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Konservierungs- und Schutzmittel gegen die Bildung von Mikroorganismen
Es wurde gefunden, daß die wasserlöslichen Salze des Hydrazins mit organischen Säuren
wertvolle Konservierungs- und Schutzmittel gegen Mikroorganismen darstellen und
als solche entweder allein oder zusammen mit anderen an sich bekannten Konservierungs-
und Schutzmitteln zum Einsatz kommen können.
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Es kommen niedrigmolekulare Verbindungen wie Hydrazinacetat oder -formiat,
Hydrazinbenzoat oder -salicylat sowie viele andere Hydrazinsalze organischer Säuren
in Betracht, wobei je nach Verwendungszweck leicht oder schwer in Wasser lösliche
Salze gewählt werden können. Sehr geeignet sind die Hydrazinsalze von Aminopolycarbonsäuren,
wie etwa Nitrilotriessigsäure oder Äthyldiaminotetraessigsäure. In diesen Verbindungen
sind die komplexbildenden Eigenschaften mit den konservierenden vereinigt.
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Von besonderem Interesse als Konservierungs- und Schutzmittel sind
die oberflächenaktiven Hydrazinsalze, welche durch Umsetzung vorzugsweise wäßriger
Hydrazinlösungen mit Fettsäuren, höhermolekularen Alkyl- oder Alkylarylsulfonsäuren,
Alkyl- oder Alkylarylsulfohalogeniden, sauren Alkylsulfaten (Fettalkohol-Schwefelsäureestern),
Alkylboraten od. dgl. entstehen. Auch andere anionaktive Verbindungen wie beispielsweise
Fettsäurekondensationsprodukte verschiedenen Typs, Sulfonsäurekondensationsprodukte
verschiedenen Typs, Sulfate von Polyoxyverbindungen oder von acylierten bzw. alkylierten
Alkylolaminen, Sulfonate von Fettsäuren, ihren Estern oder Aminen, Sulfobernsteinsäureester,
Aroylsulfopropionsäureester, höhermolekulare Sulfaminsäuren od. ä. sind in Form
der Hydrazinsalze einsetzbar. Die Verbindungen dieses Typs sind deshalb besonders
technisch wertvoll, weil sie als oberflächenaktive Substanzen je nach spezieller
Struktur netzende, waschende, dispergierende oder emulgierende Wirkungen auszuüben
vermögen und diese Eigenschaften mit einem ausgezeichneten Konservierungs- und Schutzvermögen
gegen Mikroorganismen vereinigen. Die bei vielen oberflächenaktiven Substanzen in
Form ihrer Alkali- oder Ammoniumsalze zu beobachtende Begünstigung der Ausbreitung
von Bakterien oder schädlichen Pilzen wird vermieden, wenn diese oberflächenaktiven
Substanzen ganz oder auch nur zu einem kleinen Teil in Form der Hydrazinverbindungen
vorliegen.
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Die Wirksamkeit des Hydrazins und seiner Verbindungen richtet sich
gegen Bakterien ebenso wie gegen Pilzschädlinge, insbesondere Schimmelpilze. Die
Enzymentwicklung durch Bakterien und Pilze wird gehemmt, wodurch der enzymatische
Abbau von Cellulosematerialien bzw. von Proteinen gestört wird. Auch der Entwicklung
von Schmutz- und Schleimbakterien wirken die Hydrazinverbindungen bereits in kleinen
Mengen entgegen. So gelingt es beispielsweise, bereits durch eine 0,01- bis 0,02°/öige
Lösung eines Hydrazinalkylsulfates die Bildung derartiger Mikroorganismen zu unterdrücken.
Mitunter empfiehlt es sich, Hydrazinsalze zusammen mit anderen Salzen, beispielsweise
mit Kochsalz, zu verwenden. Ein Zusatz von 0,5 bis 2 °/o Hydrazindodecylbenzolsulfonat
zum Kochsalz verstärkt dessen konservierende Wirkung erheblich.
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Vielfach ist es zweckmäßig, die vorgenannten Hydrazinverbindungen
zusammen mit anderen fungiziden oder bakteriziden Stoffen zu verwenden, um deren
Wirkung zu verstärken. Solche Stoffe sind Formaldehyd, Paxaldehyd, Phenole und Kresole,
o-Phenylphenol, Chlorphenole und Chlorkresole, chlorierte Oxydiphenyhnethanabkömmlinge,
Salicylsäurederivate, wie Phenylsalicylat, Salicylsäureanilid, Phenylquecksilberverbindungen,
Propylenglykol, kationaktive Produkte, wie Fettamine, oder quaternäre Ammoniumbasen
in Salzform sowie schließlich auch anorganische Produkte, wie Fluoride oder Silikofluoride.
Kationaktive Konservierungsmittel werden im allgemeinen nur mit Hydrazinsalzen niedrigmolekularer
organischer Säuren gemeinsam Verwendung finden.
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Eine besondere Ausführungsform des Verfahrens besteht in der Anwendung
von organischen Hydrazinsalzen zusammen mit oberflächenaktiven Verbindungen, welche
an sich keine oder nur eine geringe Konservierungs- und Schutzwirkung gegen Mikroorganismen
besitzen. Außer den bereits erwähnten Hydrazinverbindungen des höhermolekularen,
oberflächenaktiven Typs können auch niedrigmolekulare Hydrazinverbindungen zusammen
mit allen bekannten oberflächenaktiven Stoffen, wie Seifen, höhermolekularen Aminosäuren
(Eiweißabbauprodukten), Fettsäurekondensationsprodukten, Alkylsulfaten, Alkylsulfonaten,
Alkylbenzolsulfonaten, Sulfobernsteinsäureestern usw., sowie den nichtionogenen
Alkylenoxydaddukten kombiniert werden, zumal diese Verbindungen vielfach zu Zwecken
eingesetzt werden, bei denen auch eine fungizide und bakterizide Wirkung erwünscht
ist.
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Zu den Hauptverwendungsgebieten der Hydrazinsalze organischer Säuren
allein oder im Gemisch mit anderen Konservierungsmitteln und/oder oberflächenaktiven
Substanzen
gehört das Haltbarmachen von Lösungen, Aufschlämmungen,
Gallerten und Pasten organischer Kolloidstoffe. So genügt beispielsweise ein Zusatz
von 0,1 bis 0,2°/o Hydrazinlaurylsulfat völlig, um eine 3°/oige Gelatinegallerte
für einen längeren Zeitraum zu konservieren.
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Derartige Zubereitungen finden verbreitet industrielle Verwendung,
so beispielsweise bei der Erzeugung von Binde- und Klebemitteln, für Druckmassen,
Verdickungsmittel, Anstrichmassen, Farbstoffsuspensionen, Tinten und auch kosmetischen
Zubereitungen verschiedenster Art. Besonders werden Lösungen, Aufschlämmungen, Gallerten
und Pasten gegen den Befall durch Mikroorganismen geschützt, welche Kohlehydrate
oder Proteine enthalten.
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Ein weiteres Anwendungsgebiet für die Konservierungs- und Schutzmittel
auf Basis von Hydrazinsalzen organischer Säuren ist das Haltbarmachen von anorganischen
Baumaterialien. Anorganische Baumaterialien, welche unter ungünstigen Feuchtigkeits-
und Wärmeverhältnissen besonders in Innenräumen mitunter einem Pilzbefall unterworfen
sind, können durch Zusätze von Hydrazinsalzen beschriebener Art oder durch nachträgliche
Imprägnierung mit deren Lösungen oder schließlich durch Anstriche, welche diese
Verbindungen enthalten, wirkungsvoll geschützt werden.
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Die Hydrazinsalze organischer Säuren können als solche oder im Gemisch
mit anderen Salzen oder indifferenten Stoffen sowie in Lösungen oder Suspensionen
angewandt werden. Außer Wasser oder den zu konservierenden, meist wasserhaltigen
Zubereitungen eignen sich viele organische Lösungsmittel wie ein- oder mehrwertige
Alkohole, hydrierte Phenole, Ketone, Dioxan, Glykoläther, Kohlenwasserstoffe besonders
gut als Lösungs- oder Dispergiermittelfür die Hydrazinsalze organischer Säuren.
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Hydrazinhydrat allein oder im Gemisch mit Phenol, organisch substituierte
Hydrazine sowie Hydrazinsalze niederer anorganischer Säuren, besonders Hydrazinsulfat,
sind als Mittel mit bakteriziden bzw. fungiziden Eigenschaften bereits bekanntgeworden.
Ein Schutz für diese Verbindungen als Konservierungs- und Schutzmittel gegen die
Bildung von Mikroorganismen wird daher nicht beansprucht.
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Die in der USA.-Patentschrift 2 659 688 vorgeschlagenen Kupfer-Hydrazin-Doppelsalze
organischer Säuren, besonders Kupfersulfat-Hydraziniumbenzoat und Kupfersulfat-Dihydraziniumoxalat,
sind in Wasser unlöslich und daher vorzugsweise als Bestäubungsmittel für die Bekämpfung
von Pflanzenschädlingen einsetzbar. Derartige Mittel werden hier nicht beansprucht.
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Hydrazinhydrat besitzt zwar bakterizide und fungizide Wirkungen, doch
ist diese Verbindung stark toxisch und ferner als freie Base sehr reaktionsfähig
und daher vielfach ungeeignet. Die Hydrazinsalze organischer Säuren zeichnen sich
gegenüber den bekannten anorganischen Hydrazinsalzen - besonders gegenüber den Hydrazinsulfaten
- durch eine stark abgeschwächte toxische Wirkung auf Warmblütler in Verbindung
mit gesteigerter Aktivität gegenüber Mikroorganismen - Bakterien, Schimmelpilzen
usw. - aus. Der Einsatz von Hydrazin ist in Form der organischen Salze zur Erzielung
der gleichen keimwidrigen Wirkung erheblich geringer als beispielsweise in Form
von Hydrazinsulfat, selbst wenn die zugrunde liegenden organischen Säuren keine
bakteriziden oder fungiziden Eigenwirkungen besitzen. Außerdem können die spezifischen
Wirkungen der organischen Säuren - beispielsweise ihre oberflächenaktiven, weichmachenden
oder komplexbildenden Eigenschaften -benutzt werden, so daß mit den entsprechenden
organischen Hydrazinsalzen kombinierte Effekte erzielbar sind, wie sie üblicherweise
nur mit wenigstens zwei Wirkstoffen erreicht werden können. Abschließend werden
die Ergebnisse von Prüfungen der Hydrazinsalze organischer Säuren im Vergleich zu
den entsprechenden Natriumsalzen und dem Hydrazinsulfat a) bei der Behandlung einer
grampositiven Bakterienkultur und b) beim Zusatz zu einer Gelatinegallerte mitgeteilt.
In den nachstehenden Tabellen bedeutet: A Hydraziniumsulfat (24,6°/o NZH4) B H Hydrazinium-Alkylbenzolsulfat
(8,60/, N2 H4) B Na Natrium-Alkylbenzolsulfonat C H Hydrazinium-Dodecylst (10,40/0
N,11,) CNa Natrium-Dodecylsulfat
D H Dihydraziniumsalz der Äthylendiaminotetraessigsäure
(17,90/, N, H,)
D
Na Dinatriumsalz der Äthylendiaminotetraessigsäure Ph Phenol
a) Test nach der Suspensionsmethode bei 20°C |
Prüfsubstanz: 24stündige Kultur eines Stammes |
von St. aureus (Oxford). |
Prüfzeit 0,501, 0,5010 10/0 |
A BH Ph |
1' +++ +. _ +. |
2,5' +.+.+. _ .++.+. |
5' +++ _ +.+.+ |
10' +++ - -I- |
20' +_++. - - |
1h .++. t - |
2h +.+ |
3h +.- - |
gh - - - |
17h - - - |
0 bis 10 Keime -f-+ = 100 bis 1000 Keime |
-f- = 10 bis 100 Keime ... = mehr als 1000 Keime |
b) Beeinflussung einer 3°/jgen Gelatinegallerte |
durch Luftkeime bei 20'C |
Substanz °/o Zusatz Ausbreitung in |
Tagen |
ohne - 2 |
A 0,1 21 |
0,05 18 |
0,02 13 |
BH 0,1 |
0,05 39 |
0,02 24 |
BNa 0,1 5 |
0,05 4 |
0,02 3 |
CH 0,1 88 |
0,05 78 |
0,02 63 |
CNa 0,1 13 |
0,05 8 |
0,02 6 |
DH 0,1 x |
0,05 50 |
0,02 27 |
D Na 0,1 4 |
0,05 3 |
0,02 2 |
Bei den mit --xD gekennzeichneten Versuchen war auch nach 3 Monaten
noch keine Bakterien- oder Pilztätigkeit festzustellen. Durch Erhöhung des Zusatzes
der Präparate B H, C H und D H auf 0,5 °/o ist eine unbegrenzte Resistenz gegen
alle Keime zu erreichen. Man kamt derartige Präparate monatelang stehenlassen, sie
eintrocknen lassen, sie wieder auflösen und erneut stehenlassen, ohne daB bakterielle
Vorgänge oder Pilzbildungen zu beobachten sind. Bei den entsprechenden Natriumverbindungen
sowie bei dem Hydrazinsulfat ist dies nicht möglich.