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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen der tatsächlichen
Fahrgeschwindigkeit von Schienenfahrzeugen, wobei von einer Kombination Polrad/Impulsgeber
erzeugte frequenzproportionale Geschwindigkeitssignale erfasst und über einen
Mikroprozessor in einer Gleitschutz-Elektronik eine nachgebildete
Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve errechnet wird und bei steilem Absenken
des Drucks in einem oder mehreren Bremsdruckzylindern in kurzer Zeit
der momentane Haftreibungsbeiwert Rad/Schiene bestimmt wird und
wobei mit den ermittelten Haftreibungsbeiwerten die mittlere Fahrzeugverzögerung bestimmt
und dementsprechend die der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit durch Berechnung nachgebildete Fahrzeuggeschwindigkeit
korrigiert wird.
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Ein
derartiges Verfahren ist aus der
DE 41 37 546 C2 bekannt. Dabei wird davon
ausgegangen, dass der ermittelte Geschwindigkeitsverlauf von der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit differiert. Für den Fall, dass sich für eine längere Zeit
oder einen längeren
Schienenweg-Abschnitt schlechte Haftreibungsbeiwerte zwischen Rad
und Schiene ergeben würden,
entsteht eine große
Differenz zwischen der absoluten Fahrzeuggeschwindigkeit und der
durch Berechnung nachgebildeten Fahrzeuggeschwindigkeit. Um diesem
Umstand Rechnung zu tragen, ist vorgeschlagen worden, zur Optimierung
der berechneten Geschwindigkeit den Bremszylinderdruck zu messen.
Danach wird bei Auftreten einer kritischen Verzögerung einer Radachse der momentane
Haftreibungsbeiwert zwischen Rad und Schiene bestimmt und der jeweils
ermittelte Haftreibungsbeiwert wird für die Korrektur der errechneten
Fahrzeuggeschwindigkeit herangezogen.
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Obwohl
dieses Verfahren durchaus zufriedenstellend arbeitet, bedeutet es
doch einen gewissen Aufwand, in jedem der Bremszylinder den Druck zu
messen. Dazu müssen
einerseits entsprechende Fühler
innerhalb des Druckraums der Bremszylinder angeordnet werden und
diese sind zu verdrahten. Außerdem
wurde festgestellt, dass andere Faktoren nachteilig sind, wie bspw.
der Reibbeiwert des Bremsbelags und die Kraftübertragung auf die Bremsscheibe,
wodurch Verfälschungen
entstehen können.
Diese Verfälschungen
führen
zwangsläufig auch
zur Verfälschung
der berechneten Fahrzeuggeschwindigkeiten.
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Weiter
ist aus der
DE 40 24
815 A1 bekannt, an einem Rad zeitweise den Bremsdruck abzusenken;
es wird dazu ein Verfahren zur Schätzung der Geschwindigkeit unter
Berücksichtigung
des Lenkwinkels gelenkter Vorderräder, der Giergeschwindigkeit
und eines Schräglaufwinkels
des Fahrzeugs vorgeschlagen. Hier muss, weil es sich nur um ein
gelenktes, mit Reifen versehenes Straßenfahrzeug handeln kann, ein
hydraulisches Bremssystem zugrundegelegt werden. Der Bremsdruck
kann anpassungsweise an die Kennlinie Bremskraft/Radschlupf nur
abgesenkt, aber nicht vollkommen außer acht gelassen werden, d.h.
letztlich auf „Null" gesetzt werden.
Eine freirollende Umfangsgeschwindigkeit des bereiften Rades wird
aus der augenblicklichen Radgeschwindigkeit und der erzeugten Bremskraft
ermittelt. Desweiteren werden als Messgrößen der „Lenkwinkel", die „Giergeschwindigkeit" um die Fahrzeughochachse,
sowie der Schräglaufwinkel
und die Fahrzeugabmessungen zur Ermittlung der Fahrzeuggeschwindigkeit
einbezogen, was bei Schienenfahrzeugen nicht möglich und notwendig ist. Unter
Anwendung von Filtergleichungen wird ein Schätzwert für die Fahrzeuggeschwindigkeit
und einen Beschleunigungsfehler gewonnen. Nirgendwo kann aber (vgl.
den dortigen Anspruch 1) der Druck in dem hydraulischen Bremszylinder
auf annähernd
Null oder ganz Null abgesenkt werden und dies in kurzer Zeit (0,04–1 sec).
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Aus
der
DE 36 39 416 C1 ist
hingegen ein Verfahren zur Bestimmung der Radge schwindigkeit eines
Zuges ohne echte Laufachsen mit einer rechnergestützten zentralen
Zugsteuerung, einer Erfassung aller Achsdrehzahlen und dem eingangs
erwähnten
Gleit- und Schleuderschutz bekannt. Ausfallbedingte Antriebs- oder
Bremskraftdefizite werden durch Umverteilung der Defizite auf intakte
Antriebs- oder Bremssysteme ausgeglichen. Dazu erfolgt eine Auswahl
einer Achse im fortschreitenden Wechsel zur „Quasi-Laufachse", falls eine verringerte
Führungsgröße eintritt.
Abgeschwächt
betriebene „Quasi-Laufachsen" bleiben berücksichtigt
bis das System diese als ausgefallenes System erkannt hat. Es ist also
auch hieraus keine Druckluftabsenkung in einem Bremsdruckzylinder
eines Rades möglich.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die tatsächliche Fahrzeuggeschwindigkeit
noch genauer zu bestimmen und zwar weitestgehend ohne Fremdeinflüsse, bspw.
ohne die Bremsdruckzylinder mit einer besonderen Ausstattung zu
versehen.
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Die
gestellte Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass
ein oder mehrere Bremsdruckzylinder jeweils einer Radachse momentan
so lange entlüftet
werden, bis die betreffende Radachse die tatsächliche Fahrzeuggeschwindigkeit
wieder erreicht, wobei der Druckwert in den jeweiligen Bremsdruckzylindern
auf nahe „Null" oder auf „Null" in einer Messzeit Δt gesenkt
wird und nachfolgend die Fahrzeugverzögerung berechnet und eine Geschwindigkeitskorrektur
mit der Differenz zwischen der nachgebildeten und der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit ohne eine Messung des Drucks im Bremsdruckzylinder
durchgeführt
wird. Dieses Verfahren besitzt wirtschaftliche und technische Vorteile.
Die Ausstattung der Bremseinrichtungen ist wesentlich einfacher,
d.h. kostengünstiger.
Technisch wird deshalb eine Wartung und Überwachung solcher nicht mehr
vorhandener Ausstattungen eingespart. Die Genauigkeit der Bestimmung
der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit kann weitgehend verbessert werden. Der Druck
muss Null nicht erreichen, er braucht nur gegen Null zu gehen, wobei
die Fahrzeug-Geschwindigkeit für
die Messung maßgebend ist.
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Eine
solche Verbesserung des Grades der Genauigkeit der tatsächlichen
Fahrzeug-Geschwindigkeit
erfolgt nach weiteren Merkmalen dadurch, dass die Korrektur der
tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit zur nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve
in beliebigen Zeitabständen
wiederholt wird. Dadurch kann eine sehr hohe Genauigkeit erreicht
werden.
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Je
nach Fahrverhalten, ob eine Bahnstrecke gleichmäßige oder sehr ungleichmäßige Geschwindigkeiten
zulässt,
kann es weiter vorteilhaft sein, dass bei weitgehender Angleichung
der nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve an die tatsächliche
Fahrzeug-Geschwindigkeit eine Geschwindigkeitskorrektur ausgesetzt
wird.
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Dabei
besteht keine Gefahr, Strecken nicht sicher genug zu befahren, die
als normal gelten oder deren Höhenunterschiede
bekannt und gering sind. In solchen Streckenabschnitten ist vorgesehen;
dass in Zeitabschnitten ohne Geschwindigkeitskorrektur nur das Gleitschutzverfahren
der Gleitschutz-Elektronik angewendet wird.
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In Übergangsabschnitten
kann daher das Verfahren dadurch sehr feinfühlig ausgeübt werden, indem die Geschwindigkeitskonekturen
abhängig von
den Gleitzuständen
der Achsräder
eingeleitet werden.
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Ein
feinfühliges
Ansprechen der Bremssysteme kann bspw. dadurch einsetzen, dass die
Beschleunigung einer ungebremsten Radachse bei Erreichen der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit gemessen und durch Integration der Beschleunigungswerte
innerhalb der Messzeit die nachgebildete Geschwindigkeit berechnet
und nachfolgend korrigiert wird. Ein solcher Schritt sichert ein
besonders genaues Ergebnis.
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Das
Erreichen eines wünschenswerten
genauen Ergebnisses kann ferner dadurch beeinflusst werden, dass
die Anzahl der Geschwindigkeitskorrekturen in Abhängigkeit
der Abweichungen der nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeit von
der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit ausgeführt wird.
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Besondere
Gegebenheiten der Bahnstrecke, des Witterungszustandes, der Eigenheiten
der Fahrstrecke, der Jahreszeit u. dgl. können ferner dadurch berücksichtigt
werden, dass die Anzahl und Aufeinanderfolge der Geschwindigkeitskorrekturen
in Abhängigkeit
der Schnelligkeit der Geschwindigkeits-Unterschiede zwischen nachgebildeter
Fahrzeug-Geschwindigkeit und tatsächlicher Fahrzeug-Geschwindigkeit
ausgeführt
wird.
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Nach
weiteren Merkmalen wird vorgeschlagen, dass die vorgesehene Messzeit Δt für die Geschwindigkeitskorrektur
zwischen 0,04–1,0
Sekunden beträgt.
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Es
versteht sich sodann, dass die Geschwindigkeits-Korrekturen nur
bei sehr hohen und höchsten
Geschwindigkeiten ausgeführt
werden, in denen die Sicherheit zum ausreichenden Bremsen und eines
voraus zu berechnenden Sicherheits-Bremswegs von Bedeutung ist.
Aus diesem Grund ist noch vorgesehen, dass bei niedrigen tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeiten im Bereich unter ca. 1 m/sec die Geschwindigkeitskorrekturen
ausgesetzt werden.
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In
der Zeichnung sind Ausführungsbeispiele der
Erfindung dargestellt, die nachfolgend näher erläutert werden.
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Es
zeigen:
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1 ein
Blockschaltbild mit den wichtigsten Baugruppen eines Bremssystemsfür einen
modernen Eisenbahnzug und
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2 ein
Geschwindigkeits-Diagramm mit den Verläufen der berechneten Geschwindigkeit,
der Geschwindigkeits-Korrekturen, der Fahrzeug- und Achsgeschwindigkeiten
und des Bremszylinderdrucks.
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In 1 ist
das eingesetzte Bremssystem 11 gezeigt. Jeder Radachse 6a (vier
Radachsen 1, 2, 3 und 4 sind
gezeigt) ist eine Kombination Polrad 1 mit Impulsgeber 2 zugeordnet.
Die erzeugten Signale werden in einer Gleitschutz-Elektronik 3 in
dem Sinn verarbeitet, dass eine Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve 4 errechnet
und nachgebildet wird. Danach wird durch Absenken des Luftdrucks
in den Bremdruckzylindern 5 der momentane Haftreibungsbeiwert
zwischen den Achsrädern 6 und
der (nicht gezeichneten) Schiene bestimmt. Dabei kann aufgrund der
ermittelten Haftreibungsbeiwerte die mittlere Fahrzeugverzögerung bestimmt
werden. Darauf folgend kann mit den erhaltenen Werten die tatsächliche
Fahrzeuggeschwindigkeit 7 wiederum durch Berechnung nachgebildet
werden.
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Ein
noch genaueres Verfahren wird dadurch erreicht, dass ein oder mehrere
Bremsdruckzylinder 5 jeweils einer Radachse 6a momentan
so lange entlüftet
werden, bis die betreffende Radachse 6a die tatsächliche
Fahrzeuggeschwindigkeit wieder erreicht, wobei der Druckwert in
den jeweiligen Bremsdruckzylindern 5 auf nahe „Null" oder auf „Null" in einer Zeit Δt gesenkt
wird und nachfolgend die Fahrzeugverzögerung berechnet und eine Geschwindigkeitskonektur 8 mit
der Differenz zwischen der nachgebildeten und der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit 7 erzielt wird. Die Berechnung
erfolgt mit der Differenz zur tatsächlichen Fahrzeuggeschwindigkeit 7,
ohne eine Messung des Luftdrucks im Bremsdruckzylinder 5 durchzuführen.
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Eine
weitere Annäherung
von berechneter, nachgebildeter Fahrzeug-Geschwindigkeit 4 an
die tatsächliche
Fahrzeuggeschwindigkeit 7 erfolgt stetig oder in Stufen,
indem die Geschwindigkeitskorrektur 8 der tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeit 7 zur nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve 4 in
beliebigen Zeitabständen
wiederholt wird.
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Sobald
eine weitgehende Angleichung der nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve 4 an
die tatsächliche
Fahrzeug-Geschwindigkeit 7 stattfindet, d.h. bei anhaltend
fehlender Kennlinien-Differenz, wird eine Geschwindigkeitskonektur 8 für nicht
notwendig angesehen und deshalb ausgesetzt.
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In
den Zeitabschnitten ohne Geschwindigkeitskorrektur 8 wird
nur das Gleitschutzverfahren über
die Gleitschutz-Elektronik 3 beibehalten.
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Im übrigen werden
die Geschwindigkeitskorrekturen 8 abhängig von den Gleitzuständen der Achsräder 6 eingeleitet.
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Das
weitere Vorgehen besteht darin, dass die Beschleunigung einer ungebremsten
Radachse 6a bei Erreichen der tatsächlichen Fahrzeuggeschwindigkeit 7 gemessen
und durch Integration der Beschleunigungswerte innerhalb der Messzeit Δt die nachgebildete
Geschwindigkeit 4 berechnet und wie beschrieben korrigiert
wird.
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Die
Geschwindigkeitskorrekturen 8 erfolgen in Abhängigkeit
ausgewählter
Parameter. So kann die Anzahl der Geschwindigkeitskorrekturen 8 in
Abhängigkeit
der Abweichungen der nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeit 4 von
der tatsächlichen Fahrzeuggeschwindigkeit 7 ausgeführt werden.
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Eine
Alternative sieht vor, dass die Anzahl und Aufeinanderfolge der
Geschwindigkeitskorrekturen 8 in Abhängigkeit der Schnelligkeit
der Geschwindigkeits-Unterschiede zwischen nachgebildeter Geschwindigkeitskurve 4 und
tatsächlicher
Fahrzeug-Geschwindigkeit 7 ausgeführt wird.
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Die
vorgesehene Messzeit Δt
für die
Geschwindigkeitskorrektur 8 beträgt zwischen 0,04–1, 0 Sekunden.
Bei niedrigen tatsächlichen
Fahrzeuggeschwindigkeiten 7 im Bereich unter ca. 1 m/sec
werden die Geschwindigkeitskorrekturen 8 ausgesetzt.
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Jedes
Bremssystem 11, bestehend aus einer Radachse 6a,
Achsrädern 6,
Bremsscheiben 12, Bremsdruckzylindern 5 und jeweiligen
Bremsgestängen 13 ist über Zwischenleiter 14 an
jeweils ein Auslassventil 15 und an eine durchgehende Druckluftleitung 16 angeschlossen.
Die Gleitschutz-Elektronik 3 ist mit den Impulsgebern 2 verbunden
und über
einen Druckschalter 17 an die Hauptluftleitung 18 angeschlossen.
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In 2 sind
die Verhältnisse
in Diagrammen Druck/Zeit für
den Bremszylinderdruck P [bar], mit 9 bezeichnet, und die
Geschwindigkeit V [m/sec] im Verlauf dargestellt. Das Absenken des
Bremszylinderdrucks 9 auf „Null" erfolgt bspw. auf der Abszisse bei
etwa 3; 7,5; 18,5; 23,5; 28 Sekunden für den Druck P [bar] der Ordinate.
Bei Abweichungen der Achsgeschwindigkeit 10 von der nachgebildeten Fahrzeug-Geschwindigkeit 4 erfolgt
die jeweilige Geschwindigkeitskorrektur 8, worauf die tatsächliche Fahrzeuggeschwindigkeit 7 wieder
angezeigt wird. Dazu sind die jeweiligen Kurven V [m/sec] über der Abszisse
dargestellt.
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- 1
- Polrad
- 2
- Impulsgeber
- 3
- Gleitschutz-Elektronik
- 4
- nachgebildete
Fahrzeug-Geschwindigkeitskurve)
- 5
- Bremsdruckzylinder
- 6
- Achsrad
- 6a
- Radachse
- 7
- tatsächliche
Fahrzeuggeschwindigkeit
- 8
- Geschwindigkeitskorrektur
- 9
- Bremszylinderdruck
- 10
- Achsgeschwindigkeit
- 11
- Bremssystem
- 12
- Bremsscheibe
- 13
- Bremsgestänge
- 14
- Zwischenleiter
- 15
- Auslassventil
- 16
- Druckluftleitung
- 17
- Druckschalter
- 18
- Hauptluftleitung
- Δt
- Messzeit