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Schaltungsanordnung zur selektiven Abschaltung von Erdkurzschlüssen
auf Drehstrom-Doppelleitungen Elektrische Drehstromleitungen werden zum Zwecke der
Messung von Kurzschlußentfernungen in bekannter Weise mit Distanzrelais ausgerüstet,
die die Aufgabe haben, Kurzschlüsse selektiv aus dem Netzverband herauszuschalten,
gegebenenfalls unter Anwendung der automatischen Wiedereinschaltung. Das ist nur
möglich, wenn die Distanzrelais auf der unmittelbar zu schützenden Leitung eine
der Fehlerentfernung distanzproportionale Widerstandsmessung vornehmen können. Eine
solche Messung ist in Netzen mit starr geerdetem Sternpunkt bei Einfachleitungen,
bestehend aus drei Leitern eines Drehstromsystems, in jedem Störungsfall, dagegen
bei Erdkurzschlüssen auf einem System einer Doppelleitung, worunter die Anordnung
von zwei aus je drei Leitern bestehenden Drehstromsystemen auf einem Mast verstanden
wird, nur bei Kurzschlüssen ohne Erdberührung möglich, wenn den Widerstandsmeßgliedern
der erdkurzschlußbehafteten Leitung Strom- und Spannungswerte nur aus dieser Leitung
über Wandler zugeführt werden. Führt man den Widerstandsmeßgliedern der erdkurzschlußbehafteten
Leitung Strom- und Spannungswerte aus beiden parallel laufenden Leitungen zu, so
können die Widerstandsmeßglieder der erdkurzschlußbehafteten Leitung den Widerstand
des Leitungsabschnittes bis zur Kurzschlußstelle distanzproportional messen. Da
der Erdkurzschluß entweder auf der einen oder der anderen Leitung des Doppelleitungssystems
auftreten kann, ist jedem Widerstandsmeßglied ein Teil des Nullstromes oder dessen
proportionale Spannung vom Nachbarstromkreis über Wandler zuzuführen. Dies führt
jedoch dazu, daß die Widerstandsmeßglieder in der der erdkurzschlußbehafteten Leitung
parallel laufenden Leitung einen Widerstand ermitteln, der kleiner als der eingestellte
Widerstand der ersten Stufe des Distanzrelais sein kann. Die Folge ist die richtige
Abschaltung der gestörten Leitung, aber auch die Unterbrechung der Energieversorgung
über die der gestörten Leitung parallel laufenden Leitung. Selektivität ist nur
vorhanden, wenn lediglich der gestörte elektrische Anlageteil, in diesem Fall die
erdkurzschlußbehaftete Leitung, abgeschaltet wird. Somit verhalten sich die Widerstandsmeßglieder
der nicht erdkurzschlußbehafteten Leitung unselektiv, was einen schwerwiegenden
Nachteil dieser Schaltung bedeutet.
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Zur Erläuterung hierzu ist in Fig. 1 im Prinzip eine Schaltung der
Widerstandsmessung mittels Distanzrelais einer Drehstromdoppelleitung, bestehend
aus zwei parallelen Drehstromleitungen auf einem Gestänge, gegen Erdkurzschlüsse
dargestellt.
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An die Sekundärseite der Stromwandler R, S, T jeder Leitung sind über
die Anregeglieder y, s, t und o in bekannter Weise z. B. die Stromnebenwiderstände
Ri, ,Si, T, und 0, bzw. R2, S2, T2 und 0, angeschlossen, von denen die stromproportionalen
Spannungen für die Meßglieder Z, und ZZ abgenommen werden. In Bild 1 sind nur die
Abgriffe für den Fall eines Erdkurzschlusses Leiter R - Erde eingezeichnet. Die
aus der Leitung L1 gebildete Stromsumme TR,+a'To" worin
abgegriffener Teilwiderstand vom Sternpunkt bis x, bedeutet, tritt an den Klemmen
11/12 des linken Transformators Tyl als stromproportionale Spannung auf und wird
auf den Stromkreis des Widerstandsmeßgliedes Z, übertragen.
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Analog sind die Verhältnisse bei der Leitung 2 für das Widerstandsmeßglied
Z2 bezüglich der Ermittlung der stromproportionalen Spannung. Die dem Nullstrom
lo, am Widerstand 02 bzw. Jol am Widerstand 01 proportionalen Spannungen
ui bzw. u2 werden als Korrekturgrößen den Widerstandsmeßgliedern Z, bzw. Z, gegenseitig
über die Wicklung 13/14 des Transformators Trl zugeführt.
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An den Klemmen 15/16 des linken Transformaters 1, an dem das Widerstandsmeßglied
Z, angeschlossen ist, tritt eine stromproportionale Spannung Ui = ki JR@
-f- k2 J o, -I- ka j o.
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und an den Klemmen 15/16 des rechten Transformators 1,
an
dem das Widerstandsmeßglied. Z2 angeschlossen ist; eine stromproportionale Spannung
U2 = ki Txa -I- k2 To2 + k3 10 ,
auf, worin -
0, " der an 0, bzw. 02 ' -der an 02 abgegriffene Teilwiderstand vom
Sternpunkt bis x2 und ü, das Übersetzungsverhältnis der Wicklungen 11/12 zu 15/16
und ii, das Übersetzungsverhältnis der Wicklungen 13/14 zu 15/16 der Transformatoren
T71 bedeutet.
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Die zur Bildung des Widerstandes nötige Meßwechselspannung wird in
bekannter Weise z.B. aus einem Spannungswandler über einen Zwischentransformator
Tr2 dem Spannungsteil des Widerst ändsmeßgliedes zugeführt. Die beschriebene Eingangsschaltung
kann in beliebiger Weise als reine Wechselstromanordnung oder auch als über Gleichrichter
geführte Gleichstromanordnung ausgeführt sein.
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. In Bild 2 ist ein Drehstrom-Doppelleitungssystem zwischen den Stationen
A und B dargestellt. Auf der Drehstromleitung L 1 tritt beispielsweise an einer
beliebigen Stelle K ein Erdkurzschluß in der Entfernung 11 vom Standort des Relais
1 auf. In der gleichen Figur sind außerdem in einem Koordinatensystem auf der Abszisse
die Entfernung 1 und auf der Ordinate die von den Relais 1 und 2 gemessenen Widerstände
Z aufgetragen. Bei einseitiger Speisung von Station A her und einpoligem Erdkurzschluß
an der Stelle K auf der Leitung L 1 mit der Entfernung l,. mißt das Relais 1 entsprechend
der Kennlinie a einen Widerstand nach Gleichung 1:
worin LAB = Länge. der Leitung L 1 bzw. L 2,
h = Entferung des
Erdkurzschlusses vom Standort des Relais 1, ZL = Mitimpedanz der Leitung L 1 bzw.
L 2
ist.
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Bei dem gleichen Störungsort mißt das Relais 2 bei einseitiger Speisung
von Station A her entsprechend der Kennlinie b einen Widerstand (Bild 2) nach Gleichung
2
worin Zoo = Nullselbstimpedanz der Drehstromleitung L 1 bzw. L2, Zog = gegenseitige
Nullimpedanz der Drehstromleitungen L 1 zu L2, k4= 21 li Ar - 1i ist.
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Beim Erdkurzschluß an der Stelle K mißt gemäß Bild 2 das Relais 1
den distanzproportionalen Widerstandswert Z", das Relais 2 dagegen den Widerstandswert
Zb.
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Über dem Diagramm Z = f (1) in Bild 2 ist die Widerstandszeitkennlinie
t = f (Z) der ersten Stufe für das Distanzrelais 1 und Leitung L 1 oberhalb
der Abszisse Z dargestellt. Auf die gleiche Kennlinie ist das Relais 2 der Leitung
L2 eingestellt. Für die Relais 3 und 4 ist die Widerstandszeitkennlinie unterhalb
der Abszisse angegeben. Der eingestellte Widerstandswert des ersten Kippunktes beträgt
Z, Tritt an der Stelle K ein Erdkurzschluß auf, so erfolgt bei einseitiger Speisung
durch das der Station A vorgeordnete Netz in Station A durch die Relais
1 und 2 Auslösung in Schnellzeit, weil beide Relais einen Widerstandswert ermitteln,
der kleiner als der Widerstand Z, der ersten Kippstufe ist. Das Verhalten des Relais
2 ist unselektiv, da die selektiveAbschaltung des Erdkurzschlusses auf Leitung L
1 in Station A nur durch das Relais 1 und in Station B
durch das Relais
3 erfolgen dürfte und die Stromversorgung der Station B über Leitung
L2 sichergestellt sein müßte. Der Bereich, in dem sich das Relais 2 urselektiv
verhält, reicht von Station A bis zur Entfernung Lx (Bild 2). Es besteht
daher die Aufgabe, dieses urselektive Verhalten zu beseitigen.
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Gemäß der Erfindung wird die Schaltungsanordnung so getroffen, daß
mittels eines Vergleichsrelais El aus jeder Leitung ein Strom oder dessen proportionale
Spannung miteinander verglichen und bei Überschreitung eines einstellbaren Ansprechwertes
ein Kontakt ei betätigt wird, der einen Nullstrom oder dessen proportionale Spannung
aus der der erdkurzschlußbehafteten Leitung parallel laufenden Leitung L 2 dem Stromteil
des ersten Widerstandsmeßgliedes Z,. zugeführt, und daß ein zweites Vergleichsrelais
E2 mit einem Kontakt e2 zur Schaltung der gleichen elektrischen Größen vom Stromkreis
der erdkurzschlußbehafteten Leitung L 1 auf den Stromteil des zweiten Widerstandsmeßgliedes
Z2 vorgesehen ist, wobei dieses zweite Widerstandsmeßglied im Stromkreis der ungestörten
zur erdkurzschlußbehafteten Leitung L 1 parallel laufenden Leitung L2 liegt, und
daß der ebenfalls einstellbare Ansprechwert des zweiten Vergleichsrelais E2 jeweils
dem reziproken Ansprechwert des ersten Vergleichsrelais E, entspricht.
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Weiterhin schließt das Vergleichsrelais E, seinen Kontakt ei auch
dann, wenn der Erdkurzschluß auf der parallel laufenden Leitung L2 im Bereich zwischen
dem ersten Kippunkt des Distanzrelais 2 und der Gegenstation liegt. Der Ansprechwert
des Vergleichsrelais kann nach Bild 2 in den Bereich lAB - lx gelegt werden.
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Ein zweites Vergleichsrelais E2 arbeitet nach gleichem Prinzip für
das Distanzrelais 2 auf der Leitung L2, wobei sein Ansprechwert im reziproken Verhältnis
zum Ansprechwert des ersten Vergleichsrelais Ei steht.
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Die elektrischen Größen, die das Ansprechen der Vergleichsrelais Ei
und E2 bewirken, sind die Nullströme der beiden parallelen Leitungen bzw. Teile
oder Vielfache hiervon oder deren proportionale Spannungen ui' bzw. u2'.
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Durch die erfindungsgemäße Schaltungsanordnung wird erreicht, daß
die Distanzrelais in Fig.2 bei Erdkurzschlüssen auf der unmittelbar zu schützenden
Leitung L 1 an der Stelle K den Widerstand distanzproportional nach Gleichung 1
ermitteln. Das Distanzrelais 2 dagegen ermittelt den Widerstand bis zur Erdkurzschlußstelle
K bei Anwendung der erfindungsgemäßen Schaltung nicht mehr nach Gleichung 2, sondern
nach Gleichung 3
demnach ist Zb' im Auslösebereich des Distanzrelais 2 immer größer als Z, Die erfindungsgemäße
Schaltungsanordnung hat also bei Erdkurzschlüssen auf einer Leitung eines Drehstromdoppelleitungssystems
den Vorteil, daß die Distanzrelais der der erdkurzschlußbehafteten Leitung parallel
laufenden Leitung nicht mehr in Schnellzeit, sondern bei Fortbestehen einer Anregung
mit einer höheren Stufenzeit abschalten.
In Bild 3 ist ein Ausführungsbeispiel
der erfindungsgemäßen Schaltungsanordnung dargestellt. Hierin ist das zum Distanzrelais
1 gehörende Vergleichsrelais El mit der einen Wicklung an die nullstromproportionale
Spannung u2' am Widerstand 01 der Leitung L 1 angeschlossen. Die zweite Wicklung
liegt an der nullstromproportionalen Spannung ui des Widerstandes 02 der Leitung
L2. Das Vergleichsrelais El schließt seinen Kontakt e1, wenn
ist, worin Z, = Impedanz der eingestellten Schnellstufe, ZL = Mitimpedanz
der Leitung L 1 bzw. L 2
bedeutet.
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Die beiden Wicklungen des zum Distanzrelais 2 gehörenden Vergleichsrelais
E2 erhalten ebenfalls die nullstromproportionalen Spannungen u1' und u2 durch Anschluß
an die Widerstände 01 und 02 zugeführt.
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Das Vergleichsrelais E2 schließt seinen Kontakt e2, wenn
ist. Der Quotient
entspricht der Reichweite der Schnellstufe und ist in der Regel 0,8 ... 0,9.
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An Stelle des Vergleichs der stromproportionalen Spannungen u,' und
u2 mittels El und E2 können auch die Ströme Jot und j0, direkt eingeführt werden.
Ebenso kann unter Zwischenschaltung von Gleichrichtern mit Gleichstromrelais gearbeitet
werden.