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Phospholipase
A2 (PLA2) ist ein
für die
spezifische Abspaltung der in sn-2-Stellung positionierten Fettsäure in Glycerophospholipiden
verantwortliches Enzym /1/. Enzyme diesen Typs, welche vor allem
in tierischen Organismen vorkommen, werden zur Gewinnung von Lysophospholipiden
aus natürlichen
Phospholipiden eingesetzt. Lysophospholipide gelangen als Emulgatoren
in der pharmazeutischen, kosmetischen und Diätindustrie zum Einsatz.
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Auf
Grund der relativ geringen Größe der extracellulären Enzyme
(13 – 18
kDa) ist auch eine synthetische Herstellung der o. g. Gene beschrieben
/10, 8, 6/.
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Bevorzugt
verwendet werden bisher PLA2 aus Rinder-
und Schweinepankreas. Bekannt ist auch die direkte Gewinnung des
Enzyms aus dem Gift der Honigbiene oder verschiedener Schlangenarten.
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Des
Weiteren ist bekannt, PLA2 auf rekombinantem
Wege zu gewinnen, indem das Gen für das Enzym aus Schweine- /2,
3/ bzw. Rinderpankreas /4, 5/ oder aus Bienen- /6, 7/ bzw. Schlangengift
/8, 9/ in den Mikroorganismus Escherichia coli oder die Hefe Saccharomyces
cerevisiae transformiert und in diesen exprimiert wird.
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Bei
den bisher angewandten industriellen Verfahren wird das Enzym stets
aus tierischen Organismen gewonnen, was in verschiedenen Bereichen,
insbesondere im Nahrungsmittel- und pharmazeutischen Bereich auf
wenig Akzeptanz stößt, weil
in Ländern
mit moslemischen und jüdischen
Bevölkerungsanteilen
(einschließlich
den USA) Erzeugnisse, die mit tierischen Produkten Kontakt hatten,
nicht marktfähig
sind. Darüber
hinaus werden auch in den europäischen
Ländern
derartige Erzeugnisse aus Sicherheitsbedenken (Virus- und Prionengefahr)
zunehmend abgelehnt.
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Der
Erfindung liegt das Problem zu Grunde, eine Phospholipase A2 zu gewinnen, die nicht aus einem tierischen
Organismus gewonnen wird, in industriellem Maßstab herstellbar ist und für die biokatalytische
Spaltung von Glycerophospholipiden zu Lysophospholipiden geeignet
ist, da die bisherigen Ansätze
für eine
industrielle Anwendung nicht geeignet sind.
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Erfindungsgemäß wird das
Problem gemäß Anspruch
1 dadurch gelöst,
dass analog der Nucleotidsequenz der natürlich vorkommenden PLA2 der Honigbiene (bv-PLA2),
welche in den bekannten Verfahren zur Anwendung kommt, Oligonucleotide
mit jeweils 50 – 60
bp synthetisiert wurden, die alternierend die beiden Stränge der
DNA repräsentieren
und an ihren Enden jeweils um bis zu 25 Nucleotide komplementär überlappen
(siehe Abbildung). Dabei wurden die Oligonucleotidsequenzen der
bei E. coli anzutreffenden Codonnutzung angepaßt. An den Enden der DNA-Stränge wurden
geeignete Restriktionsschnittstellen (Ncol, Hindlll) für die Klonierung
in den Expressionsvektor eingeführt.
Da das N-terminale Isoleucin in der natürlichen Sequenz die Abspaltung
des Startmethionins verhindert /11/ und zu einem um einen Methioninrest
verlängerten
Enzym führt
(M-PLA2), wurde das dem N-Terminus des Proteins
entsprechende DNA-Ende modifiziert, indem das Codon für das N-terminale
Isoleucin durch das Codon für
Alanin (I1A-PLA2) bzw. Valin (I1V-PLA2) ersetzt wurde.
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Mittels
Polymerasekettenreaktion (PCR-Technik) wurde aus den Oligonucleotiden
die vollständige Gensequenz
erhalten. Das erhaltene PCR-Amplifikat wurde mit den entsprechenden
Restriktionsendonucleasen behandelt und in den Expressionsvektor
pET-28b(+) (Novagen) kloniert. In diesem Vektor war zuvor die einen
Hiss-Tag kodierende Sequenz durch die Restriktionsendonucleasen
Ncol und Hindlll entfernt worden.
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Die
Expression der Enzyme erfolgte im E.coli-Stamm BL21(DE3) (Stratagene).
Im Ergebnis wurden drei Enzymvarianten erhalten, die sich von der
kommerziell erhältlichen
PLA2 aus der Honigbiene (bv-PLA2) dadurch
unterscheiden, dass sie nicht glykosyliert und am N-Terminus modifiziert
sind. Durch N-terminate Proteinsequenzierung konnte nachgewiesen
werden, dass die Enzyme M-PLA2 und I1V-PLA2 noch das Startmethionin besitzen, während die
Sequenz von I1A-PLA2 mit Alanin beginnt.
Alle Enzymvarianten besaßen
die gleiche spezifische Aktivität
gegenüber
dem Substrat 1,2-Dioleoyl-sn-glycero-3-phosphocholin, das in Form von
Mischmicellen mit Triton X-100 präpariert wurde. Die erhaltenen
spezifischen Aktivitäten
sind ähnlich
der Aktivität
des aus dem Gift der Honigbiene gewonnenen Enzyms. Durch die Verfolgung
der Fluoreszenzeigenschaften der Enzyme in Gegenwart von Guanidinhydrochlorid
konnte gezeigt werden, dass die Enzymvarianten im Vergleich mit
dem Enzym aus der Honigbiene keine signifikanten Unterschiede in
ihrer Konformationsstabilität
aufweisen. In Tabelle 1 sind die entsprechenden Daten zusammengefaßt.
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Ausführungsbeispiel 1
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sEine
Vorkultur von Zellen des Expressionsstammes, vorzugsweise BL21(DE
3), die das entsprechende Plasmid mit der Sequenz der PLA2 enthielten, wurde durch Animpfen von 50
ml TCYM-Medium mit 50 μg ml–1 Kanamycin
mit einer Einzelkolonie der o. g. Zellen und Kultivierung über Nacht
bei 30 °C
erhalten. Die Vorkultur wurde in 1 l TCYM Medium/50 μg ml–1 Kanamycin überführt und
bei 37 °C
inkubiert. Bei Erreichen einer OD600 von
1 wurden die Zellen mit 1 mM Isopropyl-β-D-galaktosid (IPTG) induziert.
4 Stunden nach der Induktion wurden die Zellen durch Zentrifugation
für 15
min bei 6100 g geerntet. Unter diesen Bedingungen betrug der Anteil
der rekombinanten Enzyme am Gesamtprotein, bestimmt durch densitometrische
Auswertung von SDS-Polyacrylamidgelelektrophoresegelen, 26 – 30 %.
Die rekombinanten Enzyme lagen in Form von inclusion bodies vor.
Die Zellen konnten vor der Weiterverarbeitung bei –20 °C gelagert
werden.
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Zur
Isolierung der inclusion bodies wurden die Zellen in 35 ml Zellaufschlusspuffer
(0,1 M Tris/HCl, pH 7,0; 1 mM EDTA) suspendiert, im Ultraturrax
(Janke und Kunkel) zerkleinert, für 30 min bei 4 °C mit 1,5
mg ml–1 Lysozym
(Serva) behandelt. Anschließend
erfolgte eine zweimalige Hochdruckhomogenisation mittels Gaulin-Homogenisator bei
1200 bar und eine Inkubation mit 10 μg ml–1 DNase
(La Roche) und 3 mM MgCl2 bei 25 °C für 30 min.
Nach Zentrifugation bei 48400 g für 20 min befanden sich die
inclusion bodies im Pellet. Sie wurden zweimal gewaschen durch Behandlung
mit
- 1. einer Lösung von 60 mM EDTA, 6% (w/v)
Triton X-100, 1,5 M NaCl bei 4 °C
für 30
min (das Volumen der Lösung
betrug 50% des Volumens der inclusion bodies) und
- 2. 50 ml 0,1 M Tris/HCl, pH 7,0, 20 mM EDTA mit jeweils anschließender Zentrifugation
bei 48400 g für
20 min.
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Die
gereinigten inclusion bodies waren wiederum bei –20 °C gut lagerbar.
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Zur
Gewinnung der aktiven Enzyme wurden zunächst 200 mg der inclusion bodies
in 10 ml Solubilisierungspuffer (6 M Guanidinhydrochlorid, 100 mM
Tris/HCl, pH 8,3, 100 mM Dithiothreitol) gelöst. Nach zwei Stunden Inkubation
bei Raumtemperatur wurde der pH-Wert der Lösung mit 1 M HCl auf pH 5,0
eingestellt, und die Lösung
wurde zweimal gegen je 1 l 20 mM Essigsäure/4 M Guanidinhydrochlorid
für jeweils
3 h dialysiert. Das Dialysat konnte vor der Weiterverarbeitung bei –20 °C für mindestens
2 Wochen gelagert werden.
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Anschließend wurde
die Proteinlösung
unter Rühren
in den Renaturierungspuffer (1 M Tris/HCl, pH 8,3, 10 mM CaCl2, 1 mM EDTA, 5 mM Gluthation (reduzierte
Form), 1 mM Gluthation (oxidierte Form)) eingetropft und 24 h belassen.
Die Volumina wurden so gewählt,
dass die Proteinkonzentration im Renaturierungsansatz 50 μg ml–1 und
die Guanidinhydrochloridkonzentration 200 mM nicht überschritt.
Danach erfolgte eine Konzentrierung der Proteinlösung und Pufferaustausch (50
mM Tris/HCl, pH 7.0) in einer Ultrafiltrationszelle (Pall Filtron,
3 K Omega Membran). Die Renaturierungsausbeuten betrugen 66 – 69 %.
Die aktiven Enzyme enthielten noch ca. 10 – 20 % Proteinverunreinigungen.
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Eine
Reinigung der Enzyme bis zur Homogenität in der SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese
erfolgte durch Kationenaustauschchromatographie an einer MonoS-Säule (Pharmacia)
unter Einsatz eines Elutionsgradienten, der durch die Pufferlösungen 50
mM Tris/HCl, pH 7,0 und 50 mM Tris/HCl, pH 9,0, 1 M NaCl erhalten
wurde. Tabelle 1 stellt die erhaltenen Ausbeuten an den gereinigten
Enzymen dar.
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Ausführungsbeispiel 2
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Die
Enzymvariante I1A wurde einer Maßstabsvergrößerung unterworfen. Dazu wurde
eine Vorkultur nach Ausführungsbeispiel
1 in 1 l LB-Medium mit 50 μg
ml–1 Kanamycin
hergestellt, die zum Animpfen für
7 l Hauptmedium (77 g K2HPO4,
3,5 g NaCl, 35 g Glucose, 350 g Hefeextrakt, 3,5 g MgSO4,
0,8 g Thiamin, 50 μg ml–1 Kanamycin)
verwendet wurde. Der Fermenter (Biostat 10-Liter, Braun) wurde bei
pH 7,0 und 37 °C
mit 20% (w/v) NaOH als Base und 20% (v/v) H3PO4 als Säure
sowie Polypropylenglykol als Antischaumzusatz betrieben. Nach Verbrauch
der Glucose im Hauptmedium wurde eine Fütterung (3-4 l) mit 50 % (w/v)
Hefeextrakt/25 % (v/v) Glycerin begonnen und manuell langsam erhöht. Die
Induktion mit 1 mM IPTG erfolgte bei einer OD600 von
50-60. 4 Stunden nach der Induktion wurden die Zellen geerntet.
Der Anteil des rekombinanten Proteins am Gesamtzellprotein betrug
10% bei der erreichten Biotrockenmasse von 70 g l–1.
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Tabelle
1: Proteinausbeute, Aktivität
und Stabilität
der PLA
2-Varianten
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