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Einrichtung zur Notkühlung eines Kernreaktors Die Erfindung betrifft
eine Einrichtung zur Notkühlung eines flüssigkeits- oder dampfgekühlten Leistungsreaktors,
insbesondere auch eines Siedewasserreaktors mit oder ohne überhitzer mit einem vom
Arbeitskreislauf unabhängigen und zu diesem parallel geschalteten Notkühlkreislauf
mit einem Wärmeaustauscher, dessen sekundärseitiges Kühlmittel durch einen weiteren,
von den bisher genannten Kreisläufen unabhängigen Kreislauf so stark gekühlt ist,
daß es nicht verdampft.
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Fällt im Wärmekreislauf eines Kernkraftwerkes die Wärmesenke aus,
beispielsweise die Turbine oder der Kondensator, so muß durch eine Schnellabschaltung
der Kernreaktor stillgesetzt werden. Die Schnellabschaltung eines Kernreaktors erfolgt
durch Einschießen der Neutronenabsorberstäbe, die dafür sorgen, daß die Kettenreaktion
zusammenbricht. Infolge der intensiven radioaktiven Strahlung der durch die Neutronenbestrahlung
entstandenen Spaltprodukte wird jedoch im Kernreaktor auch nach der erfolgten Abschaltung
Wärme erzeugt. Die Nachwärmekurve des Reaktors erreicht erst nach Stunden - gerechnet
nach der Schnellabschaltung - asymptotisch einen Wert, der ungefähr bei 1% der Betriebswärmeleistung
des Reaktors liegt. In konventionellen Kraftwerken wird der nach Ausfall der Wärmesenke
im Kessel entstehende Dampf über Sicherheitsventile abgeblasen. Auch Kernkraftwerke
sind auf diese Art gesichert, jedoch geschieht das Abblasen nur im äußersten Notfall,
da durch eventuelle schadhafte Stellen im Wärmeaustauscher eine radioaktive Verseuchung
der näheren Umgebung möglich ist.
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Bei Kernkraftwerken, insbesondere bei Einkreissvstemen, übernimmt
daher ein Notkühler gewisse Funktionen, die bei konventionellen Kraftwerken durch
die Sicherheitsventile ausgeübt werden.
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Der Notkühler besteht im allgemeinen aus einem mit Wasser gefüllten
Behältertank, in welchem Kühlschlangen eingebaut sind, über die das vom Reaktor
kommende Wärmeträgermedium die Wärme an das Wasser überträgt. Je nach der Schaltung
der Wärmekreisläufe des Reaktors kann es sich dabei um Primär- oder Sekundärmedium
handeln. Es sind Notkühlerschaltungen bekannt, bei denen das im Behältertank befindliche
Wasser zunächst bis an die Siedegrenze erwärmt wird und schließlich ausdampft. Die
Wassermenge ist dann so berechnet, daß alle während des Notkühlvorganges noch vom
Reaktor erzeugte Wärme als Verdampfungswärme aufgenommen werden kann. Der entstehende
Dampf wird entweder in das Reaktorgehäuse oder über das Dach ins Freie abgeblasen.
Der Notkühler wird erst dann abgeschaltet, wenn durch Verdampfen einer beträchtlichen
Wassermenge der Reaktor bis auf eine bestimmte Temperatur heruntergekühlt ist. Zu
diesem Zeitpunkt ist die Wärmeerzeugung des Reaktors noch nicht restlos abgeklungen.
Deshalb wird die weitere Kühlung von einem zweiten Kühlkreis, nämlich dem Leerlaufkühlkreis,
übernommen, in welchem das Reaktorkühlmedium - als Primärmedium - über sogenannte
Leerlaufkühler, das sind Wärmeaustauscher, umgewälzt wird. Die beschriebene Art
der Notkühlung eines Reaktors besitzt jedoch schwerwiegende Nachteile.
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Bei einem 100-MW-Kraftwerk beispielsweise muß man 70 bis 80 t Wasser
aus dem Notkühltank verdampfen. Läßt man den erzeugten Dampf aus dem Notkühler in
das Reaktorgebäude strömen, so wird dieses vorerst unter Innendruck und nach allmählicher
Kondensation des Dampfes zum Teil unter Wasser stehen. Durch eine derartige Maßnahme
werden die zu Beginn der Notkühlerausdampfung im Reaktorgebäude tätigen Personen
aufs äußerste gefährdet. Leitet man dagegen den aus dem Notkühler frei werdenden
Dampf in die freie Atmosphäre, so ist es erforderlich, den Tank des Notkühlers als
Druckbehälter auszubilden. Für den Fall, daß Primärmedium im Notkühler gekühlt bzw.
kondensiert werden muß, besteht außerdem die Gefahr, daß durch eventuelle Leckstellen
in den Kühlelementen radioaktive Teilchen mit ins Freie gelangen und die Umgebung
des Kraftwerkes verseucht wird.
Für derartige Fälle müßte ein zweiter
Notkühler in Bereitschaft stehen, auf den sofort umgeschaltet werden könnte. Dies
erfordert jedoch einen recht beträchtlichen apparativen Aufwand.
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Es sind ferner Einrichtungen zur Notkühlung. von Kernreaktoren bekannt,
bei denen ein vom Arbeitskreislauf unabhängiger und zu diesem parallel geschalteter
Notkühlkreislauf vorgesehen ist, der die im Reaktorkern nach dem Abschalten noch
entstehende Restwärme an einen Wärmeaustauscher abführt, und bei denen ferner das
Sekundärkühlmittel in dem Wärmeaustauscher durch einen weiteren, von den bisher
genannten Kreisläufen unabhängigen Kreislauf so stark gekühlt wird, daß es nicht
verdampft. Dabei ist allerdings eine Leerlaufkühlung nicht vorgesehen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die sekundärseitige Kühlung
des Wärmeaustauschers durch einen zusätzlichen Kühlkreislauf in vorteilhafter Weise
mit der bekannten Leerlaufkühlung zu verknüpfen, indem erfindungsgemäß ein an sich
bekannter Leerlaufkühlkreis nach einer Schnellabschaltung des Reaktors die sekundärseitige
Kühlung des Wärmeaustauschers im Notkühlkreislauf übernimmt, bis eine vorgegebene
Temperatur des Reaktorkühlmittels erreicht ist, worauf der Leerlaufkühlkreis allein
die weitere Kühlung des Reaktorkühlmittels übernimmt.
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Der Leerlaufkühlkreis wird so dimensioniert, daß das Notkühlwasser
im Falle einer Notabschaltung des Reaktors sich nicht bis an die Siedegrenze erwärmen
kann. Der Leerlaufkühlkreis ist in jedem Falle ein direkter Kreislauf, da in ihm
das Reaktorkühlmittel umgewälzt wird. Insbesondere aus Sicherheitsgründen ist es
vorteilhaft, den Leerlaufkühlkreis in zwei zueinander parallelen Kühlkreisläufen
auszuführen. damit bei Ausfall eines Kreislaufes die Notkühlung nicht in Frage gestellt
wird. Dies hat noch den Vorteil, daß mit Rücksicht auf die zulässige Reaktorabkühlgeschwindigkeit
ein zweiter Kühlkreislauf im Bedarfsfalle zur sekundärseitigen Kühlung des Not-.värmeaustauschers
zugeschaltet werden kann.
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Es ist also zusätzlich zum Arbeitskreislauf sowohl ein Notkühlkreislauf
als auch ein Leerlaufkühlkreis derart vorgesehen, daß der Leerlaufkühlkreis mit
dem Notkühlkreislauf zusammenwirken kann. Hierdurch wird in vorteilhafter Weise
erreicht, daß ein weiterer, die sekundäre Kühlung des Notwärmeaustauschers bewirkender
Kreislauf in Wegfall kommt.
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Zur näheren Erläuterung der Erfindung ist in der Zeichnung die Schaltung
des Notkühlkreises angegeben. Die in der Wärmequelle, dem Kernreaktor 1, erzeugte
Wärme wird im Normalbetrieb der Kernkraftanlage im Arbeitskreislauf entweder direkt
über das geöffnete Ventil 2 zur Wärmesenke, z. B. einer Turbine, geführt, oder es
wird die vom Reaktor kommende Wärme in einem Wärmeaustauscher an ein Sekundärmittel
weitergegeben, welches die Wärme dann zur Wärmesenke führt. Bei den Wärmeträgermitteln
im Primär- und Sekundärkreis kann es sich um flüssige oder dampfförmige Stoffe handeln.
Die Wärmesenke kann bei dampfförmigem Primärmittel aus der Turbine 3 mit einem nachgeschalteten
Kondensator 4 bestehen. Zwischen Wärmesenke und Reaktor sorgt eine Pumpe 5 für den
kontinuierlichen Umlauf des Wärmeträgermittels. Damit der Notkühler oder Notwärmetauscher
6 in ständiger Betriebsbereitschaft steht, ist bei normalem Betrieb das Ventil 7,
welches die Kühlelemente 8 des Notkühlers vom Arbeitskreislauf trennt, ständig geöffnet.
Wird der Arbeitskreislauf aus irgendeinem Grund gestört, so wird -dieser durch das
Ventil 2 geschlossen und der Notkühlerkreislauf 1-8-1 durch Öffnen des Ventils 9
geöffnet. Die nach der Schnellabschaltung anfallende Wärme kann nun in den Notkühler
6 abgeführt werden. Mit dem Schließen von Ventil 2 und dem Öffnen von Ventil 9 öffnen
sich gleichzeitig auch die Ventile 10 und 13, und die Pumpen 14 laufen an. Ebenfalls
öffnet der Kühlwasserkreislauf, der die Leerlaufkühler 15 sekundärseitig durchströmt.
Die Ventile 11 und 12 sind während des normalen Betriebes der Anlage ständig geöffnet
und treten nur bei eventuell notwendig werdenden Reparaturen in Funktion. Mit dem
Öffnen der Ventile 10 und 13, dem Anlaufen der Umwälzpumpen 14 und des nicht näher
dargestellten Kühlwasserkreislaufes der Leerlaufkühler 15 wird zu dem breits beschriebenen
Notkühlkreis 1- 8 -1 ein zweiter Kühlkreis geöffnet, der die von 1 über 8 an das
Kühlwasser des Notkühlers übergegangene Wärme übernimmt und an den Kühlwasserkreis
der Leerlaufkühler weitergibt. Damit ist nach der Schnellabschaltung des Reaktors
die Gewähr gegeben, daß die in 1 noch erzeugte Wärme über den direkten Notkühlkreis
1- 8 -1, den zweiten indirekten Notkühlwasserkühlkreis 6-14-15-6 an den Kühlwasserkreislauf
der Leerlaufkühler 15 übertragen werden kann, der zweckmäßigerweise selbst wieder
an das Rohwasserkühlnetz der gesamten Anlage angeschlossen ist. Unzulässig hohe
Druck- und Temperaturerhöhungen am Druckgefäß selbst, die die Zerstörung zur Folge
haben könnten, werden auf diese Art und Weise sicher vermieden, weil bereits kurze
Zeit nach der Schnellabschaltung über diese drei genannten Kühlkreise mehr Wärme
abgeführt wird, als im Reaktor noch entsteht. Damit ist auch die Möglichkeit gegeben,
daß das Primärkühlmedium und damit der Reaktor abkühlen kann. Ist der Reaktor bis
auf eine bestimmte Temperatur heruntergekühlt, was auch zur Folge hat, daß der Druck
im Gefäß entsprechend zurückgegangen ist, werden die Kreisläufe 1- 8 -1 und 6 -14
-15 - 6 wieder geschlossen und der Leerlaufkühlkreis 1-14 -15 -1 durch Öffnen der
Ventile 16, 17, 18 und 19 geöffnet, wodurch nunmehr in diesem Kreislauf das Primärkühlmittel
selbst als Wärmeträger umgewälzt wird, seine Wärme an den Kühlwasserkreislauf der
Leerlaufkühler abgibt und sich somit bis zur Drucklosigkeit im Reaktorgefäß weiter
abkühlen kann.