DE10329296B4 - Beschichtungssystem für Biomaterialien - Google Patents
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Abstract
Beschichtungssystem
für Biomaterialien
zur Anwendung in Medizinprodukten mit direktem Blutkontakt, wobei
– eine synthetische Blutgerinnungshemmstoffschicht vorgesehen ist, die über
– eine flexible Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche verbunden ist, und
– die Bindung der Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche kovalent ausgebildet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass als Blutgerinnungshemmstoffschicht persulfatierte Mono- oder Oligosaccharidmoleküle vorgesehen sind, wobei zur Ausbildung der Blutgerinnungshemmstoffschicht ein Molekül folgender Struktur eingesetzt wird.
– eine synthetische Blutgerinnungshemmstoffschicht vorgesehen ist, die über
– eine flexible Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche verbunden ist, und
– die Bindung der Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche kovalent ausgebildet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass als Blutgerinnungshemmstoffschicht persulfatierte Mono- oder Oligosaccharidmoleküle vorgesehen sind, wobei zur Ausbildung der Blutgerinnungshemmstoffschicht ein Molekül folgender Struktur eingesetzt wird.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Beschichtungssystem für Biomaterialien zur Anwendung in Medizinprodukten mit direktem Blutkontakt. Derartige Beschichtungssysteme dienen der Verhinderung der Blutgerinnungsaktivierung durch Biomaterialien, die bei diagnostischen oder therapeutischen Verfahren in Kontakt mit dem Blutkreislauf gebracht werden.
- Blutkontaktierende Biomaterialien im Sinne dieser Erfindung werden zum Beispiel für die Herstellung von Medizinprodukten, wie Gefäßprothesen, Herzklappen, implantierbare Blutpumpen, Gefäßstützen und Gefäßkatheter verwendet. Gleichfalls werden diese Biomaterialien in Blutreinigungssystemen, wie zum Beispiel für Hämodialysemembranen, Oxygenatoren, Schlauchsysteme und Blutbeutel, eingesetzt.
- Als Biomaterialien finden häufig Kunststoffe oder Metalle Anwendung. Die Aktivierung der Blutgerinnung und der Thrombusbildung durch die Materialoberflächen stellt beim gegenwärtigen Stand der Technik ein erhebliches Problem für die Sicherheit der Anwendung vieler der oben angeführten Medizinprodukte dar. Die Anwendbarkeit von ansonsten sicheren medizintechnischen Systemen wird dadurch eingeschränkt bzw. es muss anwendungsbegleitend eine zusätzliche Verabreichung von gerinnungshemmenden Medikamenten (Antikoagulantien) vorgenommen werden. Dies bringt jedoch teilweise erhebliche zusätzliche Risiken mit sich.
- Zur Verminderung der Blutgerinnung und Thrombusbildung werden daher im Stand der Technik verschiedene Oberflächenmodifikationen und Beschichtungen für blutkontaktierende Biomaterialien vorgeschlagen. Es wurden physikalische und chemische Oberflächenparameter, wie Texturierung, elektrische Ladung, Hydrophilie und molekulare Beweglichkeit der Materialoberfläche, variiert, womit eine Vermeidung der initialen Aktivierungsreaktionen zwischen Biomaterial und Gerinnungsproteinen bzw. Thrombozyten erreicht werden soll. Außerdem wurden auch bereits verschiedene molekularspezifisch auf das Blutgerinnungssystem oder dessen molekulare Gegenspieler wirkende Biopolymere, wie Heparin, Hirudin oder Thrombomodulin, für Beschichtungen herangezogen. Diese Biopolymere wurden entweder fest an der Materialoberfläche verankert oder als Freisetzungssysteme zeitabhängig vom Material an den Organismus abgegeben.
- Die
DE 102 23 310 A1 beschreibt ein Verfahren zur Beschichtung von Implantaten mit einer Polysaccharid-Lage, wobei dieses Verfahren einerseits das kovalente Anbinden eines nicht quer vernetzten Polysaccharids an die Substratoberfläche des Implantats unter Bildung der Polysaccharid-Lage und andererseits die Quervernetzung der damit gebildeten Polysaccharid-Lage umfasst. Die Verwendung von Polysacchariden für die Beschichtung ist auch aus den SchriftenDE 44 44 445 C2 , WO 01/76652 A1 und WO 98/10805 A1 bekannt. - Die
DE 199 08 318 A1 betrifft hämokompatible Oberflächen, u. a. für medizinische Zwecke, die sich dadurch auszeichnen, dass auf bzw. in die Oberfläche von Werkstoffen Bestandteile der äußeren Schicht von Blutzellen, Mesothelzellen und bestimmten Geweben eingebracht sind. DieDE 698 09 892 T2 offenbart biomedizinische Beschichtungen durch teilweise sulfatierte Hyaloronsäureverbindungen, die antikoagulierende und antithrombotische Eigenschaften haben. - Die
DE 196 30 879 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung blutverträglicher Werkstoffe durch Oberflächenbeschichtung von synthetischen Polymeren mit wasserlöslichen Substanzen aus natürlichen oder modifizierten Oligo- und Polysacchariden über kovalente Bindungen. Dabei kann die Beschichtung mit synthetisierten Oligosacchariden erfolgen, die durch Sulfatierung verändert werden können. - Aus der WO 93/16176 A1 geht die Verwendung von Oligosacchariden als Haftvermittler hervor. Dabei sind die beschriebenen Haftvermittler an der Oberfläche einerseits und an eine chemische Spezies andererseits gebunden, so dass sie als Abstandshalterschicht, jedoch nicht als Blutgerinnungshemmstoffschicht, anzusehen sind.
- Im Stand der Technik sind insbesondere Beschichtungen von Biomaterialien mit Heparin bekannt. Aus der
DE 38 78 994 T2 ist bekannt, dass eine physiologisch aktive Verbindung, wie beispielsweise Heparin, über ein Spacer-Molekül an eine Substratoberfläche gebunden wird. Nachteilig ist, dass die spezifische Wirkung von Heparin als Blutgerinnungshemmstoff aufgrund der Strukturvariabilität des Moleküls noch nicht komplett aufgeklärt ist. Weiterhin kann Heparin mit einer Vielzahl von Proteinen in Wechselwirkung treten und so gleichzeitig verschiedene Signalkaskaden beeinflussen. - Nachteilig an einer derartigen Beschichtung ist weiterhin, dass die Wirksamkeit der Beschichtung durch Abbauprozesse, denen diese Moleküle im Organismus unterliegen, zeitlich begrenzt und auch schwer kontrollier- bzw. feststellbar ist. Darüber hinaus weisen Biopolymere, wie Heparin, meist komplexe ausgedehnte dreidimensionale Molekülstrukturen auf, deren Änderung durch die Verbindung mit der Biomaterialoberfläche funktionseinschränkend sein kann.
- Im Stand der Technik sind gleichfalls synthetische Blutgerinnungshemmstoffe, wie Serin-Protease Inhibitoren, bekannt, welche verglichen mit den biomolekularen Vorbildstrukturen kleine molekulare organische Verbindungen darstellen. Diese binden Antithrombin oder Heparinkofaktor II so spezifisch, dass die zur Gerinnung führenden Serinproteasen gehemmt werden.
- Nachteilig ist jedoch, dass diese kleineren, heparinstrukturverwandten Oligosaccharideinheiten auf Biomaterialoberflächen schwer fixiert werden können, ohne ihre Wirksamkeit stark zu beeinträchtigen.
- Aufgabe der Erfindung ist es, ein Beschichtungssystem für Biomaterialien auszubilden, welches eine spezifische Beeinflussung der Blutgerinnung ermöglicht und gleichzeitig die Wirksamkeit der Blutgerinnungsinhibierung über einen längeren Zeitraum erhalten bleibt.
- Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch ein Beschichtungssystem für Biomaterialien zur Anwendung in Medizinkontakten mit direktem Blutkontakt dadurch gelöst, dass eine synthetische Blutgerinnungshemmstoffschicht vorgesehen ist, die über eine flexible Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche verbunden ist, wobei die Bindung der Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche kovalent ausgebildet ist.
- Erfindungsgemäß werden als Blutgerinnungshemmstoffschicht persulfatierte Mono- oder Oligosaccharidmoleküle verwendet.
- Die Erfindung wird realisiert, indem das in
1 angeführte Inhibitormolekül zur Bildung der Blutgerinnungshemmstoffschicht eingesetzt wird. - Die Abstandshalterschicht weist vorteilhaft eine Struktur der Form A-B-C auf, wobei die Struktureinheit A eine Amin-, Thiol- oder Alkoholgruppe ist.
- Die Struktureinheit B ist bevorzugt eine Alkylkette (CH2)n mit n = 1 bis 15 oder eine Oligo- bzw. Polyethylenglykolkette im Molekularmassenbereich von 50 bis 10 000 Gramm pro Mol.
- Die Struktureinheit C ist bevorzugt eine Amin-, Thiol-, Alkohol-, Karbonsäure- oder eine Doppelbindungsgruppe.
- Nach der Konzeption der Erfindung wird die Beschichtung durch das Beschichtungssystem derart ausgebildet, dass die Blutgerinnungshemmstoffschicht durch die flexible Abstandshalterschicht sich optimal strukturell ausrichten kann, gleichzeitig aber durch die kovalente Bindung der Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche fest mit dem Biomaterial verbunden ist und weniger stark durch Abbaureaktionen in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt wird.
- Vorteilhaft ist die Verwendung hochsulfatierter Mono- und Oligosaccharidmoleküle, wie zum Beispiel Glukosederivative oder Cylodextrine. Diese werden durch eine Umsetzung mit einer Hydroxyleinheit mit einer Spacer- bzw. Abstandshalterfunktion versehen, die einerseits erlaubt, an Oberflächen von Material mit komplementären reaktiven chemischen Gruppen kovalent anzuknüpfen und ihnen andererseits im angebundenen Zustand die erforderliche Beweglichkeit zur Ausbildung der optimalen dreidimensionalen Struktur belässt.
- Die Verwendung von Mono- und Oligosaccharidmolekülen als Blutgerinnungshemmstoffschicht ist durch eine spezifischere biologische Aktivität sehr vorteilhaft im Vergleich zu Heparin. Weiterhin kann die physiologische Wirksamkeit aufgrund der synthetischen Kontrolle über die Struktur der Moleküle genau definiert und reproduziert werden.
- Die Verknüpfung der abstandshalterfunktionalisierten Inhibitoren mit Oberflächen von Biomaterialien kann vorteilhaft durch eine zusätzliche reaktive Polymerbeschichtung auf der Biomaterialoberfläche verbessert werden. Ebenso ist eine zusätzliche Beschichtung mit im Niederdruckplasma behandeltem Polydimethylsiloxan als vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung zu verstehen. Eine weitere Möglichkeit der festen Bindung der Abstandshalterschicht an das Biomaterial besteht darin, das Biomaterial selbst derart auszuwählen, dass es reaktive Gruppen aufweist.
- Im Falle der zusätzlichen reaktiven Polymerbeschichtung der Biomaterialoberfläche wird diese vorteilhaft mit Maleinsäurecopolymer, Maleinsäureanhydridcopolymer, Polyvinylchlorid, Polyurethane, Polyasparaginsäure, Polyglutaminsäure, Poly(L/D-Lysine) oder Poly(hydroxyethylmethacrylat) ausgebildet.
- Alternativ weist das Biomaterial selbst reaktive Gruppen auf. Die Biomaterialoberfläche wird dabei vorteilhaft mit Acrylat-, Acrylamid-, Methacrylat-, Methacrylamid-, Maleimid-, Allyl- oder Vinyl-Gruppen ausgeführt.
- Dabei wird konzeptionsgemäß die kovalente Anbindung der Abstandshalterschicht mit den synthetischen Blutgerinnungsinhibitoren dadurch erreicht, dass die Abstandshalterschichtendgruppe mit reakiven Funktionalitäten, wie etwa Maleinsäure, Gopolymere, Polyvinylchlorid, Polyurethane, Polyasparaginsäure oder Polyglutaminsäure bei amin-, thiol- und alkoholterminiertem Abstandshalter, versehen wird, wohingegen Poly(L/D-Lysine), Poly(hydroxyethylmethacrylat) bei Carbonsäure terminiertem Abstandshalter umgesetzt wird.
- Eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht wie erwähnt darin, abstandshalterfunktionalisierte synthetische Blutgerinnungsinhibitoren durch die Reaktion der Endgruppe der Abstandshaltereinheit mit Oberflächenfunktionalitäten von Kunststoffen kovalent zu immobilisieren, wobei die Behandlung der Kunststoffe im Niederdruckplasma erfolgt.
- Durch die dargelegten Grundprinzipien können verschiedenste Basismaterialien, wie Kunststoffe oder Metalle, mit einer reaktiven Basisschicht versehen und so für die kovalente Verankerung von abstandshalterfunktionalisierten synthetischen Blutgerinnungsinhibitoren vorbereitet werden.
- Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere in der kovalenten Verankerung synthetischer Blutgerinnungsinhibitoren an der Biomaterialoberfläche. Diese Immobilisationsform erweist sich als besonders vorteilhaft, da die feste chemische Verbindung die Freisetzung des Wirkstoffes und damit die zeitabhängige Veränderung der Grenzfläche und den damit verbundenen Verlust des Schutzes gegen die Blutgerinnungsaktivierung und systemische Auswirkungen des freigesetzten Inhibitors wirksam verhindert wird.
Claims (5)
- Beschichtungssystem für Biomaterialien zur Anwendung in Medizinprodukten mit direktem Blutkontakt, wobei – eine synthetische Blutgerinnungshemmstoffschicht vorgesehen ist, die über – eine flexible Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche verbunden ist, und – die Bindung der Abstandshalterschicht mit der Biomaterialoberfläche kovalent ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass als Blutgerinnungshemmstoffschicht persulfatierte Mono- oder Oligosaccharidmoleküle vorgesehen sind, wobei zur Ausbildung der Blutgerinnungshemmstoffschicht ein Molekül folgender Struktur eingesetzt wird.
- Beschichtungssystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Abstandshalterschicht eine Struktur der Form A-B-C aufweist, wobei A eine NH-, S- oder O-Gruppe ist, B eine Alkylkette (CH2)n mit n = 1 bis 15 oder eine Oligo- bzw. Polyethylenglykolkette im Molekularmassenbereich von 50 bis 10.000 g/mol ist und C eine Amin- (NH-), Thiol- (S-), Alkohol- (O-), Carbonsäure- (CO-) oder eine Doppelbindungsgruppe ist.
- Beschichtungssystem nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Biomaterialoberfläche zur Reaktion mit der Abstandshalterschicht – eine zusätzliche reaktive Polymerbeschichtung aufweist oder – eine zusätzliche im Niederdruckplasma behandelte Polydimethylsiloxanschicht aufweist oder – reaktive Gruppen aufweist.
- Beschichtungssystem nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die zusätzliche reaktive Polymerbeschichtung der Biomaterialoberfläche als Maleinsäurecopolymer, Maleinsäureanhydridcopolymer, Polyvinylchlorid, Polyurethan, Polyasparaginsäure, Polyglutaminsäure, Poly(L/D-Lysin) oder Poly(hydroxyethylmethacrylat) ausgebildet ist.
- Beschichtungssystem nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Biomaterialoberfläche als reaktive Gruppen Acrylat-, Acrylamid-, Methacrylat-, Methacrylamid-, Maleimid-, Allyl- oder Vinyl-Gruppen aufweist.
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