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Die Erfindung betrifft einen dampfgekühlten Kernreaktor mit einer
von einem Schutzbehälter umschlossenen Spaltzone, aus der überhitzter Dampf in einem
Hauptkreislauf außerhalb des Schutzbehälters angeordneten Energieverbrauchern zuströmt
und in einem Nebenkreislauf Energie an eine Antriebsturbine eines Kühldampfumwälzgebläses
und weitere Hilfsaggregate abgibt. Ein derartiger Kernreaktor ist aus der USA.-Patentschrift
3 175 935 bekannt.
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Bei derartigen Reaktoren ist aus Sicherheitsgründen meist ein sehr
schnelles Absperren der Leitungen, die die Spaltzone mit außerhalb des Schutzbehälters
liegenden Anlageteilen verbinden, erforderlich, wenn z. B. infolge von Undichtigkeiten
die Gefahr eines Freisetzens von eventuell radioaktivem Dampf besteht. Andererseits
muß nach dem Absperren, auch wenn der Reaktor gleichzeitig ebenfalls abgeschaltet
wird, wegen der Nachwärmeerzeugung der Brennelemente die Spaltzone weiterhin gekühlt
werden.
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Es ist bekannt, zur Erfüllung dieser Erfordernisse bei Siede- bzw.
Druckwasserreaktoren Notkühleinrichtungen bzw. Nebenkreisläufe anzuordnen, die bei
einem plötzlichen Abschalten des Hauptkühlkreislaufes in Funktion treten (deutsche
Auslegeschriften 1145 722, 1156 516). Aus der deutschen Auslegeschrift
1145 722 ist es also bei einem Siedewasserreaktor bekannt, daß ein die Wärmekapazität
eines Notkühlkreislaufs aufweisender Nebenkreislauf innerhalb des Schutzbehälters
verläuft und einen Wärmeaustauscher durchsetzt. Diese Notkühleinrichtungen weisen
jedoch den Nachteil auf, daß das Ansprechen der Einrichtung erst nach einer gewissen
»Tot«- bzw. »Anlaufzeit« erfolgt. Diese Zeiten, die vom Auftreten einer Störung
an bis zum vollständigen Betrieb des Notkreislaufes vergehen, müssen jedoch bei
einem dampfgekühlten Reaktor infolge der gegenüber Wasser geringen Wärmekapaz tät
des Dampfes so kurz wie möglich gehalten werden. Es ist weiterhin bekannt, Nebenkreisläufe
zum Hauptkreislauf an einem dampfgekühlten Reaktor vorzusehen, welche Energie an
Nutz- bzw. Hilfsaggregate abgeben, und in den sich wieder mit dem Hauptkreislauf
vereinigenden Nebenkreislauf einen Löffler-Kessel einzuschalten (USA.-Patent 3 175
953). Diese Nebenkreisläufe sind jedoch nicht in der Lage, die Funktion einer Notkühleinrichtung
zu übernehmen, da sie bei einem durch eventuellen radioaktiven Austritt erfolgten
Abschalten des Hauptkreislaufes mitabgeschaltet werden müssen. Dieses Abschalten
muß einerseits aus dem Grund erfolgen, eine radioaktive Verseuchung der Nutzaggregate
zu vermeiden, andererseits deswegen, um Strahlenschäden beim Bedienungspersonal
des Reaktors zu vermeiden, da die Nebenkreisläufe nicht innerhalb des Reaktorschutzbehälters
geführt sind.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, einen dampfgekühlten
Reaktor zu schaffen, der bei jedem Betriebszustand, insbesondere jedoch bei einem
plötzlichen Ausfall der außerhalb des Schutzbehälters liegenden Heißdampfverbraucher,
eine ausreichende Kühlung der Spaltzone gewährleistet, wobei jedoch ein Austreten
von eventuell radioaktivem Dampf vermieden wird.
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Die Lösung dieser Aufgabe besteht gemäß der Erfindung darin, daß der
die Wärmekapazität eines Notkühlkreislaufes aufweisende Nebenkreislauf innerhalb
des Schutzbehälters verläuft und einen Dampferzeuger durchsetzt, in dessen Sekundärkreislauf
die Hilfsaggregate angeordnet sind.
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Weitere Einzelheiten des oben beschriebenen Kernreaktors werden beispielsweise
an Hand der Zeichnungen näher erläutert. Es zeigt F i g. 1 ein Ausführungsbeispiel
der oben beschriebenen Reaktoranlage mit Haupt-, Neben- und Hilfskreislauf, F i
g. 2 eine Schaltung des Hilfskreislaufes der Anlage nach F i g. 1, F i g. 3 die
Anlage ähnlich der F i g.1, wobei in den Nebenkreislauf ein Wärmespeicher (Löffler-Kessel)
zwischengeschaltet ist.
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Bei der Reaktoranlage nach F i g. 1 verläßt ein Hauptstrom des in
der Spaltzone 1 überhitzten Dampfes durch die Leitung 2 den Reaktor-Schutzbehälter
3 und strömt dann weiter zur Leistungsturbine 4. Von diesem Hauptstrom wird
ein Teilstrom abgezweigt und dem außerhalb des Schutzbehälters angeordneten Dampferzeuger
5 zugeführt (in F i g.1 als Einspritzkühler gezeichnet). Im Dampferzeuger 5 wird
diesem Teilstrom das im Turbinenkondensator 6 aus dem Arbeitsdampf gewonnene und
in Speisewasservorwärmern 7 vorgewärmte Kondensat zugeführt. Durch die Mischung
dieser beiden Ströme wird der für die Kühlung der Spaltzone benötigte Dampf mit
niedriger Temperatur gewonnen. Dieser Dampf wird von einem Gebläse 8 in die
Spaltzone 1
zurückgefördert. Das Gebläse 8 wird von einer Dampfturbine 9 angetrieben,
welche gleichzeitig auch die Speisepumpe 10 antreibt. Die Dampfturbine
9
kann z. B. mit Dampf aus dem Hilfskreislauf angetrieben werden.
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Der innerhalb des Schutzbehälters angeordnete Nebenkühlkreislauf besteht
im wesentlichen aus der Spaltzone 1, dem Oberflächen-Dampferzeuger
11,
dem Umwälzgebläse 12 und den Rohrleitungen 13. In diesem Nebenkühlkreislauf
wird mit Hilfe des Gebläses 12 ein Teilstrom des Reaktorkühldampfes umgewälzt und
auf diese Weise im Dampferzeuger 11 nichtradioaktiver Dampf erzeugt. Der
Druck des in dem Hilfskreislauf erzeugten Sekundärdampfes kann weitgehend unabhängig
vom Druck des Primärkreislaufes gewählt werden. Er wird so gewählt, daß der Sekundärdampf
ohneZwischenüberhitzung in einer Turbine entspannt werden kann. Bei der in F i g.1
gezeichneten Anlage wird der Sekundärdampf der Antriebsturbine 9 als Sperrdampf
den Stopfbuchsen des Hauptgebläses 8 und außerdem einem Hilfsturbogenerator
14 zugeführt. Dieser nichtradioaktive Sekundärdampf aus dem Hilfskreislauf
kann darüber hinaus für die verschiedensten weiteren Bedürfnisse des Kraftwerkes
verwendet werden. Dies hat den Vorteil, daß an den betreffenden Dampfverbrauchern
keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden müssen und vor allem die
Dampfversorgung auch dann nicht unterbrochen wird, wenn im Falle einer Radioaktivitätsfreisetzung
die äußeren Hauptkühlsysteme abgeschaltet werden müssen. In diesem Fall wird die
Kühlung der Spaltzone allein durch den innerhalb des Schutzbehälters angeordneten
Nebenkreislauf durchgeführt, wodurch der Betrieb des Hilfskreislaufes in vollem
Umfang aufrechterhalten werden kann.
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Der Nebenkreislauf kann auch gleichzeitig zum Anfahren der Gesamtanlage
benutzt werden. Dazu wird die Anlage zunächst bei vollkommen geschlossenem
Hauptkreislauf
auf eine gewisse Teillast und auf volle Temperaturen gebracht. Erst wenn nachgewiesen
ist, daß die Radioaktivität des Kühldampfes einen ausreichend niedrigen Wert hat,
wird der Hauptkreislauf zugeschaltet und die Hauptturbine 4 in Betrieb genommen.
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In F i g. 1 wurden lediglich ein Haupt- und ein Nebenkreislauf gezeichnet.
Alle Erläuterungen gelten selbstverständlich auch für Anlagen, bei denen mehrere
Kreisläufe parallel geschaltet sind. Ebenso stellt die gezeichnete Pumpen- und Gebläseantriebsart
nur eine Ausführung dar. Die Speisepumpe 10 und das Gebläse 8 könnten aber auch
von einer eigenen Antriebsmaschine, beispielsweise einem Elektromotor, angetrieben
werden.
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Aus F i g. 2 erfolgt der Antrieb des Gebläses 12 durch eine Gegendruckturbine
15, die in dem Hilfskreislauf den übrigen Dampfverbrauchern vorgeschaltet ist. In
diesem Fall ist für das Anfahren der Anlage ein Hilfskessel 16 vorgesehen. Der Turbinenantrieb
hat jedoch den Vorteil, daß die Betriebssicherheit des Nebenkühlkreislaufes aucS--gewähr-:eistet
ist, wenn das Innere des Schutzbehälters infolge einer Betriebsstörung mit Wasser
oder Wasserdampf gefüllt ist.
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Bei der Anlage nach der F i g. 3 ist in dem im Schutzbehälter angeordneten
Nebenkreislauf zusätzlich ein Löffler-Kessel 17 als Dampfspeicher eingeschaltet.
Dieser ist in der Lage, überschüssige Wärmemengen unter Drucksteigerung im System
aufzunehmen und kann gleichzeitig zur Erzeugung eines Teiles des Reaktorkühldampfes
verwendet werden. In diesem Fall wird ihm über die Leitung 18 Speisewasser zugeführt.
Darüber hinaus jedoch bietet der Löffler-Kessel weitere Vorteile. Das Wasser kann
einmal dazu verwendet werden, den gesamten Reaktor für den Beschickungsvorgang mit
Wasser zu fluten, und bietet andererseits die Möglichkeit, bei Ausfall aller Dampfgebläse
- ein Fall, der bei Elektroantrieb der Gebläse denkbar ist - für eine gewisse Zeit
die Nachwärme aus der Spaltzone abzuführen. In diesem Fall wird ein Ablaßventi119
an der Kühlmittelaustrittsleitung des Nebenkreislaufes geöffnet, wobei das Reaktorkühlmittel
aus dem System entweicht und dabei die Spaltzone durchströmt. Die eintretende Druckabsenkung
verursacht dabei eine Nachverdampfung im Löffler-Kessel, so daß außer der ursprünglichen
Dampffüllung des Kreislaufes ein gewisser Teil der Wasserfüllung des Löffler-Kessels
in Dampfform entweicht. Der austretende Dampf kann in einem Kondensator, der z.
B. innerhalb des Reaktorschutzbehälters 3 angeordnet ist, kondensiert werden.
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Der wesentliche mit dem oben beschriebenen Kernreaktor erzielbare
Vorteil besteht darin, daß bei einer Betriebsstörung keinerlei zusätzliche Maßnahmen
erforderlich sind, um eine verzugszeitfreie Notkühlung der Spaltzone zu gewährleisten,
da der die Wärmekapazität eines Notkühlkreislaufes aufweisende Nebenkühlkreislauf
ständig in Betrieb bleibt. Dadurch läßt sich außerdem eine ständige Funktionsüberwachung
des Notkreislaufes durchführen. Die Vorteile des direkten Dampfkreislaufes - d.
h., der in der Spaltzone überhitzte Dampf wird direkt einem Nutzaggregat zugeführt
- bleiben voll erhalten, ohne daß der Schutzbehälter zur Aufnahme des Nebenkühlkreislaufes
wesentlich erweitert werden muß. Außerdem steht über den an den Nebenkühlkreislauf
angeschlossenen Hilfskreislauf nichtradioaktiver Dampf zur Verfügung, wodurch sich
die Sicherheitsmaßnahmen an den Hilfsaggregaten und sonstigen vom Hauptkreislauf
unabhängigen Dampfverbrauchern wesentlich reduzieren lassen. Den wirtschaftlichen
Gesichtspunkten trägt die Erfindung insofern Rechnung, als die durch den Nebenkreislauf
abgeführte Wärmemenge nutzbringend verwertet wird und somit keinen Verlust mehr
darstellt.