-
Verfahren zur Durchführung katalytischer Reaktionen zwischen organischen
Flüssigkeiten oder Lösungen organischer Verbindungen und Gasen Neben der katalytischen
Gasphasen- und der Flüssigkeitsphasenreaktion findet als dritte Verfahrensart technischer
Katalysatoren die Reaktion zwischen Flüssigkeiten und Gasen Anwendung. Hierbei wird
meist unter Druck eine Flüssigkeit mit einem Gas über einem festen Katalysator umgesetzt.
-
Es sind verschiedene Verfahren zur Durchführung solcher katalytischer
Reaktionen in gemischter Gas-und Flüssigkeitsphase während des kontinuierlichen
Durchflusses durch das Reaktionsgefäß bekannt, die jeweils bestimmte Vor- und Nachteile
haben.
-
So sind aus der deutschen Patentschrift 882 402 bereits Reaktionen
in gemischter Gas- und Flüssigkeitsphase an festangeordneten Katalysatoren bekannt,
bei denen der flüssige Reaktionspartner vom Gas durchströmt wird und mit diesem
in Reaktion tritt. Ferner ist es aus der deutschen Patentschrift 817 596 bekannt,
an fest angeordneten Katalysatoren in flüssiger Phase eine Hydrierungsreaktion durchzuführen,
bei der die Zwischenräume zwischen den Katalysatorkörnern weitestgehend von der
Flüssigkeit eingenommen werden.
-
Rieselt die Flüssigkeit in dünner Schicht über die fest angeordnete
Katalysatoraufschüttung, die ihrerseits von dem Reaktionsgas durchströmt wird, so
wird der Stoff- und Wärmeaustausch durch die große Oberfläche außerordentlich erleichtert
und dank der großen Katalysatormenge, bezogen auf den Flüssigkeitsdurchsatz, eine
hohe Geschwindigkeit des chemischen Umsatzes erzielt. Der Nachteil liegt aber darin,
daß Teile der kontinuierlich durchströmenden Flüssigkeit oder Lösung infolge Bachbildung
oder Randgängigkeit der Hauptmenge des Durchsatzes vorauseilen und infolge zu geringer
Verweilzeit im Reaktionsgefäß nicht restlos umgesetzt werden bzw. zur vollständigen
Umsetzung ungewöhnlich hohe Reaktionsgefäße erfordern. Kann, wie beispielsweise
bei der katalytischen Glukosehydrierung, das Reaktionsprodukt nicht von dem Ausgangsmaterial
abgetrennt werden, so bedeutet der unvollständige Umsatz einen außerordentlichen
Nachteil, selbst wenn der nicht umgesetzte Anteil des Ausgangsmaterials verhältnismäßig
sehr gering ist. Aber auch sonst stellt die Abtrennung des nicht umgesetzten Anteils
des Ausgangsmaterials eine wesentliche Erschwerung des Herstellungsverfahrens dar.
-
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß beim sogenannten katalytischen
Rieselverfahren sich die Verweilzeitverteilung trotz feiner Körnung und sorgfältiger
Schüttung des Katalysators nicht wesentlich gleichmäßiger gestalten ließ, wodurch
ursächlich auch die sehr niedrige Raumzeitausbeute dieses Verfahrens bedingt ist.
-
Erfüllt die Flüssigkeit oder Lösung die fest an-
geordnete Katalysatoraufschüttung
sehr weitgehend, besonders wenn sie diese von unten nach oben durchströmt so ist
die Verweilzeit der einzelnen Teile der kontinuierlich durchströmenden Flüssigkeit
oder Lösung zwar wesentlich gleichmäßiger, doch wird ein vollständiger Umsatz nun
dadurch vereitelt, daß die Menge des die Flüssigkeit oder die Lösung durchperlenden
Reaktionsgases, gemessen an dem für die stöchiometrische Umsetzung erforderlichen
Bedarf, zu gering ist.
-
Es wird daher angenommen, daß z. B. bei Hydrierungen nach dieser
Verfahrensweise der Wasserstoff nicht in ausreichender Menge gelöst worden ist,
weil entweder seine spezifische Auflösungsgeschwindigkeit oder sein Transport zur
Katalysatoroberfläche durch Konvektion bzw. Diffusion zu gering waren oder aber
weil die Gesamtoberfläche der Gasblasen zu klein war.
-
Wenn schließlich die Flüssigkeit oder die Lösung, mit feinverteiltem
Katalysator vermischt, das Reaktionsgefäß als zusammenhängende flüssige Phase durchströmt
und das Reaktionsgas in feiner Verteilung hindurchgeblasen wird, so werden infolge
der unvermeidbaren Rückvermischung des Flüssigkeitsstroms mit dem Flüssigkeitsinhalt
einzelne Teile der durchströmenden Flüssigkeit ebenfalls sehr viel früher als die
Hauptmenge wieder aus dem Reaktionsgefäß ausgetragen, was wiederum eine unvollständige
Umsetzung mit sich bringt.
-
Es wurde nun gefunden, daß man bei der Durchführung katalytischer
Reaktionen zwischen organischen Flüssigkeiten oder Lösungen organischer Verbindungen
und Gasen durch Inberührungbringen der vom gasförmigen Reaktionsteilnehmer durchströmten
Flüssigkeit oder Lösung mit einem Katalysator so verfahren kann, daß man das noch
nicht umgesetzte Ausgangsverbindungen enthaltende flüssige Produkt dieser Hauptreaktion
zur Vervollständigung der Umsetzung unter gleichzeitigem Durchperlen des gasförmigen
Reaktionsteilnehmers eine in einem zweiten Reaktionsgefäß fest angeordnete Katalysatornufschüttung
unter den gleichen Temperatur- und Druckbedingungen wie bei der Hauptreaktion durchströmen
läßt.
-
Der Vorteil dieser Arbeitsweise liegt einmal darin, daß ein vollständiger
Umsatz der Ausgangsverbindüngen erzielt wird und die Verunreinigungen des Reaktionsgemisches
durch nicht umgesetzte Ausgangsverbindungen und somit die äußerst schwierige Abtrennung
der nicht umgesetzten Ausgangsverbindungen durch Destillation, Extraktion, Kristallisation
und andere bekannte Maßnahmen entfällt. Weiterhin ist bei der erfindungsgemäßen
Ausführung der Reaktion der erforderliche Reaktionsraum beachtlich geringer, was
insbesondere bei Hochdruckreaktionen bezüglich der Kosten für die Vorrichtung stark
ins Gewicht fällt. Arbeitet man z. B. nach dem reinen Rieselverfahren bei der katalytischen
Hydrierung von Glukose mit Wasserstoff zu Sorbit, so benötigt man für einen Umsatz
von 99,94 ovo rund 300 ovo Reaktionsraum mehr als bei dem erfindungsgemäßen Verfahren.
-
Der während des Herabrieselns der Flüssigkeit in dünner Schicht oder
während des Durchflusses als zusammenhängende Phase durchzuführende Hauptteil der
Umsetzung läßt sich im ersteren Falle durch einen genügend großen Gasstrom oder
Einblasen von kaltem Reaktionsgas und im zweiten Fall durch Einbau von Kühlelementen
zur Wärmeabführung und Temperaturhaltung gut beherrschen.
-
Die nachfolgenden Beispiele zeigen die durch die vorliegende Erfindung
erzielbare Bereicherung der Technik.
-
Beispiel 1 In einer bekannten, für das Rieselverfahren geeigneten,
1,7 1 fassenden Hochdruckhydrierungsvorrichtung werden stündlich kontinuierlich
600 ccm einer 200/oigen wäßrigen Glukoselösung bei einem konstanten Wasserstoffdruck
von 325 Atmosphären und einer konstanten Temperatur von 1100 C in Gegenwart eines
Katalysators der Zusammensetzung 150/o Kupfer - 100/o Nickel - 750/o Kieselgel hydriert.
Hierbei rieselt die Glukoselösung in dünner Schicht über die im Reaktionsraum fest
angeordnete Katalysatoraufschüttung, wobei gleichzeitig der komprimierte Wasserstoff
im Gleichstrom das Reaktionsgut durchströmt. Das im Reaktionsgefäß in konstanter
Menge jeweils vorhandene reagierende Flüssigkeitsvolumen beträgt 574 ccm. Durch
die feste Anordnung des stückigen Katalysators entfällt bei dieser Durchführung
auch die Filtration der Reaktionsflüssigkeit, die sonst zur Wiedergewinnung des
Katalysators erforderlich ist.
-
In diesem Hauptteil des Verfahrens beträgt der mittlere Umsatz an
Glukose zu Sorbit 84,4°/o der Theorie.
-
In einem nachgeschalteten Hydriergefäß, dessen Reaktionsraum 35°/o
des ersteren ausmacht, wird die noch 15,60/0 Glukose enthaltende wäßrige Sorbitlösung
bei einem Wasserstoffdruck von 315 atü, einer
Temperatur von 1100 C und einem stündlichen
Flüssigkeitsdurchsatz von 600 ccm zu glukosefreier Sorbitlösung hydriert. Hierbei
durchströmt die Sorbit-Glukose-Lösung kontinuierlich die ebenfalls im Reaktons raum
fest angeordnete Katalys atoraufs chüttung, deren Zwischenräume durch diese Flüssigkeit
weitgehend ausgefüllt werden, unter gleichzeitigem Durchperlen des komprimierten
Wasserstoffes im Gleichstrom von unten nach oben. In diesem zweiten Teil des Verfahrens
kommen - dem Reaktionsraum des Hydiergefäßes entsprechendauf 490 ccm reagierende
Flüssigkeitsmenge 300 g Katalysator. Im Ablauf aus dem zweiten Hydriergefäß sind
99,9401o der Glukose zu Sorbit umgesetzt.
-
Wollte man den gleichen Umsetzungsgrad nach dem Rieselverfahren allein
erreichen, so wären vier Ofen von 1,7 1 Inhalt erforderlich.
-
Beispiel 2 Wie im Beispiel 1 werden stündlich kontinuierlich 600
ccm einer wäßrigen Glukoselösung bei einem konstanten Wasserstoffdruck von 325 Atmosphären
und konstanter Temperatur von 1100 C hydriert.
-
Hierbei fließt die 200/obige: Glukoselösung, die jedoch den Hydrier4ngskatalysator
von der Zusammensetzung 15o Kupfer - 100/o Nickel - 750/0 Kieselgel in feinverteiltem
Zustand enthält, mit ebenfalls gleichbleibender Geschwindigkeit durch den Reaktionsraum
von gleicher Größe wie im Beispiel 1, aber in zusammenhängendem, flüssigem Zustand,
wobei gleichfalls der komprimierte Wasserstoff gleichzeitig im Gleichstrom durch
das Reaktionsgut geleitet wird.
-
Durch Filtration wird die teilweise hydrierte Flüssigkeit vom Katalysator
getrennt. Der mittlere Umsatz an Glukose zu Sorbit beträgt ebenfalls über 800/o.
-
Der in der Sorbitlösung restlich verbliebene Glukoseanteil wird in
gleicher Weise, wie im Beispiel 1 ausgeführt, zu praktisch glukosefreier Sorbitlösung
hydriert.
-
Beispiel 3 Zur Herstellung von 1,4 Butindiol werden in einem 3 m
hohen Äthinylierungsgefäß im Rieselverfahren 800 ccm 15°/oiger wäßriger Formaldehydlösung
mit Acetylen unter einem konstanten Acetylendruck von 6 ata und einer konstanten
Temperatur von 1000 C in Gegenwart eines Katalysators von der Zusammensetzung 20°/o
Kupferacetylid und 8Q/o Si O2 kontinuierlich umgesetzt. Der mittlere Umsatz an Formaldehyd
zu Butindiol beträgt in diesem Hauptteil des Verfahrens 79,011)/o.
-
Die Umsetzung wird dadurch ausgeführt, daß man in das Rieselgefäß,
in dem sich ein auf Trägern niedergeschlagener Kupferacetylidkatalysator fest angeordnet
befindet, 15°/oige Formalinlösung über die Katalysatoraufschüttung in dünner Schicht
rieseln läßt, wobei das Acetylen im Gleichstrom bei 1000 C und unter dem genannten
Acetylendruck durch das Reaktionsgut strömt. Das entstandene Reaktionsprodukt wird
in einem nachgeschalteten Druckabscheider vom überschüssigen Acetylen getrennt,
das seinerseits wieder in den Kreislauf zurückgeht.
-
Um einen geforderten Gesamtumsatz von 99°/o Formaldehyd zu erreichen,
werden die im Reaktionsprodukt enthaltenen, nicht umgesetzten 210/0 Formaldehyd
in einem weiteren Reaktionsgefäß mit gleich großem Reaktionsraum und bei gleichem
kontinuierlichem Flüssigkeitsdurchsatz von 800 ccm je Stunde, 6 ata Acetylendruck
und 1000 C Temperatur umgesetzt.
Man erhält dann 1,4-Butindiol,
das praktisch frei von Formaldehyd ist.
-
Bei diesem letzten Teil des Verfahrens durchströmt die Butindiol-Formaldehyd-Lösung
die im Reaktionsraum ebenfalls fest angeordnete Katalysatoraufschüttung unter gleichzeitigem
Durchperlen des komprimierten Acetylens im Gegenstrom von oben nach unten, wobei
die Katalysatorzusammensetzung der des ersten Reaktionsgefäßes entspricht. Für diesen
Verfahrensteil ist es von Wichtigkeit, daß die Zwischenräume der Katalysatoraufschüttung
durch die zu hydrierende Flüssigkeit weitgehend ausgefüllt sind.
-
Wollte man den gleichen Umsetzungsgrad nach dem Rieselverfahren allein
erreichen, so wären drei Reaktionsgefäße der genannten Art, statt nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren zwei, erforderlich.
-
Beispiel 4 Wie im Beispiel 3 wird mit gleichem Durchsatz an 15°/oiger
wäßriger Formaldehydlösung, gleichem Acetylendruck, gleicher Temperatur und gleichem
Katalysator im ersten wie auch im zweiten Reaktionsgefäß die Umsetzung durchgeführt.
Nur im zweiten Teil des Verfahrens durchströmt die Butindiol-Formaldehyd-Lösung
die fest angeordnete Katalysatoraufschüttung unter gleichzeitigem Durchperlen des
komprimierten Acetylens im Gleichstrom von unten nach oben.
-
Bei dieser Ausführungsform erhält man mit praktisch gleicher Raum-Zeit-Ausbeute
99°/oiges 1,4-Butindiol.
-
Beispiel 5 In ein Hochdruckreaktionsgefäß von 18 m Höhe und 0,8 m
lichter Weite, das mit einem mit Nickel und Alkali aktivierten stückigen Eisenoxydkatalysator
angefüllt ist, werden stündlich 5,0 t Adipinsäuredinitril, das mit 5,0 t Hexamethylendiamin
vermischt ist, unter einem Wasserstoffpartialdruck von 200 atü und einem Ammoniakpartialdruck
von 50 atü bei einer Temperatur von 1100 C im Rieselverfahren zu 900/0 der Theorie
in Hexamethy]endiamin umgewandelt. Die Flüssigkeit durchläuft anschließend von unten
nach oben ein zweites Reaktionsgefäß von 10 m Höhe, 0,8 m lichter Weite unter Durchperlen
eines schwachen Stromes des obengenannten Reaktionsgases. Es wird dabei zu 99,70/0
umgewandelt, wäh-
rend für die gleiche Umwandlung im Rieselverfahren drei Reaktionstürme
wie der erste notwendig wären.
-
PATENTANSPROCHE: 1. Verfahren zur Durchführung katalytischer Reaktionen
zwischen organischen Flüssigkeiten oder Lösungen organischer Verbindungen und Gasen
durch Inberührungbringen der vom gasförmigen Reaktionsteilnehmer durchströmten Flüssigkeit
oder Lösung mit einem Katalysator unter an sich bekannten Temperatur- und Druckbedingungen,
dadurch gekennzeichnet, daß man das noch nicht umgesetzte Ausgangsverbindungen enthaltende,
flüssige Produkt dieser Hauptreaktion zur Vervollständigung der Umsetzung unter
gleichzeitigem Durchperlen des gasförmigen Reaktionsteilnehmers eine in einem zweiten
Reaktionsgefäß fest angeordnete Katalysatoraufschüttung unter den gleichen Temperatur-
und Druckbedingungen wie bei der Hauptreaktion durchströmen läßt.