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Verfahren zum Polymerisieren von Fluorolefinen Die Polymerisation
des Trifluorchloräthylens in wäßriger Suspension mittels eines durch das Kation
eines Schwermetalls mit mindestens zwei Wertigkeiten aktivierten Redoxsystems ist
bekannt und in verschiedenen Patentschriften beschrieben. Die USA.-Patentschrift
2 689 241 und die am 12. Februar 1953 ausgelegten Unterlagen der deutschen Patentanmeldung
J 4314 IVb/39c beschreiben als Bestandteile des aktivierten Redoxsystems ein Peroxyd,
ein wasserlösliches Reduktionsmittel und ein ionisierbares Eisensalz, das ebenfalls
wasserlöslich ist.
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Zwar sind die nach diesen Druckschriften angeblich erzielbaren Ergebnisse
ausgezeichnet, jedoch zeigten Versuche in großen Autoklaven, daß es sehr schwer
ist, in 20 Stunden bei 1 () ° C mehr als 35°/o Ausbeute zu erreichen, so daß die
angegebenen Ergebnisse kaum reproduzierbar sind.
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Es wurde nun gefunden, daß man Fluorolefine der allgemeinen Formel
C2FnX4~n, worin n=2, 3 oder 4 und X Chlor, Jod oder Brom bedeutet, für sich oder
im Gemisch mit anderen halogenierten Olefinen in wäßriger Suspension in Anwesenheit
eines durch eine wasserlösliche Eisenverbindung aktivierten Redoxsystems vorteilhaft
polymerisieren kann, wenn man dem Reaktionsgemisch ein Alkalifluorid zusetzt und
unter Ausschluß von Sauerstoff bei 0 bis etwa 25° C polymerisiert. Die Reaktion
geht viel rascher vor sich als bei den bekannten Verfahren, und die Resultate sind
bei jedem beliebigen Autoklaveninhalt reproduzierbar, wobei es weder auf die Größe
der Autoklaven noch auf das Material, aus dem diese bestehen, ankommt. Das Verfahren
nach der Erfindung eignet sich besonders zur Herstellung von Polymerisaten des Trifluorathylens
von hohem Molekulargewicht oder dessen Mischpolymerisation mit halogenierten Olefinen.
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Der günstige Einfluß des Alkalifluorids geht aus der weiter unten
folgenden Tafel I hervor, welche die Ergebnisse einer Versuchsreihe zeigt. Hierbei
wurde systematisch die Fluoridkonzentration in der Lösung verändert, und es läßt
sich zeigen, daß die Polymerisationsgeschwindigkeit ein Maximum erreicht, wenn die
anwesenden Mengen an Fluor und Eisen so abgestimmt sind, daß 6 Atome Fluor auf l
Atom Eisen treffen. Es erscheint wahrscheinlich, daß die beschleunigende bzw. aktivierende
Wirkung durch das komplexe Ferrifluoridion (Fe Fi hervorgerufen wird.
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Eine andere, in der Tafel II zusammengefaßte Versuchsreihe zeigt,
daß die Polymerisationsgeschwindigkeit unter anderem von der Konzentration des Ferrifluoridions
in der wäßrigen Lösung abhängt. Sie erreicht ein Maximum zwischen 100 und 300 Gewichtsteilen
Komplexion (FeFg)---je Million Gewichts-
teile Wasser. Außerhalb dieser Grenzen fällt
die Geschwindigkeit rasch ah. Die Ferrifluoridkonzentration wirkt sich außerdem
auf das Molekulargewicht des Polymeren aus, das in dem untersuchten Konzentrationsintervall
gleichzeitig mit dem Gehalt der Lösung an Ferrifluorid ansteigt.
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Der Ferrifluoridkomplex bildet sich durch einfache Addition der beiden
Bestandteile in der wäßrigen Lösung. Das Eisen wird in Form eines löslichen Ferro-oder
Ferrisalzes (Sulfat, Nitrat, Chlorid usw.), das Fluor in Form des Natrium-, Kalium-,
Ammonium-usw. Fluorids eingeführt. Die Mengen der einzelnen Reaktionsmittel werden
vorzugsweise so eingestellt, daB das Molverhältnis von Fluor zu Eisen ungefähr bei
6 und die Gesamtkonzentration innerhalb der oben bezeichneten Grenzwerte liegt.
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Außer der günstigen Wirkung auf die Reaktionsgeschwindigkeit weist
der Ersatz des Eisenions als Reaktionsbeschleuniger durch das Ion des Ferrifluoridkomplexes
folgende bedeutende Vorteile auf :
Die Polymerisation kann in weniger
saurem Medium durchgeführt werden. Der pH-Wert kann ohne Nachteil oberhalb 3 liegen
; z. B. kann man ihn durch Zufügen geeigneter Puffer zwischen 3 und 5 halten, ohne
daß die Reaktionsgeschwindigkeit beeinträchtigt oder das Molekulargewicht merkbar
herabgesetzt wird. Diese Tatsache läßt für die Wahl des Autoklavenmaterials einen
größeren Spielraum.
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Außerdem ergibt das nach Entfernen der Lösung und Trocknen erhaltene
Polymere bei der Verformung einen beinahe ungefärbten, transparenten Kunststoff,
was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, daß das Eisen sich in der wäßrigen
Lösung im komplexen Zustand befindet Endlich ermöglicht die durch die Anwesenheit
von Fluor gesteigerte Reaktionsgeschwindigkeit die Durchführung von Polymerisationen
in annehmbarer Zeit, auch dann, wenn die Konzentrationen der als Katalysatoren verwendeten
organischen oder anorganischen Peroxyde sehr gering sind.-Obwohl die Herabsetzung
der Katalysatormenge natürlich eine Verzögerung mit sich bringt, bleibt doch die
Reaktionsdauer innerhalb der üblichen Grenzen, und das Molekulargewicht des Polymeren
ist beträchtlich erhöht, wie aus den Zahlenwerten der Tafel III hervorgeht.
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Die für das Redoxsystem verwendeten Peroxyde können anorganischer
oder organischer Natur sein, z. B. tert.-Butylperbenzoat, tert.-Butyldiperphthalat,
Dichlorbenzoylperoxyd, lösliche Persulfate, Perphosphate, Perborate, Wasserstoffperoxyd.
Die geeigneten Zusatzmengen liegen bei organischen Peroxyden, wie tert.-Butylperbenzoat,
zwischen 0, 05 und 0, 2 Gewichtsprozent des Monomerengewichtes. Für ein anorganisches
Peroxyd, wie Kaliumpersulfat, liegen sie zwischen 0, 03 und 0, 1 Gewichtsprozerit,
bezogen auf Wasser.
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Das wasserlöslicheReduktionsmittel, das einen Teil des Systems ausmacht,
kann. anorganisch sein, z. B.
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Schwefligsäureanhydrid, Sulfit, Bisculfit, Hydrosulfit, Thiosulfat
oder ein alkalisches Sulfoxylat, oder es kann eine organische Verbindung, wie Fructose,
Dexfrose ; Glucose sein. Die Konzentration an Reduktions~ mittein kann beispielsweise
für Metabisuint zwischen 0, 01 und 0, 1 Gewichtsprozent liegen. Höhere Konzentrationen
sind schädlich, denn sie setzen die Reaktionsgeschwindigkeit betrachtlich herab
(s. Tafel IV).
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Die Polymerisaiton in Gegenwart des von dem Alkaliferrifluorid aktivierten
Redoxsytems wird zwischen 0 und 25° C durchg@führt. 25° c dürfen nicht wesentlich
überschritten werden, sonst zersetzt sich der Katalysator ziemlich rasch, und man
erhält Polymere von niedrigem Molekulargewicht und niedrigem Erweichungspunkt.
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Sauerstoff muB aus der Vorrichtung und den Reaktionsmitteln vollkommen
entfernt werden, denn seine Anwesenheit verlangsamt die Reaktion oder bringt sie
sogar völlig zum Stocken. Diese Wirkung macht sich schon bei Konzentrationen in
der Größenordnung von 1/10000 geltend.
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Das Gewichtsverhältnis zwischen Wasser und Polymerisat kann innerhalb
ziemlich weiter Grenzen schwanken ; man hält es im allgemeinen zwischen 1 : 1 und
5 : 1, wobei man gleichzeitig einen erhöhten Anteil an Polymerisat und ein dem Umfang
der Anlage entsprechendes gutes Ausbringungsverhältnis erhält.
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Die Dauer der Reaktion hängt von zahlreichen Faktoren ab, worunter
die Temperatur und'die Katalysatorkonzentration die wichtigsten sind, und liegt
im allgemeinen zwischen 5 und 25 Stunden.
Die Tafeln geben die Resultate der obenerwähnten
systematischen Versuche wieder.
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Tafel I
In 12 Stunden |
Versuch Molverhältnis umgesetzter plI der wäßrigen |
Nr. F : Fe Anteil Lösung |
% |
1 0 1 2, 55 |
2 1, 65 14, 5 2, 60 |
3 3, 31 30 2, 70 |
4 4, 96 68, 5 3, 00 |
5 6, 62 82 3, 50 |
6 9, 93 54, 5 3, 65 |
7 13, 24 29 3, 80 |
8 6, 62 79, 5 4, 40 |
Gewichtsverhältnis Wasser zu Monomerem=3 : 1 ; Kaliumpersulfat=0,002 Mol je kg Wasser
; Natriummetabisulfit=0, 0074 Mol je kg Wasser ; FeSo4 # 7H2O=300 Teile je Million
Teile Wasser; Polymerisationstemperatur=20° C.
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Beim Versuch Nr. 8 wurde etwas Soda zugefügt, um den pH-Wert zu erhöhen.
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Tafel II
Eisen. In 12 Stunden Maß |
Versuch in Teilen umgesetzter |
gewicht: |
Nr. je Million Teile Anteil |
Z. S. T. |
Wasser |
% in Sekunden |
9 30 45 225 |
10 45 82 325 |
11 60 82 375 |
12 75 81 480 |
13 90 49 550 |
14 120 35 730 |
Gewichtsverhältnis Wasser zu Monomerem=3 : 1 ; Kaliumpersulfat=0, 002 Mol je kg
Wasser ; natiummetabisulfit=0, 0074 Mol je kg Wasser ; Molverhätnis F : Fe=6, 62
; Polymerisaitonstemperatur=20° C.
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Tafel III
Maß |
In 10 stunden |
für Molekular- |
Versuch umgesetzter |
K2S2O8 in Ol- gewicht: |
Nr. Anteil |
Z. S. T. |
% in Sekunden |
15 0, 0011 32 640 |
16 0,0014 44 500 |
17. 0, 0017 55 420- |
18 0,0020 68 375 |
19 0,0028 82 295 |
Gewichtsverhältnis Wasser zu Monomerem=3 : 1 ; Natriummetabisulfit0, 0074 MM ; Kristallisiertes
Ferrbsulfat=300'Teile je Million Teile Wasser ;'* 'Molverhältnis F : Pe=6, 62 ;
Reaktionstemperatur=20° C.
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Tafel IV
Maß |
In 12 Stunden |
Millimol für Molekular- |
Versuch umgesetzter |
Na HSO3 gewicht: |
Nr. Anteil |
auf 1 Mol Wasser Z. S. T. |
°/o in Sekunden |
21 2, 9 57 330 |
22 5, 1 80 350 |
23 7, 4 82 375 |
24 9, 6 64 380 |
25 11, 8 32 390 |
Gewichtsverhältnis Wasser zu Monomerem=3 : 1 ; Kaliumpersulfat=0, 002 Mol ; Kristallisiertes
Ferrosulfat=300 Teile je Million Teile Wasser ; Molverhältnis F : Fe=6, 62 ; Reaktionstemperatur=20°
C.
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Die Molekulargewichte der Polymeren wurden bestimmt nach der Methode,
der » Z. S. T. (Zero Strength Time) «, die von K a u f m a n in » Modern Plastics
«, Oktober 1954, S. 146, beschrieben wurde. Die Methode besteht darin, daß man die
Zeit feststellt, die verfließt, bis ein Probestüok von bestimmter Form aus Polymerem
bricht, wenn es in einem Ofen bei konstanter Temperatur von 250° C dem Zug eines
Gewichtes von 7, 5 g ausgesetzt ist.
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Das Probestück wird geschnitten aus einer bei 250° C ausgeformten
Polytrifluorchloräthylanefolie, und seine Dimensionen sind : Lange..........................
50 mm Breite.......................... 4, 8 mm Dicke.......................... 1,
6 mm
In seiner Mitte wird ein Einschnitt angebracht, dessen Quersohnitt beim Bruchpunkt
1, 6-1, 2 mm beträgt. Kau f man tS nachgewiesen, daß der Logarithmus der Zeit bis
zum Bruch proportional dem mittleren Molekulargewicht ist.
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Beispiel 1 In einem völlig entlüfteten Autoklav aus rostfreiem Stahl
von 200 l Inhalt bringt man durch kräftiges Rühren 40 g Trifluorchloräthylen in
1201 durch Kochen entlüftetes Wasser ein, das 40g kristallisiertes Ferrosulfat,
40 g Natriumfluorid, 64 g Kaliumpersulfat und 92g Natriummetabisulfit enthält. Die
wäßrige Suspension, deren pH 3, 80 ist, wird unter Rühren 20 Stunden auf 15° C gehalten.
Man erhält 36 kg verformbares farbloses Polymerisat ; Z. S. T.
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= 420 Sekunden.
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Beispiel 2 In einem verglasten Autoklav, Typ Pfaudler, von 200 l
Inhalt bringt man in Abwesenheit von Sauerstoff durch kräftiges Rühren 40 kg Trifluorchloräthylen
in 1201 abgekochtes Wasser ein, das 50 g kristallisiertes Ferrosulfat, 50. g Natriumnuorid,
50g Kaliumpersulfat und 80gNatriummetabisuint enthält. Die wäßrige Suspension mit
einem pu von 4, 30 wird 20 Stunden bei 18° C gerührt. Man erhält 35 kg Polymerisat
; Z. S. T. =560 Sekunden.
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Beispiel 3 In einem Autoklav aus nichtrostendem Stahl von 10001 Inhalt
bringt man durch kräftiges Rühren 300 kg Trifluorchloräthylen in 600 1 entlüftetes
Wasser ein, das 120 g wasserfreies Ferrichlorid, 200 g Natriumfluorid, 320 g Kaliumpersulfat
und 460 g Natriummetabisuintenthält.Diewäßrige Suspension mit einem PER von 3, 90
wird 25, Stunden unter ausschließlichem Druck des Monomeren und in Abwesenheit von
Sauerstoff bei 12° C gerührt. Man erhält 233 kg Polymerisat ; Z. S. T. = 500 Sekunden.
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Beispiel 4 In einem Autoklav aus nichtrostendem Stahl von 200 l Inhalt
bringt man in Abwesenheit von Sauerstoff und unter Stickstofidruck 40 g Trifluorchloräthylen
und 40gtert.-Butylperbenzoatunterkräftigem Rühren in 1201 abgekochtes Wasser ein,
das 30 g kristallisiertes Ferrosulfat, 30g Natriumnuorid und 70 g Kaliummetabisulfit
enthält. Die wäßrige Suspension mit einem PH-Wert von 4, 50 wird unter Rühren 20
Stunden auf 25° C gehalten. Man erhält 34 kg Polymerisat ; Z. S. T. = 450 Sekunden.
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Beispiel 5 Im Autoklav nach Beispiel 4 bringt man in Abwesenheit
von Sauerstoff und ausschließlich unter dem Druck der Monomeren 36 kg CF2 CFCl und
4 kg CF2 CHCl durch kräftiges Rühren in eine wäßrige Lösung von 120 l Wasser, 40
g kristallisiertem Ferrosulfat, 40 g Natriumfluorid, 64 g Kaliumpersulfat und 92
g Natriummetabisulfit ein. Die wäßrige Suspension mit einem p-Wert von 3, 80 wird
20 Stunden bei 15° C gerührt. Man erhält 36 kg Polymerisat ; Z. S. T.
-
= 160 Sekunden.
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PA, TENTANSPROCHE : 1. Verfahren zur Polymerisation von Fluorolefinen
der allgemeinen Formel C2 Fn X4 n worin n=2, 3 oder 4 und X Chlor, Jod oder Brom
bedeutet, oder zur Mischpolymerisation dieser Fluorolefine mit anderen halogenierten
Olefinen in wäßriger Suspension in Anwesenheit eines durch eine wasserlösliche Eisenverbindung
aktivierten Redoxsystems als Polymerisationskatalysator bei Temperaturen von 0 bis
etwa 25° C, dadurch gekennzeichnet, daß man dem Reaktionsgemisch ein Alkalifluorid
zusetzt und unter Ausschluß von Sauerstoff polymerisiert.