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Verfahren zum Nitrieren von nichtrostenden Chrom- und Chromnickelstählen
Die vorliegende Erfindung betrifft ein. Verfahren zum Nitrieren von nichtrostenden
Chrom- und Chromnickelstählen mit mehr als 10 % Chrom bzw. austenitischen Chrommangan-
und Chromnickelmangänstählen mit mehr als 4 % Mangan.
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Bekanntlich ist die Nitrierung von höher chromhaltigen - Stählen mit
großen Schwierigkeiten verbunden, die darauf zurückzuführen sind, daß die Stähle
schon bei Anwesenheit von Spuren sauerstoffhaltiger Bestandteile, wie z. B. Feuchtigkeit
oder Luft, leicht auf der Oberfläche einen Oxydfilm bilden, der den Stickstoffzutritt
und dessen -Aufnahme in die Stahlrandschichten behindert. Es ist daher erforderlich,
die Oberflächen der Stähle vor der Nitrierung oder während der Nitrierung durch:
Reduktion zu entpassivieren; dies kann durch Beizen erfolgen oder aber dadurch,
daß man dem zur Nitrierung verwendeten Ammoniakgas Zusätze,. wie z. B. Halogenide
oder Salzsäure, beigibt; diese Stoffe werden als Aufstriche aufgetragen oder auch
der Gasphase zugesetzt.
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Es ist weiter bekannt, Wasserstoff als keduktionsmittel vor der Nitrierung
auf"die Stähle einwirken zu lassen.
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Da Ammoniak stark hygroskopisch ist; macht es Schwierigkeiten; das
Ammoniak vollständig von Feuchtigkeit zu befreien. Viele scharfe Trocknungsmittel,
wie Kalziumchloride oder Schwefelsäure, absorbieren zudem Ammoniak. Bei der Ä.mmoniakzersetzung
scheint die im Ammoniak zurückbleibende geringe Feuchtigkeitsmenge frei zu werden
und bei den Nitriertemperaturen von 500 bis 600° C zur Bildung eines Oxydfilmes
zu führen. Es wurde aus diesem Grund schon versucht, das Ammoniakgas außerhalb des
Nitriergefäßes zu zersetzen und die getrockneten Zerfallsprodukte in den Nitrierkasten
einzuleiten. Es sind weiter Versuche, die Bildung eines Oxydfilmes auf der Oberfläche
des zu nitrierenden Stahles zu vermeiden, bekänntgewdrden, die darauf beruhen, den
Stahl mit überzügen von gasdurchlässigen, dünnen Metallschichten, z. B. aus Kupfer,
zu versehen.
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Die beschriebenen Verfahren haben sich nicht als vollkommen zuverlässig
erwiesen und sind außerdem umständlich.
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Ziel der Erfindung ist ein Verfahren, bei dem die Bildung der schädigenden
Oxydschicht mit Sicherheit verhindert wird und das außerdem mit einfachen Mitteln
betrieben werden kann.
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Bei einem Verfahren zum Nitrieren von nichtrostenden Chrom- und Chromnickelstähleimit
mehr , als 10 % Chrom im gasförmigen Ammohiakstrom, bei dem die Stahloberfläche
mit einem entpässivierend wirkenden Reduktionsmittel behandelt wird, besteht die
Erfindung darin, daß hierzu Schwefelwasserstoff verwendet wird, wobei die Stähle
während und/oder vor der Nitrierung mit geringen Mengen von Schwefelwasserstoff
behandelt werden; dabei erfolgt die Behandlung mit Schwefelwasserstoff vor der eigentlichen
Nitriexung in einem langsamen Strom von weniger als 1,01 pro .Stunde und pro Liter
Rauminhalt des Nitriergefäßes, während Schwefelwasserstöff in Mengen von weniger
als 3 % zugegeben wird, wenn die Behandlung während der Nitrierung erfolgt.
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Bei einer zu schroffen Aufstockung während der Nitrierunig kann außerdem
das, zur Nitrierung verwendete Ammoniakgas. mit Stickstoff und Wasserss'toff
verdünnt werden; das Verfahren eignet sich auch für.,die Nitrierung von austenitisehen
Chrommangan-und Chromnickehnanganstählen. mit mehr als 4% Mangan.
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Es ist bereits ein Verfahren zur thermischen Oberflächenbehandlung
von Metallen bekannt, bei dem vorzugsweise nach der Nitrierung eine Behandlung mit
Schwefelwasserstoff vorgenommen wird, wodurch die Oberfläche aufgeschwefelt werden
soll. Im Gegensatz dazu geht die Lehre von der vorliegenden Erfindung dahin, mit
so begrenzten H2S-Mengen bei qer Nietrierung zu arbeiten, d.aß die sich während
der Nrtrierung neu bildenden Oxydhäutchen durch Reduktion zerstört werden und dem
Stickstoff auf diese Weise der Eintritt in die Oberflächenschicht frei gemacht wird,
daß aber andererseits nicht eine Aufschweflung der Oberfläche erfolgt, die zu einer
Beeinträchtigung :der Korrosionsbeständigkeit führt, die bei nichtrostenden Stählen
auf jeden Fall unerwünscht ist. Für hochchromhaltige Stähle ist ein Verfahren der
gleichzeitigen Nitrierung und Aufschwefelüng also unbrauchbar.
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Die erfinderische Leistung erschöpft sich nun keineswegs darin, gefunden
zu haben, daß nur geringe Mengen an Schwefelwasserstoff verwendet werden können,
sondern es stellt die Zugabe von Schwefelwasserstoff
im Zusammenhang
mit der Nitrierung bestimmter Stähle däswegen eine Erfindung dar, weil aus der Vielzahl
der bekannten Reduktionsmittel gerade das herausgesucht wurde, gegen das wegen der
Gefahr einer Aufschwefelung seitens der Fachwelt Bedenken bestanden. Schwefelwasserstoff
hat gegenüber anderen bekannten Reduktionsmitteln den Vorteil, daß -er leicht herzustellen
und zu dosieren ist. Obschon diese Vorteile bekannt waren, hat man sich weiterhin
der bisher gebräuchlichen Reduktionsmittel bedient, weil nicht zu erwarten war,
daß die Verwendung von Schwefelwasserstoff auch dann möglich ist, wenn eine Aufschwefelung
vermieden werden muß.
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Es gehört. auch ein Verfahren zur Nitrierung nic trostender Stähle
zutri Stand der Technik, bei dem die Oberfläche des Stahles vor der Nitrierung mit
einem Reduktionsmittel, z. B. naszierendem Wasserstoff, behandelt wird. Dieses Verfahren
mag die Verwendung der üblichen Reduktionsmittel naheleger, nicht aber ein Reduktiorisxnittel,
nämlich Schwefelwasserstoff, gegen dessen Verwendung die Fachwelt wegen der damit
verbundenen Gefahr -einer Aufschwefelung Bedenken haben müßte.
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- In einer anderen Literaturstelle wird über Schwefelzusätze zu nichtrostenden
Chrom- und Chromnickelstählen berichtet, bei denen durch Zusatz von Schwefel,die
Zerspanung verbessert wird. Es handelt
Zusatzmittel Versuch |
1 I 2 I 3 I 4 I 5 I 6 I 7 I 8 I 9 I 10 |
1'I _ I I I I I I I I |
17 %-Chromstahl - |
Schwefel- 802 905 779 905 905 905 885 819 807 905 Oberfläche |
Wasserstoff bis bis- bis bis bis bis bis bis bis bis nicht |
851 912 807 965 935 917 905 852 885. - 947 - - korrodiert -
- |
Chlor 570 610 -815 327 903 420 784 610 819 610 Oberfläche
bei- |
(feucht) bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis allen Versuchen |
677- 907 979 518 998 894 907 679 835 677 korrodiert, |
Versuche nur mit |
keramischer |
Zuleitung möglich |
Chlor- 736 610 805 420 817 853 527 293 724 827 Oberfläche bei |
Wasserstoff bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis allen Versuchen |
879 779 852 917 890 857 596 779 907 916 leicht korrodiert |
Schwefel- -984 740 227 508 690. 709 416 319 611 716-
Oberfläche |
säure bis bis bis bis bis . bis bis bis bis bis nicht |
1002 807 460 905 778 805 448 824 852 907 korrodiert |
18: 8-Chromnickelstahl |
Schwefel- 815 857 857 802 815 905 715 753 873 826 Oberfläche |
wasserstoff bis - bis bis bis bis bis bis bis bis -bis nicht |
851 905 873 896 902 962 802 815 905 851 korrodiert |
Chlor 802: 330 452 753 907 343 935 851 617 472 Oberfläche bei |
(feucht) bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis allen Versuchen |
997 343 857 902 976 736 965 905- 942 826. korrodiert, |
- . Versuche nur mit |
keramischer |
Zuleitung möglich |
Chlor- 960 458 779 906 478 960 907 672 876 793 Oberfläche bei |
Wasserstoff bis bis bis bis bis bis bis bis bis bis allen Versuchen
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1030 , 479 997 1030 965 992 953 857 902 907 leicht korrodiert |
Schwefel- 273 - 1002 489 805 372 819 482 805- . 319 923 Oberfläche |
säure bis bis bis bis bis bis bis bis bis - bis nicht |
980- :1030 892 1 857 807 907 9107. . . 926 1030.I 957
korrodiert ' |
sich dabei:. um .Schwefelzusätze, .die dem flüssigen Stahl zugegeben werden und
die zu Ausscheidungen bei der Erstarrung und örtlichen Anreicherungen führen, die
weit über die angegebenen Durchschnittsgehalte hinausgehen. Die dort auftretenden
Verhältnisse sind nicht vergleichbar mit der sehr fein verteilten Aufschwefelung
in einem Gas, die so gleichmäßig sein kann, .daß örtliche Elementbildungen nur ganz
geringfügig wirksam werden können. Es wird nicht in Abrede gestellt, daß von einem
Schwefelgehalt, selbst in feinster Verteilung, eine Verschlechterung der Korrosionsbeständigkeit
erwartet werden kann. Dadurch wird jedoch keinesfalls die Erkenntnis nahegelegt,
daß es möglich ist, mit- Schwefelwasserstoffzusätzen zu arbeiten, ohne daß dabei
eine starke Aufschwefelung zustande kommt, und daß die Verwendung von Schwefelwasserstoff
als Reduktionsmittel beim Nitrieren gegenüber anderen bekannten Reduktionsmitteln
erhebliche Vorteile hat..
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In der nachfolgenden Zahlentafel wird die Wirksamkeit der Nitrierung
bei Schwefelwasserstoffzusatz mit bekannten, eine Entpassivierung bewirkenden -Zusätzen,
wie Chlor, Salzsäure und Schwefelsäuredämpfen, "verglichen.
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Die angegebenen Zahlen geben die Oberflächenhärte nach Vickers an,
.welche nach dem Nitrieren ermittelt wurde; die Nitriertemperatur betrug bei allen
Versuchen 600° C. - -
Die Versuche lassen erkennen, daß die Bildung
von Oxydfilmen auf der Stahloberfläche durch den Zusatz von Schwefelwasserstoff
völlig unterdrückt wurde, was besonders bei nickelhaltigen Stählen und Chromstählen
im Bereich der Nitriertemperaturen von außergewöhnlicher Bedeutung ist. Hieraus
ist zu folgern, daß der Schwefelgehalt des Schwefelwasserstoffs d en vorhandenen
Sauerstoff besonders intensiv aufgreift.
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Die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens ergibt sich daraus, daß Schwefelwasserstoff
sehr leicht z. B. in einem Kippsehen Apparat aus Schwefeleisen und Salzsäure entwickelt
und in beliebiger, leicht zu lenkender Dosierung dem Ammoniakgas zugeführt werden
kann. Am besten bewährt hat sich ein Zusatz von bis zu 3% Schwefelwasserstoff, bezogen
auf Ammoniak, während der Nitrierung. Größere Mengen von Schwefelwasserstoff führen
leicht zu Korrosionserscheinungen, so daß sie nur während der Aufheizperiode zugegeben
werden können. Der Schwefelwasserstoffzusatz hat im Vergleich zu den bekannten entpassivi-erend
wirkenden Zusätzen, wie Brom, Chlor, Jod oder Säuredämpfen, weiterhin den Vorteil,
daß er die Zuleitungen und Abdichtungen nicht anfrißt und, zerstört.
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Dadurch daß die Passievierungss.chicht beseitigt wird, kann es bei
den für hochchromhalti'ge Stähle üblichen Nitriertemperaturen von 600° C vorkommen,
daß die äußersten Randzonen der Stähle sich übermäßig mit Stickstoff aufladen und
eine starke Versprödung in diesen Zonen hervorgerufen wird. Diese übermäßige Stickstoffaufnahme
und die damit verbundene Versprödung lassen sich dadurch weitgehend mindern, daß
das zur Nitrierung verwendete Ammoniak mit Wasserstoff oder Stickstoff verdünnt
wird. Auch in diesen verdünnten Gasgemischen bleibt der Schwefelwasserstoffzusatz
zur Erhaltung einer gleichmäßigen Nitrierwirkung und Beseitigung einer hemmenden
Oxydschicht wirksam.