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Verfahren und Vorrichtung zur kontinuierlichen Herstellung von Melamin
Die Erfindung betrifft ein verbessertes kontinuierliches Verfahren zur Herstellung
von Melamin, und zwar durch Erhitzung von Harnstoff und/oder einem der durch thermische
Zersetzung von Harnstoff anfallenden Produkte, wie z. B. Biuret.
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Bekanntlich läßt sich in guter Ausbeute Melamin aus Harnstoff oder
einem der durch thermische Zersetzung dieses Harnstoffs anfallenden Produkte gewinnen,
indem man diese Stoffe in Anwesenheit eines festen Katalysators mit großer innerer
Oberfläche und vorzugsweise in Anwesenheit von TH3 zu einer Temperatur von 220 bis
400° C erhitzt (siehe die USA.-Patentschrift 2 760 961). Dieses bekannte Verfahren
wurde vorzugsweise derart ausgeführt, daß der Harnstoff unten in ein in eine Wirbelschicht
versetztes Katalysatorbett eintrat, welche Wirbelschicht von einem NH3-Strom aufrechterhalten
wurde.
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Diese Ausführungsform ist in bezug auf den Reaktionsmechanismus nicht
ideal. Es stellte sich nämlich heraus, daß die Bruttoreaktion der Melaminsynthese
sich aus zwei Teilreaktionen
2C0(NH2)2--->-H2NCN+2NH3+C02 (b) |
und
3 H2 N C N- ->- C3 N6 H6 (c) |
zusammensetzt. Jetzt zeigt sich, daß erstere Teilreaktion (b) stark endotherm ist
und wesentlich schneller verläuft als die schwach exotherme zweite Teilreaktion
(c). Bekanntlich wird mit Rücksicht auf die bei einer Katalysatorwirbelschicht anfallende
große Wärmeübergangszahl eine derartige Katalysatorwirbelschicht für eine stark
endotherme, auf einem hohen Temperaturniveau verlaufende Reaktion als besonders
geeignet betrachtet. Es ist deswegen grundsätzlich richtig, erstere Teilreaktion
(b) in einer Katalysatorwirbelschicht verlaufefi zu lassen. Außerdem ist diese Katalvsatorwirbelschicht
durch die erforderliche schnelle Mischung des als Feststoff oder als Schmelze zuzuführenden
Harnstoffs mit dem Katalysatorbett sehr geeignet, da bei der weit trägeren Mischung,
wie es bei einer Katalysatorruheschicht der Fall ist, die Möglichkeit vorliegt,
daß der Harnstoff sich nicht nach der Reaktion (b), sondern nach der Reaktion
zersetzt, wobei sich Klumpen Cyanursäure auf dem Katalysator bilden, welche den
Durchgang durch das Bett verstopfen.
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Jetzt ergab sich, daß in einer Katalysatorwirbelschicht bei einer
verhältnismäßig hohen Belastung Teilreaktion (b) nahezu vollständig, Teilreaktion
(c) jedoch nur zu einem kleinen Teil verlief. Um nun Reaktion (c) vollständig ablaufen
zu lassen und dadurch eine größere Melaminausbeute zu erhalten, müßte man entweder
die Belastung der Wirbelschicht herabsetzen oder einen größeren Wirbelschichtreaktor
anwenden. Für die Reaktion (c) jedoch sind die bekannten Vorteile einer Wirbelschicht
bedeutungslos, denn die Reaktion (c) weist einen geringfügigen Heizeffekt auf; eine
gute konstante Temperatur ist in diesem Falle nur von wenig Bedeutung und auch eine
gute Mischung der Reaktanten mit dem Katalysator stellt kein Problem dar, weil bei
Reaktion (c) die Reaktionsteilnehmer gasförmig sind. In Anbetracht dieser Erwägungen
ist für den Verlauf der Reaktion (c) deshalb eine Katalysatorruheschioht vorzuziehen.
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Gemäß der Erfindung wird deswegen bei der kontinuierlichen Herstellung
von Melamin auf Basis von Harnstoff oder einem durch thermische Zersetzung von Harnstoff
gebildeten Produkt das Ausgangsmaterial einem von einem NH.- Strom in Wirbelschicht
gehaltenen Katalysatorbett zugesetzt, worauf die anfallenden Dämpfe zusammen mit
dem NH3 durch ein ruhendes Katalysatorbett geführt werden.
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In einfachen Worten ausgedrückt, besteht die Verbesserung mithin darin,
daß das als eine einzige Wirbelschicht ausgebildete Katalysatorbett, mit dessen
Hilfe das bekannte Verfahren ausgeführt wird, bei
dem neuen Verfahren
in eine Katalysatorwirbelsch'icht und eine Katalysatorruheschicht aufgeteilt wird.
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Das neue Verfahren weist im Vergleich zu dem bekannten Verfahren folgende
Vorteile auf: 1.. Durch die Kombination- einer Katalysatorwirbelschieht und einer
Katalysatorruheschicht statt einer einzigen Wirbelschicht aus Katalysatorteilchen
kann die im ersteren Falle gemeinte Wirbelschicht weit kleiner sein als bei einer
einzigen Wirbelschicht. .Die Wirbelschicht braucht bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
nur 5 bis 10% der insgesamt erforderlichen Katalysatormenge zu enthalten. Dadurch
wird auch das Problem von Korrosion und Erosion auf eine wesentlich kleinere und
demzufolge weniger kostbare Vorrichtung eingeschränkt.
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2. Durch die kleinere Wirbelschicht wird die Abnutzung des Katalysators
herabgesetzt. Es bildet sich weniger Katalysatorstaub, und es braucht periodisch
eine geringere Katalysatormenge erfrischt zu werden.
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3. Infolge der geringeren Größe der Katalysatorwirbelschicht in Kombination
mit einer Katalysatorruheschicht ist züm richtigen Aufwirbeln des Katalysators bei
übrigens gleicher Harnstoffbelastung weniger NH3 erforderlich. Es hat sich herausgestellt,
daß bereits gute Umsetzungen zu Melamin vorliegen bei einem von 1,5 bis 5 gegen
ein NH3: Harnstoff-Ver'hältnis von z. B. 9 aus dem bekannten Verfahren. Die Menge
NH3 wird hierbei in Kubikmeter je Stunde und die Menge Harnstoff in Kilogramm je
Stunde ausgedrückt.
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4. In Anbetracht der geringeren Kosten der kleineren Katalysatorwirbelschicht
können jetzt mit Vorteil mehrere solcher Katalysatorschichten an eine einzige Katalysatorruheschicht
angeschlossen werden. Bei Betriebsstörungen im empfindlichsten Teil der Apparatur,
namentlich dort, wo das Ausgangsmaterial aufgegeben wird, braucht jetzt nicht die
ganze Apparatur stillgelegt zu werden, sondern kann die Aufgabe der ausgeschalteten
Katalysatorwirbelschicht vorübergehend von den reicht gestörten Katalysatorwirbelschichten
übernommen werden.
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5. Durch Anwendung einer Katalysatorwirbelschicht in Kombination mit
einer Katalysatorruheschicht kann ein Teil des Katalysators, der sich nämlich in
der Ruheschicht "befindet, einen wesentlich größeren Korndurchmesser aufweisen,
als normal in einer Katalysatorwirbelschicht gewünscht ist. Es hat sich gezeigt,
daß bei einem Korndurchmesser des Katalysators in der Ruheschicht, der mehrere Male
und sogar bis um zehnmal größer ist als ein in einer Wirbelschicht übliche Korndurchmesser,
der Wirkungsgrad nicht beeinträchtigt wird.
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Durch den größeren KörndurChmesser verringert sich der Gaswiderstand
im Bett, so daß sich hieraus in energetischer Hinsicht Vorteile ergeben.
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Die Erfindung umfaßt außer dem Verfahren auch eine Vorrichtung, mit
deren Hilfe das Verfahren praktisch verwertet werden kann.
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In der Figur ist schematisch im Längsschnitt eine erfindungsgemäße
Vorrichtung dargestellt.
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Die Vorrichtung besteht aus einem Wirbelschichtreaktor 1, der durch
eine Leitung 2 mit einem Röhrenreaktor 3 verbunden ist. Die Reaktoren sind aus einem
korrosionsfesten Material hergestellt. Sowohl Aluminium wie austenitischer, molybdänhaltiger
Chromnickelstahl vom Typus V 4 a haben sich als sehr brauchbar erwiesen. Der Wirbelschichtreaktor
besteht aus einem Rost 4 mit darauf befindlichem Katalysatorbett 5, einem. Staubfangzyklon
6, einer Zuleitung 7 zur Aufgabe des Ausgangsmaterials an der oberen Seite der Katälysatorwirbelschicht
und einer Zuleitung 8 zum Eintritt des zum Aufwirbeln der Katalysatorschicht vorgesehenen
Gases. In Röhrenreaktor 3 ist ein mit Katalysator gefülltes Röhrenbündel 9 untergebracht.
Durch den Raum zwischen den Röhren kann auf Wunsch ein Kühl- oder Heizmittel geführt
werden. Das Röhrenbündel ist an der unteren und oberen Seite in Rohrplatten 10 und
11 montiert. Über der Rohrplatte 11 ist die Abzugsleitung 12 der durch den Reaktor
fließenden Gase vorgesehen.
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In der Wirbelschicht 5 befinden sich rohr- oder stabförmige Heizkörper
13, durch die ein Heizmittel fließen kann. Die Körper könnenhohl ausgebildet sein,
z. B. zur Durchleitung von Dampf, sie können aber auch massiv konstruiert sein und
als Heizstäbe dienen, die nach Durchgang eines elektrischen Stromes auf hohe Temperatur
gebracht werden. Mit Rücksicht auf die Abnutzungsgefahr durch Korrosion und Erosion
werden diese Stäbe vorzugsweise aus einem harten leitenden Material, wie z. B. Si
C oder Mo Sie, hergestellt.
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Bei einer im Betrieb befindlichen Vorrichtung wird mithin der Katalysator
in Reaktor 1 durch Zuführung von NH3 in einer Wirbelbewegung gehalten. Durch die
Leitung 7 geht fester oder flüssiger Harnstoff zu. Die aus dem Harnstoff gebildeten
Zersetzungsprodukte gehen zusammen mit dem NH3 durch den Zyklon 6, wodurch Katalysatorstaub
abgefangen und der Wirbelschicht wieder zugeführt wird, worauf die staubfreien Gase
oben aus dem Zyklon in das Röhrenbündel 9 eintreten, wo eine weitere Umsetzung erfolgt.
Ein Gemisch aus N H3 und Melamindampf geht durch die Leitung 12 ab, worauf das Melamin
in bekannter Weise aus dem NHs ausgeschieden wird.
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Beispiel 1 Mit Hilfe der oben beschriebenen Vorrichtung und unter
Verwendung von Silikagel als Katalysator, dessen Korndurchmesser in der Wirbelschicht
0,25 bis 0,50 mm und in dem Röhrenbündel 4 mm betrug, während die Temperatur der
Wirbelschicht auf 350° C und die Temperatur der Ruheschicht auf 330° C gehalten
wurde, wurden durch die Leitung 7 stündlich 55 kg Harnstoff und durch die Leitung
8 stündlich 250 m3 N H3 zugeführt.
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Das NH3: Harnstoff-Verhältnis betrug mithin 4,5. Die Analyse des durch
die Leitung 8 ausgetragenen Gasgemisches ergab, daß sich der zugeführte Harnstoff
mit einem Wirkungsgrad von 90% in bezug auf die theoretisch mögliche Menge umgesetzt
hatte. Beispiel 2 Unter übrigens gleichen Umständen, wie im Beispiel 1 genannt,
aber jetzt mit einer stündlichen Durchsatzmenge von 100 kg geschmolzenem Harnstoff,
der oben auf die Wirbelschicht verspritzt wurde, und ferner einer stündlichen Durchsatzmenge
von 300m3 N H3 wurde Harnstoff mit einem Wirkungsgrad von 85% in Melamin umgesetzt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beschränkt sich nicht auf eine Ausführung
bei atmosphärischem Druck, worauf sich die genannten Beispiele beziehen, sondern
läßt -sich auch bei einer Umsetzung unter Druck anwenden.