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Die
Erfindung betrifft ein Fahrerassistenzsystem für Kraftfahrzeuge, mit einer
Sensoreinrichtung zur Erfassung des Verkehrsumfelds und einem Regler
zur Regelung der Beschleunigung des Fahrzeugs gemäß einer
vorgegebenen Längsführungsstrategie.
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Ein
repräsentatives
Beispiel eines herkömmlichen
Fahrerassistenzsystems dieser Art ist ein sogenanntes ACC-System
(Adaptive Cruise Control), bei dem als Sensoreinrichtung vorn am
Fahrzeug ein Radarsensor eingebaut ist, mit dem die Abstände und
Relativgeschwindigkeiten anderer Fahrzeuge im Vorfeld des eigenen
Fahrzeugs gemessen werden, und bei dem der Regler dazu ausgebildet
ist, den Abstand des eigenen Fahrzeugs zu einem unmittelbar auf
der eigenen Spur vorausfahrenden Fahrzeug auf einen vorgegebenen
Sollabstand, oder, genauer, eine vorgegebene Sollzeitlücke, zu
regeln. Die Sollzeitlücke
ist dabei definiert als der zeitliche Abstand, in dem das vorausfahrende
Fahrzeug und das eigene Fahrzeug einen festen Punkt auf der Fahrbahn
passieren. Bei den bekannten ACC-Systemen kann der Fahrer diese
Sollzeitlücke
innerhalb gewisser Grenzen, beispielsweise innerhalb eines Intervalls
von 1 bis 2 Sekunden, frei wählen.
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Der
Regler greift in das Antriebssystem und erforderlichenfalls auch
in das Bremssystem des Fahrzeugs ein, um das eigene Fahrzeug jeweils
so zu beschleunigen oder zu verzögern,
daß seine
Geschwin digkeit in einem geschlossenen Regelkreis an die Geschwindigkeit
des vorausfahrenden Fahrzeugs angepaßt wird und somit das vorausfahrende Fahrzeug
in einem der Sollzeitlücke
entsprechenden Abstand verfolgt wird. Der Begriff "Beschleunigung" im Sinne dieser
Anmeldung umfaßt
auch negative Beschleunigungen, also Verzögerungen des Fahrzeugs.
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Als
eine Erweiterung bekannter ACC-Systeme ist eine sogenannte Stop-and-Go-Funktion
vorgeschlagen worden, mit der es möglich ist, das eigene Fahrzeug
etwa beim Auffahren auf ein Stauende bis in den Stand zu bremsen
und ggf. auch automatisch aus dem Stand wieder anzufahren, wenn
sich das vordere Fahrzeug wieder in Bewegung setzt. Da bei sehr
niedriger Absolutgeschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs eine stabile
Geschwindigkeitsregelung in einem geschlossenen Regelkreis nicht
möglich
ist, wird in der Endphase beim Abbremsen in den Stand und in der
Anfangsphase beim Wiederanfahren von einer geschlossenen Regelung
auf eine direkte Steuerung übergegangen,
bei der der Eingriff in das Antriebs- oder Bremssystem nach einem
bestimmten zeitlichen Programm erfolgt. Auch diese Steuerungsvorgänge sollen
von dem Begriff "Regelung" im Sinne dieser
Anmeldung mit umfaßt
werden. Wenn das vordere Fahrzeug anhält und dementsprechend auch
das eigene Fahrzeug in den Stand gebremst werden muß, ist es
außerdem
erforderlich, von einer Regelung auf die Sollzeitlücke auf
einen anderen Regelmodus überzugehen,
der dafür
sorgt, daß das
eigene Fahrzeug in einem angemessenen Abstand hinter dem vorderen
Fahrzeug zum Stehen kommt.
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Wenn
sich der Bewegungszustand des vorausfahrenden Fahrzeugs plötzlich ändert, etwa
bei einer plötzlichen
Beschleunigung oder einem plötzlichen
Bremsen oder Anhalten des vorausfahrenden Fahrzeugs, oder wenn von
einer Nebenspur ein Fahrzeug einschert, das dann als neues Zielobjekt
zu verfolgen ist, ergibt sich vorübergehend eine stärkere Soll/Ist-Abweichung,
die durch einen entsprechenden Eingriff in das Antriebs- oder Bremssystem
des Fahrzeugs wieder ausgeglichen werden muß. Hinsichtlich des zeitlichen
Ablaufs dieses Eingriffs sind unterschiedliche Strategier denkbar,
die hier als "Längsführungsstrategien" bezeichnet werden.
Als Beispiel soll der Fall betrachtet werden, daß das vorausfahrende Fahrzeug
plötzlich
anhält.
Eine Längsführungsstrategie,
die einer komfortbetonten, ruhigen Fahrweise entsprechen würde, könnte dann
darin bestehen, daß das
eigene Fahrzeug zunächst
deutlich abgebremst wird und dann der Bremsdruck und die Bremsverzögerung allmählich wieder
verringert werden, so daß sich
das eigene Fahrzeug dem stehenden Objekt langsam annähert und
dann ohne nennenswerten Anhalteruck in einem passenden Abstand hinter
dem stehenden Objekt zum Stillstand gebracht wird. Eine andere Strategie,
die einer dynamischeren Fahrzeuge entspräche, bestünde darin, daß das eigene
Fahrzeug zunächst
nur wenig verzögert
wird, so daß es
schneller auf das stehende Objekt auffährt, und daß es in der Endphase des Anhaltevorgangs
der Bremsdruck erhöht
wird, um das Fahrzeug in den Stand zu bremsen. Bei den bekannten
ACC-Systemen ist die Längsführungsstategie fest
einprogrammiert und vom Fahrer nicht zu beeinflussen.
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Aus
DE 199 10 590 A1 ist
ein Fahrerassistenzsystem bekannt, bei dem unter bestimmten Bedingurgen,
insbesondere beim Einscheren eines überholenden Fahrzeugs, bereits
eine gewisse Anpassung an die Gewohnheiten und Vorlieben des Fahrers
möglich
ist. Bei diesem System wird zur Bestimmung des Zeitpunktes, an dem
der Regeleingriff einsetzen soll, ein Gefahrenmaß berechnet, das durch das
Produkt aus Relativgeschwindigkeit und Abstand des einscherenden
Fahrzeugs gegeben ist. Zur Berücksichtigung
der Vorlieben des Fahrers wird dieses Gefahrenmaß mit einem für den Fahrer
spezifischen adaptiven Faktor gewichtet. Der Regeleingriff setzt
dann ein, wenn das in dieser Weise gewichtete Gefahrenmaß einen
vorbestimmten Schwellenwert unterschreitet. Der weitere zeitliche
Ablauf des Regeleingriffes ist dann jedoch fahrerunabhängig.
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Vorteile der
Erfindung
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Die
Erfindung mit den in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen bietet den
Vorteil, daß eine
größere Akzeptanz
des Fahrerassistenzsystems erreicht wird. Dabei geht die Erfindung
vor. der Überlegung aus,
daß die
Akzeptanz des Systems um so größer ist,
je besser das Systemverhalten mit den individuellen Vorlieben und
intuitiven Verhal tensweisen des Fahrers übereinstimmt. Bei dem erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystem
ist deshalb ein Strategiemodul vorgesehen, das eine variable Anpassung
der anzuwenden Längsführungstrategie
an die Vorleben und Gewohnheiten des Fahrers ermöglicht, so daß die bei
Regeleingriffen automatisch von dem System angewandte Längsführungsstrategie
genauer mit der Strategie übereinstimmt,
die der menschliche Fahrer intuitiv anwenden würde, wenn er selbst mit Gaspedal
und Bremspedal die Kontrolle über
das Fahrzeug ausüben
würde.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen und Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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In
einer Ausführungsform
der Erfindung sind im Strategiemodul für eine oder mehrere typische Verkehrssituationen,
in denen ein Regeleingriff zu erfolgen hat, jeweils mehrere Längsführungsstrategien vorprogrammiert,
zwischen denen der Fahrer mit Hilfe einer Eingabeeinrichtung wählen kann.
Die vorprogrammierten Strategien können nach Kategorien klassifiziert
sein, die jeweils einer typischen Fahrweise entsprechen, beispielsweise "komfortbetont", "normal" oder "dynamisch", so daß der Fahrer
durch Wahl einer dieser Kategorien das Systemverhalten an die von
ihm bevorzugte Fahrweise anpassen kann. Die Wahl der Kategorie und
damit die Wahl der Längsführungsstrategie
oder des Satzes von Längsführungsstrategien
für verschiedene
Verkehrssituationen kann dann vom Fahrer z.B. vor Antritt der Fahrt erfolgen
und gegebenenfalls auch während
der Fahrt geändert
werden.
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Gemäß einer
Weiterbildung der Erfindung ist das Strategiemodul "lernfähig". Das heißt, das
Strategiemodul ist dazu ausgebildet, in Betriebsphasen, in denen
das ACC-System eigentlich nicht aktiv ist und der Fahrer selbst
die Längsführung des
Fahrzeugs übernimmt,
das Verhalten des Fahrers zu "beobachten", und anhand der
so gewonnenen Daten eine Strategie zu bestimmen, die dem beobachteten Verhalten
des Fahrers möglichst ähnlich ist
und die dann automatisch angewandt wird, wenn der Fahrer das ACC-System
aktiviert hat. Die Längsführungsstrategien
können
dabei jeweils durch einen Satz von Parametern bestimmt sein, beispielsweise
einem Satz von Parametern, die den qualitativen Verlauf der Beschleunigungs/Zeit-Kurve
bestimmen, mit der die Soll/Ist-Abweichung ausgeregelt wird. Durch
Variieren dieser Parameter kann die Strategie dann an das beobachtete
Verhalten des Fahrers angepaßt
werden.
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Wahlweise
kann auch eine Einstelleinrichtung vorgesehen sein, mit der der
Fahrer die Längsführungsstrategien
selbst definieren kann, beispielsweise durch Einstellung der oben
genannten Parameter.
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Der
Lernalgorithmus läßt sich
auch in vorteilhafter Weise mit der Speicherung mehrerer vordefinierter
Längsführungsstrategien
kombinieren, etwa in der Weise, daß durch den Lernalgorithmus
diejenige der vordefinierten Strategien ausgewählt wird, die dem beobachteten
Verhalten des Fahrers am ähnlichsten
ist, oder auch in der Weise, daß mit
Hilfe des Lernalgorithmus die vordefinierten Strategien modifiziert
und optimiert werden. Ebenso ist es denkbar, das ACC-System dadurch
zu personalisieren, daß für mehrere
Fahrzeuge, die dasselbe Fahrzeug fahren, individuell angepaßte Längsführungsstrategien gespeichert
werden.
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Die
Optimierung der Strategien mit Hilfe des Lernalgorithmus kann auch
in regelmäßigen oder
unregelmäßigen Zeitabständen wieder
aktualisiert werden, beispielsweise immer dann, wenn der Fahrer
mit nichtaktiviertem ACC-System fährt.
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Ebenso
ist eine Differenzierung der Längsführungsstrategien.
nach Fahrsituationen möglich, etwa
in dem Sinne, daß für Fahrten
auf Autobahnen mit geringem oder hohem Verkehrsaufkommen, für Fahrten
auf Landstraßen
und im Stadtverkehr jeweils unterschiedliche Längsführungsstrategien vorgesehen
und durch Fahrerbefehle oder aufgrund der automatisch erkannten
Verkehrssituation ausgewählt werden.
Auch diese Strategien können
mit Hilfe des Lernalgorithmus individuell angepaßt werden. Darüber hinaus
ist auch eine Differenzierung oder Anpassung der Strategien nach
der psychischen Verfassung des Fahrers denkbar. Beispielsweise könnte durch
eine geeignete Sensorik oder auch anhand charakteristischer Merkmale
des Lenkverhaltens des Fahrers und dergleichen zwischen einer entspannten oder
eher unge duldigen Verfassung des Fahrers unterschieden und die Längsführungsstrategie
entsprechend angepaßt
werden.
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Für Kraftfahrzeuge
sind bereits Systeme bekannt, die als "adaptives Gaspedal" oder "adaptives Bremspedal" bezeichnet werden. Diese Systeme ermöglichen
bereits eine Erfassung des individuellen Fahrerverhaltens anhand
der Pedalbetätigung
und dienen bisher dazu, die Reaktion des Antriebs- bzw. Bremssystems
auf die Pedalbetätigung
an das erfaßte
Fahrerverhalten anzupassen. Bei Fahrzeugen mit automatischem oder
halbautomatischem Getriebe dient ein solches adaptives Gaspedal
auch zur automatischen Anpassung des Schaltprogramms an die Fahrweise
des Fahrers. In Kombination mit solchen Systemen bieten die Erfindung
die vorteilhafte Möglichkeit,
die Funktionalität
des adaptiven Gas- bzw. Bremspedals für die Erfassung des Fahrerverhaltens zu
nutzen.
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Zeichnung
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Ein
Ausführungsbeispiel
der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden
Beschreibung näher
erläutert.
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Es
zeigen:
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1 ein Blockdiagramm eines
erfindungsgemäßen Fahrerassistenzsystems;
und
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2 und 3 Beschleunigungs/Zeit-Diagramme zur
Illustration unterschiedlicher Längsführungsstrategien.
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Beschreibung
des Ausführungsbeispiels
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Das
in 1 gezeigte Fahrerassistenzsystem
weist eine beispielsweise durch einen oder mehrere Mikroprozessoren
gebildete ACC-Sceuereinheit 10 auf, die Signale von einer
Sensoreinrichtung 12 aufnimmt und in das Antriebssystem 14 und
erforderlichenfalls das Bremssystem 16 eines Kraftfahrzeugs eingreift,
um entweder die Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf eine vom Fahrer
gewählte
Wunschge schwindigkeit zu regeln oder den Abstand des Fahrzeugs zu
einem vorausfahrenden Fahrzeug zu regeln. Die Sensoreinrichtung 12 umfaßt einen
vor dem Fahrzeug eingebauten Radarsensor 18, mit dem in bekannter
Weise die Abstände
und Relativgeschwindigkeiten sowie die Richtungswinkel vorausfahrender Fahrzeuge
gemessen werden. Anhand der gemessenen Richtungswinkel werden Fahrzeuge,
die auf der von dem eigenen Fahrzeug befahrenen Fahrspur fahren,
von Fahrzeugen auf Nebenspuren unterschieden. Insbesondere in den
Fällen,
in denen das Fahrerassistenzsystem auch eine Stop-and-Go-Funktion
aufweist, umfaßt
die Sensoreinrichturg 12 vorzugsweise zusätzliche
Sensoren, beispielsweise Nahbereichs-Radarsensoren, monokulare oder
binokulare Videosysteme mit zugehöriger Bildauswertungselektronik
und dergleichen zur genaueren Erfassung des Verkehrsumfelds.
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Kernstück der ACC-Steuereinheit 10 ist
ein Regler 20, der in bekannter Weise die Funktionen des
ACC-Systems einschließlich
der Stop-and-Go-Funktion ausführt.
Ein Bedienelement 22, beispielsweise ein in der Nähe des Lenkrads
des Fahrzeugs angebrachter Multifunktionshebel, ermöglicht es
dem Fahrer, das ACC-System zu aktivieren oder zu deaktivieren, die
aktuelle Geschwindigkeit als Wunschgeschwindigkeit für die Geschwindigkeitsregelung
zu setzen, die Wunschgeschwindigkeit zu erhöhen oder zu verringern sowie
die Regelfunktion vorübergehend
auszusetzen und später
die Regelung auf die zuvor gesetzte Wunschgeschwindigkeit wieder
aufzunehmen.
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Im
Rahmen der ACC-Regelung werden vom Regler 20 je nach Verkehrssituation
unterschiedliche Längsführungsstrategien
angewandt, die das Ausmaß,
die Dauer und den zeitlichen Verlauf der Eingriffe in das Antriebssystem 14 bzw.
das Bremssystem 16 bestimmen. Wenn z. B. während der
Fahrt mit auf die Wunschgeschwindigkeit geregelter Geschwindigkeit
die Sensoreinrichtung 12, etwa bei der Ausfahrt aus einer
Kurve, erstmals ein vorausfahrendes Fahrzeug (Zielobjekt) auf der
eigenen Fahrspur ortet, so bestimmt eine dieser Längsführungsstrategien
anhand des gemessenen Abstands und der Relativgeschwindigkeit des
Zielobjektes, in welcher Weise die Geschwindiakeit des eigenen Fahrzeugs
an die Geschwindigkeit des Zielobjektes angepaßt wird. Die (zumeist negative)
Beschleunigung des Fahrzeugs ist dabei durch das Antriebssystem 14 und
gegebenenfalls das Bremssystem 16 so zu modifizieren, daß ein bestimmter
Sicherheitsabstand zu dem Zielobjekt nicht unterschritten wird und
das Zielobjekt letztlich in einem Abstand verfolgt wird, der einer
vorgegebenen Sollzeitlükke
entspricht. Dabei kann es im Rahmen einer sogenannten Eintauchstrategie
durchaus zugelassen werden, daß die
vorgegebene Sollzeitlücke vorübergehend
unterschritten wird.
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Wenn
beispielsweise bei einem Verkehrsstau das Zielobjekt anhält, sorgt
eine entsprechende Längsführungsstrategie
dafür,
daß das
eigene Fahrzeug in einem angemessenen Abstand hinter der Zielobjekt
zum Stand gebracht wird. Wenn das Zielobjekt wieder anfährt, steuert
eine weitere Längsführungsstrategie
das erneute Anfahren des eigenen Fahrzeugs und die Wiederaufnahme
der Verfolgung des Zielobjektes. Wenn das Zielobjekt nicht nur vorübergehend
verloren wird, beispielsweise weil das vorausfahrende Fahrzeug abgebogen
ist oder auf eine Nebenspur gewechselt hat, so wird das eigene Fahrzeug
wieder auf die Wunschgeschwindigkeit beschleunigt. Auch die Art
und Weise, in der dieser Beschleunigungsvorgang erfolgt, stellt
eine Längsführungsstrategie
dar.
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Die
Besonderheit des hier beschriebenen Fahrerassistenzsystems besteht
darin, daß die
genannten Längsführungsstrategien
nicht statisch, sondern variabel sind und eine Anpassung an die
Vorlieben oder Verhaltensweisen des Fahrers ermöglichen. Zu diesem Zweck weist
die ACC-Steuereinheit 10 ein Strategiemodul 24 auf,
das die jeweils anzuwendende Längsführungsstrategie
bestimmt. Im gezeigten Beispiel hat das Strategiemodul 24 einen Speicher 26,
in dem für
mindestens ein, vorzugsweise jedoch für mehrere oder alle der oben
als Beispiel angeführten
Verkehrssituationen jeweils mehrere Längsführungsstrategien gespeichert
sind. In 1 sind drei
solcher Längsführungsstrategien 28, 30 und 32,
die sich auf dieselbe Verkehrssituation beziehen, durch unterschiedliche
Beschleunigungs/Zeit-Kurven symbolisiert. Die Strategie 28 entspricht
einer besonders ruhigen, durch hohen Komfort für die Fahrzeuginsassen gezeichneten
Fahrweise, bei der auf das Auftauchen des Zielobjekts oder auf eine Änderung
des Bewegungszustands des Zielobjekts frühzeitig reagiert wird, die
Reaktion dann jedoch schwächer
wird, so daß die
weitere Annäherung
an das vorausfahrende Fahrzeug bzw. an den Abstand eher langsam
und "vorsichtig" erfolgt, mit möglichst
geringen Beschleunigungs- und Verzögerungsamplituden. Die Strategie 32 entspricht
dagegen einer eher dynamischen Fahrweise, bei der die Reaktion auf
das Zielobjekt nur allmählich
einsetzt, so daß die
Annäherung
an den Sollabstand entsprechend schneller erfolgt, dann jedoch gegen
Ende des Regeleingriffs eine heftigere Reaktion erforderlich ist.
Die Strategie 30 entspricht einer "normalen", zwischen diesen beiden Extremen liegenden
Fahrweise.
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Mit
einer beispielsweise am Armaturenbrett des Fahrzeugs angeordneten
Wähleinrichtung 34 kann
der Fahrer zwischen den Fahrweisen "komfortbetont", "normal" und "dynamisch" wählen und
so bestimmen, welche der Längsführungsstrategien 28, 30, 32 in
der betreffenden Verkehrssituation zur Anwendung kommt. Auf diese
Weise wird eine Anpassung des Systemverhaltens an die individuellen
Vorlieben des Fahrers ermöglicht.
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Im
gezeigten Beispiel umfaßt
das Strategiemodul 24 weiterhin einen Gaspedalmonitor 36 und
einen Bremspedalmonitor 38, mit denen in Betriebsphasen,
in denen die ACC-Regelfunktionen abgeschaltet oder ausgesetzt sind,
die Betätigungen des
Gaspedals und/oder des Bremspedals durch den Fahrer überwacht
werden können.
Die Überwachung des
Gaspedals mit Hilfe des Gaspedalmonitors 36 ist auch dann
möglich,
wenn der Fahrer bei aktiver ACC-Regelung diese Regelung vorübergehend durch
Betätigung
des Gaspedals übersteuert.
Wenn die ACC-Funktion aktiv ist, führt die Betätigung des Bremspedals zu einer
automatischen Deaktivierung der Funktion, so daß die Betätigung des Bremspedals durch
den Fahrer auch dann wieder überwacht werden
kann.
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Der
Gaspedalmonitor 36 und der Bremspedalmonitor 38 sind
hier als Teile des Strategiemoduls 24 dargestellt. Wahlweise
kann es sich bei diesen Komponenten auch um Komponenten eines "adaptiven Gaspedals" bzw. eines "adaptiven Bremspedals" handeln, die mit
dem Stra tegiemodul 24 kommunizieren.
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Ein
Lernmodul 40 registriert die vom Gaspedalmonitor 36 und
vom Bremspedalmonitor 38 gemeldeten Aktionen des Fahrers
und wertet außerdem
die von der Sensoreinrichtung 12 übermittelten Abstands- und
Relativgeschwindigkeitsdaten des Zielobjektes aus, und zwar insbesondere
auch dann, wenn der Regler 20 nicht aktiv ist. Auf diese
Weise kann das Lernmodul 40 verfolgen, wie der menschliche
Fahrer in den durch die Abstands- und Relativgeschwindigkeitsdaten
repräsentierten
Verkehrssituation reagiert. Durch Mittelung der Aktionen des Fahrers über mehrere
vergleichbare Verkehrssituationen bestimmt das Lernmodul 40 für die betreffende
Klasse von vergleichbaren Verkehrssituationen eine Längsführungsstrategie,
die die Gewohnheiten des menschlichen Fahrers repräsentiert.
Die auf diese Weise "gelernte" Längsführungsstrategie
wird dann dazu benutzt, die im Speicher 26 gespeicherten
Strategien 28, 30 und 32 zu modifizieren
und an das gewohnheitsmäßige Verhalten
des Fahrers anzupassen.
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Als
Beispiel sei angenommen, daß der
Fahrer vor Antritt der Fahrt mit Hilfe der Wähleinrichtung 34 die
Fahrweise "normal" gewählt hat.
Die in 1 als Beispiel
gezeigten Längsführungsstrategien 28, 30 und 32 sollen
sich auf eine Klasse von Verkehrssituationen beziehen, in denen
das Zielobjekt anhält, beispielsweise
bei einem Verkehrsstau oder vor einer roten Ampel. Die der "normalen" Fahrweise für diese Verkehrssituation
entsprechende Längsführungsstrategie
wäre dann
die Strategie 30. Solange der Regler 20 noch nicht
aktiv ist, registriert nun das Lernmodul 40, wie sich der
menschliche Fahrer in diesen Verkehrssituationen verhält, d. h.,
wie schnell und wie heftig er durch Loslassen des Gaspedals und Betätigen des
Bremspedals auf die Verzögerung
des vorausfahrenden Fahrzeugs reagiert und nach welchem zeitlichen
Schema er das Bremspedal betätigt, um
das Fahrzeug in angemessenem Abstand hinter dem Zielobjekt zum Stillstand
zu bringen. Ergänzend kann
das Lernmodul auch registrieren, wie dicht der Fahrer auf das stehende
vordere Fahrzeug auffährt. Die
Parameter, die diese Verhaltensweise des Fahrers kennzeichnen, werden
dann im Speicher 26 gespeichert und definieren die Längsführungsstrategie 30.
Wenn vergleichbare Situationen wie derholt auftreten (bei nicht aktiviertem
Regler 20), werden die dabei aus den Reaktionen des Fahrers
abgeleiteten Parameter nach dem Prinzip der gleitenden Mittelwertbildung
aktualisiert, so daß die
gespeicherte Längsführungstrategie 30 letztlich
dem Fahrerverhalten entspricht, das dieser individuelle Fahrer als "normal" empfindet.
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Dabei
braucht das vom Lernmodul 40 registrierte Verhalten des
Fahrers nicht identisch in dem Speicher 26 übernommen
werden. Vielmehr wird es in der Praxis oft zweckmäßig sein,
Veränderungen der
im Speicher 26 gespeicherten Längsführungsstrategie lediglich innerhalb
gewisser Grenzen zuzulassen, die insbesondere durch Sicherheitsüberlegungen
bestimmt sind. Ebenso sind auch Modifikationen der Strategie im
Hinblick auf eine verbrauchsoptimierte Fahrweise denkbar.
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Wenn
nun der Fahrer die ACC-Regelfunktion aktiviert, so wird während des
ACC-Betriebs im Regler 20 die im Speicher 26 gespeicherte
Strategie 30 zugrunde gelegt, die zuvor mit Hilfe des Lernmoduls 40 an
die Verhaltensweise des Fahrers angepaßt wurde.
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In
entsprechender Weise wird mit den Strategien 23 und 30 für die "komfortbetonte" und die "dynamische" Fahrweise verfahren.
Ebenso werden auch die Längsführungsstrategien
für andere
Verkehrssituationen "gelernt", beispielsweise
für das Einscheren
eines überholenden
Fahrzeugs, für
einen dauernden Verlust des Zielobjektes und dergleichen. Für Verkehrssituationen,
in denen auf eine Sollzeitlücke
zum vorausfahrenden Fahrzeug geregelt wird, kann auch die Länge dieser
Sollzeitlücke
an das während
der Lernphase erfaßte
tatsächliche
Verhalten des Fahrers angepaßt
werden.
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Bei
dem gezeigten Ausführungsbeispiel
stehen dem Fahrer somit für
den ACC-Betrieb jederzeit mehrere (im gezeigten Beispiel 3) unterschiedliche Fahrweisen
zur Auswahl, und für
jede dieser Fahrweisen sind die auf die einzelnen Verkehrssituationen
anzuwendenden Längsführungsstrategien
individuell an die Gewohnheiten des Fahrers angepaßt.
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Es
sind jedoch auch Ausführungsvarianten denkbar,
bei denen der Speicher 26 und das Lernmodul 40 in
anderer Weise eingesetzt werden. Während in dem oben beschriebenen
Ausführungsbeispiel
die im Speicher 26 gespeicherten Längsführungsstrategien 28, 30 und 32 sich
auf unterschiedliche Fahrweisen oder Fahrstile ein und desselben
Fahrers beziehen, läßt sich
das System auch in der Weise verwenden, daß unterschiedliche Fahrstile
für unterschiedliche
Fahrer gespeichert werden. In diesem Fall dient die Wähleinrichtung 34 nicht
zur Auswahl zwischen den Fahrweisen "komfortbetont", "normal" und "dynamisch", sondern zur Individualisierung
dreier unterschiedlicher Fahrer A, B und C, die zu verschiedenen
Zeiten dasselbe Fahrzeug benutzen. Die Strategie 28 wäre dann
z. B. die Längsführungsstrategie, die
mit Hilfe des Lernmoduls an die Fahrweise des Fahrers A angepaßt wurde,
die Strategie 30 wäre diejenige
für den
Fahrer B, usw.
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In
einer anderen Ausführungsvariante
ist es denkbar, daß die
unterschiedlichen Längsführungsstrategien 28, 30 und 32,
die für
jede Verkehrssituation im Speicher 26 gespeichert sind,
als solche statisch und unveränderlich
bleiben und das Lernmodul 40 dazu dient, unter diesen verschiedenen
Strategien jeweils diejenige auszuwählen, die dem festgestellten
Verhalten des Fahrers am ähnlichsten
ist.
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Ebenso
sind selbstverständlich
auch Ausführungsformen
denkbar, bei denen das Lernmodul 40 nicht vorhanden ist
und lediglich eine manuelle Auswahl zwischen vordefinierten Strategien
möglich
ist sowie umgekehrt eine Variante, bei der im Speicher 26 für jede Verkehrssituation
lediglich eine einzige Strategie gespeichert ist, die mit Hilfe
des Lernmoduls 40 an die Verhaltensweise des Fahrers angepaßt wird.
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Unter
Bezugnahme auf 2 und 3 soll nun anhand eines Beispiels
illustriert werden, wie sich eine Längsführungsstrategie für eine spezielle
Klasse von Verkerssituationen so parametrisieren läßt, daß sie einfache
Weise an spezielle Verkehrssituationen innerhalb dieser Klasse sowie
an die Hilfe des Lernmoduls 40 fest gestellte Verhaltensweise
des Fahrers angepaßt
werden kann. Als Beispiel wird hier diejenige Klasse von Verkehrssituationen
betrachtet, die dadurch gekennzeichnet ist, daß das vorausfahrende Fahrzeug
stark abbremst oder anhält,
so daß ein
entsprechender Eingriff in das Bremssystem 16 des eigenen
Fahrzeugs erforderlich ist. Dieser Bremseingriff führt zu einer
negativen Beschleunigung des Fahrzeugs, wie sie qualitativ durch
des Beschleunigurgs/Zeit-Diagramm in 2 wiedergegeben
ist. Der Zeitpunkt t0 markiert den Zeitpunkt, an dem die Verzögerung des
Zielobjekts durch die Sensoreinrichtung 12 erkannt wird.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Zielobjekt mit im wesentlichen
konstanter Geschwindigkeit verfolgt, so daß die Beschleunigung a des
eigenen Fahrzeugs annähernd
den Wert 0 hatte. Vom Zeitpunkt t0 an wird dann die Beschleunigung
des Fahrzeugs linear verringert (Zunahme des Bremsdruckes), bis
zum Zeitpunkt t1 eine minimale Beschleunigung amin (maximale Bremsverzögerung)
erreicht wird. Diese Beschleunigung bleibt dann bis zum Zeitpunkt
t2 konstant. Danach steigt die Beschleunigung linear an (Rücknahme
des Bremsdruckes), bis sie zum Zeitpunkt t3 wieder den Wert 0 erreicht.
Zu diesem Zeitpunkt t3 ist die Sollzeitlücke zu dem vorausfahrenden
Fahrzeug, bzw., wenn das Zielobjekt anhält, der Anhalteabstand erreicht.
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Wenn
man die in 2 gezeigte
Kurve in dem Intervall zwischen t0 und t3 zweimal nach der Zeit
integriert, mit dem zum Zeitpunkt t0 gemessenen Abstand des Zielobjekts
und der zum Zeitpunkt t0 gemessenen Relativgeschwindigkeit als Anfangswerten,
so erhält
man den Weg, den das eigene Fahrzeug zwischen t0 und t3 relativ
zum Zielobjekt zurücklegt.
Dieser Weg, der im folgenden als "Reaktionsweg" bezeichnet werden soll, muß der Differenz zwischen
dem zum Zeitpunkt t0 gemessenen anfänglichen Abstand des Zielobjektes
und dem endgültigen
Abstand (Sollabstand) zum Zeitpunkt t3 entsprechen. Für den Zeitpunkt
t3 gilt außerdem
die Bedingung, daß die
Relativgeschwindigkeit 0 sein muß, d. h., das erste Integral
der Beschleunigung, mit der anfänglichen
Relativgeschwindigkeit als Anfangswert, muß zum Zeitpunkt t3 den Wert
0 erreichen. Es verbleiben somit nur drei "freie" Parameter, nämlich die Zeitpunkte t1 und
t2 und die Beschleunigung amin, die den Verlauf der Beschleunigungskurve
in
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2 und damit die Längsführungsstrategie vollständig bestimmen.
Die Zeitpunkte t1 und t2 werden dabei vorzugsweise normiert, d.
h., sie werden als Prozentanteile des Zeitintervalls zwischen t0
und t3 angegeben.
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Eine
spezifische Verkerssituation innerhalb der hier betrachteten Klasse
ist gekennzeichnet durch den Abstand und die Relativgeschwindigkeit des
Zielobjekts zum Zeitpunkt t0. Wenn die normierten Werte von t1 und
t2 vorgegeben sind, läßt sich aus
diesem Abstands- und
dieser Relativgeschwindigkeit der notwendige Wert von amin berechnen. Dabei
ist natürlich
vorauszusetzen, daß der
erforderliche Wert von amin dem Betrage nach nicht größer wird
als das maximale Bremsvermögen
des Fahrzeugs. Wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, kann
eine vordefinierte "Notstrategie" angewandt werden.
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Durch
Anpassung von amin läßt sich
die Beschleunigungs/Zeit-Kurve mit dem in 2 gezeigten qualitativen Verlauf an die
spezifische Verkehrssituation anpassen. Die Längsführungsstrategien für die gesamte
Klasse von Verkehrssituationen, gekennzeichnet durch unterschiedliche
Anfangswerte für
den Abstand und die Relativgeschwindigkeit, werden somit ausschließlich durch
die normierten Zeitpunkte t1 und t2 charakterisiert.
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Bei
diesen Überlegungen
ist idealisierend angenommen worden, daß sich die Relativgeschwindigkeit
des Zielobjektes zum Zeitpunkt t0 sprunghaft ändert. In der Praxis ist es
natürlich
so, daß die Änderungen
der Relativgeschwindigkeit fortlaufend über den gesamten Zeitraum hinweg
erfolgen und entsprechend auch die Längsführungsstrategie fortlaufend
an die jeweils aktuellen Relativgeschwindigkeiten angepaßt wird.
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3 zeigt ein Beispiel für eine andere Längsführungsstrategie
für dieselbe
Verkehrssituation, gekennzeichnet durch andere Werte von t1 und t2.
Der vom Lernmodul 40 auszuführende Lernalgorithmus besteht
nun darin, die vom Fahrer tatsächlich vorgenommenen
Bremspedalbetätigungen
und die daraus resultierenden Fahrzeugverzögerungen durch eine Beschleunigungs/Zeit-Kurve
des in 2 und 3 gezeigten Grundtypus anzunähern. Die
für diese
Kurve erhaltenen (normierten) Zeitpunkte t1 und t2 kennzeichnen
dann die Längsführungsstrategie, die
im Speicher 26 gespeichert wird.
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Die
in 2 und 3 gezeigte mathematische Modellierung
der Längsführungsstrategien
stellt selbstverständlich
nur eine von zahlreichen Möglichkeiten
dar, die Längsführungsstrategien
zu klassifizieren und zu parametrisieren. Eine andere Möglichkeit
bestünde
z. B. darin, obere und untere Grenzen für die maximale Abweichung zwischen
dem tatsächliche
Abstand des Zielobjekts und dem (durch die Zeitlücke gegebenen) Sollabstand
festzulegen. Der Regeleingriff würde
dann im Rahmen der ACC-Regelung stets so erfolgen, daß diese
Grenzen eingehalten werden. In der Lernphase würde dann ermittelt, welche
Abweichungen zwischen dem Soll- und dem Istabstand der Fahrer in
den einzelnen Verkehrssituationen durchschnittlich zuläßt. Enge
Soll/Ist-Toleranzen würden
dann eine Fahrweise repräsentieren, bei
der der Fahrer sehr prompt auf Änderungen
des Bewegungszustands des vorausfahrenden Fahrzeugs reagiert, während größere Toleranzen
eine ausgeglichenere Fahrweise kennzeichnen. Dabei wären auch
Längsführungsstrategien
denkbar, bei denen relativ große
Unterschreitungen des Sollabstands, aber nur geringe Überschreitungen
des Sollabstands zugelassen werden oder umgekehrt.
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Die
Charakterisierung der Längsführungsstrategien
durch unterschiedliche Toleranzgrenzen läßt sich auch mit einer Charakterisierung
nach Formel der Beschleunigunas/Zeit-Kurve analog zu 2 und 3 kombinieren.