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Verfahren zur Herstellung von Ferriten für Speicher-,und Schaltzwecke
Die Erfindung hat eine Verbesserung von Ferriten zum Ziel, die für die Speicherung
oder Durchschaltung von digitalen Informationen Verwendung finden. Von solchen Werkstoffen
verlangt man bekanntlich eine möglichst rechteckförmige Magnetisierungsschleife
mit verhältnismäßig kleiner Koerzitivkraft und einem möglichst raschen Ablauf des
Ummagnetisierungsprozesses. In neuerer Zeit beurteilt man die Qualität eines Ferrits
für Speicher- oder Schaltzwecke unmittelbar nach seinem für die Verwendung wichtigen
dynamischen Eigenschaften, da sich gezeigt hat, daß auch Ferrite mit gleicher oder
sehr ähnlicher statischer Magnetisierungsschleife ein stark verschiedenes Verhalten
gegenüber kurzzeitigen Feldimpulsen zeigen können.
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Bekanntlich benutzt man beim digitalen Speicher den einen der beiden
Remanenzzustände eines Ferritkerns zur Markierung der binären »Eins«, den anderen
für die der »Null«. Das Einschreiben und Auslesen der Eins erfolgt durch Ummagnetisierung
des Ferritkerns von der Remanenz zur entgegengesetzten Sättigung mit Hilfe eines
Feldimpulses der Größen H (bei festgelegter Anstiegszeit und Länge). Die dabei induzierte
Lesespannung V1 (t) zeigt das Vorhandensein einer Eins an und wird daher
schlechthin auch als Eins bezeichnet (im Falle eines Schalters dient V1 zur Durchgabe
einer Eins). Der von der Remanenz zur Sättigun derselben Polarität zurückführende
Feldimpuls induziert die wesentlich kleinere Lesespannung Vz (t). Sie zeigt
die binäre Null an und wird daher selbst auch als Null bezeichnet. Bei einem idealen
Werkstoff tritt sie überhaupt nicht auf. Lesespannungen, die von _partiellen, abmagnetisierenden-
Feldimpulsen Hd < H induziert werden, werden als Störspannungen Vd bezeichnet.
Sie spielen bei der Speicherung oder Schaltung im Koinzidenzverfahren eine wichtige,
schädliche Rolle.
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Sämtliche genannten Lesespannungen hängen von der Größe des. angewandten
Feldimpulses X ab, und diese hat bezüglich des Auflösungsvermögens, d. h. bezüglich
des Verhältnisses VllVz (bzw. VllVd), ein Optimum. Die Lesespannungen hängen ferner
von der Größe und der Anzahl der störenden Feldimpulse Hd ab. Bei Koinzidenzbetrieb
(Zweifachkoinzidenz) ist Ha = H/2; unter ungünstigen Betriebsbedingungen
kann der Störimpuls jedoch diesen Wert überschreiten. In diesen Fällen führt der
Störimpuls bereits in das irreversible Knie der Entmagnetisierungskurve hinein,
wobei die remanente Induktion absinkt und als Folge davon die »ungestörte« Eins
uVl auf den »gestörten« Wert dVl abnimmt und die »ungestörte« Null uVz auf den »gestörten«-Wert
dVZ ansteigt. Ferner kann im praktischen Gebrauch ein Speicher- oder Schaltkern
vor seiner Ummagnetisierung sehr oft in der geschilderten Weise gestört werden.
Hierbei summiert sich die Wirkung mehrerer aufeinanderfolgender Störungen in asymptotischer
Weise auf. Je nach Werkstoff und Größe der Störung wird im allgemeinen nach einer
gewissen Anzahl von Störungen ein Endzustand erreicht.
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Eine weitere wichtige dynamische Kenngröße eines Speicher- oder Schaltkerns
ist seine »Schaltzeit« z. Hierunter wird die Zeitdauer der Lesespannung V1
(t)
verstanden, wenn diese durch einen Feldimpuls genügend großer »Dachlänge«
tn und genügend kleiner Anstiegszeit tA induziert wird (tn > i
> > tA). Genauer wird -c definiert durch die Zeitdifferenz zwischen den Zeitpunkten,
in denen die -Lesespannung beim Anstieg und beim Abfall 100/0 ihres Spitzenwertes
durchläuft. Je kleiner -c ist, desto rascher kann ein Speicher eingeschrieben und
ausgelesen werden bzw. ein Schaltkern eine Information weiterleiten. Von Wichtigkeit
ist neben a jedoch auch der sonstige zeitliche Ablauf der Spannungen V1, YZ und
Va. Im Interesse der praktischen Auslesbarkeit der Information ist es wünschenswert,
daß die Signale Vx und Va bereits weitgehend abgeklungen sind, wenn V1
(t) zur Zeit tp das Maximum erreicht; es ist daher auch günstig, wenn das
Maximum von V1 (t) innerhalb der Schaltzeit -c nicht zu zeitig durchlaufen
wird. Die Fig. 1 und 2 zeigen schematisch den zeitlichen Ablauf der besprochenen
Feldimpulse und Lesespannungen.
Üblicherweise betreibt man Speicher-
und Schaltelemente mit Feldimpulsen, deren Dach länger ist als die oben definierte
»natürliche« Schaltzeit z des betreffenden Kerns. Dies hat seinen Grund darin, daß
bei Impuls-Dachlängen, die etwa-gleich z oder kleiner sind, der Kern nicht mehr
voll umklappt, und daß daher das Signal dV, kleiner wird und zugleich die Signale
dV, und Va in ihrem irreversiblen Teil größer werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren hat eine wesentliche Verbesserung des
dynamischen Verhaltens von Speicher- und Schaltkernen auf der -Basis der zur Zeit
hauptsächlich verwendeten Mangan-Magnesium-Ferrite zum Ziel. Es ist dadurch gekennzeichnet,
daß dem Grundferrit an sich bekannter Zusammensetzung ein Zusatz von 0,1 bis 1,0
Gewichtsprozent Vanadiumpentoxyd oder ein entsprechender Zusatz eines anderswertigen
Vanadiumoxyds oder einer bei höherer Temperatur in Vanadiumoxyd übergehenden anderen
Vanadiumverbindung hinzugefügt wird. Besonders günstige Verhältnisse werden durch
Zusätze zwischen 0;1 und 0,5 Gewichtsprozent Vanadiumpentoxyd erzielt.
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Vanadium als Zusatz zu Ferriten ist bereits früher bekanntgeworden
(deutsche Patentanmeldungen G 9717 VIb/80b und G 12950 VIb/80b). Es handelt sich
in diesen Fällen jedoch nicht um Zusätze zu Mangan-Magnesium-Ferriten, sondern um
Zusätze zu Nickel-Zink-Ferriten. Ferner dienen die Zusätze dem andern Ziel, diejenigen
magnetischen Eigenschaften zu verbessern, die für Übertrager- und Filterspulen von
Bedeutung sind. In einem Fall (G 12 950) wird zwar erwähnt, daß die angeführten
Ferrite zum Teil neben den angestrebten Eigenschaften eine erhöhte Remanenz - bezogen
auf .die Sättigungsinduktion -aufwiesen, die für Schrittschaltwerke von Interesse
sein kann. Jedoch ist aus der betreffenden Veröffentlichung nicht ersichtlich, ob
dieser Effekt auf den Vanadiumgehalt zurückzuführen ist oder auf die dort besonders
betrachteten Variationen des Eisengehalts Außerdem wäre die in diesem Fall erzielte
Rechteckförmigkeit der Magnetisierungsschleife bei weitem nicht für die betrachteten
Anwendungen ausreichend.
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Vanadium wurde ferner schon als Zusatz zu einem speziellen Nickel-Mangan-Ferrit
vorgeschlagen (deutsche Auslegeschrift 1079 139). Hierbei handelt es sich
jedoch um einen anderen Grundferrit und um die Herstellung reflexionsfreier Körper
für elektromagnetische Wellenleiter, also um ein völlig anderes Erfindungsziel.
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Ferner ist unter vielen anderen Sesquioxyden auch der Zusatz des Sesquioxydes
von Vanadium zu Mn - Mg - Ferriten schon vorgeschlagen worden, und zwar in Mengen
bis zu 8 Molprozent.
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Dagegen werden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren .höchstens 1 Gewichtsprozent
zugesetzt, da größere Mengen bereits zu einer Verschlechterung der magnetischen
Eigenschaften der Ferrite führen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren bewirkt vor allem eine Stabilisierung
des Speicherinhaltes bzw. der Signalspannung dV, gegenüber einem störenden, abmagnetisierenden
Feld Hd, verbunden mit einer entsprechenden Verkleinerung der unerwünschten Signalspannungen
dVz und Vd in ihrem spät ablaufenden, irreversiblen Teil. Dies bedeutet eine entsprechend
bessere Aufrechterhaltung des Auflösungsvermögens des Speicher- oder Schaltelements
bei verschlechterten Betriebsbedingungen, d. h. einer relativ starken, ungewollten
Verschiedenheit der beiden koinzidierenden Schalt-Teilströme. Das erfindungsgemäße
Verfahren bewirkt ferner eine Verkleinerung der Schaltzeit Darüber hinaus hat sich
gezeigt, daß die eingeschriebene Information selbst dann noch verhältnismäßig stabil
gegen Störimpulse ist, wenn die Dauer des schaltenden Feldimpulses von der Größe
der Schaltzeit z oder noch kürzer ist. Dies erklärt sich daraus, daß das erfindungsgemäß
hergestellte Ferrit selbst bei einer infolge Zeitmangels unvollständigen magnetischen
Umklappung ein noch verhältnismäßig scharfes Entmagnetisierungsknie hat. Das Verfahren
bringt schließlich auch noch wesentliche Vorteile für die Technologie des Sinterprozesses:
Die erforderliche Sintertemperatur kann wesentlich herabgesetzt werden. Dies ist
nicht nur ganz allgemein erwünscht, sondern gestattet auch den Übergang auf drahtgewickelte
Ofentypen, die wirtschaftlicher und gasdichter sind als solche mit Halbleiter-Heizel.ementen.
Außerdem zeigen die erfindungsgemäßen Ferrite eine wesentlich geringere Abhängigkeit
ihrer Eigenschaften von der Sintertemperatur, so daß der Sinterprozeß entsprechend
viel weniger kritisch wird als der des Grundferrits.
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Das folgende Beispiel zeigt die günstige Wirkung des erfindungsgemäßen
Verfahrens.
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Ein Grundferrit mit 45,0 Molprozent Fe203, 17,9 Molprozent MnO und
37,1 Molprozent Mg0 wird in der üblichen Weise aufbereitet: Nach einer ersten Naßmahlung
der gemischten Ausgangsstoffe (Magnesium-Ferrit,Mangan-Karbonat und Eisenoxyd) in
einer Kugelmühle und nach. einer Vorreaktion des getrockneten Gemisches bei 940°C
an Luft folgt ein zweiter Mahlprozeß, wonach das Pulver mit etwa 1 Gewichtsprozent
eines organischen Bindemittels versetzt und dann granuliert wird. Die hieraus mit
einem Druck von etwa 2 t/cm2 gepreßten Kerne werden schließlich 2 Stunden bei 1400°C
an Luft gesintert und anschließend in einer Stickstoffatmosphäre mit etwa 0,01 Volumprozent
Sauerstoff abgekühlt.
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Die Herstellung des hiermit zu vergleichenden erfindungsgemäßen Ferritkerns
unterscheidet sich in diesem Beispiel dadurch, daß dem Grundferrit vor der zweiten
Mahlung ein Zusatz von 0,25 Gewichtsprozent V206 zugeführt und dann sehr gründlich
mit eingemahlen wird. Die optimale Sinterungstemperatur liegt dann um 70°C niedriger;
also bei 1330°C.
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Die Meßkurven der Fig. 3 und 4 gestatten einen Qualitätsvergleich
zwischen dem Grundferrit üblicher Zusammensetzung und Herstellungsweise (gestrichelte
Kurven) und dem erfindungsgemäß abgewandelten Ferrit (ausgezogene Kurven). Die Messungen
sind an Löchern von 0,6 mm Durchmesser in Ferritplatten von 0,8 mm Dicke durchgeführt,
die von je einem Magnetisierungs- und einem Lesedraht durchfädelt sind. Es sei bemerkt,
daß die Signalspannungen im Fall von etwa vergleichbaren dünnwandigen Ringkernen
aus physikalischen Gründen ein etwas günstigeres Auflösungsvermögen und einen etwas
schnelleren Ablauf zeigen würden, daß jedoch die Unterschiede zwischen den beiden
verglichenen Ferritsorten in ähnlichem Maße in Erscheinung treten würden.
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Fig. 3 zeigt die Lesespannungen uVl, dV, (tp) und dVz (tp) der beiden
Ferrite in Abhängigkeit von der Amplitude I des Schaltstromes. Dieser hat eine Anstiegszeit
von 0,2 #ts und. eine Dachlänge von 6 lxs. Der Störstrom Ia beträgt 60 °/o des Schaltstromes,
verursacht also eine verhältnismäßig starke Störung. dV, ist nach sechsmaliger,
dV, nach dreimaliger Störung gemessen und zwar im Zeitpunkt tp, in dem die ungestörte
Eins uVl ihr Maximum durchläuft. Diese auch in der Praxis näherungsweise angewendete
Art
des Auslesens ergibt ein optimales Auflösungsvermögen dVl/dVZ für die Unterscheidung
zwischen Eins und Null. Die gestörte Eins dVi zeigt beim Erreichen eines gewissen
Stromwertes (Imax) das bekannte Abfallen von der fast geradlinigen Kurve der ungestörten
Eins uVl, wobei gleichzeitig die gestörte Null dV z(tp) stark anzusteigen beginnt.
Die Überschreitung von I.", führt also zu einem raschen Abfall des Auflösungsvermögens,
das bei dieser Stromstärke seinen größten nutzbaren Wert durchläuft.
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Der Vergleich der Meßkurven von Fig.3 zeigt deutlich, daß das erfindungsgemäße
Ferrit eine etwa doppelt so große maximale Auflösung ermöglicht wie das Grundferrit
(nämlich 80/1,5 gegen 38/1,5), wobei der erforderliche Schaltstrom nur mäßig gesteigert
werden muß (nämlich von 240 auf 340 mA). Auch die größere Schärfe, mit der die Kurve
der gestörten Eins von der der ungestörten abbiegt zeigt deutlich, daß das erfindungsgemäße
Ferrit eine wesentlich schärfere dynamische Rechteckschleife aufweist als das Grundferrit.
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Darüber hinaus ist der Fortschritt gegenüber den zuerst bekanntgewordenen
Ferriten mit rechteckförmiger Hysteresisschleife. wie sie in der Zeitschrift »Electronics«
vom April 1953, S. 149, beschrieben worden sind beachtlich, da zu der damaligen
Zeit nur ein Auflösungsvermögen von etwa l0:1 erreicht worden ist.
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Fig. 4 zeigt die Schaltzeit z und die Spitzenzeit tp der beiden Ferrite
in Abhängigkeit vom Schaltstrom I. Man erkennt, daß durch das erfindungsgemäße Verfahren
die kleinste nutzbare Schaltzeit des Grundferrits von 2,55 #Ls auf 1,45 g herabgesetzt
wird. Gleichzeitig bleibt die Spitzenzeit tp, zu der die Eins ihr Maximum durchläuft
und die Auslesung erfolgt, fast unverändert. Dieses Verhalten ist für das Auflösungsvermögen
günstig, da die relativ größeren reversiblen Anfangsspannungen der unerwünschten
Lesesignale dVz (t) und Vd (t) vor der Auslesung schon weitgehend
abgeklungen sind. Wird der erfindungsgemäße Ferrit des Beispiels mit Stromimpulsen
einer Dachlänge tD = 1,2 #ts geschaltet, also mit tD <i, so zeigt sich
noch keine merkliche Verringerung des Auflösungsvermögens. Die praktisch nutzbare
Schaltzeit ist also noch kleiner als die natürliche Schaltzeitz des Ferrits.
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Da die optimale Sinterungstemperatur des erfindungsgemäßen Ferrits
um 70°C unterhalb derjenigen des Grundferrits liegt, kann die Sinterung noch in
einem drahtgewickelten Ofen erfolgen. Die Höhe der Sintertemperatur ist außerdem
sehr unkritisch im Vergleich zu der des Grundferrits.
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In dem oben besprochenen Beispiel wurde der Vanadiumoxydzusatz dem
Grundferrit während des Aufbereitungsprozesses zugegeben. Es hat sich aber gezeigt,
daß dieser Zusatz auch auf andere Weise erfolgen kann. So kann man das Vanadiumoxyd
dem Grundferrit beispielsweise erst nach seiner Formgebung vor dem Sintern durch
Imprägnieren dQs Kerns mit einer Ammonium-Vanadat-Lösung angepaßter Konzentration
hinzufügen. Man kann den Vanadiumzusatz aber auch durch Aufdampfen oder Eindiffusion
einer Vanadiumverbindung während der Sinterung in den Ferritkern einbringen.