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Verfahren und Vorrichtung zur Rektifikation oder Destillation von
Flüssigkeitsgemischen In der chemischen Verfahrenstechnik wird in zunehmendem Maße
die Aufgabe gestellt, Apparate zu entwickeln, in denen Flüssigkeiten bzw. Flüssigkeitsgemische
bei niedrigen Drücken, z. B. unterhalb von 10-2 Torr, destilliert werden können.
Diese Aufgabe ergibt sich aus der thermischen Unbeständigkeit vieler Flüssigkeiten,
die schon bei niedrigen Temperaturen zerfallen oder bleibend geschädigt werden.
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Man muß daher bei einer Erwärmung bzw. beim Ausdampfen unter dieser
Temperatur bleiben.
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Üblicherweise wird hierbei die Flüssigkeit mit Hilfe mechanischer
Einrichtungen als dünner Film auf eine beheizte Fläche aufgebracht. Die Flüssigkeit
verdampft an der Oberfläche des Filmes und wird an einer gekühlten Wand wieder kondensiert.
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Diesen Apparaten ist gemeinsam, daß das Verdampfen, Rektifizieren
und Kondensieren an Einbauten erfolgt, die von der Flüssigkeit benetzt werden. Zur
Verteilung der Flüssigkeit auf der beheizten Wand sind meist sehr aufwendige, maschinell
angetriebene Einbauten, z. B. umlaufende Wischer, erforderlich. Es sind weiter Apparate
beschrieben worden, bei denen im Innern einer Kolonne maschinelle Einbauten angeordnet
sind. Diese führen zwecks Erzielung eines ausreichenden Stoffaustausches an der
Oberfläche der Flüssigkeitströpfchen die Flüssigkeit in Form eines Schleiers quer
zur Strömungsrichtung der Dämpfe in mehreren Stufen im Kreis.
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Der Abstand zwischen den einzelnen Stufen ist aber aus konstruktiven
Gründen so groß, daß diese Anordnung für die Kurzwegdestillation bei tiefen Drücken
kaum verwendet werden kann.
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Bekannt ist weiterhin ein Verfahren zur Trennung von Flüssigkeitsgemischen
durch Verspritzen und Verdampfen in einer einstufigen Anlage, die aber weder eine
Kurzwegdestillation noch eine Rektifikation gestattet.
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Bei einem anderen bekannten Verfahren zur Hochvakuumdestillation
wird die Flüssigkeit in einer Vielzahl von übereinander angeordneten Kammern verdampft.
Eine offene Verbindung der einzelnen Kammern und damit eine gegenseitige Einwirkung
der Flüssigkeitsschleier ist daher nicht möglich, so daß man Flüssigkeiten hierbei
nicht rektifizieren kann. Es ist auch bekanntgeworden, Öle mit biologischen Wirkstoffen
unter Vakuum zu verdampfen und einer Kurzwegdestillation zu unterwerfen. Die Wärme
wird hierbei durch Heizdampf zugeführt.
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Nachteilig ist bei diesem Verfahren die Unmöglichkeit einer Rektifikation
sowie unter anderem die Vermischung des Produktes mit dem Heizdampf.
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Zur Durchführung eines anderen bekannten Verfahrens werden bei der
wiederholten Destillation von Flüssigkeitsgemischen rotierende beheizte bzw. gekühlte
runde Schalen verwendet. Die Wärmeübertragung an gekühlte Flächen ist hierbei für
empfindliche Stoffe von Nachteil, ebenso der hohe Energieaufwand für die wiederholte
Erwärmung und Abkühlung.
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Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, die erwähnten Nachteile
auszuschalten. Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Rektifikation
oder Destillation von Flüssigkeitsgemischen bei einem Druck von höchstens 10-2 Torr
wird das Flüssigkeitsgemisch unter erhöhten Druck gebracht, in einem unter Vakuum
stehenden Raum in Form eines Flüssigkeitsschleiers versprüht, mit dem sich durch
diesen Raum hindurchbewegenden Dampf zum Stoffaustausch gebracht, als Tröpfchen
an der Wand des Raumes niedergeschlagen, als Flüssigkeit wieder gesammelt und einer
Einrichtung zur Druckerhöhung zugeführt, wobei Mittel zur Zu-und Abfuhr von Wärme
und von Flüssigkeit sowie zur Abfuhr von Dampf angeordnet sind.
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Die Erfindung besteht darin, daß das Flüssigkeitsgemisch in mehreren
aufeinanderfolgenden, als Stufen bezeichneten Räumen den genannten Verfahrensschritten
wiederholt unterworfen wird und daß der Abstand der Flüssigkeitsschleier zwischen
den einzelnen Stufen mindestens in der Größenordnung der freien Weglänge der Moleküle
bei dem gewählten Destillationsdruck liegt.
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Die Vorrichtung zur Rektifikation oder Destillation von Flüssigkeitsgemischen
besteht aus einem unter Vakuum stehenden Druckbehälter mit Einrichtungen zum Zuführen
und Abführen von Flüssigkeit und zum Abführen von Dampf, Düsen oder Düsenstöcken
zur Erzeugung der Flüssigkeitsschleier, Tassen am
Mantel des Druckbehälters,
Druckerhöhungspumpen, Leitungen zwischen den Pumpen und den Tassen bzw. den Düsen
sowie Vorrichtungen zur Zu- und Abfuhr von Wärme und ist dadurch gekennzeichnet,
daß jeweils eine Tasse (a), eine radial nach außen sprühende Düse oder ein Düsenstock
(c), eine Druckerhöhungspumpe (b) mit den zugehörigen Leitungen zu einer Stufe zusammengefaßt
und mehrere Stufen (1 bis 4) in dem Druckbehälter (11) übereinander angeordnet sind
und daß in der ersten (1) und letzten Stufe (4) in der Leitung zwischen Düse (c)
und Pumpe (b) Vorrichtungen (5, 6) zur Zufuhr oder Abfuhr von Wärme angebracht sind.
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Auf diese Weise wird es möglich, unter Anwendung von beliebig vielen
Stufen bei sehr geringem Druckverlust infolge der parallelen Anordnung der Flüssigkeitsschleier
in einem Raum zu rektifizieren, ohne in dem Raum beheizte bzw. gekühlte, die Wärme
übertragende Flächen zu benötigen.
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Der Vorgang des Verdampfens, Rektifizierens und Kondensierens wird
demnach zweckmäßig, und zwar insbesondere bei der Kurzwegdestillation, in dem Flüssigkeitsschleier
durchgeführt. Mehrere dieser Schleier werden in nebeneinander angeordneten Stufen
erzeugt. Hierbei soll der Abstand der aus einzelnen Tröpfchen bestehenden Schleier
der freien Weglänge der Moleküle entsprechen, der sich bei dem gewählten Druck einstellt.
Günstiger ist es noch, wenn die freie Weglänge etwas größer ist als der Abstand
der Flüssigkeitsschleier; letzterer soll etwa gleich oder kleiner als 10 cm sein.
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In der Apparatur sind im Hochvakuumteil keine beheizten, gekühlten
oder bewegten Teile angeordnet.
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Der erforderliche kleine Abstand zwischen den Flüssigkeitsschleiern
kann erhalten werden, wenn die Flüssigkeit z. B. durch Breitstahldüsen aufgegeben
wird und durch Umlenkbleche in die Ablauftasse so geführt wird, daß keine oder nur
eine vernachlässigbar kleine Anzahl von Tröpfchen zurückfallen.
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In der Abbildung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt.
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Ensprechend der Abbildung besteht das Gerät aus einem Druckbehälter
11, in dem ein Druck von höchstens 10-2 Torr aufrechterhalten wird. Das zu trennende
Flüssigkeitsgemisch M wird durch einen Zuführungsstutzen 12 zugeführt. Im Druckbehälter
11 sind vier Stufen 1 bis 4 angebracht. Jede Stufe besteht aus einer Tasse a, einer
Pumpe b, einer Vorrichtung zur Erzeugung des Flüssigkeitsschleiers c, einer Auffangsvorrichtung
d am Mantel des Behälters 11 sowie aus den Leitungen zur Verbindung der genannten
Teile.
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In der Stufe 1 fließt die Flüssigkeit, die sich in der Tasse la gesammelt
hat, zu einer Pumpe 1 b, wird hier unter erhöhten Druck gebracht und schließlich
einem Wärmeaustauscher 5 zugeführt. In ihm wird die Flüssigkeit auf eine Temperatur
erhitzt, die über der Siedetemperatur liegt, die zu dem Druck über der Tasse la
im Gleichgewichtszustand gehört. Infolge des höheren Druckes kommt die Flüssigkeit
noch nicht zum Sieden. Sie wird einer geeigneten Vorrichtung, z. B. einer Düse 1
c, zugeführt und hier zu einem Flüssigkeitsschleier le versprüht. Die versprühten
Teilchen gelangen nach dem Flug durch den Innenraum zu einer Auffangvorrichtung
ld und von hier gesammelt in die Tasse la.
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Vorteilhaft wird als Wärmetauscher ein Plattenapparat verwendet,
da hier bei kurzen Verweilzeiten
hohe Wärmeübergangszahlen und damit kleine Übertemperaturen
an der Wand erzielt werden können. Auf dem Weg zwischen der Düse 1 c und der Auffangvorrichtung
1d verdampft ein Teil der überhitzt gewesenen Flüssigkeit und kühlt sich auf Siedetemperatur
ab.
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Die Flüssigkeit durchläuft die Stufe 1 mehrmals.
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Entsprechend der zulässigen Überhitzung der Flüssigkeit in Wärmetauscher
5 sowie der technischen Werte des Düsensystems 1 c ist die Flüssigkeitsmenge zu
bestimmen, welche durch die Pumpe 1 b umzupumpen ist.
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Über der Stufe 1 sind in gleicher Anordnung die Stufen 2 und 3 vorgesehen,
welche jeweils aus einem Düsensystem, beispielsweise einer Flachdüse (2 c, 3 c),
einer Auffangvorrichtung (2d, 3 d), einer Tasse (2a, 3a) und einer Pumpe (2b, 3b)
bestehen und einen Flüssigkeitsschleier (2e, 3e) erzeugen.
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Die von der Stufe 1 aufsteigenden Dämpfe werden in Flüssigkeitsschleier
2e der Stufe 2, die von der Stufe 2 aufsteigenden Dämpfe im Schleier 3 e der Stufe
3 teilweise kondensiert. Die im Schleier 3 e der Stufe 3 aufsteigenden Dämpfe werden
im Schleier 4 e der Stufe 4 kondensiert. Die Kondensationswärme wird im Kühler 6
abgeführt. Die anfallende Kondensatmenge wird teilweise als Destillat E mit dem
Stutzen 13 abgezogen oder als Rücklauf 3 R der Stufe 3 zugeführt. Der Überschuß
der Stufe 3 gelangt als Rücklauf 2R in die Stufe 2, der bei diesem Beispiel außerdem
der Zulauf M zugeführt wird. Der Überschuß der Stufe 2 gelangt als Rücklauf 1 R
in die Stufe 1 und wird dort teilweise verdampft. Der Rest verläßt als Sumpfablauf
A die Apparatur. Restdämpfe oder Gase werden oben bei G abgezogen.
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Die gesamte Vorrichtung zur Flüssigkeitstrennung besteht demnach
aus einer Verdampfungsstufe 1, zwei Rektifikationsstufen 2 und 3 und aus einer Kondensationsstufe
4.
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Zahl und Anordnung der Stufen können je nach dem Verwendungszweck
gewählt werden.
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Man kann die Stufen senkrecht übereinander ausführen mit waagerechtem
Flüssigkeitsschleier. Sie können aber auch nebeneinander mit senkrechtem Flüssigkeitsschleier
oder mit einem schräg liegenden Schleier in jeder Zwischenlage angeordnet werden.
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Eine Anordnung in konzentrischen Ringen ist ebenfalls möglich.