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Verschäumbare Formmassen aus treibmittelhaltigen Styrolpolymerisaten
Nach einem Verfahren, das sich in der Technik besonders gut eingeführt hat, stellt
man Formkörper aus schaumförmigen Styrolpolymerisaten durch Expandieren feinteiliger
Styrolpolymerisate in Formen her. Dabei werden die feinteiligen Styrolpolymerisate
zunächst mit Wasserdampf oder heißen Gasen auf Temperaturen oberhalb ihres Erweichungspunktes
erhitzt, so daß sie zu einem losen Haufwerk aufschäumen. Dieser Arbeitsgang wird
als Vorschäumen bezeichnet. Vorgeschäumte Styrolpolymerisate werden zunächst gelagert
und anschließend in einer perforierten druckfesten Form durch erneutes Erhitzen
mit Heißdampf weiter aufgeschäumt, so daß sie zu einem Formkörper versintern, der
in den Dimensionen dem Innenhohlraum der verwendeten Form entspricht. Dieser zweite
Arbeitsgang wird als Ausschäumen oder Fertigschäumen bezeichnet. Nach dem Ausschäumen
kühlt man den erhaltenen Formkörper innerhalb der Form. Es muß so lange gekühlt
werden, bis auch das Innere des Formkörpers auf Temperaturen unterhalb des Erweichungspunktes
abgekühlt ist. Entnimmt man den Formkörper vorzeitig der Form, so kann eine Verformung
eintreten.
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Da schaumförmige Kunststoffe gute Isolatoren sind, werden zum Abkühlen
der Formkörper relativ lange Kühlzeiten benötigt. Man bezeichnet den Zeitraum, nach
dem man einen Formkörper aus der Form entnehmen kann, ohne daß nachträgliche Verformung
eintritt, meistens als »Mindestformverweilzeit«.
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Es ist bekannt, daß man durch Expandieren von feinteiligen treibmittelhaltigen
Styrolpolymerisaten, deren Teilchen oberflächlich mit geringen Mengen einer organischen
Verbindung beschichtet sind, die das Styrolpolymerisat lösen bzw. anquellen, Formkörper
erhält, die nach verhältnismäßig kurzen Kühlzeiten aus der Form entnommen werden
können. Nachteilig ist jedoch, daß man die mit den organischen Verbindungen beschichteten
Teilchen unter vergleichbaren Bedingungen nicht so weit expandieren kann wie die
unbeschichteten. Außerdem können beim Expandieren beschichteter Teilchen Schaumstoffe
mit ungleicher Zellstruktur erhalten werden. Dies ist besonders von Nachteil bei
der Herstellung von Formkörpern, die dekorativen Zwecken dienen. Weiterhin hat es
sich gezeigt, daß die beschichteten Teilchen unmittelbar nach dem Vorschäumen besonders
druckempfindlich sind, so daß sie beim pneumatischen Fördern leicht deformiert werden
können.
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Aus der französischen Patentschrift 1 388 239 ist es bekannt, daß
durch Zusatz von organischen Bromverbindungen in einer solchen Menge, daß der Bromgehalt,
bezogen auf das Styrolpolymerisat, 0,5 bis 6 Gewichtsprozent beträgt, Styrolpolymerisate
mit
flammwidrigen Eigenschaften erhältlich sind. Da der Bromgehalt der als Flammschutzmittel
verwendeten organischen Bromverbindungen zwischen 50 und 75 Gewichtsprozent beträgt,
entspricht ein Bromgehalt von 0, 5 Gewichtsprozent, bezogen auf das Styrolpolymerisat,
einem Gehalt an organischer Bromverbindung von 0,67 bis 1 Gewichtsprozent, bezogen
auf das Styrolpolymerisat.
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Erfindungsgegenstand sind verschäumbare Formmassen aus treibmittelhaltigen
Styrolpolymerisaten, die ein bromhaltiges Monomeres einpolymerisiert enthalten,
die dadurch gekennzeichnet sind, daß der Gehalt an dem bromhaltigen Monomeren 0,001
bis 0,6 Gewichtsprozent, bezogen auf das Styrolpolymerisat, beträgt.
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Die erfindungsgemäßen Formmassen haben folgende Vorteile: Die Mindestverweilzeit
ist kurz, so daß man mit einer bestimmten Ausschäumanlage in rascher Folge eine
große Zahl von Schaumstoffkörpern, insbesondere von Schaumstoffblöcken, ausschäumen
kann. Außerdem ist die Expandierbarkeit der ungeschäumten Partikeln gut und die
Schaumstruktur feinzellig.
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Zum Herstellen der Styrolpolymerisate, in die die bromhaltigen Verbindungen
einpolymerisiert sind, eignen sich besonders folgende bromhaltige Monomeren, die
mit Styrolmonomeren copolymerisierbar sind: Acrylsäure - 2,3- dibrompropylester,
Methacrylsäure-2,3 - dibrompropylester, Acrylsäure-3-brompropylester, Methacrylsäure
- 2 - brompropylester, Maleinsäure-bis -2-bromäthylester, Fumarsäure-bis-2-bromäthylester,
2 - Bromäthyl - trisäthylammoniumacrylat,
y-Brom-crotonsäuremethylester,
Methacrylsäure-2-brom-cyclohexylester, Methylen-[acrylamid]-[2,3- dibrompropionamidj,
N - N- [2-Bromäthyl]-methacrylamid, Vinylbromid, Vinylidenbromid, [2,3 - Dibrompropyl]-
[2,3 - dichlorpropyl] - [allyl] - -phosphorsäureester, 2,3 - Dibrompropylaliyläther,
o- [1, 2-Dibromäthyl], m- [Tribrommethyl] - styrol. Das Vinylmonomere soll 10 bis
9q0/, Brom, vorzugsweise 30 bis 800/o Brom, enthalten Im Gegensatz zu den Verfahren,
bei denen lediglich Bromverbindungen mit 3 und mehr Bromatomen pro Molekül brauchbar
sind, sind hier auch Substanzen mit 1 oder 2 Bromatomen pro Molekül gut wirksam.
Die bromhaltigen Vinylverbindungen können auch untereinander gemischt verwendet
werden. Man kann sie vor oder während der Polymerisation der Styrole zugeben.
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Geeignete Styrolpolymerisate sind Polystyrol und Mischpolymerisate
des Styrols, die mindestens 50 Gewichtsprozent Styrol einpolymerisiert enthalten.
Als Mischpolymerisationskomponenten kommen z. B. in Frage oc-Methylstyrol, Acrylnitril,
Methacrylnitril,-Ester der Acryl- oder Methacrylsäure von Alkoholen mit 1 bis 8
C-Atomen, Fumarsäureester aus Alkoholen mit 1 bis 8 C-Atomen, Vinylpyridin, N-Vinylverbindungen,
wie N-Vinylcarbazol, Butadien oder auch geringe Mengen, z. B. 0,001 bis 1,0, vorzugsweise
0,01 bis 0,1 Gewichtsprozent an Divinylbenzol.
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Die Formmassen zur Herstellung der Schaumstoffformkörper können außerdem
sogenannte schlagzähe Styrolpolymerisate enthalten. Zu diesen schlagzähen Styrolpolymerisaten
rechnet man z. B. Mischungen, die durch Polymerisieren von Styrol eventuell zusammen
mit anderen Monomeren in Gegenwart von feinverteilten kautschukartigen Polymerisaten
erhalten werden. Man kann solche Polymerisate auch durch Mischen von Styrolacrylnitrilcopolymerisaten
mit Butadien- oder Acrylsäureesterpolymerisaten herstellen.
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Als Treibmittel enthalten die Formmassen zweckmäßig flüssige oder
gasförmige organische Verbindungen, die das Polymerisat nicht lösen und deren Siedepunkt
unterhalb des Erweichungspunktes des Polymerisates liegt, z. B. aliphatische oder
cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe, wie Propan, Butan, Pentan, Hexan, Heptan,
Cyclohexan, oder Halogenkohlenwasserstoffe, wie Methylchlorid, Dichiordifluormethan
oder 1,2,2 - Trifluor - 1,1,2 - trichloräthan. Auch Mischungen der Treibmittel können
in den Massen enthalten sein. Es ist vorteilhaft, 3 bis 12 Gewichtsprozent, bezogen
auf das Styrolpolymerisat, an Treibmittel zu verwenden. Die Formmassen können außerdem
Zusatzstoffe, wie Weichmacher, Gleitmittel, Stabilisierungsmittel, Farbstoffe oder
Füllstoffe enthalten.
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Die Formmassen liegen in feinteiliger Form vor, z. B. in Form zylindrischer
Granulate, oder in Form von Brocken, wie sie beim Mahlen von Substanzpolymerisaten
erhalten werden. Die Teilchen haben vorteilhaft einen Durchmesser von 0,1 bis 6
mm, vorzugsweise von rund 0,4 bis 3 mm.
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Die Styrolpolymerisate, in denen bromhaltige Verbindungen einpolymerisiert
sind, können wie folgt hergestellt sein: z. B. durch Polymerisation der Monomeren,
wie Styrol, das bromhaltige Comonomere und gegebenenfalls andere copolymerisierbare
-Vinylverbindungen enthält, in Anwesenheit eines Treibmittels in Substanz (sogenannte
Blockpolymerisation) und Zerkleinern des Polymerisats zu feinteiligen Partikeln.
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Die flammwidrig ausgerüsteten Styrolpolymerisate
können aber auch
nach einem anderen herkömmlichen Polymerisationsverfahren, z. B. Lösungs- oder--
Emulsionspolymerisation in Gegenwart oder Abwesenheit eines Treibmittels, hergestellt
sein. Für den Fall, daß in Abwesenheit eines Treibmittels polymerisiert wurde, kann
das Treibmittel nachträglich, beispielsweise mit Hilfe eines Extruders, in das Polymerisat
eingebracht worden sein. Besonders vorteilhafte Eigenschaften haben die erfindungsgemäß
flammwidrig ausgerüsteten Styrolpolymerisate, wenn sie durch Suspensionspolymerisation
hergestellt sind.
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Die erfindungsgemäßen Formmassen werden nach den üblichen Verfahren
durch Erhitzen in Formen, welche nicht gasdicht schließen, aufgeschäumt und zu Formkörpern
versintert, die in ihren Ausmaßen dem Innenhohlraum der verwendeten Form entsprechen.
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Diese Arbeitsweisen zum Verarbeiten von expandierbaren Styrolpolymerisaten
sind beispielsweise in Arbeiten von F. 5 t a s t n y beschrieben, die in der Zeitschrift
»Kunststoffe«, 44. Jahrgang, 1954, auf den Seiten 173 bis 180 sowie in der Zeitschrift
Der Plastverarbeiter«, Jg. 1954, auf den Seiten 260 bis 271 erschienen sind. Außerdem
werden die Arbeitsweisen in dem Buch von H. L. v. Cube und K. E. Pohl, »Die Technologie
des schäumbaren Polystyrols«, Dr. Alfred Hüthig Verlag GmbH, Heidelberg, 1965, beschrieben.
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Es hat sich gezeigt, daß Formkörper, die durch Verschäumen der erfindungsgemäßen
Formmassen hergestellt werden, nach relativ kurzen Mindestformverweilzeiten aus
den Formen entnommen werden können.
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In besonders günstigen Fällen kann der Formkörper innerhalb einiger
weniger Minuten nach dem Ausschäumen aus der Form entnommen werden, wobei keine
nachträgliche Verformung der Formkörper eintritt. Es ist außerdem von besonderem
Vorteil, daß mit den erfindungsgemäßen Formmassen Schaumstoffformkörper hergestellt
werden können, die eine sehr feinzellige homogene Schaumstruktur haben.
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Die im Beispiel angegebenen Teile beziehen sich auf das das Gewicht.
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Beispiel In einem druckfesten Rührgefäß wird eine Mischung aus 100
Teilen Styrol, 0,45Teilen Lauroylperoxyd, 6,5 Teilen i-Pentan, 250 Teilen Wasser,
0,5 Teilen Polyvinylpyrrolidon und 0,1 Teil Natriumpyrophosphat unter Rühren insgesamt
20 Stunden auf 70"C, 8 Stunden auf 80"C und 8 Stunden auf 95"C erhitzt.
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Es entstehen Perlen mit einem Durchmesser von 1 bis 2 mm, die nach
dem Abkühlen von der wäßrigen Phase abgetrennt werden.
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Die Perlen werden in strömendem Dampf auf ein Schüttgewicht von 20
g/l vorgeschäumt und anschließend 24 Stunden bei Raumtemperatur zwischengelagert.
Sodann werden sie in eine aus perforierten Wänden bestehenden Form mit den Abmessungen
100 100. # 30 cm lose und randvoll eingeschüttelt und von außen durch die Perforation
mit 1,0 atü Dampf 3 Sekunden bedampft, wobei die Partikeln zu einem kompakten Schaumstoffblock
verschweißen. Anschließend läßt man die Form abkühlen. Die Mindestformverweilzeit
beträgt 90'Minuten (bei früherer Entnahme aus der Form bläht der Schaumstoffblock
nach).
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Setzt man bei der Herstellung der expandierbaren Perlen die .weiter
unten angegebene Art und Menge an Polybromverbindung zu, so können aus diesen Perlen
Formkörper hergestellt werden, die nach einer kürzeren
Mindestformverweilzeit
aus der Form entnommen werden können.
Zusatz- Mindestform- |
Bromhaltiges Comonomeres menge verweilzeit |
01. Minuten |
- - 90 |
Acrylsäure - 2,3 - dibrom- |
propylester ...... 0,05 18 |
Methacrylsäure-3-brom- |
propylester . ..... 0,05 22 |