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Raketentriebwerk Die Erfindung bezieht sich auf ein Raketentriebwerk,
welches einen einfachen Aufbau und ein hohes Nutzlastverhältnis aufweist.
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Zum Erreichen hoher Nutzlastkapazitäten werden in bekannter Weise
Mehrstufenanordnungen verwendet, wobei die ausgebrannte Stufe jeweils abgestoßen
wird. Derartige Anordnungen sind jedoch kompliziert aufgebaut und vergrößern die
Störanfälligkeit.
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Es ist bereits eine Feststoffrakete mit einer Transporteinrichtung
für die Pulverladung bekannt, wobei zur Einsparung des Brennkammerdruckmantels die
Pulverstange während des Abbrandes ständig in die Ausströmdüse nachgeschraubt wird.
Hierdurch wird erreicht, daß die Rakete fortwährend von überflüssigem Ballast befreit
wird, so daß ein großes Nutzlastverhältnis erreichbar ist. Diese Maßnahme 1'äßt
sich jedoch nicht ohne weiteres bei Flüssigkeitsraketen anwenden.
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Es ist weiter bekannt, bei einer Flüssigkeitsrakete faltbare Treibstoffbehälter
vorzusehen, so daß der Treibstoff durch Trägheitswirkung in die Brennkammer gedrückt
wird, wenn die Rakete sich beschleunigt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Raketentriebwerk für
Flüssigkeitsraketen zu schaffen, welches einfacher aufgebaut ist als die Mehrstufenanordnungen
und welches ein großes Nutzlastverhältnis ermöglicht.
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Die Erfindung geht aus von einem Raketentriebwerk für Flüssigkeitsraketen,
bei dem sich das Brennk2mmerteil während des Abbrandes gegenüber dem am Raketenkopf
befestigten Mantel unter Verringerung des Volumens der Treibstoffbehälter axial
nach vorn verschiebt.
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Die Lösung der gestellten Aufgabe ist im wesentlichen darin zu sehen,
daß eine Einrichtung zum Abbrennen und/oder Abschmelzen des Raketenmantelteiles
im Maß der Relativverschiebung der beiden Raketenkörperteile vorgesehen ist und
daß der eine Treibstoffbehälter im Innenraum des Mantels in Längsrichtung zusammendrückbar
untergebracht ist und der Zwischenraum zwischen diesem Behälter und dem Mantel den
zweiten Treibstoffbehälter bildet. Hierdurch ist erreicht, daß der Raketenmantel
kontinuierlich abbrennt, so daß das Gewicht der Rakete im Maß des Treibstoffverbrauchs
kontinuierlich verringert wird.
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Gemäß einer besonderen Ausführungsform ist das Brennkammerteil innerhalb
des Raketenmantels geführt.
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Am Umfangsbereich der Brennkammer kann dabei eine Einrichtung zum
Abschmelzen des Raketenmantels angeordnet sein, die z. B. in Form von Brenndüsen
ausgebildet ist.
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Das Abschmelzen des Raketenmantels kann auch unmittelbar durch den
Raketenstrahl selbst erfolgen, wenn der Brennkammerenddurchmesser kleiner ist als
der Raketenmanteldurchmesser.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist der Raketenmantel von
einem Zylindermantelteil umgeben, welches mit dem Boden des Brennkammerteiles fest
verbunden ist. Bei dieser Ausführungsform ragt also der Raketenmantel in den Brennkammerraum
hinein, so daß keine besondere Abschmelzvorrichtung zum Abschmelzen des- Raketenmantels
erforderlich ist.
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Zur Verbindung des Zylindermantelteiles mit dem Boden des Brennkammerteiles,
können Hohlstreben vorgesehen sein. Diese können zugleich als Kraftstoffleitung
für die Steuerdüsen ausgebildet sein. Dadurch wird eine Kühlung der Hohlstreben
erreicht.
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Gemäß einer Weiterbildung ist als kombiniertes Pump- und Einspritzorgan
ein Läufer verwendet, dessen Welle als Treibstoffzuführung der Treibstoffkomponenten
zu dem Läuferteil dient und an dessen Umfang Einspritzbohrungen vorgesehen sind,
die eine Verbindung zu radial außenliegenden, zum Verdampfen und teilweisen Verbrennen
dienenden Vorkammern darstellen.
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Zum Antrieb des Läufers weisen die Vorkammem vorzugsweise tangential
verlaufende Ausströmschlitze auf.
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Eine günstige Betriebsweise ergibt sich auch, wenn die in Umfangsrichtung
aufeinanderfolgenden Vorkammern abwechselnd mit Sauerstoff- bzw. Brennstoffüberschuß
gespeist werden.
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Zur Mengenregelung des Treibstoffes kann eine Drosselvorrichtung in
der Treibstoffzuführungs-
Leitung sowie eine Bremsvorrichtung des
Läufers vorgesehen sein.
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Hinsichtlich einer guten Kühlung ist es günstig, wenn an der dem Brennkammerboden
zugewandten Seite des Läufers Düsen für Kühlkraftstoff angeordnet sind.
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Die Erfindung ist im folgenden an Hand schematischer Zeichnungen an
zwei Ausführungsbeispielen ergänzend beschrieben.
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F i g. 1 zeigt ein Raketentriebwerk mit innen geführter Brennkammer;
F i g. 2 zeigt den unteren Teil eines Raketentriebwerks mit außen geführter Brennkammer.
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Die in F i g. 1 dargestellte Ausführungsform umfaßt eine Brennkammer
1, die innerhalb des Raketenmantels 2 mittels Gleit- oder Rollführungen 3 längsbeweglich
geführt ist. Die Brennkammer 1 umfaßt ein Bodenteil 4, in dem die Steuerorgane und
die Pump-und Einspritzvorrichtungen untergebracht sein können (nicht dargestellt).
Das Bodenteil 4 ist gegen den Raketenmantel 2 abgedichtet, so daß der angrenzende
Raum zur Aufnahme von Treibstoff dienen kann. Innerhalb des Raketenmantels 2 und
im Abstand von diesem ist ein Schwimmtank 12 angeordnet, der die andere Treibstoffkomponente
enthält. Dieser Schwimmtank ist so ausgebildet, daß sich sein Volumen entsprechend
dem Treibstoffverbrauch verkleinern kann. In dem dargestellten Ausführungsbeispiel
ist der Schwimmtank als Faltbalg ausgebildet. Er kann jedoch auch anders aufgebaut
sein, z. B. aus einem flexiblen Kunststoffmaterial hergestellt sein.
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Wenn die beiden Treibstoffkomponenten gleiches spezifisches Gewicht
haben, kann auf eine besondere Versteifung der Wandung des Schwimmtanks verzichtet
werden. In diesem Fall genügt es, den Tank oben und am Bodenteil 4 zu befestigen
und zentrisch zu führen.
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Da das Brennkammerteil bis auf die Endgeschwindigkeit mitbeschleunigt
werden muß, ist auf besonders geringes Gewicht desselben zu achten. Dies wird gemäß
der Erfindung durch Verwendung eines Läufers 6 erreicht, der in dem Brennkammerraum
angeordnet ist und sich um seine Mittelachse drehen kann. Innerhalb der Läuferwelle
führen zwei Leitungskanäle in Form von konzentrischen Rohren, wobei diese Rohre
mit den Tankräumen 11 bzw. 12 flüssigkeitsdicht in Verbindung stehen.
In dem eigentlichen Läufer sind Radialkanäle angeordnet, die in Düsen
8
münden. Die Wand 7 teilt den Läufer in zwei Bereiche, die jeweils mit einem
der durch die Läuferwelle führenden Kanäle in Verbindung stehen. Die Düsen -8 sind
von Vorkammern 9 umgeben, wobei jeweils mindestens zwei, mit den beiden Tankräumen
11 und 12 in Verbindung stehende Düsen 8 in einer Vorkammer 9 münden.
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Der Läufer hat die Funktion einer Radialpumpe. In den Radialkanälen
wird der Treibstoff auf die Umfangsgeschwindigkeit des Läufers beschleunigt und
so ein Zentrifugaldruck erzeugt. Der Treibstoff tritt daher aus den Düsen 8 in die
Vorkammern 9' ein. In diesem erfolgt eine teilweise Verbrennung und Verdampfung
der Treibstoffe. Zum Antrieb des Läufers weisen die Vorkammern tangential verlaufende
düsenförmige Austrittsöffnungen auf. Durch diese .strömen die bei der Vorverbrennung
und Verdampfung in den Vorkammern frei gewordenen Gase mit erhöhter - Geschwindigkeit
ab. Die Rückstoßkraft treibt den Läufer 6 an, so daß sich ein besonderes Antriebsaggregat
erübrigt. Zum Starten des Läufers kann z. B. ein außerhalb des Raketentriebwerks
liegender Motor vorgesehen sein.
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Die Ausströmgeschwindigkeit erzeugt in der Brennkammer 1 eine Turbulenz
und damit eine rasche und ruhige Verbrennung. Diese erfolgt in zwei Stufen, und
zwar in den Vorkammern und in der eigentlichen Brennkammer. Wegen des kleinen Volumens
der Vorkammern können sich in diesen nur kurzwellige Gasschwingungen ausbilden.
Deren Intensität wird durch die beschleunigte Strömung beim Durchqueren der Vorkammerdüsen
verkleinert. Wegen der großen Gasgeschwindigkeit in den Austrittsöffnungen 9 können
sich Druckschwingungen innerhalb der Brennkammer nur schwer und bei überschallströmung
überhaupt nicht bis in die Vorkammern fortpflanzen. Eine Rückkopplung und ein gegenseitiges
Aufschaukeln der Schwingungen ist daher nicht möglich, so daß sich eine gleichmäßige
Verbrennung ergibt.
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Die Verbrennung läßt sich ferner dadurch noch weiter stabilisieren,
daß aufeinanderfolgende Vorkammern abwechselnd mit Sauerstoff- bzw. Brennstoffüberschuß
betrieben werden, wobei jeweils nur so viel von der anderen Treibstoffkomponente
hinzugegeben wird, daß eine Verdampfung des gesamten Treibstoffes gewährleistet
ist. Auf diese Weise wird vermieden, daß größere Mengen explosiver Gemische entstehen,
die zur einer unstabilen Verbrennung führen können.
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Um einen günstigen Massenfluß zu erhalten, können die Vorkammern an
der Läuferseite angebracht sein, wobei die Vorkammeröffnungen als radiale Schlitze
ausgebildet sind.
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Der Läufer 6 kann überdimensioniert sein, so daß eine Mengenregelung
des Treibstoffes durch Drosselventile in den Zuleitungen und durch Abbremsen des
Läufers möglich ist.
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In dem Bereich des Läufers 6 kommt nur ein geringer Teil der Treibstoffe
zur Reaktion, so daß die Temperatur des Läufers niedrig gehalten wird. Dies kann
noch dadurch unterstützt werden, daß an der dem Brennkammerboden 4 zugewandten Seite
des Läufers 6 Düsen 10 vorgesehen sind, durch die ständig. Kühlkraftstoff austritt,
der verdampft und so eine Schutzatmosphäre aufrechterhält. Der Läufer arbeitet daher
in einer verhältnismäßig kühlen Zone und ist keiner beträchtlichen Wärmebelastung
ausgesetzt.
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Die Ausführungsform nach F i g. 2 unterscheidet sich von der ersten
im wesentlichen dadurch, daß außerhalb des Raketenmantels 2 ein Zylindermantel 14
vorgesehen ist, der auch die Brennkammer bildet und an der Außenfläche des Raketenmantels
2 geführt ist. Der Zylindermantel 14 ist mittels Streben 13 mit dem Brennkammerboden
4 verbunden. Die Streben sind als konzentrisches Doppelrohr aufgebaut, wobei das
Außenrohr als thermischer Schutz dient, während das Innenrohr die Zugkräfte aufnimmt.
Die Steuerdüsen des Raketentriebwerks werden zweckmäßigerweise in den Verlängerungen
der Streben 13 angeordnet, wobei die Streben als Kraftstoffzuführung verwendet werden.
Die Kraftstoffzuführung geschieht dabei durch den Innen- und Außenraum der Streben.
Um eine gleichbleibende Kühlwirkung aufrechtzuerhalten, läßt man durch den Außenraum
einen konstanten Strom fließen, während der Kraftstoffstrom des Innenkreises geregelt
wird.
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Bei der vorstehend beschriebenen Ausführungsform brauchen keine besonderen
Einrichtungen zum
Abbrennen des Raketenmantels vorgesehen zu sein.
Vorteilhaft ist auch, daß eine eventuell vorhandene Oxydschmelze des Raketenmantels
als thermischer Schutz für die Brennkammer verwendet werden kann.
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Bei beiden Ausführungsformen ergibt sich ein vollkommen kontinuierlicher
Betriebsablauf. Dadurch, daß das nutzlos gewordene Leergewicht unmittelbar abgestoßen
wird, ergibt sich ein günstigeres Nutzlastverhältnis als bei den bisher bekannten
Raketentriebwerken. Der Bodendruck der Treibstoffe, der bei der Beschleunigung der
Rakete auftritt, hat einen verhältnismäßig großen Wert. Bei kleinem Verhältnis von
Raketendurchmesser zu Lavaldurchmesser wird er größer als der Brennkammerdruck,
so daß keine besondere Förderpumpe mehr nötig ist. Der Raketenmantel wird gleichmäßig
und nur auf Zug beansprucht, so daß keine Maßnahmen zum Erhöhen der Knickfestigkeit
nötig sind. Außerdem ist die Konstruktion statisch bestimmt. Es sind auch keine
Vorkehrungen erforderlich, um Wärmedehnungen im Raketenkörper auszugleichen. Schließlich
stellt die nicht starre Verbindung von Brennkammer und Raketenkörper einen großen
Schwingungswiderstand dar.
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Bei Höhenforschungsraketen besteht die Schwierigkeit, die ausgebrannte
leere Raketenhülse, ohne die Bevölkerung zu gefährden, zur Erde zurückzubringen.
Es sind Lösungen bekannt, bei denen die Rakete nach dem Brennschluß in kleinste
Teile zersprengt wird. Bei einer Konstruktion nach dem Erfindungsgegenstand sind
solche Maßnahmen überflüssig, da der Raketenmantel unmittelbar verbrannt wird.
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Bei Verwendung eines Läufers gemäß der Erfindung ergibt sich außerdem
eine bessere Betriebsweise des Raketentriebwerks. Bei einem zufälligen Absinken
der Drehzahl verringert sich der Zentrifugaldruck und damit die Fördermenge. Wegen
der kleineren Strömungsstärke nimmt die Verweilzeit der Brennstoffmischung in den
Vorkammern zu, wodurch die Vorverbrennung vollständiger geschieht. Die energiereicheren
Verbrennungsgase strömen somit mit erhöhter Geschwindigkeit aus den Austrittsöffnungen
aus und erhöhen so wieder die Läuferdrehzahl. Bei einem Drehzahlanstieg ist es analog.
Der Läufer hat also eine stabile Betriebsdrehzahl und braucht nicht durch eine zusätzliche
Regelung zwischen »Durchgehen« und »Absterben« gehalten werden.