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Verfahren zur Herstellung von 6 ß-Hydroxysteroiden Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zur Herstellung von neuen Steroidverbindungen durch biologische Hydroxylierung
der entsprechenden 6-Desoxyverbindungen. Die erfindungsgemäß herstellbaren Verbindungen
stellen therapeutisch wertvolle Mittel sowie nützliche Zwischenprodukte bei der
Synthese von physiologisch wirksamen Carticoiden, wie insbesondere 6ß-Hydroxy-1,4-pregnadienen
dar, die leicht in bekannte physiologisch wirksame hormonähnliche Substanzen übergeführt
werden können.
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Die erfindungsgemäß herstellbaren Verbindungen können durch die nachstehende
allgemeine Formel I
in der X = H2, O oder (H, O R), Y --_ H oder O R und R = H oder Acyl bedeutet und
die 1(2)-Stellung auch gesättigt sein kann, dargestellt werden.
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Geeignete Ausgangsstoffe für das erfindungsgemäße Verfahren sind beispielsweise
1,4-Pregnadien-17a,21-diol-3,11,20-trion, die entsprechenden 11ß-Hydroxy- oder 11
a-Hydroxyanalogen, das 11-Desoxyanaloge sowie deren 21-Ester. Weiter sind Steroide,
wie 1,4-Pregnadien-17a-ol-3,20-dion, und ihre Analogen mit Sauerstoff in 21-Stellung
als Ausgangssubstanz verwendbar.
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Die Einführung einer 6ß-ständigen Hydroxylgruppe in ein Steroidmolekül
ist in der Literatur beschrieben. Peterson und Mitarbeiter (J. Amer. Chem. Soc.,
75, S. 412 [1953]) haben das 6ß-Hydroxyderivat von Reichsteins Substanz S durch
fermentative Reaktion zwischen 4-Pregnen-17a,21-diol-3,20-dion und einem Mikroorganismus
der Art Rhizopus arrhizus isoliert. In einer früheren Arbeit (J. Amer. Chem. Soc.,
74, S. 5933 [1952]) zeigten Peterson und Mitarbeiter, daß die Reaktion zwischen
dem genannten Organismus und Progesteron zu einem Gemisch von Produkten führt, das
11 a-Hydroxyprogesteron mit einem kleinen Prozentgehalt an 6ß,11 a-Dihydroxyprogesteron
enthält. Über die Verwendung von Aspergillus nidulans zur Einführung der 6ß-Hydroxylgruppe
in Reichsteins Substanz S und 16a-Hydroxyprogesteron zugleich mit der Einführung
einer Hydroxylgruppe an anderen Stellen des Moleküls ist von Fried u. a. in Recent
Progress Hormone Research 11, S. 149 [1955] berichtet worden. Weiter ist bekannt
daß durch Einwirkung des Fungus Gliocladium catenulatum auf Progesteron eine geringe
Menge von 6ß-Hydroxyandrostendion gebildet wird. Andere Veröffentlichungen beschreiben
ebenfalls Verfahren zur Einführung einer 6ß-ständigen Hydroxylgruppe. Jedoch haben
alle bekannten Verfahren zur Einführung einer 6ß-ständigen Hydroxylgruppe den Nachteil,
daß ein Gemisch von Produkten erhalten wird oder, wenn ein einzelnes Produkt erhalten
wird, dieses in geringer Ausbeute gebildet wird. Derartige Gemische von Produkten
ähnlicher Polarität sind schwer zu trennen, und es sind dafür lange und lästige
Extraktionen und Verfahrensmaßnahmen zur Gewinnung der reinen Substanzen erforderlich.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Einführung einer 6ß-ständigen
Hydroxylgruppe in ein Steroidmolekül mit im wesentlichen quantitativer Ausbeute
ermöglicht. Insbesondere wurde gefunden, daß ein Mikroorganismus der Gattung Chaetomium
sich insofern einzigartig verhält, als nur eine Stellung des Steroidkerns angegriffen
wird. Es wurde gefunden, daß von der Gattung Chaetomium die Arten C. funicolum (QM
33 C), C. cochliodes, C. mollipilium und C. succineum in ihrer Wirksamkeit einander
etwa gleichwertig sind und in ihrer Gesamtheit gewissen anderen Arten der Gattung
Chaetomium überlegen sind. Durch Kultur und Inkubation einer der genannten Arten
von Chaetomium und durch Zusammenbringen des wachsenden Organismus mit dem Ausgangsmaterial
wird nach 24 bis 72 Stunden im wesentlichen eine 100°/oige Umwandlung
erreicht,
und das entsprechende 6ß-Hydroxyprodukt kann leicht isoliert werden. Insbesondere
wird 1,4-Pregnadien-6ß,11ß,17a,21-tetrol-3,20-dion erhalten, wenn man 1,4-Pregnadien-11ß,17a,21-triol-3,20-dion-21-acetat
mit einer Art von Chaetomium, wie C. funicolum (QM 33 C), oder einem daraus gewonnenen
enzymatischen Extrakt gemäß in der Literatur beschriebenen Verfahren bebrütet.
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Wenn das Ausgangsprodukt in 21-Stellung eine Estergruppe enthielt,
findet manchmal eine Verseifung statt. Jedoch kann die freie 21-Hydroxyverbindung
leicht von ihrem Ester auf Grund verschiedener Löslichkeit getrennt werden. Wenn
ein 21-Ester erwünscht ist, ist es zweckmäßig, die freie Hydroxylgruppe in 21-Stellung
wieder zu verestern.
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Obgleich dargelegt wurde, daß die bevorzugten Ausgangsverbindungen
1,4-Pregnadiene sind, ist das mikrobiologische Verfahren nach der Erfindung allgemein
auf eine große Mannigfaltigkeit von Steroiden anwendbar. Beispielsweise werden bei
Verwendung von Cortison, Hydrocortison, Reichsteins Substanz S, Progesteron usw.
6ß-Hydroxycortison, 6ß-Hydroxyhydrocortison, 1,4-Pregnadien-6ß,16a,21-triol-3,20-dion,
6ß-Hydroxyprogesteron usw. erhalten. Diese Produkte werden ebenfalls in im wesentlichen
quantitativer Ausbeute erhalten und können von dem Reaktionsgemisch leicht getrennt
werden.
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Die Verbindungen der ,nachstehenden allgemeinen Formel I
in der R und X die in Spalte 1 angegebene Bedeutung haben, sind nützlich als Zwischenprodukte
bei der Umwandlung in physiologisch aktive Corticoide, beispielsweise in 1,4,6-Pregnatriene,
die z. B. durch Umsetzung von 1,4-Pregnadien-6ß, 17a,21-triol-3,11,20-trion-21-acetat
mit einem Sulfonierungsmittel, wie p-Toluolsulfonylchlorid, und Behandlung des erhaltenen
6ß-p-Toluolsulfonates mit einer hochsiedenden Base, wie Diäthylanilin, in die therapeutisch
wirksame Substanz 1,4,6-Pregnatrien-17a,21-diol-3,11,20-trion-21-acetat übergeführt
werden können.
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Die Verbindungen der Formel I, die am Kohlenstoffatom 11 oder 21 keine
Sauerstoffunktion haben, können leicht nach den in der Literatur beschriebenen Verfahren
in die sauerstoffhaltigen Analogen übergeführt werden. Beispielsweise kann eine
Sauerstoffunktion am Kohlenstoffatom 11 durch einen Mikroorganismus der Gattung
Curvularia oder Rhizopus u. dgl. eingeführt werden, während die Sauerstoffunktion
am Kohlenstoffatom 21 mikrobiologisch durch eine Art von Ophiobolus herbotrichus
oder chemisch durch Halogenierung, Acyloxylierung und, wenn es erwünscht ist, Verseifung
eingeführt werden kann.
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Die erfindungsgemäß herstellbaren Verbindungen, insbesondere jene,
die eine Sauerstoffunktion an den Kohlenstoffatomen 11 und 21 besitzen, wirken als
Schleiminhibitoren und sind in der Corticoidtherapie bei der Behandlung gewisser
Entzündungskrankheiten allgemein anwendbar. Sie können oral in Form von Tabletten,
Kapseln u. dgl. oder parenteral in Lösungen oder Suspensionen in nicht giftigen
Trägern verabfolgt werden.
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Beispiel 1 1,4-Pregnadien-6ß,17 a,21-triol-3,11,20-trion In jeden
von zehn 300-cm3-Erlenmeyerkolben werden 100 cm3 eines Nährbodens der folgenden
Zusammensetzung gebracht:
Hefeextrakt (bekannt unter dem |
Handelsnamen »Difco<c) ....... 3 bis 10 g |
Kornkeimflüssigkeit . . . . . . . . . . . 1 g |
Dextrose ..................... 10 g |
Destilliertes oder Leitungs- |
wasser ................. auf 1 1 aufgefüllt |
Jeder Kolben wird mit Sporen einer Agarmediumkultur von Chaetomium funicolum (QM
33 C) oder mit einem 1- bis 101)/oigen, unter Flüssigkeit wachsenden Inoculum, das
24 bis 48 Stunden gewachsen ist, geimpft. Das Gemisch wird durch Schütteln der Kolben
auf einer rotierenden Schüttelmaschine mit etwa 250 Umdrehungen pro Minute 24 bis
48 Stunden bei 28° C bebrütet. In jeden Kolben (der jetzt ein reiches Wachstum zeigt)
werden unter aseptischen Bedingungen 50 mg 1,4-Pregnadien-17a,21-diol-3,11,20-trion
in 2 cm3 Äthanol gegeben. Das Fermentationsgemisch wird dann 24 bis 72 Stunden bei
28° C geschüttelt, wonach eine vollständige Umwandlung erreicht wird. Das Gemisch
wird gründlich mit Chloroform extrahiert, und die kleine Fraktion des Produktes,
die in dem Mycelium zurückbleibt, wird extrahiert, indem das Mycelium ein paar Minuten
mit Chloroform gekocht wird. Die Chloroformextrakte werden vereinigt und auf einen
Rückstand eingedampft, wobei etwa 5 mg Rohprodukt erhalten werden. Der Rückstand
wird mit Chloroform verrieben, wobei sich ein kristalliner Feststoff bildet, der
durch Umkristallisation aus Aceton gereinigt wird und 1,4-Pregnadien-6ß,17a,21-triol-3,11,20-trion
liefert; F. = 222 bis 224°C; @max
= 236 mit.; E = 12000.
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Beispiel 2 1,4-Pregnadien-6ß, l lß,17 a,21-tetrol-3,20-dion Man geht
im wesentlichen wie im Beispiel 1 vor und verwendet 1,4-Pregnadien-llß,17a,21-triol-3,20-dion
als Substrat. Man läßt eine Kultur von Chaetomium cochliodes (QM 624), wie im Beispiel
1 beschrieben wurde, in einem Medium der folgenden Zusammensetzung wachsen:
Enzymatisches Hydrophat von |
Lactalbumin (bekannt unter |
dem Handelsnamen »Edamin«) 29 g |
Kornkeimflüssigkeit . . . . . . . . . . . 3 g |
Technische Dextrose (bekannt |
unter dem Handelsnamen |
»Cerelose«) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 bis 50 g |
Wasser . . . . . . . . . . . . . . . .. . . auf 1 1 aufgefüllt |
Nach Beendigung der Fermentation wird das Gemisch mit Methylenchlorid extrahiert
und das Lösungsmittel verdampft. Der Rückstand wird mit etwas Methanol digeriert
und aus Methylenchlorid-Hexan umkristallisiert, wobei 1,4-Pregnadien-6ß,11 ß,17
a,21-tetrol-3,20-dion erhalten wird; Am", = 241 mp,; E = 13200.
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Beispiel 3 1,4-Pregnadien-6ß,17 a,21-triol-3,20-dion Gemäß dem Verfahren
von Beispiel 1 wird bei Verwendung von 1,4-Pregnadien-17a,21-diol-3,20-dion als
Substrat die Verbindung dieses Beispiels erhalten, die durch
Kristallisieren
aus Aceton gereinigt wird; Am", = 242 m#L; E = 13100.
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Beispiel 4 1,4-Pregnadien-6ß,17 a-diol-3,20-dion Wenn in dem im Beispiel
l beschriebenen Verfahren 1,4-Pregnadien-17a-ol-3,20-dion Gramm für Gramm eingesetzt
wird, wird 1,4-Pregnadien-6ß,l7a-diol-3,20-dion erhalten; Am"" = 242 m#t; E = 12900.
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Es kann auch Chaetomium succineum (QM 1044) als Kultur verwendet werden.
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Beispiel 5 1,4-Pregnadien-6ß,17a,21-triol-3,11,20-trion-21-acetat
Eine Lösung von 25 mg der Verbindung von Beispiel 1 in 2 cm3 wasserfreiem Pyridin
wird in 6 mg Essigsäureanhydrid in einer wasserfreien Atmosphäre gegossen. Das Gemisch
wird 30 Minuten gerührt und dann in verdünnte Schwefelsäure und Eis gegossen. Der
erhaltene Niederschlag wird abfiltriert, getrocknet und aus Methanol kristallisiert,
wobei das 21-Acetat dieses Beispiels erhalten wird; Amax = 236 m#t; E = 12800.
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Beispiel 6 1,4-Pregnadien-6ß,17 a,21-triol-3,11,20-trion-6ß,21-diacetat
Wenn die Essigsäureanhydridmenge bei dem in dem vorhergehenden Beispiel beschriebenen
Verfahren auf 100 mg erhöht wird, wird das Diacetat dieses Beispiels erhalten und
durch Kristallisieren aus Aceton-Hexan gereinigt; A"tax = 236 m#t; E = 12500.
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Beispiel 7 1,4-Pregnadien-6ß,11 ß,17a,21-tetrol-3,20-dion-21-acetat
Eine Lösung von 50 mg des Produktes von Beispiel 2 in 3 bis 4 cm3 wasserfreiem Pyridin
wird mit 11 bis 12 mg Essigsäureanhydrid behandelt und wie im Beispiel 5 verarbeitet.
Das so erhaltene 21-Acetat wird durch Kristallisieren aus Aceton gereinigt; Am",
= 240 mu ; E = 13100. Beispiel 8 1,4-Pregnadien-6ß,11ß,17 a,21-tetrol-3,20-dion-6ß,21-diacetat
Wenn bei dem in dem vorhergehenden Beispiel beschriebenen Verfahren die Essigsäureanhydridmenge
auf 100 mg erhöht wird, wird das Diacetat dieses Beispiels erhalten und durch Kristallisieren
aus Methylenchlorid-Hexan gereinigt; 2."x = 240 mg.; E = 13100.
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Beispiel 9 1,4-Pregnadien-6ß,17 a,21-triel-3,11,20-trion-6ß-benzoat-21-acetat
Zu einer Lösung von 100 mg des Produktes von Beispiel 5 in 2 cm3 wasserfreiem Pyridin
werden 100 mg Benzoylchlorid zugesetzt und das Gemisch 1 Stunde gerührt. Die Lösung
wird in wäBrige Schwefelsäure und Eis gegossen und der erhaltene Niederschlag abfiltriert,
mit Wasser gewaschen und getrocknet. Durch Kristallisation aus Methanol wird 1,4-Pregnadien-6ß,17a,21-triol-3,11,20-trion-6ß-benzoat-21-acetat
erhalten.
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Beispiel 10 1,4-Pregnadien-6ß,11ß,17 a,21-tetrol-3, 20-dion-6p-toluolsulfonat-21-acetat
Eine Lösung von 100 mg des Produkts von Beispiel 7 in 2 cm3 wasserfreiem Pyridin
wird mit 100 mg p-Toluolsulfonylchlorid behandelt. Das Gemisch wird wie im Beispiel
9 verarbeitet, und das Produkt dieses Beispiels wird durch Kristallisation aus Aceton-Hexan
erhalten. Beispiel 11 In analoger Weise wurden die folgenden Verbindungen hergestellt
PATENTANSPRÜCHE:
1. Verfahren zur Herstellung von 6ß-Hydroxysteroiden der
nachstehenden allgemeinen Formel I
worin X = O oder H, OH, Y = H oder O R und R4 = H oder Acyl bedeutet und in der
die 1(2)-Stellung auch gesättigt sein kann, bzw. von deren Acylaten durch Bebrütung
von entsprechenden 6-Desoxysteroiden der nachstehenden allgemeinen Formel II
in der X und Y die obige Bedeutung haben und in der die 1(2)-Stellung auch gesättigt
sein kann, mit der Kultur eines hydroxylierend wirkenden Mikroorga-