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Die Erfindung betrifft einen neutronenabsorbierenden Werkstoff aus
Glas, der insbesondere als Absorber für thermische Neutronen eingesetzt werden kann.
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Die Absorption thermischer Neutronen in einem geeigneten Absorber
erfolgt nach dem bekannten Gesetz N = No e_P.a. Dabei bedeutet NQ die Neutronenzahl
der auf den Absorber auftreffenden Strahlung, N die Intensität der aus dem Absorber
austretenden Strahlung und d die Dicke des Absorbers mit dem Absorptionskoeffizienten,u,
der sich berechnen läßt nach dem Gesetz
Dabei ist n, die Zahl der Atome pro Kubikzentimeter des Elements i mit dem jeweiligen
Einfangquerschnitt ai für thermische Neutronen.
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ai wird in der Einheit harn = 10-24 cm2 angegeben.
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Aus diesen Gesetzmäßigkeiten läßt sich ablesen, daß für einen guten
Absorber Elemente mit möglichst hohen Einfangquerschnitten eingesetzt werden sollten.
Die Einfangquerschnitte al für thermische Neutronen von einigen hauptsächlich gebräuchlichen
Absorbern betragen: Bor ....................... 762 barn Cadmium . . . . . . . .
. . . . . . . . . . 2 537 barn Europium .................. 4 406 barn Samarium .
. . . . . . . . . . . . . . . . . 5 828 bam Gadolinium . . . . . . . . . . . . .
. . . 46 617 bare Insbesondere die hier genannten Elemente der Seltenen Erden weisen
die günstigsten Einfangquerschnitte auf. Aber ihr hoher Preis führt dazu, daß man
sie nur in Ausnahmefällen verwendet. Es ist bekannt, daß insbesondere Cadmium als
Absorber für thermische Neutronen beispielsweise in Kernreaktoren verwendet wird.
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Bei der Verwendung von Glas für z. B. Fenster in Kernreaktoranlagen,
»heißen Zellen« usw. ist es erforderlich, diese Gläser auch als Absorber auszubilden,
um das Bedienungspersonal vor den aus den genannten Anlagen austretenden Strahlungen
zu schützen. Aus diesem Grund ist bereits eine Reihe von Glaszusammensetzungen bekanntgeworden,
die diesen Zweck erfüllen. Beispielsweise sind Gläser vorgeschlagen worden, die
aus einem stabilen Grundglas und Zusätzen von Gadoliniumoxid und/oder Samariumorid
bestehen. Ferner sind Gläser bekanntgeworden, die als absorbierende Bestandteile
vor allem Cadmiumoxid enthalten. Schließlich sind bereits Neutronenschutzgläser
beschrieben worden, die neben Borsäure als Glasbildner jeweils zwischen 10 und 20
Gewichtsprozent an Berylliumoxid und Lithiumoxid neben geringeren Anteilen an Ceroxid
enthalten. Dabei hat das Ceroxid die Aufgabe, eine Verfärbung der Gläser unter dem
Einfluß der radioaktiven Strahlung möglichst zu verhindern. Bei diesen letzteren
Gläsern werden vor allen Dingen die guten Absorbereigenschaften des Bors ausgenutzt.
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Diese bekannten Gläser haben entweder den Nachteil, daß sie außerordentlich
teuer sind durch den Einsatz der Oxide der Seltenen Erden, oder den Nachteil, daß
beim Einfang thermischer Neutronen eine energiereiche Gamma-Strahlung entsteht,
die ihrerseits für den Organismus entsprechend schädlich ist. Die Gläser auf der
Basis Cadmiumoxid-Borsäure haben darüber hinaus den Nachteil, daß sie sehr leicht
auskristallisieren und nur sehr schwer schlierenfrei zu erschmelzen sind.
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Es sind ferner bereits Gläser bekannt, die aus B203, A120, einem Oxid
eines Elements der 1I. Gruppe des Periodischen Systems und bis zu einem Anteil von
10 Gewichtsprozent aus einem Alkalioxid bestehen. Der Anteil an 1320, soll dabei
bis zu 65 Gewichtsprozent, der Anteil an A1203 zwischen 15 und 30 Gewichtsprozent
betragen.
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Gegenüber diesen bekannten Gläsern wird die Erfindung in der Verwendung
bestimmter Gläser als neutronenabsorbierender Werkstoff gesehen. Diese bestimmten
Gläser sind aus einem Gemengeansatz folgender Zusammensetzung erschmolzen 60 bis
83 Gewichtsprozent B203, 4 bis 26 Gewichtsprozent A1203, 0 bis 10 Gewichtsprozent
Ca0, 0,5 bis 3 Gewichtsprozent Li20, wobei der Gehalt an A1203 und CaO zusammen
mindestens 10 Gewichtsprozent beträgt.
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Der Anteil an Lithiumoxid kann bis auf 7,5 Gewichtsprozent gesteigert
werden, wenn dabei ein 6U-angereichertes Material verwendet wird. In Molprozent
ausgedrückt bestehen die Schmelzansätze aus 60 bis 800% B20, 2,5 bis 180/e A1203,
0 bis 19 % CaO, 2 bis 5 % Li20 bzw. bis zu 17 % Li20 im Falle des 6U-angereicherten
Li20, wobei der Gehalt an A120, und CaO zusammen mindestens 6 Molprozent beträgt.
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Diese Gläser lassen sich leicht schlierenfrei in größeren Mengen erschmelzen.
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Der eigentliche Absorber für thermische Neutronen ist bei diesem Glas
das Bor der Borsäure. Dabei wird die (n,a)-Reaktion des im natürlichen Isotopengemisch
mit 19,8% auftretenden ''B mit einem Einfangquerschnitt für thermische Neutronen
von a = 4017 barn ausgenutzt. Die bei dieser Reaktion entstehenden Teilchen haben
im Glas eine Reichweite von weniger als. 1 mm, so daß sie normalerweise im Glas
selbst absorbiert werden, während in der Glasoberfläche entstehende *-Teilchen auch
in Luft eine so geringe Reichweite haben, daß eine Gefahr für in der Nähe operierende
Personen nicht zu erwarten ist. Bei dem Neutroneneinfang entstehen außerdem in 93
% der Einfänge Gamma-Quanten mit einer Energie von 0,48 MeV, gegen die aber leicht
ein Schutz, beispielsweise durch handelsübliches Bleiglas, erreicht werden kann.
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Als Beispiel für die guten Absorptionseigenschaften der Gläser nach
der Erfindung sind die folgenden Daten von Interesse:
1. Glaszusammensetzung
in Gewichtsprozent: B208 ........................... 80% A1203 ...........................
10°/o L'20 ............................ 1% Ca0 ............................ 9°/o
Dieses Glas ist völlig farbfrei.
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2. Der Absorptionskoeffizient für thermische Neutronen ist i, = 27
cm-'. Entsprechend diesem Absorptionskoeffizienten treten daher aus einem Glas von
nur 1 mm Dicke nur noch etwa 7 0/0 der auf das Glas auftreffenden thermischen Neutronen
aus dem Glas wieder aus.
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Durch Zusätze von 0,2 bis 4 Gewichtsprozent Ce02 lassen sich die angegebenen
Gläser gegen Strahlenverfärbung weitgehend schützen.
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In der nachstehenden Tabelle sind einige Beispiele für Gläser nach
der Erfindung in Gewichts- und in Molprozentangegeben.
Schmelz- B2031 A1203 Li20 Ca0 |
Nr. |
1 Gewichtsprozent 67,5 25,4 7,1 |
Molprozent 66,5 17,2 16,3 |
2 Gewichtsprozent 72,5 20,5 7,0 |
Molprozent 75,7 11,1 13,2 |
3 Gewichtsprozent 83,0 10,0 7,0 |
Molprozent 78,0 6,4 15,6 |
4 Gewichtsprozent 83,0 10,0 5,0 2,0 |
Molprozent 79,9 6,6 11,1 2,4 |
5 Gewichtsprozent 80,0 10,0 1,0 9,0 |
Molprozent 79,7 6,8 2,3 11,2 |
6 Gewichtsprozent 80,0 4,0 1,0 15,0 |
Molprozent 77,0 2,6 2,2 18,2 |
Bei den Gläsern mit höheren Anteilen an Li20 sollte 6U-angereichertes Lithiumoxid
verwendet werden. Das 0Li besitzt einen Einfangquerschnitt für thermische Neutronen
von a = 950 harn. Beim Einfang thermischer Neutronen tritt lediglich eine (n, a)-Reaktion
auf, die ebenso ungefährlich ist wie die gleiche Reaktion beim Bor. Schmelzführung
. (Gemengezusammensetzung in Gewichtsprozent) B203 ........................... 80°/o
A1203 ........................... l00/0 Ca0 ............................ 90% Li20
............................ 10% Sämtliche Rohstoffe werden gut miteinander vermischt
und in einem Platintiegel niedergeschmolzen. Dabei wird in dem Gemenge das L40 in
der Form des Li2C03, B203 als H.B03 und Üa0 als CaCO3 eingesetzt. Nach dem Einschmelzen
wird die Schmelze bei 1400° C eine halbe Stunde gehalten und dann unter ständigem
Rühren bis auf etwa 950° C abgekühlt. Danach wird die Schmelze in vorgewärmte Stahlformen
abgegossen. Die Form- und Kühlofentemperatur beträgt beim Einsetzen der abgegossenen
Schmelze etwa 490° C. Die angegebenen Zeiten gelten für die Einwaage von 200 g.