-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zur Herstellung von feinen, pulverförmigen Metall-Bor-Verbindungen
durch Mischen von Bor oder Borcarbid mit einem Metallpulver und
anschließende
Hochtemperaturbehandlung in einer stickstoffhaltigen Atmosphäre und die
Herstellung von Sinterkörpern
aus den feinen, pulverförmigen
Metall-Bor-Verbindungen.
-
Zur Verbesserung der Verschleiß- und Abrasionseigenschaften,
sowie zur Härtesteigerung
werden Metalllegierungen bzw. metallischen und keramischen Sinterkörpern oft
Bor oder Bor-Verbindungen als Dotierungselemente zugegeben. So ist
beispielsweise das sogenannte Nibodur-Verfahren bekannt, wobei es
sich um das stromlose Abscheiden borhaltiger Metalle, vorzugsweise
Nickel oder Kobalt, auf ein Substrat handelt, um die Verschleißbeständigkeit
zu erhöhen.
-
Gemäß
US-A-4,692,385 wird der Verschleiß-, Abtrags-
und Erosionswiderstand von Sinterkörpern durch das Auftragen von
TiB
2 oder Fe
2B auf
die Oberfläche
deutlich verbessert. Das Auftragen erfolgt in zwei Stufen, wobei
zunächst
eine Sperrschicht aus einem intermetallischen Borid durch Eindiffusion
von Bor in das Substrat erzeugt wird. Auf die Sperrschicht wird
anschließend
ein Überzug,
beispielsweise aus TiB
2 mittels chemischer
Dampfphasenabscheidung (CVD) aufgebracht. Der Prozess ist sehr aufwendig
und eignet sich nicht zur Herstellung von feinen, pulverförmigen Metall-Bor-Verbindungen.
-
In
US-A-5 968 596 wird die Verbesserung der Verschleißeigenschaften
von Pressplatten zur Laminatherstellung durch das Aufbringen von
Titandiboriden mittels verschiedener Sputter-Verfahren hauptsächlich durch
Magnetron-Sputtertechnik beschrieben. Wiederum handelt es sich um
ein sehr aufwendiges Verfahren, das zwar die Herstellung von Metallborid-Schichten,
nicht jedoch von entsprechenden Pulvern erlaubt.
-
Die Herstellung verschleißhemmender
Oberflächenschichten,
bestehend aus einer Metallmatrix, die ultrafeines Titancarbid und
feindisperse Wolfram-Boridausscheidungen
enthält,
wird in
US-A-5 966 585 beansprucht.
Das Aufbringen der Schichten erfolgt in der Regel durch Plasmaspritzen.
Geeignete Vorstoffe, beispielsweise Titandiborid sowie Wolframcarbid-Kobaltlegierung
bzw. Wolfram-Titancarbid-Nickellegierungen werden
auf das zu beschichtende Substrat aufgebracht und anschließend einer
Wärmebehandlung
unterzogen, wobei Titancarbid und Wolframborid gebildet werden.
Die Wärmebehandlung
erfolgt im Vakuum oder unter Argon. Pulverförmige Produkte können mit
diesem Verfahren nicht erhalten werden.
-
US-A-4 334 928 beschreibt die Vorteile von
Metall-Bor-Verbindungen der Art MB
2 (M =
Metall) als Bestandteil gesinterter Schneidwerkstoffe auf Basis
von kubischem Bornitrid (CBN). So wird durch die MB
2-Verbindungen
die Standzeit der Schneidwerkzeuge deutlich verbessert. Die Schneidkörper werden
durch Mischen von 80 bis 10 Vol.-% CBN und einer Binderkomponente
und Sintern unter hohem Druck von ca. 50 kbar bei Temperaturen größer 700°C erhalten.
Während
des Sinterns kann es gemäß
US-A-4,332,928 zur
Entstehung der Verbindungen MB
2 kommen.
Die gezielte Herstellung von feinen, pulverförmigen Metall-Bor-Verbindungen ist
auf diese Weise nicht möglich.
-
Bei der Herstellung metallischer
Sinterkörper,
hergestellt aus feinem Kobaltmetallpulver, durch Sintern weit unterhalb
der Schmelztemperatur bewirkt Bor in der Form von Co-B-Vorlegierungen
die Verbesserung des Verschleiß-
und Abrasionswiderstandes, was letztendlich zu Standzeitverlängerungen
der daraus hergestellten Werkzeuge führt. In
EP 445 389 B1 wird auf die
großtechnische
Anwendung der zuvor genannten Sinterkörper genauer eingegangen. Es
wird dargestellt, dass derartige Sinterkörper als sogenannte Diamantwerkzeuge
eine breite Anwendung finden. Nach
EP 445 389 B1 kann die Härte von heißgepressten Kobaltsinterteilen
durch die Zugabe von 0,1 bis 5 Gew.-% Bor zum Kobaltmetallpulver
vor dem Sinter prozess je nach Anwendungsfall gezielt eingestellt
werden. Um eine geringe Restporosität der fertigen Sinterkörper zu
gewährleisten,
haben sich vorlegierte Kobalt-Bor-Pulver bewährt. Reines amorphes Bor oder
kristallines Bor als Mischung mit reinem Kobaltmetallpulver liefern
nicht die gewünschten
Fertigprodukteigenschaften der Sinterkörper und führen während der Sinterphase zu Problemen,
wie z. B. Verzug der Sinterkörper.
Der Korngröße und Kornverteilung
der Kobalt-Bor-Pulverlegierungen
ist in Hinblick auf eine optimale Verteilung im Matrixmetall besondere
Aufmerksamkeit zu schenken.
-
Aus
EP 445 389 B1 sind verschiedene Verfahren
zur Herstellung von pulverförmigen
Kobalt-Bor-Legierungen bekannt. Als bevorzugte Ausführungsform
und in den Beispielen 1 und 2 wird die Herstellung von Kobalt-Bor-Legierungspulvern
auf nasschemischem Wege durch die Reduktion von Kobaltsalzlösungen mittels
Borwasserstoffverbindungen beschrieben. Auf diese Weise werden Kobaltmetall-Bor-Pulver mit einer durchschnittlichen
Korngröße kleiner
5 μm erhalten.
Nachteilig an diesem Vorgehen ist insbesondere, dass in Lösung gearbeitet
werden muss, was die Abtrennung des Produkts vom Lösungsmittel
und einen anschließenden
Trocknungsschritt erforderlich macht.
-
Alternativ beschreibt
EP 445 389 B1 die Inertgasverdüsung einer
borhaltigen Kobaltschmelze. Dies erfordert einerseits die Handhabung
von Metallschmelzen, andererseits wird ein Produkt erhalten, das
einer nachgeschalteten Attritormahlung unterzogen wird. Ferner ist
beispielsweise aus
EP
445 389 B1 bekannt, dass durch Zerkleinern von metallothermisch
hergestellten Kobalt-Bor-Legierungen und nachfolgender Intensivmahlung,
z. B. mittels Attritor unter Mahlflüssigkeiten feine Kobalt-Bor-Legierungspulver
hergestellt werden können.
Die Mahlflüssigkeiten
sind notwendig, um die Reoxidation der Pulver während des Mahlens zu vermeiden.
Auch das zuletzt beschriebene Verfahren ist aufwendig und kostenintensiv.
-
Alle bekannten Produktionsverfahren
zur Herstellung feiner vorlegierter Metall-Bor-Pulver sind daher sehr aufwendig und
damit kostenintensiv.
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung
ist es daher, ein Verfahren zur Herstellung feiner, pulverförmiger Metall-Bor-Verbindungen
zur Verfügung
zu stellen, das einfach durchzuführen
ist, und die Herstellung von Pulvern erlaubt, die ohne nachgeschalteten
Mahlschritt weiterverarbeitet werden können.
-
Die Aufgabe wird durch ein Verfahren
gelöst,
bei dem eine Mischung aus pulverförmigem Bor oder Borcarbid und
einem geeigneten Metallpulver einer Hochtemperaturbehandlung in
Gegenwart von Stickstoff und/oder Ammoniakgas unterworfen wird.
-
Gegenstand dieser Erfindung ist ein
Verfahren zur Herstellung pulverförmiger Metall-Bor-Verbindungen
durch Herstellung eines physikalischen Pulvergemenges enthaltend
Bor und/oder Borcarbid und ein oder mehrere Metalle aus der Gruppe
Mg, Al, Mn, Fe, Co, Ni, Ti, Zr, Hf, V, Nb, Ta, Mo, W und Behandlung
des Pulvergemenges bei Temperaturen zwischen 600 bis 2000°C in Gegenwart
von Stickstoff, Ammoniak-Gas oder Gasmischungen, die Stickstoff
und/oder Ammoniak-Gas
enthalten.
-
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
lassen sich auf sehr einfache Weise feine, vorlegierte Metall-Bor-Pulver
erhalten, die vor einer Weiterverarbeitung keiner Zerkleinerung
oder Mahlbehandlung mehr bedürfen.
Es lassen sich so eine Vielzahl von Metall-Bor-Pulvern herstellen.
-
Bevorzugt handelt es sich bei dem
Metall um Mg, Al, Zr, Mn, Fe, Co, Ni, Mo und/oder W. Besonders bevorzugt
wird als Metall Kobalt in Kombination mit Wolfram, Zirkon und/oder
Molybdän
eingesetzt.
-
In einer besonderen Ausführungsform
enthält
das Pulvergemenge zusätzlich
mindestens ein Metall, das keine Metall-Bor-Verbindung ausbildet.
Dazu gehören
beispielsweise die Metalle Cu, Zn, Ag, Cd, In, Sn, Sb, Au, Hg, Pb,
und Bi.
-
Bor wird in das Pulvergemenge durch
Zusatz von Bor und/oder Borcarbid eingebracht. Bor kann dabei in
amorpher oder kristalliner Form vorliegen. Vorzugsweise wird amorphes
Bor eingesetzt.
-
Die Herstellung des physikalischen
Pulvergemenges kann beispielsweise durch Vermischen von pulverförmigem Bor
und/oder Borcarbid mit einem oder mehreren Metallpulvern erfolgen,
wobei unter Metallpulver auch Pulver von Legierungen zu verstehen
sind, die mehrere der oben genannten Metalle enthalten.
-
Der Mischvorgang kann in allen gängigen Mischapparaturen
erfolgen. Beispielsweise seien Pflugscharmischer, Schaufel-, Trommel-
und Taumelmischer genannt.
-
Erfolgt die Herstellung des physikalischen
Gemenges durch Vermischen, so müssen
die Ausgangsstoffe bereits pulverförmig vorliegen. Vorzugsweise
wird Bor- und/oder Borcarbid, insbesondere amorphes Bor, mit einem
mittleren Korndurchmesser nach ASTM B 330 von 0,6 bis 100 μm eingesetzt.
Besonders bevorzugt mit einem mittleren Korndurchmesser nach ASTM
B 330 von 0,4 bis 50 μm.
-
Das eingesetzte Metallpulver weist
vorzugsweise einen mittleren Korndurchmesser nach ASTM B 330 von
0,4 bis 1000 μm
auf.
-
Es ist jedoch auch möglich, das
physikalische Pulvergemenge durch Vermahlen gröberer Ausgangsstoffe herzustellen.
-
Die Komponenten im Pulvergemenge
werden vorzugsweise in solchen Mengen vorgegeben, dass sich ein
Molverhältnis
von Bor zu Metall von 0,1 : 1 bis 5,0 : 1, besonders bevorzugt von
0,2 : 1 bis 1,2 : 1 ergibt.
-
Zur Herstellung möglicher Produkte, die aus Pulvergemengen
des Ausgangsmetalls und den Verbindungen Me2B
und/oder MeB bestehen, wird der Borgehalt in der Ausgangsmischung
unterstöchiometrisch
mit einem Molverhältnis
von Bor zu Metall vorzugsweise von 0,1 : 1 bis 0,9 : 1 eingestellt.
-
Zur Herstellung von möglichen
Produkten, die sowohl MeB, McB2, als auch
Bornitrid (BN) enthalten, wird das Molverhältnis Bor zu Metall in der
Ausgangsmischung im Verhältnis
1,1 : 1 bis 5 : 1, vorzugsweise im Verhältnis 1,1 : 1 bis 3,6 : 1 eingestellt.
-
Die Temperatur während der Wärmebehandlung beträgt erfindungsgemäß 600 bis
2000°C,
wobei die Wahl der Temperatur insbesondere von der umzusetzenden
Metallkomponente abhängt.
Wird als Metallkomponente beispielsweise Eisen, Kobalt und/oder
Nickel gewählt,
so wird vorzugsweise bei Temperaturen von 800 bis 2000°C gearbeitet.
-
Erfindungsgemäß erfolgt die Wärmebehandlung
in einer stickstoff- und/oder ammoniakgashaltigen Atmosphäre. Vorzugsweise
wird in einer reinen Stickstoffatmosphäre gearbeitet. Der Einsatz
von Gasgemischen, z. B. Stickstoff/Edelgas, oder Stickstoff/Wasserstoff
ist ebenfalls möglich,
wobei der Anteil an Stickstoff oder Ammoniakgas mindestens 0,1 Volumenprozent
der Gasmischung betragen sollte. Es wird beispielsweise so vorgegangen,
dass das physikalische Pulvergemenge in einem Kohlerohrkurzschlussofen
zur Reaktion gebracht wird, wobei das Pulvergemenge mit Stickstoff überströmt wird.
Die Strömungsgeschwindigkeit
ist unkritisch und kann beispielsweise bei 0,001 bis 3,0 m/s liegen.
-
Selbstverständlich kann die Wärmebehandlung
auch in anderen Vorrichtungen erfolgen, sofern diese ein Arbeiten
in einer stickstoff- und/oder ammoniakgashaltigen Atmosphäre erlauben.
-
Erfindungsgemäß hergestellte pulverförmige Metall-Bor-Verbindungen
liegen nach der Temperaturbehandlung nur sehr leicht versintert
vor, so dass die Produkte ohne Probleme gesiebt werden können.
-
Durch die Auswahl der pulverförmigen Ausgangskomponenten
und die Wahl der Temperatur während der
Behandlung des physikalischen Pulvergemenges können die physikalischen Pulverkennwerte
der fertigen Metall-Bor-Verbindungen, wie beispielsweise Durchschnittskorngröße, BET-Wert
und Kornverteilung vorgegeben werden.
-
Es lassen sich beispielsweise pulverförmige Metall-Bor-Verbindungen
mit einem mittleren Korndurchmesser nach Fisher Sub Sieve Sizer
(FSSS, ASTM 330 B) von 1 μm
bis 200 μm
herstellen. Es können
beispielsweise Pulver mit D5
0-Werten,
bestimmt mittels Malvern-Mastersizer (ASTM B 822), von 3 bis 110 μm erhalten
werden.
-
Die pulverförmigen Metall-Bor-Verbindungen
können
bei Bedarf mit pulverförmigen
Metallen aus der oben genannten Gruppe, beispielsweise Kobalt, Nickel,
Eisen oder deren Legierungen, mechanisch vermischt werden. Auf diese
Weise lassen sich Mischungen herstellen, die einen Borgehalt kleiner
dem Borgehalt der im erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten
pulverförmigen
Metall-Bor-Verbindung aufweisen. Es können beispielsweise Borkonzentrationen
von 0,01 bis 20 Gew.-% Bor, bezogen auf das Gesamtgewicht der fertigen
Mischung eingestellt werden.
-
Die erfindungsgemäßen pulverförmigen Metall-Bor-Verbindung
können,
gegebenenfalls nach dem Vermischen mit pulverförmigen Metallen zur Einstellung
des Borgehalts, zur Herstellung von Sinterkörpern eingesetzt werden. Diese
finden beispielsweise in der Werkzeugherstellung, bei der Herstellung
von Schneidwerkzeugen oder Bohrköpfen
Anwendung. Die Sinterkörper
werden durch Verpressen und Sintern der pulverförmigen Metall-Bor-Verbindung
erhalten, wobei Verpressen und Sintern in üblicher Weise erfolgen kann.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend
anhand von Beispielen näher
erläutert,
wobei die Beispiele das Verständnis
des erfindungsgemäßen Prinzips
erleichtern sollen, und nicht als Einschränkung desselben zu verstehen
sind.
-
Die in den Beispielen angegebenen
Korngrößenverteilungen
wurden an den erhaltenen Pulvern nach einer groben Absiebung über ein
Sieb mit einer Maschenweite von 500 μm mittels Malvern Mastersizer
gemäß ASTM B
822 bestimmt. Mittlere Korndurchmesser wurden mittels Fisher Sub
Sieve Sizer (FSSS) nach ASTM B 330 ermittelt. Die spezifische Oberfläche wurde
nach der Methode gemäß Brunauer,
Emmet und Teller (BET-Verfahren, J. Am. Soc. 1938, Vol. 60, 309)
bestimmt.
-
Bei den in den Beispielen aufgeführten Prozentangaben
handelt es sich, soweit nicht anders vermerkt, um Gewichtsprozent.
-
Beispiel 1
-
Je 1 kg amorphes Bor (Typ grade II,
H. C. Starck) wurden mit je 5 kg Kobaltmetallpulver (Typ grade II, H.
C. Starck) trocken gemischt, in Graphitbehälter, sogenannte Graphitschiffe,
gefüllt
und anschließend
bei jeweils 1100, 1500, 1700 und 1900°C in einem Kohlerohr-Kurzschlussofen
unter strömender
N2-Atmosphäre zur Reaktion gebracht. Die
Verweilzeit der Mischungen in der Hochtemperaturzone des Kohlerohr-Kurzschlussofens
betrug 2,5 h, die Wahl der Stickstoffströmung war in Bezug auf die Produktqualität unkritisch.
Im Fall der Versuche in Tabelle 1 wurde mit N2-Strömungen (bezogen
auf den effektiven Ofenmuffelquerschnitt) von vN2 =
0,06 m/s gearbeitet. Die Änderung
der N2-Strömung auf vN2 =
2,5 bzw. 0,001 m/s hatte keine Auswirkungen auf die Zusammensetzung
und Morphologie der in Tabelle 1 beschriebenen Produkte.
-
Nach der Hochtemperaturbehandlung
lagen die Pulver nur sehr leicht versintert vor und konnten ohne nennenswerte
Probleme gesiebt werden. In Abhängigkeit
von der Reaktionstemperatur entstanden Kobalt-Bor-Legierungspulver
der folgenden Zusammensetzung: Tabelle
1: Eigenschaften von Kobalt – Bor
Pulvern in Abhängigkeit
von der Synthesetemperatur
-
Wird anstelle des amorphen Bor alternativ
Boroxid verwendet, so entstehen unter den in Tabelle 1 beschriebenen
Bedingungen unerwünschte
kompakte Schmelzkörper,
die nur durch nachfolgende Zerkleinerungsoperationen in Pulverform
gebracht werden können.
Gemäß Röntgenfeinstrukturuntersuchungen
handelt es sich bei den Schmelzkörpern
um Kobalt-Bor-Verbindungen, wobei in Abhängigkeit der Massenverhältnisse
der Vorstoffe Co4B, Co2B
und CoB entstehen.
-
Im Gegensatz dazu lieferten Ausgangsmischungen
mit kristallinem Bor (H. C. Starck) und Kobaltmetallpulver grade
II unter den in Tabelle 1 genannten Temperaturen ebenfalls CoB bzw.
Co2B-Legierungspulver, die sich aber aufgrund
der eingesetzten Vorstoffe in ihren physikalischen Kenndaten von
den Pulvern Nr. 1 bis 5 in Tabelle 1 unterscheiden.
-
Erfolgen die unter Nr. 1 bis 5 in
Tabelle 1 beschriebenen Experimente unter Wasserstoffatmosphäre anstelle
von Stickstoff, so entstehen ebenfalls Schmelzen, die nur durch
aufwendige Nacharbeit in die Pulverform überführt werden können. Aufgrund
dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, dass während der Hochtemperaturbehandlung
der Metall/Bor-Ausgangsmischungen unter Stickstoff mehr oder weniger
gleichzeitig ablaufende Prozesse der Nitrierung und Metall-Bor-Reaktion
das Entstehen von Schmelzen verhindert. Dem Reaktionsschritt Nitrierung
kommt dabei offensichtlich die Schlüsselrolle zu.
-
Aus den in Tabelle 1 genannten Pulvern
wurden mit herkömmlich
verfügbarem
Kobaltmetallpulver grade II mechanische Mischungen hergestellt und
anschließend
aus diesen pulverförmigen
Vorstoffen durch Heißpressen
kompakte Sinterteile produziert. Das Massenverhältnis Kobaltmetallpulver/Legierungspulver wurde
so eingestellt, dass der Borgehalt in der Gesamtmischung einmal
1 Gew.-% B und zum anderen 5 Gew.-% B betrug. Zum Vergleich wurde
reines Kobaltmetallpulver grade II getestet. Das Heißpressen
erfolgte auf einer Fritsch-Heißpresse,
Typ DSP 25V. Der Pressdruck betrug 3500 N/cm2.
-
Es wurde die Härte der erhaltenen Sinterkörper gemäß DIN 50102,
Teil 1 bestimmt. Zur Härtebestimmung
sei noch angemerkt, dass in allen Tabellen die Härten nach Rockwell B mit Werten > 103 aus Equivalent-Rockwell
C Härtemessungen
errechnet bzw. aus bekannten Tabellen umgerechnet wurden. Die Ergebnisse
der Heißpressversuche
sind in Tabelle 2 dargestellt: Tabelle
2: Rockwell-Härte
B von Kobalt-Sinterkörpern
in Abhängigkeit
des Borgehalts
-
Anhand der Daten in Tabelle 2 wird
ersichtlich, dass Bor in Form von Legierungspulvern eine deutliche Härtesteigerung
der Sinterteile bewirkt. Ferner verhindern die eingesetzten Borverbindungen
das Aufwachsen der Kobaltkristalle bei höheren Heißpresssintertemperaturen, was üblicherweise
zu einen materialspezifischen Härteabfall
der heißgepressten
Teile führt.
In Tabelle 2 ist dieser Härteabfall
für das
Kobaltmetallpulver grade II ab ca. 920°C zu beobachten.
-
Beispiel 2
-
Je 4 kg amorphes Bor (Typ grade I,
H. C. Starck) wurden mit je 6 kg Kobaltmetallpulver (Typ grade I, H.
C Starck) trocken gemischt, danach in Graphitschiffe gefüllt und
anschließend
in einem Kohlerohr-Kurzschlussofen zur Reaktion gebracht. Die Verweilzeit
in der Hochtemperaturzone des Ofens betrug 1,5 h. Als Ofenatmosphäxe wurde
strömender
Stickstoff mit einer Strömungsgeschwindigkeit
von vN
2 = 1,2 m/s eingesetzt. Nach der Hochtemperaturbehandlung
lagen die Reaktionsprodukte pulverförmig vor und konnten ohne weitere
Nachbehandlung weiter verwendet werden. In Tabelle 3 sind die wichtigsten
Analysenergebnisse der Kobalt-Bor-Legierungspulver
dargestellt: Tabelle
3: Pulverkenndaten von CoB-BN-Pulvergemengen
Es entstanden Produkte mit hohen BN-Anteilen,
was für
bestimmte Anwendungsfälle
in der Praxis von Vorteil ist.
-
Beispiel 3
-
Durch den Einsatz von Ammoniak oder
eines Stickstoff/Ammoniak-Gasgemisches als Synthesegas kann die
Synthesetemperatur, die zur Herstellung der Metall-Bor-Verbindungen notwendig
ist, gesenkt werden.
-
380 g Kobaltmetallpulver grade IVC,
(H. C. Starck) wurde trocken mit 38 g amorphem Bor grade II für 30 Minuten
gemischt, in einen Graphitbehälter
gefüllt
und anschließend
in einem Muffelofen bei 600°C
unter strömendem
Ammoniak (400l/h) zur Reaktion gebracht. Die Reaktionszeit betrug
40 h.
-
Nach dem Abkühlen und Absieben wurde das
so hergestellte Pulver mit Hilfe der Röntgenfeinstruktur untersucht.
Gemäß dieser
Analyse setzte es sich aus Kobalt, Co2B
und geringen Anteilen B7Co13 zusammen.
-
In einem weiteren Ansatz wurden 2,5
kg Kobaltmetallpulver grade II mit 250 g amorphen Bor grade II für 2 h gemischt
und in Graphitbehältern
jeweils bei 800°C
und 1000 °C
unter strömenden
N2/NH3-Gasgemischen
(200 l/h), Volumenanteil N2 zu NH3 gleich 1:1 für 10 h zur Reaktion gebracht.
Tabelle 4 beinhaltet die Ergebnisse dieser Versuche:
-
Tabelle
4: Kenndaten von Co-Co
2B-Pulvergemengen
-
Beispiel 3 zeigt, dass ein Gehalt
von ca. 10 Gew.-% amorphem Bor in den Ausgangsmischungen ausreicht,
das Versintern des Kobaltmetallpulvers während der Synthese zu verhindern.
Es ist also nicht unbedingt erforderlich, den Borgehalt in der Ausgangsmischung
auf die stöchiometrische
Zusammensetzung der Produkte einzustellen.
-
Beispiel 4
-
Kommerziell verfügbare Metallpulver (Me1) wurden
trocken im Verhältnis
fünf Gewichtsanteile
Me1 und ein Gewichtsanteil amorphes Bor (H. C. Starck Typ grade
II) für
ca. 1 h im Pflugschar-Mischer homogenisiert, in Graphitbehälter gefüllt und
anschließend
bei 1500°C
in einem Kohlerohr-Kurzschlussofen unter strömendem Stickstoff (vN2 = 0,08 m/s) zur Reaktion gebracht. Die
Verweilzeit in der Hochtemperaturzone des Ofens betrug 1,5 h. Als
Einsatzmaterialien für
Me1 kamen 10 kg Carbonyleisenpulver, (Typ CM, BASF) bzw. 10 kg Nickelmetallpulver
(Typ 255, INCO) zur Anwendung.
-
Der Tabelle 5 sind die wichtigsten
Pulverkenndaten der so hergestellten Metall-Bor-Pulver zu entnehmen: Tabelle
5: Kenndaten von FeB-/Fe
2B- und NiB-Pulvern
-
Als mittlere Korndurchmesser (FSSS,
ASTM B 330) und Dichten sind ermittelt worden:
Versuch Nr.
11: FSSS (lab milled): 11,6 μm,
Dichte: 6,38 g/cm3
Versuch Nr. 12:
FSSS (lab milled): 2,1 μm,
Dichte: 7,93 g/cm3
-
Aus den in Tabelle 5 charakterisierten
Metall-Bor-Pulvern wurden mit den jeweiligen Ausgangsmetallen je
drei Mischungen in der Art hergestellt, dass der Borgehalt 1 Gewichtsprozent,
2 Gewichtsprozent und 3,8 Gewichtsprozent in der fertigen Mischung
betrug. Es wurden z. B. zur Herstellung einer Bor-Fe-Mischung, die
ein Gewichtsprozent Bor enthielt, 1,46 kg Carbonyleisenpulver, Typ
CM, mit 0,1 kg der Metall-Bor-Verbindung Nr.11 mechanisch gemischt.
Für die
anderen Mischungen geschah dieses mit anderen Mischungsverhältnissen
bzw. mit Ni-Pulver anstelle des Fe-Pulvers in analoger Weise. Aus
den so hergestellten Mischungen wurden Sinterkörper heißgepresst und anschließend die
Rockwellhärte
B an diesen Sinterkörpern
bestimmt. Das Heißpressen
erfolgte mit der in Beispiel 1 beschriebenen Fritsch-Heißpresse
unter den dort genannten Bedingungen.
-
Ohne Borzusätze liefert der Heißpresstest
bei 900 °C
folgende Härtewerte:
Inco-Nickel
255: 53 HRB
Carbonyleisenpulver CM: 36 HRB Tabelle
6: Rockwell – Härte B für borhaltige
Ni- und Fe – Sintermetalle
-
Aus Tabelle 6 geht hervor, dass sich
in Abhängigkeit
des Borgehalts in der Metall-pulver-Bor-Mischung vor
dem Heißpressen
die Rockwellhärte
der fertig produzierten Sinterteile je nach Anwendungsfall optimal
einstellen lässt.
-
Beispiel 5
-
Interessant für großtechnische Anwendungen sind
pulverförmige
Metalllegierungen oder physikalische Gemenge aus einem oder mehreren
Metallpulvern, die aus einem boraffinen Metall (Me1) und einem oder
mehreren Metallen (Me2) bestehen, die keine Borverbindungen ausbilden.
Zu den borinaktiven Metallen (Me2) gehören Cu, Zn, Ag, Cd, In, Sn,
Sb, Au, Pb und Bi. Die Metallkomponente Me2 dient später als
Bindephase während
des Heißpressens.
-
10 kg FeCu 85/15 (H. C. Starck) wurden
mit 2 kg amorphem Bor grade I (H. C. Starck) trocken für 2 h in
einem Taumelmischer homogenisiert, anschließend in Graphitschiffe gefüllt und
bei 1500°C
in einem Kohlerohr-Kurzschlussofen unter strömendem Stickstoff mit vN2 = 0,02 m/s zur Reaktion gebracht. Nach
der Hochtemperaturbehandlung wurden die fertigen Pulver gesiebt
und anschließend
analysiert. Die Pulverkenndaten sind in Tabelle 7 zusammengefasst.
-
Tabelle
7: Kenndaten von pulverförmigem
Cu/FeB
-
Mit dem in Tabelle 7 beschriebenen
borhaltigen Legierungspulver wurden mit herkömmlichem Cu/Fe 85/15 unterschiedliche
Mischungen derart hergestellt, dass der Borgehalt einmal 1 Gew.-%
und zum anderen 3,8 Gew.-% in der Gesamt mischung betrug. Anschließend erfolgte
das Heißpressen
dieser Pulver gemäß den Bedingungen
unter Beispiel 1.
-
Folgende Rockwellhärten B sind
in Abhängigkeit
von der jeweils angegebenen Heißpresssintertemperatur
ermittelt worden: Tabelle
8: Rockwell B – Härten von
borhaltigen Cu/Fe 85/15 Heißpressteilen
-
Aus Tabelle 8 geht hervor, dass sich
durch das Zumischen von borhaltigen Fe/Cu-Legierungspulvern zu kommerziell verfügbaren Fe/Cu-Pulvern
deren Anwendungseigenschaften gemäß den jeweiligen spezifischen
Anforderungen aus der Praxis anpassen lassen.
-
Beispiel 6
-
Für
die praxisnahe Anwendung sind auch Metall-Bor-Legierungspulver interessant,
die aus mindestens zwei boraffinen Metallen bestehen. Beispiel 6
zeigt, dass aus Wolfram-, Kobalt- und amorphem Borpulver entsprechende
feine Legierungsmaterialien hergestellt werden können.
-
Für
die Herstellung von W2CoB2 wurden
1 kg feines Wolframmetallpulver (H. C. Starck, Typ WMP HC 40) mit
58 g amorphem Bor grade II (H. C. Starck) und 160 g Kobaltmetallpulver
grade IVC (H. C. Starck) trocken für eine Stunde in einem Pflugscharmischer
homogenisiert, anschließend
in Graphitbehälter
gefüllt
und dann bei 1700 °C
in einem Kohlerohr-Kurzschlussofen zur Reaktion gebracht. Die Verweilzeit
im Hochtemperaturbereich des Ofens betrug zwei Stunden, die effektive
Schutzgasströmung
vN2 = 0,05 m/s.
-
Die nachstehende Tabelle 9 enthält die wichtigsten
Kenndaten der gemäß Beispiel
6 hergestellten Metall-Bor-Pulver.
-
Tabelle
9: Kenndaten von pulverförmigem
W
2CoB
2
-
Das erhaltene Pulver wies einen N-Gehalt
von 1,47 Gew.-% und einen O-Gehalt von 0,052 Gew.-% auf.
-
Beispiel 7:
-
Anstelle von amorphem Bor kann auch
Borcarbid oder kristallines Bor zur Herstellung von Metall-Bor-Legierungspulvern
eingesetzt werden, wie das Beispiel 7 zeigt.
-
Es wurden 1 kg Kobaltmetallpulver
grade II (H. C. Starck) trocken mit 200 g Borcarbid minus 325 mesh (H.
C. Starck) für
eine Stunde in einem Pflugscharmischer homogenisiert. Anschließend erfolgte
die Umsetzung dieser Pulvermischung bei 1700°C in einem Kohlerohr-Kurzschlussofen,
wobei eine Verweilzeit von zwei Stunden gewählt wurde. Die effektive Stickstoffströmung betrug
0,05 m/s. Nach der Hochtemperaturbehandlung lag das Pulver nur leicht
versintert vor und konnte ohne Probleme gesiebt werden.
-
Folgende Kenndaten wurden für das gemäß Beispiel
7 hergestellte Produkt ermittelt:
-
Tabelle
10: Co
2B, hergestellt aus B
4C
und Kobaltmetallpulver
-
Das erhaltene Pulver wies einen N-Gehalt
von 2,2 Gew. %, einen O-Gehalt von 0,08 Gew.-% und einen C-Gehalt
von 3,5 Gew.-% auf.