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Die Erfindung bezieht sich auf die Verwendung Eines heißen inerten
Gases zur Beseitigung eines in Formstoff eingebetteten verlorenen Modells und auf
ein Verfahren zur Beseitigung eines in Formstoff eingebetteten vergasbaren Modells.
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Mit verlorenem Modell hergestellte Gießformen haben verschiedene Vorteile.
Die hauptsächlichsten liegen darin, daß die Gestalt des Gußstückes völlig beliebig
und verwickelt sein kann, und daß man Formung und Stampfen des Sandes oder eines
anderen brauchbaren Formmaterials um das Modell herum ohne Rücksicht auf eine Trennlinie
oder eine Aushebeschräge vornehmen kann. Das bedeutet eine wesentliche Vereinfachung
des Formens und damit eine beachtliche Senkung der Kosten, insbesondere dann, wenn
nur ein einzelnes Stück gegossen wird. Im allgemeinen besteht das verlorene Modell
aus einem geschäumten Kunststoff, wie geschäumtem Polystyrol oder Polyäthylen, das
bekanntlich in geschäumtem Zustand Luftporen enthält, leicht und billig ist und
gut in jede gewünschte - Gestalt zu bringen ist.
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Es sind verschiedene Arbeitsweisen bekannt, die ein Entfernen der
verlorenen Modelle vor dem Gießen aus der Form ermöglichen. Eine Möglichkeit des
Entformens besteht darin, das Modell unter Zutritt von Sauerstoff herauszubrennen.
Hierbei ist nachteilig, daß undefinierbare Polymerisationsprodukte entstehen, die
einen Rückstand auf den Formwänden hinterlassen, der einer braunen amorphen Schlacke
gleicht, die in einem zusätzlichen Arbeitsgang, beispielsweise mit der Truffel oder
durch chemisches Lösen zu entfernen ist.
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Es ist weiter bekannt, daß zur Entfernung des Modells vor dem Gießen
überhitzter, trockener Dampf einsetzbar ist, wenn er unter bestimmtem Druck aufgeblasen
wird. Als Nachteil ist anzugeben, daß überhitzter Dampf unangenehm in der Anwendung
ist. Weitere Nachteile ergeben sich dadurch, daß der Dampf in der Gießform zu einem
großen Teil kondensiert, da sein Wärmeinhalt zur Entfernung des Modells herangezogen
wird und eine Temperaturerniedrigung eintritt. Das Kondenswasser wird von dem Formstoff
aufgenommen, dessen Festigkeit sich dadurch verringert. Außerdem wird die Gasdurchlässigkeit
negativ beeinflußt. In Extremfällen ist sogar ein teilweises Abbröckeln von Formstoff
bzw. Einbrechen möglich, wenn das Modell derart entfernt wird.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, die Nachteile der bisherigen bekannten
Verfahren zur Beseitigung eines in Formstoff eingebetteten verlorenen Modells zu
vermeiden. Gemäß der Erfindung wird dies in an sich bekannter Weise durch Zufuhr
eines heißen Gases erreicht. Zweckmäßigerweise besteht das Gas aus Kohlendioxid
und/oder Stickstoff und/oder Argon.
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Die Beseitigung des vergasbaren Modells wird nach einem weiteren Merkmal
der Erfindung mit mindestens 206° C, bevorzugt 427 bis 480° C, heißem Gas vorgenommen.
Vorteilhafterweise wird die Beseitigung des Modells im wesentlichen unter Luftabschluß
vorgenommen.
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Durch die Erfindung wird eine vollkommene, rückstandsfreie Beseitigung
des Modells erreicht, mit dem Erfolg einer sauberen Gießform und Gußstücken ohne
Oberflächenfehler. Weitere Vorteile sind die mögliche Verfestigung und Verdichtung
des Form-Stoffs und die Herstellung einer für den Gießvorgang sehr erwünschten neutralen
Atmosphäre. Die Verwendung herkömmlicher Anschnitte und Steigetrichter wird durch
die Erfindung auch beim Gießen mit verlorenen Modellen ermöglicht.
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Die Zeichnung zeigt in F i g.1 eine schematische Darstellung eines
in Formstoff eingebetteten verlorenen Modells und Vorrichtungen zur Ausführung der
Erfindung.
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Ein Polystyrol-Modell 1 mit einem Steigetrichter 2, einem Einlauf
3 und einer Luftpfeife 10 ist in einem Formkasten 5 eingestampft und allseitig von
Formsand 4 umgeben. Von einer Vorratsflasche 6 mit Kohlendioxid führt eine Leitung
zu einer Spirale 7, die in einer mit einem Gasbrenner 9 beheizten Heizkammer 8 angeordnet
ist. An die Spirale 7 schließt sich ein Anschlußrohr 11 an, das in eine am oberen
Ende des Einlaufs 3 angebrachte Vertiefung in der Gießform mündet.
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Zur Herstellung dieser Anordnung wird das Modell e mit Bienenwachs
und Modell-Schlichte oder anderen bekannten, geeigneten Anstrichen bedeckt, in den
Formkasten 5 eingesetzt und mit Formsand 4 umgeben, der nach jeder gewünschten Methode
festgestampft werden kann. Zugleich mit dem Modell 1 werden die Formungsteile für
den Steigetrichter 2, den Einlauf 3 und die Luftpfeife 10 eingesetzt. Diese Teile
können aus Polystyrol gebildet sein oder aus herkömmlichen Holzformen bestehen,
die sofort nach dem Einstampfen aus der Form gezogen werden und dabei Hohlräume
zurücklassen, die mit dem Modell verbunden sind. Sind die Formungsteile aus Polystyol
hergestellt, können sie in dem Formsand 4
bleiben und zusammen mit dem Modelle
beseitigt werden.
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Nach dem Stampfen und gegebenenfalls dem Entfernen der Formungsteile
für Einlauf 3, Steigetrichter 2 und Luftpfeife 10 wird die Heizkammer
8 so aufgestellt, daß das Anschlußrohr 11 am oberen Ende des Einlaufs 3,
des Steigetrichters 2 oder irgendeines anderen geeigneten mit dem Polystyrol-Modell
1 verbundenen Hohlraums in die Gießform hineinragt.
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Das Ventil an der Vorratsflasche 6 wird geöffnet, so daß das Kohlendioxyd
durch die in der Heizkammer 8 angebrachte Spirale 7 und darauf durch das Anschlußrohr
11 in den in der Gießform entstehenden Hohlraum fließt. Der Gasbrenner 9
wird entzündet und die Heizkammer 8 wird auf eine solche Temperatur gebracht, daß
das durch die Spirale 7 strömende Gas auf eine Temperatur von mehr als 260° C, vorzugsweise
auf mehr als 427° C erhitzt wird. Durch das erhitzte Kohlendioxydgas wird das Polystyrol-Modell
1 verdampft und vollständig beseitigt und es entsteht ein sauberer, gut ausgehärteter
Hohlraum an seiner Stelle. Die Heizkammer 8 und die Vorratsflasche 6 werden dann
von der Form entfernt, und das geschmolzene Metall wird durch den Einlauf 3 eingegossen.
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Es wurde gefunden, daß Polystyrol bei 260° C und darüber eine gewisse
Verdampfung oder Verflüchtigung zeigt und bei Temperaturen von mehr als 427° C in
sauerstofffreier Atmosphäre vollständig beseitigt werden kann. Es ist also ratsam,
427° C zu überschreiten und, wenn eine schnelle Verdampfung gewünscht ist, auch
höhere Temperaturen, etwa 540 oder 650° C anzuwenden. Als vorteilhaftester Temperaturbereich
wurde der von 427 bis 480° C ermittelt. Solche Temperaturen sind mit der erwähnten
Heizkammer
8 leicht zu verzeichnen. Es soll hier nicht genau erörtert werden, durch welche
Art von Vorgang das Kunststoff-Modell beseitigt wird, ob es sich um eine Verflüchtigung,
Verdampfung oder irgendeinen anderen Mechanismus handelt. Entscheidend ist, daß
der größte Teil des Plastik-Modells aus dem Hohlraum der Gießform verschwindet.
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Naturgemäß variieren die für verschiedene Materialien erforderlichen
Temperaturen, da immer zumindest die Verflüchtigungstemperatur des zu beseitigenden
Modell-Materials, besser jedoch eine etwas höhere Temperatur angewandt werden muß.
Es ist auch möglich, das Polystyrol-Modell durch Einblasen von erhitzter Luft oder
erhitztem Sauerstoff aus der Gießform zu beseitigen. Das wurde erreicht, indem zunächst
ein Teil des Modells mit einem Gasbrenner erhitzt und dann Sauerstoff auf den erhitzten
Teil geblasen wurde. Es zeigte sich jedoch bei der Anwendung von Sauerstoff, bei
der teilweise eine Verbrennung und teilweise eine Verdampfung erfolgt, eine Reihe
von Nachteilen: Es werden sehr hohe Temperaturen in der Gießform erzeugt, die zu
ihrer Zerstörung führen können, wenn sie nicht aus einem feuerfesten, also anderen
als dem herkömmlichen Formsand hergestellt ist. In dem unteren Teil des Hohlraumes
bilden sich leicht Teer, flüssiges Polystyrol und andere Rückstände und widerstehen
einer weiteren Beseitigung durch Verbrennung. Bei dem nachfolgenden Gießen werden
diese Rückstände von der Schmelze eingeschlossen, und das Gußstück wird fehlerhaft.
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Wird ein inertes Gas, wie Kohlendioxyd, Stickstoff oder Argon, benutzt
und auf eine Temperatur erhitzt, bei der es das Polystyrol ohne wirkliches Brennen
zur Verdampfung bringt, treten keine unerwünschten Rückstände in dem Hohlraum der
Gießform auf. Die Geschwindigkeit der Beseitigung des Polystyrols kann man so steuern,
daß Explosionen infolge Entzündung flüchtiger Dämpfe nicht mehr in Betracht gezogen
zu werden brauchen.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren kann zwar jedes beliebige inerte
Gas benutzt werden, doch sind Kohlendioxyd und Stickstoff wegen ihres niedrigeren
Preises zu bevorzugen. Kohlendioxyd ist besonders vorzuziehen, da es überdies bei
einer Bindung des Formmaterials mit Natronwasserglas eine nützliche Verfestigung
der Gießform bewirkt.
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Bei der Beseitigung eines Polystyrolmodells nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren strebt der Polystyroldampf den Hohlraum der Gießform durch die Poren zwischen
dem Formsand zu verlassen. Dabei verfestigt und dichtet er den Formsand und sorgt
damit zugleich für eine neutrale Atmosphäre während des darauffolgenden Gießvorgangs,
die sehr erwünscht ist. Zur Entfernung eines übermaßes von Polystyrol-Dampf aus
dem Hohlraum und um die Beseitigung des Polystyrol-Modells zu beschleunigen, ist
zweckmäßigerweise eine Luftpfeife, wie die Luftpfeife 10 in F i g. 1, an
irgendeinem höhergelegenen Teil der Gießform vorzusehen. Wenn nötig, können auch
mehrere Luftpfeifen angebracht werden.
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Bei normalen Modellen mit einer Dicke bis zu 300 oder 380 mm dauert
die vollständige Beseitigung des Modells 10 bis 20 Minuten. Diese Zeit kann verkürzt
werden durch Erhöhung der Temperatur des inerten Gases und kann verlängert werden
durch eine Verringerung der Zahl dre Luftpfeifen. Durch Maßnahmen solcher Art kann
die Gasentwicklung so gesteuert werden, daß sie eine optimale Festigkeit der Gießform
bewirkt. Die Haltbarkeit der Gießform ist daher größer, als wenn das Modell bis
zum Vergießen in der Gießform bleibt und daher eine Steuerung nicht möglich ist;
die Gefahr von Fehlguß ist also geringer.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt in folgendem:
Wird das Kunststoff-Modell - wie nach den bisher benutzten Verfahren - nicht vor
dem Gießen aus der Form entfernt, so übt der beim Gießen plötzlich entstehende Dampf
einen hohen Gegendruck auf das in den Hohlraum einfließende Metall aus, so daß bei
jedem Querschnitt des Einlaufs die Gießzeit um annähernd 50'% verlängert wird. Größere
Einlaufquerschnitte oder längere Gießzeiten sind daher unumgänglich. Das erfindungsgemäße
Verfahren schaltet derartige Nachteile aus und erlaubt Einläufe mit herkömmlichen
Abmessungen und herkömmlichen, jedem speziellen Gießvorgang optimal angepaßte Gießgeschwindigkeiten.
So gelang es bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens auch, extrem kleine
Gußstücke erfolgreich zu gießen. Das macht, wenn das Modell nicht vor dem Vergießen
entfernt wird, große Schwierigkeiten: Wegen der langen Füllzeiten, die hier infolge
des entstehenden Gegendrucks erforderlich sind, laufen die Gußstücke häufig nicht
voll aus und werden Ausschuß. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ist dieses Problem
gelöst.
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Zugleich ist es aber nach dem erfindungsgemäßen Verfahren möglich,
extrem große Gußstücke mit einem Gewicht bis zu 11 t oder mehr zu gießen, und zwar
ohne Explosionsgefahr, die nach den bisher bekannten Verfahren infolge der großen
Mengen von plötzlich entwickeltem Polystyroldampf unzulässig hoch werden kann.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren können die gleichen Anschnitte
und Steigetrichter benutzt und kann in der gleichen Weise gegossen werden, wie es
normalerweise in jeder Gießerei üblich ist. Es ist also für niemanden, der das erfindungsgemäße
Verfahren benutzen will, nötig, besondere Vorrichtungen für Einläufe und Steigetrichter
und besondere Methoden des Vergießens zu entwickeln. Bleibt das Modell bis zum Vergießen
in der Form, ist hingegen die Anwendung spezieller Anschnittechniken nötig, um soviel
Luft wie möglich auszuschließen, da diese zu unerwünschten Rückständen in dem Hohlraum
der Gießform führt. Es ist deshalb bei diesen Verfahren üblich, am Boden einer Gießform
anzuschneiden und das Modell durch das aufsteigende Metall in solcher Weise beseitigen
zu lassen, daß die Luft ausgeschlossen bleibt.
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Während also durch die erfindungsgemäße Beseitigung des Modells die
Vorteile der herkömmlichen Gießvorrichtungen erhalten bleiben, nutzt man zugleich
die Vorteile der Gießformen ohne Hohlraum aus: keine Trennlinien, keine Aushebeschrägen,
kein sorgfältiges Stampfen und Fertigstellen der Gießform, kein vorsichtiges Aufeinandersetzen
der Formkästen und vorsichtiges Gießen zur Verhinderung von Ausfluß in den Formspalt.