern; der Vektor w() ∈ IRq ist der Regressionsvektor, der aus normierten Parzen-Fensterfunktionen gebildet wird (vgl. Specht). Die Komponenten wμ() von w() werden auch als Basisfunktionen bezeichnet.
Die unbekannte Funktion f läßt sich in ähnlicher Weise darstellen:
ϑ sei "optimal" im Sinne eines minimalen δ. d() wird in der Literatur als der sog. inherent approxima­ tion error bezeichnet und ist allgemein als der Fehler zwischen der optimalen Parametereinstellung eines Approximators und der zu approximierenden Funktion definiert. Man beachte, daß sowohl der optimale Parametervektor ϑ als auch d() und δ unbekannt sind.
Die Entwurfsaufgabe bei einer konkreten Anwendung (vgl. untenstehenden Abschnitt 3.2) besteht darin, ein skalares Fehlersignal e so zu erzeugen, daß es der folgenden Fehlergleichung genügt:
Mit (1) und (2) sowie durch Einführen des wie folgt definierten Parameterfehlervektors Φ
erhält man aus (3) die
Für den Fall exakter Approximation mit δ = 0 bzw. d() = 0 entspricht diese Fehlergleichung genau der Fehlergleichung eines in der Literatur bekannten Fehlermodells (z. B. Fehlermodell Nr. 3 in K. Narendra and A. Annaswamy, "Stable Adaptive Systems", Prentice-Hall, Inc., Englewood Cliffs, NJ 07632, 1989) und es kann das dazugehörige Adaptionsgesetzt angewendet werden:
Da die Basisfunktion wµ() beschränkt sind, konvergiert e gegen Null.
Für δ < 0 mit d() ≈ 0 konvergiert e nicht mehr genau gegen Null, sondern gegen ein schmales Toleranzband um Null. In diesem Sinne ist also für das System bestehend aus der Fehlergleichung (5) und dem Adaptionsgesetz (6) Fehlerkonvergenz e → 0 gegeben.
Das Lernziel Φ = 0 wird jedoch dann und nur dann erreicht, wenn das Signal w() persistently exciting ist. Bei bislang realisierten Anwendungen von Fehlermodellen (siehe z. B. die Beispiele im Kapitel 8.2 in J. Slotine und W. Li, "Applied Nonlinear Control", Prentice-Hall, Inc., Englewood Cliffs, NJ 07632, 1991) führt die persistent excitation Bedingung auf die Forderung nach spektral reichhaltigen Systemsignalen. Diese Forderung ist in der Praxis häufig nicht zu erfüllen (aus diesem Grund sind Fehlermodelle bislang kaum eingesetzt worden).
Durch die erfindungsgemäße Kombination des GRNN mit dem Fehlermodell (5)/(6) zerfällt die bislang schwierig zu erfüllende persistent excitation Bedingung in eine einfache, in der Praxis leicht zu erfüllende Forderung, um Parameterkonvergenz Φ0 zu erzielen: Das relevante Eingangsintervall für des GRNN muß lediglich einige wenige Male (in der Anwendung im Abschnitt 3.2 etwa 4-5 Mal) durchlaufen wer­ den. Dynamische Anforderungen existieren nicht. Damit kann die Lernstruktur zur Lösung einer Vielzahl praktischer Problemstellungen eingesetzt werden.
Zur Begründung dieser Aussage betrachte man zunächst das Approximationsverhalten des GRNN ge­ nauer. Das Lernen erfolgt durch Verstellen der Komponenten µ des Parametervektors . Jeder Parameter µ besitzt je nach Breite der Parzen-Fensterfunktionen einen mehr oder weniger breiten, aber vor allem lokalen Einflußbereich (Lokalität der Parameter). Exemplarisch ist dieser Sachverhalt für ein GRNN mit drei Stützwerten
in Abb. 2 dargestellt. Infolge der Variation von ₂ verändert sich die GRNN-Approximationsfunktion nur in einer Umgebung des korrespondierenden Zen­ trums ζ₂.
Beim GRNN weisen die lokalen Einflußbereiche von Basisfunktionen benachbarter Zentren einen Über­ lappungsbereich auf, der ebenfalls von der Breite der Parzen-Fensterfunktionen abhängt. Gehen wir für die Erläuterung des Lernvorgangs idealisierend von stückweise konstanten, unstetigen Basisfunktionen wµ() aus, die keinen Überlappungsbereich aufweisen:
Die Zentren seien äquidistant im Abstand 2σ plaziert. In Analogie zur in Abb. 2 dargestellten GRNN- Approximation ergibt sich mit den Basisfunktionen (7) und mit () = ₁ · w₁(-) + ₂ · w₂() -+ ₃ · w₃() die unstetige Approximationsfunktion gemäß Abb. 3. Aus (7) resultiert, daß stets nur genau eine Komponente von w() von Null verschieden ist. Es können demzufolge nur endlich viele, nämlich q verschiedene Vektoren c() auftreten, die alle orthogonal zueinander sind.
Es folgt aus (6) für ein Zeitintervall, in dem die ν-te Komponente von w() von Null verschieden sei:
Bei Vernachlässigung des inherent approximation error (d. h. d() = 0) ergibt sich aus (5):
Durch Einsetzen von (9) in (8) und unter Berücksichtigung von (7) erhält man
Für den einfachsten möglichen Fall, nämlich für H(s) = 1, geht der Parameterfehler Φν ausgehend von einem beliebigen Anfangszustand exponentiell mit der Zeitkonstante 1/η gegen Null (PT₁-Verhalten). Der Konvergenzvorgang endet, sobald sich im Laufe der Zeit soweit geändert hat, daß eine andere, von ων() verschiedene Basisfunktion aktiviert wird; entsprechendes gilt dann für diese andere Komponente des Para­ meterfehlervektors Φ. Der Parameterfehler Φν wird nicht weiter verändert, bis eventuell zu einem späteren Zeitpunkt ων() wieder aktiviert wird. Dann wird der Konvergenzvorgang ausgehend von dem eingefrore­ nen Φν-Wert fortgesetzt. Entscheidend ist, daß durch die Lokalität der Stützwerte eine Entkopplung der Parameterfehlerdynamik in (10) entsteht: Φν hängt nur von Φν ab, nicht jedoch von allen anderen Φµ mit µ ≠ ν.
Das verwendete Fehlermodell läßt eine Übertragungsfunktion H(s) ≠ 1 zu, sofern H(s) strictly po­ sitive real (SPR) ist. Eine SPR Übertragungsfunktion H(s) weist für s = jw stets einen Phasenwinkel auf, der betragsmäßig kleiner als π/2 ist, d. h. -π/2 < arc{H(jw)} < π/2. Zur Stabilitätsbetrachtung wird die Gleichung (10) in eine Regelkreisdarstellung gemäß Abb. 4 umgeformt und es ergibt sich mit der Übertragungsfunktion F₀(jw) des aufgeschnittenen Regelkreises:
Der Integrator 1/jw trägt zur Phase arc{-F₀(jw)} den Winkel -π/2 bei; insgesamt erhält man demnach
-π < arc{-F₀(jw)} < 0 (12)
und wir folgern, daß (10) für SPR Übertragungsfunktionen (H(s) stets stabil ist, da ein Phasendurchtritt, d. h. arc{-F₀(jw)} = -π für 0 w < ∞, nicht erreicht wird.
Somit konvergiert Φν in (10) für jede SPR Übertragungsfunktion H(s) gegen Null. Die Übertragungs­ funktion H(s) beeinflußt zwar die Parameterfehlerdynamik, jedoch nicht deren Stabilität. Von der veränder­ ten Parameterfehlerdynamik abgesehen verläuft der Konvergenzprozeß des Parameterfehlervektors völlig analog dem oben geschilderten Fall für H(s) = 1.
Damit nun alle Komponenten des Parameterfehlervektors Φ gegen Null konvergieren, müssen innerhalb eines unter Umständen großen, aber endlichen Zeitraums T₀ alle Komponenten von ω() für ein Zeitintervall einen von Null verschiedenen Wert angenommen haben. Diese Forderung ist äquivalent mit der persistent excitation des Vektors w().
Im Gegensatz zur idealisierenden Annahme stückweise konstanter, unstetiger Basisfunktionen gemäß (7) liegen jedoch beim GRNN auf Grund der Parzen-Fensterfunktionen Überlappungen vor, d. h. die Entkopp­ lung der Parameterfehlerdynamik ist nicht mehr perfekt und es gibt Beeinflussungen durch Parameterfehler anderer Zentren. Die Fensterfunktionen sind so zu justieren, daß diese Überlappungen gering sind (im Sinne von Abb. 2). Dann ist das Lernverhalten des GRNNs auf Grund der ausgeprägten Lokalität der Parameter sehr ähnlich zum oben geschilderten Idealfall ohne Überlappungen.
3.2 Anwendung des Verfahrens auf das Erlernen der Unrundheit bei Achswicklern
Die beschriebene Lernstruktur kann zum Erlernen der Unrundheit bei Achswicklern eingesetzt werden. Den folgenden Betrachtungen liegt der Signalflußplan der Regelstrecke, der sich in Abb. 7 außerhalb des grau unterlegten Bereichs befindet, zugrunde. Die Regelstrecke besteht (vgl. Abb. 1) aus dem Abwickler und der darauffolgenden Klemmstelle, die die Funktion des Leitantriebes wahrnimmt. Die diesem Signalflußplan zugrundeliegenden Gleichungen sind aus der Literatur bekannt, siehe beispielsweise Kapitel 2 der bereits erwähnten Dissertation Höger. In Abb. 7 bedeuten:
s Laplace-Operator
m₁ Antriebsmoment Abwickler
m₂ Antriebsmoment Leitantrieb
mr Reibmoment
n₁ Drehzahl des Abwicklers
Tm1 zeitvariante Schwungmasse des Abwicklers
s Laplace-Operator
ϕ Drehwinkel des Abwicklers
r₀ mittlerer Radius
r(ϕ) Radius an der Stelle, an der die Bahn den Wickel verläßt
Δr(ϕ) Unrundheit
ε₀₁ im Abwickler gespeicherte Bahndehnung
Tb Bahnzeitkonstante
ε₁₂ Bahndehnung
εn Nenndehnung, Proportionalitätsfaktor für Hooksches Federgesetz
f₁₂ Bahnkraft zwischen Abwickler und Leitantrieb
f₂₃ Bahnkraft zwischen Leitantrieb und nachfolgender Klemmstelle
cν 3 Proportionalitätsfaktor, der aus Systemkonstanten berechenbar ist
ν₁ Bahngeschwindigkeit zwischen Abwickler und Leitantrieb
ν₂ Bahngeschwindigkeit zwischen Leitantrieb und nachfolgender Klemmstelle
Alle Größen sind normiert.
Die Funktion des Leitantriebes besteht darin, die Bahngeschwindigkeit für das gesamte System vorzuge­ ben. Die Regelung des Leitantriebes ist darauf ausgerichtet, die Bahngeschwindigkeit ν₂ an der Klemmstelle des Leitantriebes möglichst steif einzuprägen. Als Störgrößen wirken die Bahnkräfte f₁₂ und f₂₃.
Der Abwickler ist bahnkraftgeregelt mit der Regelgröße f₁₂. Der Radius r des Abwicklers, der an der Stelle, an der die Bahn den Wickel verläßt, betrachtet wird, ist in zweifacher Weise vom aktuellen Drehwinkel ϕ = ∫n₁(t)dt abhängig:
  • - Erstens nimmt der Wickelradius ab, da mit jeder Umdrehung eine Bahnlage abgewickelt wird. Die Radiusänderung ist, betrachtet über den gesamten Abwickelvorgang, relativ groß. Dies wird durch die winkelabhängige Funktion r₀(ϕ) modelliert, die den aktuellen, um den Wickelumfang gemittelten Radius repräsentiert.
  • - Zweitens variiert der Wickelradius innerhalb einer Umdrehung, weil der Wickel in der Praxis nie ideal rund ist (z. B. infolge von Verformungen bei Lagerung oder Transport). Diese Radiusänderung wird durch die winkelabhängige, mittelwertfreie Funktion Δr(ϕ modelliert, die als die sog. Unrundheit bezeichnet wird. Form und Größe der Unrundheit können sehr unterschiedlich sein und variieren mit jedem Wickel. Allgemein gilt lediglich, daß sich durch das Abwickeln von einer Bahnlage die Unrundheit nur geringfügig ändert, d. h. daß die Funktion Δr(ϕ) in guter Näherung 2π-periodisch ist.
Es gilt demnach die Beziehung:
Die Winkelabhängigkeit des Radius r = r(ϕ) hat erhebliche Konsequenzen. Zunächst ist die Schwungmasse Tm1 nicht mehr konstant, sondern eine Funktion von r₀. Die aus dem Abwickler auslaufende Bahngeschwin­ digkeit v₁ hängt nun nichtlinear von der Wickeldrehzahl n₁ ab; gleiches gilt für die Momentenrückwirkung von f₁₂ auf den Wickelantrieb, siehe die Multiplikationsstellen mit dem Eingangssignal r(ϕ) in Abb. 7.
Der mittlere Radius r₀ ist - wie bereits oben erwähnt wurde - aus gemessenen Größen rekonstruierbar. Da sich r₀ nur langsam ändert, ist eine r₀-Berechnung in schlechter dynamischer Qualität ausreichend.
Die als Eingangssignal im Signalflußplan Abb. 7 eingezeichnete Dehnung ε₀₁ beschreibt die im Wickel gespeicherte Dehnung. In Analogie zur Unrundheit Δr(ϕ) kann man für ε₀₁ eine Winkelabhängigkeit ε₀₁ = ε₀₁(ϕ) annehmen, die in erster Näherung ebenfalls 2π-periodisch ist.
Wie in der Dissertation Höger erläutert, wirkt sich die Unrundheit Δr(ϕ) negativ in Form von er­ heblichen Schwingungen um den jeweiligen Sollwert auf die Bahnkräfte des Gesamtsystems aus. Zu Ver­ gleichszwecken ist die Störgrößenbedämpfung mit konventioneller adaptiver Zustandsregelung, die auf der Grundlage von r₀ adaptiert wird, für einen Fall mit relativ ausgeprägter Unrundheit in Abb. 9 dargestellt. Die Unrundheit führt zu erheblichen Bahnkraftschwankungen. Deshalb ist der Entwurf eines neuronalen Beobachters motiviert, der die Funktionen Δr(ϕ) und ε₀₁(ϕ) erlernen soll. Zum Zwecke der Fehlersignal­ erzeugung stehen hier zwei Meßsignale zur Verfügung: Zum einen die Wickeldrehzahl n₁ und zum anderen Bahnkraft f₁₂.
In der hier diskutierten Anwendungen sind die zu approximierenden Funktionen Δr(ϕ) und ε₀₁(ϕ) 2π- periodisch. Um die 2π-Periodizität zu erreichen und gleichzeitig eine effiziente GRNN-Implementierung für periodische Funktionen zu realisieren, wird der Definitionsbereich für das GRNN von vornherein auf das Intervall von 0 bis 2π beschränkt. Das so beschränkte GRNN
sei eine Funktion der neuen unabhängigen Variablen ϕ′ mit 0 ϕ′ < 2π. Ist das GRNN an einer Stelle ϕ 2π bzw. ϕ < 0 auszuwerten, so werden von ϕ Vielfache von 2π substrahiert bzw. addiert, bis sich ein ϕ′ mit 0 ϕ′ < 2π ergibt:
ϕ′ = ϕ′(ϕ) = ϕ - k · 2π mit der ganzen Zahl k so, daß 0 ϕ′ < 2π gilt (15)
Der durch (15) beschriebene Zusammenhang ϕ → ϕ′ ist grafisch in Abb. 5 dargestellt; ferner ist in dieser Abbildung auch der korrespondierende Signalflußplanblock definiert. Darüber hinaus werden die insgesamt q Stützwerte des GRNNs ringförmig im Sinne von Abb. 6 angeordnet, so daß der q-te Stützwert ein Nachbar des ersten Stützwertes wird. Durch die Operation (15) und die ringförmige Anordnung der Stützwerte wird die GRNN-Approximationsfunktion in Abhängigkeit von ϕ stetig differenzierbar 2π-periodisch fortgesetzt.
Zunächst wird ein neuronaler Beobachter entworfen, der auf Grund eines durch die Drehzahlmessung erzeugten Fehlersignals er lernt. r bezeichnet den Schätzwert für das unbekannte Reibmoment mr; λ sei ein wählbarer Designparameter. Da Δr = Δr(ϕ) 2π-periodisch ist, gilt Δr(ϕ) = Δr(ϕ′), vgl. (15). Entsprechend (2) setzt man für Δr:
Δr(ϕ) = Δr(ϕ′) = ϑ r T · w(ϕ′) + dr(ϕ′) (16)
Analog für die ebenfalls 2π-periodische Funktion ε₀₁ = ε₀₁(ϕ):
ε₀₁(ϕ) = ε₀₁(ϕ′) = ϑ ε T · w(ϕ′) + dε(ϕ′) (17)
ϑ r und ϑ e sind die unbekannten, optimalen Parametervektoren; dr(ϕ′) und dε(ϕ′) sind die korrespondieren­ den inherent approximation errors.
Die entsprechenden GRNN-Approximationsfunktionen lauten
Würde man zur Fehlersignalerzeugung die gemessene Drehzahl n₁ unmittelbar verwenden, so würde sich keine SPR-Übertragungsfunktion für H(s) im Fehlermodell (5)/(6) ergeben. Deshalb wird das Fehlersignal auf der Grundlage von n′₁ gebildet, einem durch PDT₁-Filterung aus n₁ erhältlichen Signal.
Aus Abb. 7 entnimmt man:
Das Reibmoment mr kann in guter Näherung als eine sich gegenüber Δr sehr langsam veränderliche Größe betrachtet werden. Es wird deshalb als vom Drehwinkel ϕ unabhängig mit dem einfachen linearen Störgrößenmodell r = 0 modelliert.
Wir setzen in (23) für Δr den Ausdruck (16) bzw. für Δ (18) ein und erhalten mit der Definition des skalaren Parameterfehlers für das Reibmoment Φm = r - mr sowie dem Parameterfehlervektor für die Unrundheit Φ r = r = ϑ r:
Die Struktur dieser Gleichung entspricht der Fehlergleichung (5) mit der SPR-Übertragungsfunktion H(s) = λ/{(s + λ) · Tm1}, und die Anwendung der Lernregel (6) liefert:
Damit tritt Fehlerkonvergenz ein. Für die Parameterkonvergenz liegt jedoch nun nicht die im Abschnitt 3.1 diskutierte Situation vor, da nun nicht nur ein GRNN, sondern ein GRNN (r T- · w(ϕ′) ) und gleichzeitig ein Skalar (r) trainiert werden. Infolgedessen ist die Parameterfehlerdynamik nicht entkoppelt und die persi­ stent excitation Bedingung ist, ist nur mit spektral reichhaltigen Systemsignalen erfüllbar. Damit verbunden ist eine erhebliche Zunahme der Lernzeiten.
Um diese Nachteile zu vermeiden, wird eine dynamische Separation der beiden zu lernenden Größen vorgenommen. Dazu wird die Tatsache ausgenutzt, daß Δr(ϕ) bzw. Δr(ϕ′) mittelwertfrei sind. Die Ap­ proximationsfunktion des GRNN
ist genau dann ebenfalls mittelwertfrei, falls die Komponenten -, µ = 1, . . ., q, des Parametervektors r mittelwertfrei sind:
Um die Bedingung (27) zu erzwingen, wird nach jedem Lernschritt der zeitdiskret realisierten Lernregel (26) für jeden Stützwert die folgende Zuweisung durchgeführt:
Dadurch wird die Approximationsfunktion des GRNN Δ(ϕ′) = ρ · w(ϕ′) stets mittelwertfrei gehalten, d. h. ihr Gleichanteil ist Null.
Betrachten wir die Fehlergleichung (24) nun für die Gleichanteile aller Signale. Für diesen Fall ist in (24) für das PT₁-Glied die stationäre Verstärkung anzusetzen (d. h. s → 0); der Term mit Φ r = r - ϑ r verschwindet auf Grund von (27). Es ergibt sich für den Gleichanteil r des Fehlersignals er:
Diese Fehlergleichung für den Mittelwert des Fehlersignals entspricht nun der Fehlergleichung (5), und die gemäß dem Adaptionsgesetz (6) korrespondierende Lernregel lautet:
Die Lernregel (30) führt zur Fehlerkonvergenz r → 0 und damit wegen (29) auch zu Parameterkonvergenz r → mr.
Als Approximation von r kann das ohnehin benötigte Fehlersignal er gemäß (23) verwendet werden, da r ansatzbedingt - weil ϕ-unabhängig - keinen Wechselanteil aufnehmen kann. Damit wird die Lernregel (30) zu
Die Lernregel (31) bewirkt inhärent einen Glättungseffekt, der umso ausgeprägter ist, je kleiner die Lern­ schrittweite ηm gewählt wird.
Gehen wir für die weitere Überlegung von einem Zustand aus, für den die soeben beschriebene Para­ meterkonvergenz für r bereits eingetreten ist, d. h. also gilt: Φm = r - mr = 0. In diesem Fall wird die Fehlergleichung (24) zu (dr(ϕ′) = 0):
Die Beziehung (32) entspricht nun exakt der Fehlergleichung (5), und wir wenden die Lernregel (6) an:
Hier gilt nun die im Abschnitt 3.1 beschriebene Parameterkonvergenzanalyse und die gewünschte Entkopp­ lung der Parameterfehlerdynamik tritt ein. Damit werden zur Erfüllung der persistent excitation Bedingung für die Parameterkonvergenz Φ r0 keine komplexen Systemsignale benötigt.
Nun wird ein neuronaler Beobachter entworfen, der auf Grund eines durch die Bahnkraftmessung er­ zeugten Fehlersignals eε lernt. Gemäß Abb. 7 und bei Linearisierung um einen festen Arbeitspunkt des Ausdrucks für die Bahnkraft f₁₂ gilt:
Der Lernvorgang für die Unrundheit sei bereits abgeschlossen, d. h. Φ r = 0. Dann folgt aus (35) bei Ver­ nachlässigung der inherent approximation error dε und dr:
Diese Gleichung entspricht der Fehlergleichung (5), und die Lernregel (6) ist anwendbar:
Hier gilt nun wieder die im Abschnitt 3.1 diskutierte Parameterkonvergenzanalyse mit entkoppelter Para­ meterfehlerdynamik und der einfachen Erfüllung der persistent excitation Bedingung für die Parameterkon­ vergenz.
Damit sind also die unbekannten Größen Reibung mr, Unrundheit Δr und im Wickel gespeicherte Dehnung ε₁₂ mittels dem im Abschnitt 3.1 beschriebenen Verfahren erlernbar und man wird in die Lage versetzt, die durch den neuronalen Beobachter geschätzten Störgrößen r, Δ und ₁₂ für eine Störgrößen­ kompensation in der bekannten Feedforward-Struktur zu nutzen.
Bei sonstigen technischen Prozessen und somit auch beim Wickler ändert sich typischerweise die Form der Nichtlinearitäten. Beim Wickler ändert sich etwa die Form der Unrundheit. Die erläuterte Struktur mit neuronalem Netz und dem im Abschnitt 3.1 erläuterten Verfahren wird fortlaufend den Lernprozeß weiterführen (da eine Fehlersignalrückführung vorliegt) und damit die Art der Nichtlinearität kontinuierlich weiteridentifiziert. Dadurch liegt ein permanent aktuelles Kompensationssignal für die Störgrößenaufschal­ tung vor.
4 Erzielbare Vorteile
Durch die Anwendung der für diese Aufgabenstellung erforderlichen Lernregeln (25), (26), (28) und (33) wird das im Abschnitt 3.1 erläuterte Verfahren für das Erlernen der Unrundheit bei Achswicklern implementiert. In Abb. 8 ist das durch eine numerische Simulation ermittelte Lernergebnis für die Unrundheit abgebildet. Die Transiente Δr zeigt die tatsächliche Unrundheit, die Kurve Δ die erlernte Approximation. Man erkennt, daß der neuronale Beobachter die Unrundheit sehr gut approximiert. Werden nun die im neuronalen Beobachter erzeugten Schätzwerte für r, Δ und ₁₂ in der bekannten Feedforward-Struktur zur Störgrößenkompen­ sation verwendet, dann ergibt sich ein Kraftverlauf gemäß Abb. 10. Innerhalb weniger Umdrehungen hat der neuronale Beobachter die Schätzgrößen soweit gelernt, so daß die Feedforward-Kompensation zu einer erheblichen Reduktion der Bahnkraftschwankungen führt. Der dadurch erzielbare Vorteil wird durch den Vergleich der Abb. 9 (ohne Feedforward-Kompensation) mit Abb. 10 (mit Feedforward-Kompensation) deutlich.
Geringere Bahnkraftschwankungen ermöglichen höhere Produktionsgeschwindigkeiten sowie die Ver­ wendung empfindlicherer Materialien (z. B. dünneres Papier). Dadurch kann die Anlage effizienter genutzt werden und wirtschaftlicher arbeiten.

Claims (18)

1. Verfahren und Einrichtungen zur Beobachtung nicht meßbarer Größen nichtlinearer dynamischer Sy­ steme, deren linearer Teil nach Ordnung, Struktur und Parameter bekannt ist und deren nichtlinearer Teil aus unbekannten nichtlinearen statischen Kennlinien, die auch zeitvariant sein können, besteht, dadurch gekennzeichnet, daß der Beobachter aus einer Kombination des linearen Strecken-Teilmodells und General Regression Neural Networks aufgebaut ist.
2. Verfahren und Einrichtungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Lernvorgang durch ein Fehlersignal getrieben wird, das durch Vergleich zwischen dem Ausgangssignal der realen Strecke und dem Ausgangssignal des Beobachters erzeugt wird.
3. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die General Regression Neural Networks auf der Grundlage dieses Fehlersignals die unbekannten nichtlinearen statischen Kennlinien erlernen (Identifikation).
4. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Stabilität des Lernvorgangs durch einen Ljapunov-Stabilitätsbeweis garantiert ist.
5. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß zum Training der General Regression Neural Networks ein Fehlermodell, wie z. B. das Fehlermodell der Gleichungen (5)/(6), verwendet wird.
6. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß Parameter­ konvergenz garantiert ist.
7. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die für Parameterkonvergenz erforderliche persistent excitation Bedingung ohne dynamische Anforderungen an die Systemsignale erfüllt wird.
8. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Struktur eines Fehlermodells für eine betrachtete Größe erst dann erreicht wird, wenn eine andere unbekannte Größe korrekt erlernt worden ist.
9. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß Fehlersignale spektral aufgeteilt werden.
10. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die spektral aufgeteilten Fehlersignale benötigt werden, um die Struktur eines Fehlermodells herzustellen.
11. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Lernge­ schwindigkeit so eingestellt werden kann, daß auch zeitvariante Nichtlinearitäten identifiziert werden können.
12. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß damit ein nichtlineares Modell vorliegt, das als nichtlinearer Beobachter genutzt werden kann.
13. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Identi­ fikation und Modellbildung parallel zum Prozeß erfolgt, ohne mit einem Kompensationssignal in den realen Prozeß einzugreifen.
14. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß die in den General Regression Neural Networks erlernte Information verwendet wird, um ein Kompensations­ signal zu erzeugen, das zur zeitweiligen oder permanenten Störgrößenkompensation verwendet wird.
15. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, daß bei zeit­ varianten Nichtlinearitäten diese mittels eines neuronalen Netzes gelernt werden und dann dieses zeitvariante Modell zur Bildung der Störgrößenaufschaltung verwendet wird.
16. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, daß bei zeit­ invarianten Nichtlinearitäten diese mittels eines neuronalen Netzes gelernt werden und dann dieses zeitinvariante Modell zur Bildung der Störgrößenaufschaltung verwendet wird.
17. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß das Vorgehen als "lokale Linearisierung" bezeichnet wird.
18. Verfahren und Einrichtungen nach den Ansprüchen 1 bis 17, dadurch gekennzeichnet, daß das neuro­ nale Netz mittels Fuzzy Logik realisiert wird.
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