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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbessern der Funktionsfähigkeit eines hydraulischen Bremssystems einer Fahrdynamikregelung gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
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Fahrdynamikregelungssysteme, wie z.B. ESP (elektronisches Stabilitätsprogramm) oder ASR (Antriebsschlupfregelung) verbessern die Kontrollierbarkeit von Fahrzeugen in fahrdynamischen Grenzsituationen. Dabei wird unter Ansteuerung eines Steuergeräts ein Brems- und/oder Antriebsmoment auf ausgewählte Räder ausgeübt, um das Fahrzeug zu stabilisieren.
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1 zeigt ein aus dem Stand der Technik bekanntes hydraulisches Bremssystem 17, das zur Durchführung einer Fahrdynamikregelung eingerichtet ist. Das Bremssystem 17 umfasst zwei Bremskreise 19a, 19b in X-Aufteilung, die symmetrisch ausgebildet sind. Im Folgenden wird daher nur auf den in der Fig. links dargestellten Teil 19a Bezug genommen.
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Das Bremssystem 17 umfasst ein Fuß-Bremspedal 1, einen Bremskraftverstärker 2 mit einem daran angeschlossenen Hauptbremszylinder 4, auf dem ein Bremsflüssigkeitsbehälter 3 angeordnet ist. Bei einer Betätigung des Fuß-Bremspedals 1 wird in den Hauptbremsleitungen 5a, 5b ein entsprechender Druck erzeugt, der über ein Umschaltventil 8a und die beiden Einlassventile 10a,10b auf die Bremsbacken 11 der Räder 12 wirkt. Der Pfad, in dem sich bei Betätigung des Fuß-Bremspedals 1 Druck aufbaut, ist durch Pfeile b gekennzeichnet. Ein Hochdruckschaltventil 7a ist in diesem Zustand geschlossen.
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Bei einem Eingriff der Fahrdynamikregelung wird der Bremsdruck automatisch aufgebaut und auf vorgegebene Räder 12 verteilt. Das Bremssystem 17 umfasst zu diesem Zweck eine Hydraulikpumpe 9a, die von einem Steuergerat (nicht gezeigt) je nach Situation angesteuert wird. Bei einer Regelung ist das Umschaltventil 8a geschlossen und das Hochdruckschaltventil 7a geöffnet. Die Hydraulikpumpe 9a fördert das Hydraulikfluid dann entlang der Pfade a zu den Bremsbacken 11. Das Hydraulikfluid strömt somit aus dem Bremsflüssigkeitsbehälter 3, durch die Hauptbremsleitung 5a, das Hochdruckschaltventil 7a, eine Ansaugleitung 6a, durch die Hydraulikpumpe 9a und weiter durch die Einlassventile 10a,10b zu den Bremsbacken 11. Die Modulation des Bremsdrucks erfolgt mittels der Einlassventile 10a,10b - Funktion „Druck halten“ - und der Auslassventile 13a,b - Funktion „Druck abbauen“. Kurzzeitige Druckspitzen werden in einen Ausgleichsbehälter 14a gepuffert.
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Nach dem Deaktivieren der Hydraulikpumpe 9a wird das Hochdruckschaltventil 7a geschlossen und das Umschaltventil 8a wieder geöffnet, um einen Druckaufbau durch Betätigung des Fuß-Bremspedals 1 zu ermöglichen. Bedingt durch einen Nachlauf der Hydraulikpumpe 9a kommt es dabei zu einem Unterdruck in der Ansaugleitung 6a (fett gezeichnet). Dies führt zu folgender Problematik: In der Bremsflüssigkeit ist je nach Alter und Grad der Verspülung Luft gelöst. Diese kann bei niedrigen Drücken und hohen Temperaturen besonders leicht aus der Bremsflüssigkeit entweichen (entgasen). Die Luft sammelt sich wegen des Unterdrucks insbesondere in der Ansaugleitung 6a an und kann bei einer nachfolgenden Betätigung der Hydraulikpumpe 9a zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Förderleistung der Pumpe 9a und damit der Fahrdynamikregelung führen.
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Es ist daher die Aufgab der vorliegenden Erfindung, das Entgasen von Luft aus der Bremsflüssigkeit, insbesondere in einer Ansaugleitung einer Hydraulikpumpe, zu reduzieren und ein Ansammeln von Luft in der Ansaugleitung zu verhindern.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von Unteransprüchen.
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Ein wesentlicher Aspekt der Erfindung besteht darin, nach einer Aktivierung der Hydraulikpumpe das Hochdruckschaltventil vorübergehend wieder zu öffnen, um dadurch einen Druckausgleich zwischen der Ansaugleitung und einer anderen zum Hochdruckschaltventil führenden Hydraulikleitung (üblicherweise der Hauptbremsleitung) zu ermöglichen und darüber hinaus zu ermöglichen, dass Luft, die sich gegebenenfalls in der Ansaugleitung angesammelt hat, über die andere Leitung entweichen kann. Die Bremsfunktion wird somit bei einem nachfolgenden Bremseingriff der Fahrdynamikregelung nicht gestört.
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Gemäß der Erfindung wird das Hochdruckschaltventil nach dem Einschalten der Zündung des Fahrzeugs zum ersten Mal, und jeweils nach einer Aktivierung der Hydraulikpumpe ein weiteres Mal geöffnet. Wenn das Fahrzeug für längere Zeit abgestellt war, kann somit sichergestellt werden, dass sämtliche Luft, die sich möglicherweise in der Ansaugleitung angesammelt hat, entweichen kann.
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Die Öffnungs-Zeitdauer des Ventils ist nach dem Einschalten der Zündung vorzugsweise länger als nach einer Betätigung der Hydraulikpumpe.
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Das Hochdruckschaltventil wird im regulären Fahrbetrieb des Fahrzeugs vorzugsweise dann geöffnet, wenn die Fußbremse nicht betätigt, das Fahrpedal betätigt wird und die Hydraulikpumpe aktiv war. Ändert sich die Fahrsituation, wobei der Fahrer beispielsweise vom Fahrpedal geht, wird die Routine unterbrochen und das Hochdruckschaltventil wieder geschlossen. Damit wird sichergestellt, dass eine Entlüftungs-Routine nur dann durchgeführt wird, wenn es notwendig ist (z.B. nach einer Betätigung der Hydraulikpumpe) und die Routine unterbrochen wird, wenn ein Bremseingriff durch den Fahrer bevorsteht.
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Bei einem Fahrzeug mit mehreren Bremskreisen wie z.B. einer X- oder II-Verteilung, werden die Hochdruckschaltventile der Bremskreise vorzugsweise nicht gleichzeitig geöffnet. Somit kann wenigstens einer der Bremskreise immer sofort auf eine Betätigung der Fußbremse reagieren.
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Gemäß einer anderen bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das Hochdruckschaltventil während des Fahrbetriebs auch dann geöffnet, wenn die Hydraulikpumpe zuvor nicht aktiv war. Dies kann sinnvoll sein, wenn die Fahrdynamikregelung z.B. längere Zeit nicht aktiv war. In der Ansaugleitung angesammelte Luft kann somit insbesondere dann entweichen, wenn die Bremsflüssigkeit z.B. sehr heiß ist und somit eher zum Ausgasen neigt. Im Rahmen einer routinemäßigen Entlüftung kann das Hochdruckschaltventil z.B. in regelmäßigen zeitlichen Abständen oder jeweils nach einer vorgegebenen zurückgelegten Wegstrecke geöffnet werden. Das Öffnen des Ventils kann neben anderen Bedingungen auch an das Überschreiten einer vorgegebenen Temperaturschwelle gebunden sein.
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Die Zeitdauer, in der das Hochdruckschaltventil geöffnet ist, ist vorzugsweise eine Funktion der Temperatur, wobei das Hochdruckschaltventil bei höheren Temperaturen prinzipiell länger geöffnet wird als bei niedrigen Temperaturen.
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Das Hochdruckschaltventil wird nach dem Ausschalten der Hydraulikpumpe vorzugsweise erst nach einer vorgegebenen Wartezeit geöffnet. Die Luft, die sich bis zum Zeitpunkt des Öffnens angesammelt hat, kann somit vollständig entweichen.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Ansicht eines hydraulischen Bremssystems für eine Fahrdynamikregelung;
- 2 ein Flußdiagramm einer Entlüftungs-Routine zum Herstellen eines Druckausgleichs und Entlüften einer Ansaugleitung; und
- 3 verschiedene Signalverläufe bei der Entlüftungs-Routine.
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Bezüglich der Erläuterung von 1 wird auf die Beschreibungseinleitung verwiesen.
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2 zeigt ein Flußdiagramm zur Darstellung der wesentlichen Verfahrensschritte einer Routine zum Druckausgleich und Entlüften einer Ansaugleitung 6a bzw. 6b. Der wesentliche Schritt der Routine besteht darin, das Hochdruckschaltventil 7a bzw. 7b für eine vorgegebene Zeitdauer zu öffnen, dadurch einen Druckausgleich zur Hauptbremsleitung 5a bzw. 5b herzustellen und das Entweichen von Luft aus der Ansaugleitung 6a,6b in Richtung des Bremsflüssigkeitsbehälters 3 zu ermöglichen. Das Hochdruckschaltventil 7a,7b wird dabei sowohl nach dem Start des Fahrzeugs (Zündung ein) als auch nach jeder Aktivierung der Hydraulikpumpe 9a,9b geöffnet. Die Entgasungsroutine umfasst dabei im wesentlichen folgende Schritte:
- In Schritt 20 wird überprüft, ob die Fahrdynamikregelung funktioniert. Bei funktionierender Fahrdynamikregelung (J) wird in den Schritten 21 und 22 ferner überprüft, ob das Fuß-Bremspedal 1 nicht betätigt wird (Schritt 21) und ob das Fahrpedal betätigt wird (Schritt 22). Eine Bremsbetätigung kann beispielsweise über die Stellung des Bremslichtschalters BLS festgestellt werden.
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Bei positiver Abfrage (J) wird in Schritt 23 ferner überprüft, ob die Fahrdynamikregelung bzw. die Hydraulikpumpe nicht aktiv ist. Bei negativer Entscheidung (N) in den Schritten 20-23 wird die Entlüftungs-Routine jeweils gestoppt bzw. deaktiviert (Schritt 25). Darüber hinaus wird in Schritt 24 ein Flag „Flag ESP“ gesetzt, das anzeigt, dass die Hydraulikpumpe 9a bzw. 9b aktiv war und somit ein Unterdruck in der Ansaugleitung 6a bzw. 6b herrscht.
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Sofern die Hydraulikpumpe in Schritt 23 als nicht aktiv erkannt wurde (J), wird in Schritt 26 ein Zeitparameter X auf 10 sec. gesetzt. Nach dem Start des Fahrzeugs soll das Hochdruckschaltventil 7a bzw. 7b für eine Dauer von 10 sec., geöffnet werden.
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In Schritt 27 wird abgefragt, ob das Flag „Flag ESP“ gesetzt ist oder nicht. Sofern die Hydraulikpumpe 9a bzw. 9b noch nicht aktiv war, wie z.B. unmittelbar nach dem Start des Fahrzeugs, bleibt die Variable X auf 10sec. eingestellt. Andernfalls wird die Variable X in Schritt 28 auf 2,5 sec. eingestellt. D.h., das Hochdruckschaltventil 6a bzw. 6b wird unmittelbar nach dem Start des Fahrzeugs für 10sec. und nach einer Aktivierung der Hydraulikpumpe 9a bzw. 9b für 2,5sec. geöffnet.
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In Schritt 29 wird dann ein erster Zähler Z1 aktiviert und überprüft, ob die Zählerzeit kleiner als X+2 sec. ist. Falls ja, wird in Schritt 30 ferner überprüft, ob die Zählerzeit größer als 2sec. beträgt. Das Hochdruckschaltventil wird in Schritt 33 daher erst nach einer Wartezeit von hier 2sec. geöffnet.
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Diese Routine wird periodisch durchlaufen und jeweils überprüft, ob die in den Schritten 22 bis 30 vorgegebenen Bedingungen erfüllt sind. Nach Ablauf der in Schritt 29 vorgegebenen Zeit von X+2 sec. wird in Schritt 31 ein zweiter Zähler Z2 gestartet und überprüft, ob die Zählerzeit kleiner X sec. beträgt. Falls ja, wird das Hochdruckschaltventil 7a geschlossen und das Hochdruckschaltventil 7b geöffnet. Die Bedingung von Schritt 29 bewirkt darüber hinaus, dass die Hochdruckschaltventile 7a,7b nacheinander geöffnet werden und nie gleichzeitig geöffnet sind.
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Nach Ablauf der Zeitdauer (X = 10sec. bzw. 2,5sec.) wird das ESP-Flag in Schritt 32 wieder zurückgesetzt und die Ventile 7a,7b geschlossen. Die dargestellte Routine wird periodisch wiederholt, wobei die Periodendauer beispielsweise auch eine Funktion der Temperatur sein kann.
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Wahlweise konnte die Routine auch derart modifiziert werden, dass die Ansaugleitungen 6a,6b während des Fahrbetriebs routinemäßig entlüftet werden, ohne dass die Hydraulikpumpe 9a,9b betätigt werden müßte.
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3 zeigt verschiedene Signale, die im Rahmen der Entlüftungs-Routine auftreten. Dabei bezeichnet ESP i.O. ein Signal, das anzeigt, ob die Fahrdynamikregelung funktioniert. Das Signal ESP zeigt an, wann die Fahrdynamikregelung aktiv bzw. deaktiv ist. Das Signal BLS (Bremslichtschalter) gibt an, ob die Fußbremse 1 betätigt wird oder nicht. Das Signal FP (Fahrpedal) gibt an, wann der Fahrer das Fahrpedal betätigt. Der aktive Zustand ist dabei immer als logisch „1“ dargestellt. Die Signale HSV1 bzw. HSV2 geben an, wann die Hochdruckschaltventile 7a bzw. 7b offen (logisch „1“) bzw. geschlossen (logisch „0“) sind.
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Im folgenden wird zunächst eine Entlüftungs-Routine nach dem Start eines Fahrzeugs und dann nach einer Aktivierung der Hydraulikpumpe beschrieben. Zum Zeitpunkt t1 wird überprüft, ob die Fahrdynamikregelung funktioniert. Im vorliegenden Beispiel springt das Signal ESP i.O. auf logisch „1“, da die Fahrdynamikregelung ordnungsgemäß funktioniert. Der Fahrer betätigt zum Zeitpunkt t2 das Fahrpedal (Signal FP). Die Bremse wird dabei nicht betätigt, wie am Signal BLS zu erkennen ist. Nach einer Verzögerungszeit von 2sec. wird das Hochdruckschaltventil 7a geschlossen (siehe Signal HSV1). Nach einer Zeitdauer von 10sec. wird das Ventil 7a wieder geschlossen und das Ventil 7b für 10sec., bis zum Zeitpunkt t5, geöffnet.
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Zum Zeitpunkt t6 wird die Fahrdynamikregelung aktiv, wie im Signalverlauf des Signals ESP zu erkennen ist. Nachdem sich das Fahrzeug stabilisiert hat, wird das Fahrdynamikregelungssystem zum Zeitpunkt t7 wieder inaktiv. Durch die Aktivierung der Hydraulikpumpe 9a bzw. 9b werden in Schritt 24 von 2 das ESP-Flag gesetzt und in Schritt 28 die Zeitvariable X auf 2,5sec. gesetzt. Danach wird zunächst das Hochdruckschaltventil 7a und ab dem Zeitpunkt t9 das Hochdruckschaltventil 7b geöffnet. Zum Zeitpunkt t10 geht jedoch der Fahrer vom Gas (siehe Signal FP) und betätigt vom Zeitpunkt t11 bis zum Zeitpunkt t12 die Bremse (siehe Signal BLS). Die Entlüftungs-Routine wir daher zum Zeitpunkt t10 abgebrochen und das Ventil 7b geschlossen. Ab dem Zeitpunkt t13, ab dem der Fahrer wieder das Fahrpedal betätigt, wird das Ventil 7b wieder geöffnet und die Entlüftungs-Routine fortgesetzt. Zum Zeitpunkt t14 sind die vorgegebenen 2,5sec. für das Offnen des Schaltventils 7b abgelaufen und das Ventil 7b wird geschlossen.
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Durch die vorstehend beschriebene Entlüftungs-Routine kann somit sichergestellt werden, dass in der Ansaugleitung der Hydraulikpumpe 9a bzw. 9b ein Druckausgleich stattfindet und gegebenenfalls angesammelte Luft in Richtung des Bremsflüssigkeitsbehälters 3 entweichen kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fuß-Bremspedal
- 2
- Bremskraftverstärker
- 3
- Bremsflüssigkeitsbehälter
- 4
- Hauptbremszylinder (HBZ)
- 5a,5b
- Hauptbremsleitungen
- 6a,6b
- Ansaugleitung
- 7a,7b
- Hochdruckschaltventil (HSV)
- 8a,8b
- Umschaltventil (USV)
- 9a,9b
- Hydraulikpumpe (HP)
- 10a-10d
- Einschaltventile (EV)
- 11
- Bremsbacken
- 12
- Räder
- 13a-13d
- Auslassventile (AV)
- 14a,14b
- Ausgleichsbehälter
- 15a,15b
- Rückschlagventile (RV)
- 16
- Motor
- 17
- Bremssystem
- 19a,19b
- Bremskreise
- 20-35
- Verfahrensschritte
- ESP i.O.
- ESP-Funktionssignal
- ESP
- Signal Fahrdynamikregelung aktiv/deaktiv
- BLS
- Signal Bremslichtschalter
- F
- Signal Fahrpedal
- HSV1
- Signal Hochdruckschaltventil 7a auf/zu
- HSV2
- Signal Hochdruckschaltventil 7b auf/zu
- FP
- Fahrpedal
- Z
- Zähler