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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Regelung einer Bahnzugkraft in einer Bearbeitungsmaschine.
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Obwohl die Erfindung nachfolgend im Wesentlichen unter Bezugnahme auf Druckmaschinen beschrieben wird, ist sie nicht auf eine derartige Anwendung beschränkt, sondern vielmehr bei allen Arten von Bearbeitungsmaschinen verwendbar, bei denen eine Zugkraft einer Warenbahn bzw. Materialbahn vorgegeben werden soll. Die Warenbahn kann aus Papier, Stoff, Pappe, Kunststoff, Metall, Gummi, in Folienform usw. ausgebildet sein.
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Stand der Technik
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Bei Bearbeitungsmaschinen, insbesondere Druckmaschinen, wird eine Warenbahn entlang von angetriebenen Achsen (Bahntransportachsen), wie z. B. Zugwalzen oder Vorschubwalzen, und nicht angetriebenen Achsen, wie z. B. Umlenk-, Leit-, Trocknungs- oder Kühlwalzen, bewegt. Die Warenbahn wird gleichzeitig mittels meist ebenfalls angetriebener Bearbeitungsachsen bearbeitet, bspw. bedruckt, gestanzt, geschnitten, gefalzt usw.
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Die Zugkraft bzw. Bahnspannung (solange keine Querschnittsänderung auftritt, sind Zugkraft und Spannung proportional; gemessen wird jedoch üblicherweise die Zugkraft) der Warenbahn wird bspw. über sog. Klemmstellen beeinflusst, die die Warenbahn form- oder kraftschlüssig einklemmen. Es handelt sich dabei regelmäßig um angetriebene Transport- oder Bearbeitungswerke. Bei einer Tiefdruckmaschine wird eine Klemmstelle üblicherweise durch ein Druckwerk, bei dem eine reibschlüssige Einheit zwischen dem angetriebenen Druckzylinder, dem Presseur und der Materialbahn besteht, gebildet. Die Warenbahn ist in Warenbahnabschnitte unterteilt, wobei ein Warenbahnabschnitt von zwei Klemmstellen begrenzt wird. Innerhalb eines Warenbahnabschnitts können weitere angetriebene und/oder nicht angetriebene Achsen angeordnet sein. Oftmals ist die gesamte Warenbahn in mehrere Warenbahnabschnitte, mitunter auch mit unterschiedlichen Zugkraftsollwerten, unterteilt. Zur Aufrechterhaltung der Sollwerte wird üblicherweise eine sog. Bahnspannungsregelung (Bahnzugkraftregelung) eingesetzt. Die Regelung der Bahnzugkraft erfolgt meist über eine Dehnung als Stellgröße, indem die Drehgeschwindigkeit der Klemmstellen beeinflusst wird. Für die Regelung ist jedoch die Kenntnis der Ist-Zugkraft nötig.
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Die Messung der Ist-Zugkraft Fist erfolgt üblicherweise durch eine geeignete Messvorrichtung, wie z. B. eine Kraftmessdose. Aufgrund von Störungen, wie z. B. Rauschen des Messgliedes, induzierten Störungen durch Verkabelung oder unrunden Messwalzen bzw. unrunden Bahnleitwalzen, die zu zyklischen Störsignalen führen, sind jedoch die Bahnzugkraft-Messwerte verrauscht, was Zugkraftschwankungen in den Regelkreis einbringt, die real gar nicht vorhanden sind. Eine Glättung der Bahnzugkraft-Messwerte durch Filterung ist möglich, führt aber zu einer stark reduzierten Gesamtdynamik des geschlossenen Regelkreises, da eine Glättung eine Verringerung der Reglerverstärkung K bedingt und sich dadurch eine schlechtere Regelgüte ergibt.
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Daneben ist es bspw. aus der
DE 10 2005 058 810 A1 bekannt, die Bahnspannung rechnerisch zu ermitteln, um Messvorrichtungen einzusparen. Jedoch kann auch das Antriebsmoment große Schwankungen beinhalten und auch diese Störungen in den Regelkreis einstreuen. Eine Glättung des Antriebsmomentes führt zu den bereits genannten Nachteilen.
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In der Veröffentlichung
"THE USAGE OF DECENTRALIZED OBSERVERS IN CONTINUOUS MOVING WEBS" von Patri et al. wird beschrieben, den Istwert der Bahnzugkraft durch Beobachter zu ermitteln, indem Motormomente/Antriebsmomente ausgewertet bzw. verwendet werden. Hierbei wird die Bahnzugkraft per Beobachter ohne jegliche Bahnzugkraft-Messwerte ermittelt, wobei Annahmen über das Reibungsverhalten der Mechanik und über die Bahnspannung im vorhergehenden Abschnitt notwendig sind. Diese Annahmen können relativ aufwändig werden bzw. die Istwertgenauigkeit kann bei Fehlannahmen sinken. Des Weiteren sind Antriebsmomente meist stark verrauscht, so dass dies im Regelkreis unerwünschte Anregungen des Systems ergeben kann.
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Es ist daher wünschenswert, die Qualität von Bahnzugkraft-Messwerten für die Regelung zu verbessern.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zur Regelung einer Bahnzugkraft in einer Bearbeitungsmaschine gemäß Patentanspruch 1 vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Vorteile der Erfindung
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Im Rahmen der Erfindung wird vorgeschlagen, einen Bahnzugkraft-Beobachtungswert mittels eines regelungstechnischen Beobachters zu bestimmen, wobei der Beobachter die Regelstrecke der Bahnzugkraftregelung unter Berücksichtigung eines auf andere Weise bestimmten oder gemessenen Bahnzugkraft-Messwerts beobachtet bzw. identifiziert. Der Bahnzugkraft-Beobachtungswert wiederum wird (als Rückführgröße oder zumindest Anteil davon) für die Regelung der Bahnzugkraft verwendet. Im Rahmen der Erfindung wird somit ein Beobachter nicht eingesetzt, um Messglieder u. ä. einzusparen, sondern um die Güte der Rückführgröße im Regelkreis zu verbessern. Eine Bestimmung von Bahnzugkraft-Messwerten findet weiterhin statt. Ein solcher Einsatz eines Beobachters ist nicht naheliegend, da der Bahnzugkraft-Messwert ja an sich vorliegt und ein Beobachter typischerweise eigentlich gerade dazu dient, nicht messbare Größen zu bestimmen. Ein Beobachter in der Regelungstechnik ist nämlich ein System, das aus bekannten Eingangsgrößen (z. B. Stellgrößen oder messbaren Störgrößen) und bekannten Ausgangsgrößen (Messgrößen) eines beobachteten Referenzsystems nicht messbare Größen (Zustände) rekonstruieren kann. Dazu bildet er das beobachtete Referenzsystem als Modell nach und beinhaltet einen Regler, der die nicht messbaren Zustandsgrößen nachführt.
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Die Erfindung führt zu einer Reduzierung von Störungen der Rückführgröße der Regelung, so dass die Regelgüte erhöht wird. Zusätzliche Glättungen der Rückführgröße sind dadurch nicht notwendig.
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Sofern der Beobachter eingeschwungen und der Modellfehler klein geworden ist, sind Bahnzugkraft-Beobachtungswert und Bahnzugkraft-Messwert nahezu identisch und entsprechen dem Bahnzugkraft-Istwert. Jedoch werden jegliche Störungen des Bahnzugkraft-Messwerts nicht zur Regelung verwendet und können deshalb den Regelkreis nicht anregen (z. B. aufschwingen). Durch diese Maßnahme erhält man eine robustere Regelung. Somit können auch Reglerparameter stärker bzw. dynamischer gesetzt werden, d. h. höhere Reglerverstärkung KP und/oder niedrigere Reglerzeitkonstante TN.
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Durch die Reduzierung bzw. Vermeidung von Störungen in der Rückführgröße können auch einfachere und kostengünstigere Messmittel eingesetzt werden. Bei solchen Messmitteln kann ein Rauschanteil nämlich durchaus bis zu 20% betragen, was herkömmlicherweise solche Messmittel von der Verwendung für eine Bahnzugkraftregelung ausschließt.
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Auch von unrunden Walzen hervorgerufene (und damit drehzahlabhängige) Störungen werden nicht in die Regelung eingebracht. Solche Störungen können insbesondere bei geringen Drehzahlen sogar dazu führen, dass die Bahnzugkraftregelung diese gemessenen Bahnzugkraftabweichungen ausregeln will und es somit zu weiteren Bahnzugkraftabweichungen kommt.
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Durch Verwendung des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts in der Regelung können auch Totzeiten der Messung eliminiert werden (z. B. Weglassen von Messfiltern, insbesondere Tiefpass, da der Messwert nicht mehr glatt sein muss), was ebenfalls eine dynamischere Reglerparametrierung erlaubt.
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Die Verwendung des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts in der Regelung führt insgesamt zu einer glatteren Regelgröße (Bahnzugkraft-Istwert Fist).
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Vorzugsweise wird der Bahnzugkraft-Messwert gemessen, insbesondere mittels einer Bahnzugkraftmesseinrichtung wie einer Kraftmessdose, oder rechnerisch ermittelt, bspw. aus einem Antriebsmoment.
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Vorzugsweise wird die Rückführgröße aus dem Bahnzugkraft-Beobachtungswert und dem Bahnzugkraft-Messwert gebildet, beispielsweise als Mittelwert oder gewichteter Mittelwert. Bei einem gewichteten Mittelwert kann eine Gewichtung von 0...100% vorgesehen werden, welche den Anteil des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts an der Rückführgröße definiert. Dadurch kann Rauschen im Bahnzugkraft-Messwert bzw. im Bahnzugkraft-Beobachtungswert durch die Mittelung mit der jeweils anderen Größe reduziert werden.
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Vorzugsweise ist eine Möglichkeit vorgesehen, um die Quelle der Rückführgröße und/oder den Anteil des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts an der Rückführgröße in Abhängigkeit von einer Betriebssituation auszuwählen. Die Regelung auf ein Modell, d. h. bei Verwendung des Beobachtungswertes, hat in der Praxis häufig den Nachteil, dass bei Übergangszuständen transient Modellfehler auftreten, die zu einer Abweichung zwischen Bahnzugkraft-Beobachtungswert und Bahnzugkraft-Istwert führen. Um dies zu vermeiden, kann bei Vorgängen, bei denen sich Größen, die sich auf den Messwert stark auswirken, schnell ändern, bei denen der Beobachter aber evtl. nur mit seinem Beobachtungswert träge folgt, beispielsweise bei Beschleunigungs- oder Bremsvorgängen, auf den Bahnzugkraft-Messwert als Quelle der Rückführgröße umgeschaltet werden, insbesondere auch durch eine entsprechende 0%-Gewichtung (siehe oben). Bei konstanter Geschwindigkeit wird auf den Bahnzugkraft-Beobachtungswert als Quelle der Rückführgröße umgeschaltet. Allgemein beträgt der Anteil des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts an der Rückführgröße in der Beschleunigungs- oder Bremssituation weniger als 50%, vorzugsweise höchstens 10% oder 0%, und in der Konstantgeschwindigkeitssituation mehr als 50%, vorzugsweise mindestens 90% oder 100%.
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Vorzugsweise gehört zu einer Betriebssituation auch die Situation, dass der Modellfehler (Differenz zwischen Bahnzugkraft-Beobachtungswert und Bahnzugkraft-Messwert) zu groß wird und bspw. einen Schwellwert überschreitet. In einem solchen Fall wird zweckmäßigerweise auf den Bahnzugkraft-Messwert als Quelle der Rückführgröße umgeschaltet, da ein Modellfehler angenommen werden kann. Unterschreitet der Modellfehler denselben (oder einen anderen Schwellwert, ”Regelhysterese”), wird auf den Bahnzugkraft-Beobachtungswert als Quelle der Rückführgröße umgeschaltet. Vorzugsweise wird hierbei auch das Ergebnis einer Diagnosefunktionalität berücksichtigt. Insbesondere wird zweckmäßigerweise bei einem erkannten Bahnriss (der ebenfalls zu einem sehr großen Modellfehler führt), nicht auf den Bahnzugkraft-Messwert als Quelle der Rückführgröße umgeschaltet. Dies unterbindet unnötige und ggf. sogar schädliche Reglereingriffe zur Wiederherstellung der Bahnzugkraft, da bei Verwendung des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts als Quelle der Rückführgröße zunächst keine Regelabweichung auftritt.
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Zweckmäßigerweise erfolgt die Umschaltung der Quelle der Rückführgröße stetig, d. h. die Gewichtung wird im Wesentlichen kontinuierlich von 100% auf 0% verstellt und umgekehrt.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform wird der Modellfehler für eine Diagnosefunktionalität verwendet. Es können insbesondere ein Bahnriss, ein Schlupf und/oder unrunde Walzen erkannt werden. Auf Grundlage eines Diagnoseergebnisses wird zweckmäßigerweise eine Maßnahme eingeleitet, bspw. ein Maschinenstopp, die Ausgabe einer Warnmeldung, ein Eintrag in eine Fehlerprotokoll usw.
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Auf einen Bahnriss kann beispielweise durch einen Schwellwertvergleich des zeitlichen Gradienten des Modellfehlers geschlossen werden. Wird der Modellfehler nicht tiefpassgefiltert (zum Ausfiltern langsamer Veränderungen kann der Modellfehler hier jedoch hochpassgefiltert werden), kann aus einem sehr schnell auftretenden Modellfehler (Überschreiten des Schwellwerts) auf einen Bahnriss geschlossen werden. Wird ein Bahnriss erkannt, wird zweckmäßigerweise ein Maschinenstopp eingeleitet.
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Auf einen Schlupf im Bahntransport kann beispielweise durch einen Schwellwertvergleich des zeitlichen Gradienten des stark tiefpassgefilterten Modellfehlers geschlossen werden. Wird der Modellfehler stark tiefpassgefiltert, kann aus einem sehr langsam auftretenden Modellfehler (Überschreiten des Schwellwerts) auf einen Schlupf geschlossen werden.
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Auf das Vorhandensein unrunder Walzen kann beispielweise durch eine Frequenzfilterung des Modellfehlers mit anschließendem Schwellwertvergleich geschlossen werden, insbesondere mittels Fourieranalyse (FFT, DFT) oder mittels Bandpass. Sind die Durchmesser der Walzen – wie üblich – bekannt, können deren Drehfrequenzen in einem Spektrum gesucht werden (Frequenzbereich) bzw. durch einen Bandpass ausgefiltert werden (Zeitbereich). Überschreiten diese spektralen Anteile einen Schwellwert, so kann auf unrunde Walzen geschlossen werden. Wird eine unrunde Walze erkannt, kann eine Warn- oder Fehlermeldung ausgegeben werden.
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Es versteht sich, dass der Modellfehler auch gleichzeitig unterschiedlichen Filter- und Diagnosefunktionalitäten zugeführt werden kann.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z. B. ein Steuergerät einer Bahnbearbeitungsmaschine, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung der Erfindung in Form von Software ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten ermöglicht, insbesondere wenn eine ausführende Recheneinheit noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere Disketten, Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, CD-ROMs, DVDs u. a. m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachfolgend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung ausführlich beschrieben.
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Figurenbeschreibung
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1 zeigt eine schematische Darstellung einer als Druckmaschine ausgebildeten Bearbeitungsmaschine, für die das erfindungsgemäße Verfahren geeignet ist,
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2 zeigt schematisch einen Regelkreis mit einem Beobachter gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung.
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Detaillierte Beschreibung der Zeichnung
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In 1 ist ein schematischer Ausschnitt einer Druckmaschine 10 dargestellt, in der eine Materialbahn 101 durch fünf hier als Druckwerke 1 bis 5 ausgebildete Klemmstellen transportiert und bearbeitet wird. Zwischen jeweils zwei benachbarten Klemmstellen ist ein Warenbahnabschnitt ausgebildet. Beispielsweise ist ein Warenbahnabschnitt 12 durch die Druckwerke 1 und 2 begrenzt, ein Warenbahnabschnitt 23 durch die Druckwerke 2 und 3, ein Warenbahnabschnitt 34 durch die Druckwerke 3 und 4 und ein Warenbahnabschnitt 45 durch die Druckwerke 4 und 5. Statt Druckwerken können ebenso Transportwerke, wie Einzugs- oder Auszugswerk, betroffen sein.
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Die Druckmaschine weist weiterhin hier als Kraftmessdosen 121 bis 124 ausgebildete Bahnzugkraftsensoren zur Ermittlung der Zugkraft F in den jeweiligen Warenbahnabschnitten auf. Die physikalischen Parameter, nämlich die Länge I, die Dehnung ε und die Zugkraft F der einzelnen Warenbahnabschnitte sind in der Figur ebenfalls angegeben. Unter Annahme eines üblicherweise konstanten Bahnquerschnitts ist die Zugkraft F proportional zur Bahnspannung σ.
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In der gezeigten Darstellung wird die Zugkraft und damit die Bahnspannung über die Umfangsgeschwindigkeiten v1 bis v5 der Druckwerke 1 bis 5 eingestellt, welche von einer als Recheneinheit bzw. Computer 150 ausgebildeten Bahnzugkraftregeleinrichtung verändert werden können. Zur Beeinflussung der Bahnspannung bspw. in dem Warenbahnabschnitt 34 sind zwei Strategien bekannt. Bei der Upstream-Strategie wird das Druckwerk 3 (und optional davorliegende Druckwerke) verstellt und bei der Downstream-Strategie wird das Druckwerk 4 (und optional nachfolgende Druckwerke) verstellt. Eine Erhöhung der Geschwindigkeit der vorderen Klemmstelle bewirkt eine stationäre Verringerung der Bahnzugkraft und eine Erhöhung der Geschwindigkeit der hinteren Klemmstelle bewirkt einen stationären Anstieg der Bahnzugkraft in diesem Warenbahnabschnitt. Eine differentielle Verstellung ist ebenfalls möglich, welche eine Kombination aus einer anteiligen Upstream- und Downstream-Strategie darstellt, d. h. es wird sowohl anteilig die Geschwindigkeit an Druckwerk 3 als auch an Druckwerk 4 verändert.
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Zur Durchführung der Bahnzugkraftregelung werden die von den Sensoren 121 bis 124 erfassten Zugkraftwerte einer Einrichtung zur Bahnzugkraftregelung (sog. Bahnspannungs- bzw. Zugregler) innerhalb der Recheneinheit 150 zugeführt. Der Zugregler steuert dann in Abhängigkeit von der Regelabweichung (Abweichung zwischen Soll- und Istwert) die Geschwindigkeiten v1 bis v5, bspw. durch Beeinflussung eines Getriebefaktors (sog. Feinabgleich fa) zwischen Maschinengeschwindigkeit (welche üblicherweise durch eine virtuelle Leitachse vorgegeben wird) und Transportwalze.
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In 2 wird die der Erfindung zugrundeliegende Bahnzugkraftregelung anhand eines Regelkreises 200 schematisch dargestellt. Dem Regelkreis kann beispielsweise eine Druckmaschine gemäß 1 zugrunde liegen. Die Sollzugkraft Fsoll wird als Führungsgröße einem Vergleichsglied bzw. Subtrahierglied 201 zugeführt, dem auch eine Rückführgröße r zugeführt wird. Die sich daraus ergebende Regeldifferenz bzw. Regelabweichung e wird einem Bahnzugkraft-Regelglied 202 zugeführt, welches vorliegend als PI-Glied mit einer Proportionalverstärkung KP und einer Nachstellzeit TN ausgebildet ist. Ohne Einschränkung kann das Regelglied auch als P-, PD- oder PID-Glied oder als anderer Regler, wie beispielsweise ein Zustandsregler, ausgeführt sein. Das Regelglied 202 berechnet eine Stellgröße fa, die der Regelstrecke 204 zugeführt wird, welche vorliegend mit PT1-Verhalten angenommen wird. Die Stellgröße fa wirkt auf die Drehzahl einer Klemmstelle und führt zu einer Veränderung des Bahnzugkraft-Istwerts Fist als Regelgröße. Diese wird als Bahnzugkraft-Messwert FM bestimmt, insbesondere von einem Sensor 206 gemessen.
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Die Regelstrecke 204 wird von einem Beobachter 205 identifiziert. Diesem wird dazu die Stellgröße fa sowie ein Modellfehler eB zugeführt. Der Beobachter 205 bestimmt daraus auf Grundlage eines Modells der Regelstrecke einen Bahnzugkraft-Beobachtungswert FB als Beobachter-Ausgangsgröße. Der Modellfehler eB wird als Differenz zwischen dem Bahnzugkraft-Messwert FM und dem Bahnzugkraft-Beobachtungswert FB bestimmt.
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Gemäß der hier dargestellten Ausführungsform ist ein Gewichtungsglied 203 vorgesehen, welches die Rückführgröße r als gewichteten Mittelwert aus dem Bahnzugkraft-Messwert FM und dem Bahnzugkraft-Beobachtungswert FB bestimmt. Ein Gewichtungsfaktor 0...100% definiert den Anteil des Bahnzugkraft-Beobachtungswerts FB an der Rückführgröße r.
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Bei der Identifikation (d. h. Bestimmung der Modellparameter) einer Regelstrecke mittels eines Beobachters erhält man prinzipiell eine ähnliche Regelkreisstruktur, wie sie in 2 abgebildet ist. Der Beobachter 205 identifiziert die Regelstrecke 204 und führt sein Modell entsprechend nach. Als Streckenmodell für eine Bahnzugkraftregelung bietet sich ein PT1- oder ein PT2-Glied an. Als dominante Zeitkonstante des Modells wird sich bei der Identifikation meist die Streckenzeitkonstante l/v (l: Bahnlänge des betrachteten Warenbahnabschnitts, v: Bahngeschwindigkeit) ergeben. Die Streckenverstärkung (Fist/fa) ist dabei proportional zum Elastizitätsmodul (E-Modul) E und Querschnitt A der Warenbahn. Soweit diese Größen nicht bekannt sind, müssen sie identifiziert werden.
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Bei Annahme eines PT2-Gliedes wird als weitere Zeitkonstante meist eine Zeitkonstante identifiziert, die durch Totzeiten, Glättungszeiten, etc. im Regelkreis verursacht ist.
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Anhand der identifizierten Größen können die Reglerparameter K, T des Regelglieds 202 nach entsprechenden im Stand der Technik bekannten Optimierungskriterien eingestellt werden.
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Optional wird die Zeitkonstante des Modells nicht identifiziert, sondern vorbesetzt, da die Parameter l und v meist bekannt sind. Dies vereinfacht die Identifikation, z. B. im Falle eines PT1-Glieds, auf die Streckenverstärkung. Dies führt wiederum dazu, dass die Identifikation robuster wird, da mehr von der Strecke bzw. vom Modell bekannt ist und nicht identifiziert werden muss.
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Als weitere Option kann ein E-Modul der Warenbahn geschätzt werden, welcher Schätzwert dann als Startwert des zu identifizierenden E-Moduls verwendet werden kann. Hierdurch wird die Zeitdauer, bis man ein verlässliches E-Modul im Modell erhält, stark verkürzt. Ansonsten wird typischerweise mit Werten ”0” gestartet, die weit weg von der erwartungsgemäßen Größe des E-Moduls liegen.
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Die Schätzung und Startwertvorgabe kann auch mit der Zeitkonstanten des Modells erfolgen, sofern diese nicht vorbesetzt, sondern identifiziert werden soll.
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Die Identifikation des E-Moduls bzw. der Zeitkonstante und/oder des Querschnittes wird vorteilhafterweise mit Hilfe eines RLS-Verfahrens durchgeführt (RLS: recursive least square).
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Ein identifiziertes E-Modul kann vorteilhafterweise auch für eine Plausibilisierung und/oder für spätere Produktionen verwendet werden. Mit Hilfe von Plausibilitätsuntersuchungen können evtl. zur Regelung eingegebene Materialdaten überprüft werden. Wird vom Anwender ein Materialtyp in einer Rezeptur eingegeben, beispielsweise um daraus Prozessparameter zu ermitteln, können diese Eingabegrößen mit den identifizierten Materialgrößen verglichen werden und bei großen Abweichungen eine Diagnose erzeugt werden. Ein identifiziertes E-Modul kann auch für nachfolgende Produktionen genutzt werden, beispielsweise um eine Folge-Identifikation mit einem guten Schätzwert für das E-Modul starten zu lassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005058810 A1 [0006]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- ”THE USAGE OF DECENTRALIZED OBSERVERS IN CONTINUOUS MOVING WEBS” von Patri et al. [0007]