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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entseuchuno, und Reifung
von Kompostrohgut durch Durchsaugen bzw. Einblasen von Luft.
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Nach der klassischen Herstellungsweise wird Kompost aus Abfällen aller
Art durch Aufsetzen des Rohmaterials auf Mieten erzeugt. Dabei muß für die Einhaltung
der richtigen Feuchtigkeit gesorgt werden, das Material darf nicht zu naß und nicht
zu trocken sein, es soll etwa die Feuchtigkeit eines ausgedrückten Schwammes besitzen
(P f e i f f e r, Ehrenfried: Anleitung für die Kompostfabrikation
aus städtischen und industriellen Abfällen, Gustav Fischer Verlag Stuttgart
1957, Kapitel 11). Ferner muß das Material locker liegen, damit die
Luft zu allen Teilen Zutritt hat. Die Organismen, die die erwünschte Verrottung
bewirken, sind Aerobier und brauchen daher Atemluft. Fehlt diese, so sterben sie
ab und machen unerwünschten Fäulnisorganismen Platz. Fäulnisprozesse sind mit unangenehmen
Gerüchen verbunden; es entstehen unter anderem Schwefelwasserstoff, Sulfide, Ammoniak
und Methan. Bei der aeroben Verrottung dagegen entstehen keine unangenehmen Gerüche.
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Bei Verwendung von Stadtmüll als Kompostrohstoff wird dieser in der
Regel vor dein Aufsetzen in bzw. auf Raspeln oder Hammermühlen zerkleinert und aufbereitet,
wobei unerwünschte Stoffe ausgeschieden werden. Auch kann diesem Rohgut eine gewisse
Menge an entwässertem Klärschlamm beigemischt werden. Durch den richtig geleiteten
aeroben Rotteprozeß erhitzt sich der Komposthaufen auf 60 bis 801 C,
wobei alle pathogenen Organismen und alle Unkrautsamen vernichtet werden. Diese
Hygienisierung wird unterstützt durch eine intensive Bildung von Aetinomyceten und
Pilzen und deren Ausscheidungen, die zum Teil als Antibiotika wirken. Bei Fäulnis
dagegen, also unter anaeroben Bedingungen, tritt keine sichere Hygienisierung ein,
teils weil dabei nicht die nötige Temperatur erreicht wird und keine Actinomyceten
entstehen, teils weil die meisten Krankheitserreger das Fäulnismilieu bevorzugen.
Fäulnisfähige Stoffe sind überdies pflanzenschädlich.
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Bei der Mietenkompostierung wird nun in den Außenschichten der Sauerstoff
verbraucht und kann deshalb nicht in den Mietenkem gelangen. Dort kann sehr leicht
Luftmangel auftreten, wodurch sich insbesondere bei zu starker Durchfeuchtung bzw.
bei nassem Wetter eine Fäulniszone bilden kann. Gegenmaßnahmen gegen Zonenbildung
sind ein rechtzeitiges Umsetzen und Auflockern der Mieten oder Anlegen von Luftkanälen
(S p o h n : Fortschritte bei der Herstellung von Kompost, Sonderdruck
Städtehygierie 5/1962).
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Insbesondere dürfen die Mieten nicht höher als 1,20 in gemacht werden.
Deshalb haben Müllkompostwerke nachteiligerweise einen sehr hohen Platzbedarf, wobei
überdies bei diesem Verfahren die Reifung etwa 4 Monate benötigt. In der Regel liegt
der Kompost bis zur Verkaufssaison noch länger.
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Man sucht deshalb nach Verfahren, die den Platzbedarf und den Zeitbedarf
nach Möglichkeit verringern und vom Wetter unabhängig sind. Letzteres wird durch
optimale Belüftung angestrebt. Es sind mehrere Verfahren bekannt, die deshalb ein
intensives Bewegen des Materials bewerkstelligen, sei es in Drehtrommeln, sei es
durch pflugartige Vorrichtungen (Kumpff-Maas-Straub- Handbuch Müll und Abfallbeseitigung,
Erich Schmidt Verlag Berlin, S. 38, 39). Diese Verfahren verhindern jedoch
durch das Umwälzen die Bildung von Pilzmycel. Gerade im Anfang des Prozesses spielen
die Pilze bzw. Actinomyceten aber eine Schlüsselrolle, und zwar nicht nur für die
Hygienisierung, sondern auch für die Festlegung frei werdender flüchtiger Stickstoffverbindungen.
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Es wurden deshalb Verfahren entwickelt, bei denen die vorzerkleinerten
Abfälle zunächst mit einer speziellen Bakterienkultur versetzt und dann in stehende
Rottezellen eingebracht werden. Durch eine ruhende Materialschicht wird mit Hilfe
von Gebläsen Luft geblasen oder gesaugt (sogenanntes Humusol-Verfahren des französischen
Systems Cifal in Kumpff-Maas-Straub, S. 13 ff.). Messungen haben jedoch ergeben,
daß die eingeblasene Luft schon in den ersten Schichten verbraucht wird. Dort steigt
dann die Temperatur rasch an, was zu starker lokaler Wasserverdampfung führt. Die
folgenden Schichten erhalten deshalb nachteiligerweise nur noch verbrauchte sauerstoffarme
Luft und können sich daher nicht erhitzen. In diesen kühlen Zonen schlägt sich der
gebildete Wasserdampf wieder nieder; die entstehende Vernässung zusammen mit Sauerstoffmangel
führt lokal zur Fäulnis. Erhöht man die Luftmenge so stark, daß auch diese Schichten,
die dem Lufteintritt fern liegen, noch genügend Sauerstoff bekommen, so erhalten
die Eintrittsschichten zu viel Luft, wodurch sie auskühlen.
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Es hat sich gezeigt, daß dieses Verfahren des Lufteinblasens niemals
zu einer gleichmäßigen Temperatur- und Feuchtigkeitsverteilung im Haufen führt.
Man kann zwar den Haufen trockenblasen, jedoch keine geregelte Verrottung durchführen.
Als Voraussetzung für eine geregelte Verrottung muß in der ganzen Masse gleichmäßig
eine optimale Feuchtigkeit gewährleistet sein und der ganzen Masse ein optimales
Luftangebot gleichmäßig zugeführt werden.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur
Hygienisierung und Reifung von Kompost zu schaffen, bei welchem eine genügende Beschickung
mit Sauerstoff sämtlicher Materialschichten gewährleistet ist und dadurch optimale
Verrottungsbedingungen erhalten werden.
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Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren der eingangs erwähnten Gattung
dadurch gelöst, daß das Durchsaugen bzw. Einblasen der Luft von unten in durch Pausen
unterbrochenen Stößen erfolgt, wobei die Pausen so bemessen werden, daß die Temperatur
in allen Schichten des Kompostrohguts gleich ist und der Sauerstoffgehalt in der
Abluft nicht unter 10 Volumprozent absinkt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besitzt wesentliche Vorteile gegenüber
dem Stand der Technik. Jeder Luftstoß wird so stark bemessen, daß in allen Schichten
zunächst ein überangebot an Sauerstoff vorliegt, daß nicht sofort veratmet werden
kann, In kurzer Zeit, beispielsweise in einer Minute, muß sämtliche verbrauchte
Luft aller Schichten durch Frischluft ersetzt sein, was daran erkennbar ist, daß
der Sauerstoffgehalt der Abluft nun sprunghaft ansteigt. In diesem Augenblick wird
eine Belüftungspause eingelegt, die so lange dauert bis die in der Masse befindliche
Luft in ihrem Sauerstoffgehalt auf einen Grenzwert abgesunken ist, der eben noch
die Verträglichkeitsgrenze für die aeroben Organismen darstellt. Diese Grenze liegt
nach unserer Feststellung bei 10 Volumprozent 0.-Gehalt, da sich unterhalb
dieser Grenze bereits Methan bildet. Unterhalb dieser
Grenze setzt
also neben oxydativen Vorgängen schon eine Tätigkeit anaerober Organismen ein, was
erfindungsgemäß verhindert wird.
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Des weiteren kann beim Durchsaugen der Luft von oben nach unten die
verdunstete Feuchtigkeit durch Beregnen wieder ersetzt werden. Dadurch ist in vorteilhafter
Weise möglich, die zuerst austrocknenden oberen Schichten durch Beregnen wieder
anzufeuchten. Es hat sich überraschenderweise gezeigt, daß dadurch eine gleichbleibende
optimale Feuchtigkeitsverteilung durch alle, Schichten, beispielsweise bis zu einer
Höhe von 4 m erhalten wird. überflüssiges Wasser kann durch einen Siebboden, auf
den die Masse beim Durchsaugen liegt, abtropfen. Des weiteren kann das abgesaugte
Gasgemisch kontinuierlich analysiert werden.
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Der Sauerstoffverbrauch des Kompostguts steigt anfangs schnell auf
ein Maximum an und fällt im Laufe von mehreren Tagen langsam ab. Gleichlaufend sinken
die Temperaturen ab, und schließlich nähert sich der Prozeß seinem Ende. Dabei kann
in vorteilhafter Weise die Länge der Ruhepausen, die über eine Schaltuhr gesteuert
werden können, diesem veränderlichen Luftverbrauch angepaßt werden. Die Ruhepausen
betragen beispielsweise zwischen 10 und 60 Minuten. Zu ihrer jeweils
richtigen Bemessung benutzt man zweckmäßia einen Sauerstoffschreiber für den 0.-Gehalt
im Abgasstrom und einen Temperaturschieiber mit drei Meßstellen, die in verschiedenen
Schichthöhen des Materials liegen. Statt des 0.-Schreibers kann auch ein CO.,-Schreiber
verwendet werden.
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Während bei kontinuierlicher Belüftung die drei Temperaturen auseinanderlaufen,
gelingt bei richtiger Einstellung der Belüftungspausen, jene auf ein und dieselbe
Höhe zu bringen. Die Reifung geht dann in allen Schichten gleichmäßig vor sich,
auch die Feuchtigkeitsverteilung hat sich dabei als gleichmäßig erwiesen.
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Wenn man die abgesaugten feuchten Brüden in einem Kühler vollständig
kondensiert, erhält man ein angenähertes Maß für die optimale Wassermenge, die wieder
zugeführt werden muß. In vorteilhafter Weise wird hierfür zweckmäßig das Kondensat
verwendet.
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In einer Abänderung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die Luft
abwechselnd von oben nach unten durchgesaugt und von unten nach oben eingeblasen
werden. Dieses Verfahren ist insbesondere bei mehreren Meter hohen Schichten vorteilhaft.
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Des weiteren können dem Beregnungswasser in bekannter Weise Mikrobenkulturen,
Heilpflanzenauszüge, Stimulantien oder Ergänzungsstoffe zugesetzt werden.
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Es ist bekannt, daß der Kompostierprozeß durch Impfen mit gewissen
Stoffen gefördert wird. Erwähnt sei der Starter von Ehrenfried Pfeiffer oder die
Impfziegel nach Franc&Harrar. Beide enthalten ausgewählte Mikrobenkulturen.
Andere bekannte Präparate enthalten Aromastoffe bzw. Heilpflanzenauszüge. Auch gewisse
Alkaloide, wie Digitalis, Hyoszamin, Koffein u. a. wirken bekanntermaßen stark anregend
auf die Kompostorganismenwelt. Schließlich kann man auch je nach Zusammensetzung
des Kompostrohstoffes durch gewisse Düngesalze starken Einfluß auf den Temperatur-
und Rotteverlauf nehmen. Der Zusatz der erwähnten Stoffe am Anfang des Prozesses
ist oft nicht zweckmäßig. Es kommt unter Umständen darauf an, sie bei der richtigen
Temperatur und bei dem richtigen Reifegrad zuzufügen. So können beispielsweise thermophile
und mesophile Organismenkulturen nacheinander zu verschiedenen, jeweils bestgeeigneten
Zeiten eingebracht werden. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist dies ohne besonderen
Aufwand mit Hilfe der Beregnung unter gleichzeitigem Saugen möglich.
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Das geoffenbarte neue Verfahren bewirkt eine sichere Mycelbildung
und Temperaturführung und damit eine zuverlässige Hygienisierung in spätestens drei
Tagen. Selbst aschereicher Wintermüll konnte bei niedrigen Außentemperaturen schon
nach 24 Stunden auf eine Temperatur von über 80' C gebracht werden.
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Solch hygienisiertes Material kann ohne weitere Nachbehandlung als
Mulch verwendet werden. Durch anschließendes Trockenblasen oder Saugen ohne Beregnung
kann solcher Mulchkompost stabilisiert und lagerfähig gemacht werden.
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Führt man den Prozeß jedoch unter Feuchthaltung weiter, so erhält
man einen gut verrotteten und lagerfähigen Reifkompost schon in vier Wochen.
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Die verrotteten Teile lassen sich dann von den noch gröberen unverrotteten
durch Absieben trennen. Dadurch wird das Aussehen des Produkts und die Verkaufsmöglichkeiten
entscheidend verbessert. Eine wirksame Feinsiebung stand bei Mietenkompostierung
im Freiland der wechselnde, in der Regel zu hohe Feuchtigkeitsgehalt entgegen. Das
erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht es nicht nur, die Feuchtigkeit über längere
Zeiträume für die Verrottung optimal beizubehalten, sondern auch, sie vor Beendigung
der Atmungsbehandlung so weit zu reduzieren, daß eine störungsfreie Absiebung bei
definierter Feuchtigkeit möglich ist. Denn auch dafür gibt es ein Optimum, bei dem
weder Verstopfung, noch Staubentwicklung eintritt. Auch andere Entsplitterungsverfahren,
z. B. Luftsetzmaschinen, setzen für eine gute Wirkungsweise eine definierte Feuchtigkeit
voraus.
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Das Verfahren ermöglicht, Temperaturablauf und Sauerstoffzufuhr durch
entsprechende Veränderung der Belüftungs- und Ruhezeiten zu optimieren und zu automatisieren,
ebenso wie den Feuchtigkeitsverlauf. Durch Steuerung dieser drei Faktoren wird eine
wesentliche Abkürzung des Reifeprozesses gegenüber allen bisher bekannten Verfahren,
die eine solche Ausreifung zum Ziel haben, erreicht.
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Des weiteren braucht erfindungsgemäß nach Erreichen des gewünschten
Reifungsgrades kein Beregnungswasser mehr zugegeben werden und der Kompost kann
durch kontinuierliches oder diskontinuierliches Saugen oder Blasen getrocknet werden.
Als Kennzeichen der Reife wird dabei angesehen, daß die Ammoniakverbindungen in
Nitrat umgewandelt sind. Ferner sollen keine merklichen Mengen an Sulfid mehr vorhanden
sein. Solche ammoniakfreien Reifkomposte werden auch von Pflanzenwurzeln oder z.
B. von keimender Kresse gut vertragen.
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Der Platzbedarf einer solchen Anlage ist vergleichsweise gering, da
das Material nicht in niedren Mieten, sondern in geschlossener Fläche mehrere Meter
hoch lagert. Auch wird kein Dach benötigt.