-
Stand der Technik
-
Die vorliegende Erfindung betrifft eine Antiblockiereinheit, ein hydraulisches Bremssystem, ein Zweirad, und ein Verfahren zum Betreiben eines hydraulischen Bremssystems eines Zweirads.
-
Bekannt sind hydraulische Bremssysteme mit einer Antiblockiereinheit, welche durch eine Druckmodulation eines hydraulischen Bremsdrucks im System ein Blockieren von Rädern des Fahrzeugs verhindern oder verringern soll. Beispielsweise weist eine solche Antiblockiereinheit eine Speicherkammer auf, in die Bremsflüssigkeit während eines Antiblockierbetriebs ein- und ausströmen kann. Häufig ist dabei eine Pumpe zwischen einem per Hand betätigten Bremszylinder und der Speicherkammer angeordnet. Um eine Druckmodulation an einem Bremssattel zu ermöglichen sind dabei zusätzliche Ventile zum Absperrend von Teilen der Bremsleitung erforderlich. Insbesondere im Falle von Zweirädern ergeben sich durch gesetzliche Anforderungen erforderliche Mindestverzögerung, welche auch im Falle von Defekten oder Leckagen abrufbar ist, zahlreiche Einschränkungen bei der Auslegung des Bremssystems.
-
Offenbarung der Erfindung
-
Die erfindungsgemäße Antiblockiereinheit mit den Merkmalen des Anspruchs 1 zeichnet sich demgegenüber durch eine besonders einfache und kostengünstige Konstruktion aus. Bei der Anwendung der erfindungsgemäßen Antiblockiereinheit in einem hydraulischen Bremssystem kann zudem eine besonders hohe Zuverlässigkeit bezüglich einer Bremsfunktion des Bremssystems ermöglicht werden. Dies wird erreicht durch eine Antiblockiereinheit eines hydraulischen Bremssystems eines Zweirads, vorzugsweise eines Fahrrads, besonders bevorzugt eines Elektrofahrrads, umfassend eine Kammer zur Aufnahme einer Bremsflüssigkeit, ein Einlasselement, welches mit der Kammer in Fluidverbindung steht und welches eingerichtet ist zur Verbindung mit einer Bremsleitung eines hydraulischen Bremssystems, und einen Kolben, welcher ein Fluidvolumen innerhalb der Kammer begrenzt und welcher entlang einer Achse verschiebbar ist. Insbesondere wird durch die Verschiebung des Kolbens entlang der Achse das Fluidvolumen innerhalb der Kammer vergrößert oder verkleinert. Zudem umfasst die Antiblockiereinheit ein Betätigungselement, das auf einer der Kammer gegenüberliegenden Seite des Kolbens angeordnet ist und ebenfalls entlang der Achse verschiebbar angeordnet ist, und einen Aktuator, der eingerichtet ist, das Betätigungselement entlang der Achse steuerbar zu verschieben. Weiterhin umfasst die Antiblockiereinheit ein Rückstellelement, dass eine Rückstellkraft auf das Betätigungselement ausübt, wobei die Rückstellkraft in Richtung des Kolbens ausgerichtet ist. Insbesondere weisen jeweils Kolben und Betätigungselement eine Mittelachse auf, wobei die beiden Mittelachsen koaxial zueinander angeordnet sind. Das Betätigungselement ist dabei in losem Kontakt an den Kolben anlegbar angeordnet. Betätigungselement und Kolben sind zudem unverbunden, insbesondere sodass der Kolben entgegen der Rückstellkraft des Rückstellelements ausschließlich durch in die Kammer einströmende Bremsflüssigkeit verschiebbar ist, wenn eine Fluidkraft der einströmenden Bremsflüssigkeit den Kolben in Richtung des Betätigungselements drückt.
-
Mit anderen Worten umfasst die Antiblockiereinheit einen Kolben, der durch Verschiebung innerhalb der Kammer das Fluidvolumen innerhalb der Kammer variabel begrenzt. Das Betätigungselement ist dabei als separates Bauteil zum Kolben ausgebildet. Der Aktuator ist dabei eingerichtet, das Betätigungselement in beide Richtungen entlang der Achse steuerbar zu verschieben. Dadurch, dass Kolben und Betätigungselement unverbunden und in losem Kontakt aneinander anlegbar sind, kann der Aktuator über das Betätigungselement ausschließlich eine Verschiebung des Kolbens in Richtung der Rückstellkraft bewirken, und nicht entgegen der Rückstellkraft. Eine solche Bewegung des Kolbens entgegen der Rückstellkraft kann nur durch ein Einströmen von Bremsflüssigkeit in die Kammer bewirkt werden.
-
Durch die spezielle Konstruktion der Antiblockiereinheit kann ein Druckabbau am Einlasselement, und über dieses insbesondere auch in einer Bremsleitung eines hydraulischen Bremssystems, dadurch erreicht werden, dass der Aktuator das Betätigungselement entgegen der Rückstellkraft zurückzieht, sodass der Kolben durch eine Fluidkraft entgegen der Rückstellkraft bewegt werden kann, um das Fluidvolumen in der Kammer zu vergrößern.
-
Da die Rückstellkraft des Rückstellelements nur auf das Betätigungselement wirkt, kann der Kolben bei zurückgezogenen Betätigungselement, also wenn das Betätigungselement nicht am Kolben anliegt, einfach verschoben werden zur Vergrößerung des Fluidvolumens. Insbesondere ist dabei nur eine Überwindung einer Reibung des Kolbens an einer Innenwand der Kammer notwendig.
-
Die Antiblockiereinheit bietet somit den Vorteil, dass bei besonders einfacher Konstruktion und einfacher Steuerung des Aktuators zuverlässig verhindert werden kann, dass durch Zurückziehen des Betätigungselements durch den Aktuator ein Unterdruck in der Kammer erzeugt wird. Dadurch, dass Betätigungselement und Kolben unverbunden sind, kann bei einem schnellen oder zu starken Zurückziehen des Betätigungselements entgegen der Rückstellkraft vermieden werden, dass Bremsflüssigkeit in die Kammer gesaugt wird und damit ein Unterdruck im Bremssystem entstehen könnte. Dadurch kann insbesondere verhindert werden, dass Luft in das hydraulische Bremssystem gesaugt wird, was zu einer Einschränkung einer Zuverlässigkeit und Funktionsfähigkeit des Bremssystems führen würde.
-
Die Unteransprüche haben bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung zum Inhalt.
-
Bevorzugt ist die Rückstellkraft des Rückstellelements so ausgelegt, um einen Fluideintritt über das Einlasselement in die Kammer zu verhindern, wenn ein Fluiddruck der Bremsflüssigkeit im Einlasselement kleiner oder gleich einem vordefinierten Mindestdruck ist. Der vordefinierte Mindestdruck beträgt dabei mindestens 40 bar, insbesondere maximal 80 bar, vorzugsweise mindestens 50 bar und maximal 70 bar, besonders bevorzugt 60 bar. Insbesondere in der Anwendung an einem hydraulischen Bremssystem eines Fahrrads, beispielsweise eines Elektrofahrrads, übersteigt die Rückstellkraft somit eine auf den Kolben wirkende Fluidkraft, welche aus einem Bremsdruck bei einem überwiegenden Anteil an durchschnittlichen Bremsungen auftritt. Das heißt, etwa 90 %, oder mehr, aller Bremsungen, die üblicherweise bei einem Fahrrad, insbesondere einem Elektrofahrrad, durchgeführt werden, bewirken einen Fluiddruck der Bremsflüssigkeit im Bremssystem, der kleiner als der vordefinierte Mindestdruck ist. Alternativ oder zusätzlich kann der vordefinierte Mindestdruck so ausgelegt sein, um mindestens eine erforderliche gesetzliche Anforderung an eine Mindest-Bremskraft eines Zweirads zu erfüllen. Durch die spezielle Auslegung der Rückstellkraft kann somit ein besonders zuverlässiges System bereitgestellt werden, welches insbesondere auch bei Defekten, wie beispielsweise einem Spannungsausfall am Aktuator, noch sicherstellen kann, dass eine gewisse Mindest-Bremskraft bereitgestellt werden kann. Ein besonderer Vorteil ist weiterhin, dass auf ein Ventil zwischen der Kammer und einem Bremssattel verzichtet werden kann, wodurch eine für eine bessere Bremsleistung und einen höheren Nutzerkomfort optimale Auslegung der Kammer erreicht werden kann.
-
Vorzugsweise ist das Rückstellelement eine Druckfeder. Bevorzugt ist die Druckfeder so ausgebildet und angeordnet, um in unbelasteten Zustand der Antiblockiereinheit, also vorzugsweise leerem Zustand der Kammer, eine Vorspannkraft, welche in diesem Fall der Rückstellkraft entspricht, von 390 N auf das Betätigungselement ausübt.
-
Besonders bevorzugt umfasst die Antiblockiereinheit ferner einen Spindelantrieb, welcher den Aktuator und das Betätigungselement miteinander verbindet. Das Betätigungselement ist dabei über den Spindelantrieb entlang der Achse verschiebbar. Über den Spindelantrieb kann dabei eine besonders präzise angepasste oder anpassbare Verschiebung des Betätigungselements ermöglicht werden.
-
Vorzugsweise ist der Spindelantrieb so ausgebildet, um einen vorbestimmten Druckänderungsgradienten in der Kammer zu erzielen, wenn der Kolben über das Betätigungselement und mittels des Aktuators betätigt verschoben wird. Das heißt, der Spindelantrieb ist speziell so angepasst, um das Betätigungselement bei einer Betätigung mittels des Aktuators gezielt so zu verschieben, um eine gewünschte zeitliche Druckänderung zu erhalten. Beispielsweise kann dadurch eine progressive Druckänderung erreicht werden. Zudem kann dadurch auch ein Druckänderungsgradient im normalen Betriebsmodus eines hydraulischen Bremssystems angepasst werden, indem beispielsweise der Aktuator bei jeder von einem Benutzer initiierten Bremsung den Kolben über das Betätigungselement betätigt. Dadurch kann ein besonders flexibles und an jeweilige Bedürfnisse, wie beispielsweise einen individuellen Fahrerwunsch, angepasstes Bremsverhalten bereitgestellt werden.
-
Vorzugsweise umfasst die Antiblockiereinheit ferner eine Steuervorrichtung, welche eingerichtet ist, den Aktuator gesteuert, beispielsweise in Abhängigkeit eines Fahrbetriebs des Zweirads, zu betätigen.
-
Bevorzugt umfasst die Antiblockiereinheit ferner ein Einlassventil, welches zwischen dem Einlasselement und der Kammer angeordnet ist. Das Einlassventil ist dabei eingerichtet zum Absperren und Freigeben der Fluidverbindung zwischen Einlasselement und Kammer. Mittels des Einlassventils kann beispielsweise beim Einsatz der Antiblockiereinheit in einem hydraulischen Bremssystem das manuelle Betätigungselement, wie der Bremshebel im Falle eines Fahrrads, hydraulisch vom Bremssattel getrennt werden, um im Falle eines Antiblockier-Betriebs eine Druckmodulation am Bremssattel durch eine gesteuerte Aktuierung zu ermöglichen.
-
Vorzugsweise ist das Einlassventil ein stromlos offenes Ventil. Dadurch kann die Antiblockiereinheit auf einfache Weise in ein hydraulisches Bremssystem integriert werden, ohne dass weitere Komponenten erforderlich sind. Insbesondere durch die spezielle Auslegung des Rückstellelements kann dadurch die normale Bremsfunktion im Wesentlichen beibehalten werden, wobei durch das stromlos offene Einlassventil zusätzlich ein besonders geringer Energieverbrauch der Antiblockiereinheit ermöglicht wird. Ferner bleibt dadurch beispielsweise bei einem Spannungsausfall die Möglichkeit einer Bremsung mit einem durch das Rückstellelement definierten Mindest-Bremsdruck erhalten.
-
Weiterhin betrifft die Erfindung ein hydraulisches Bremssystem eines Zweirads, insbesondere eines Fahrrads, vorzugsweise eines Elektrofahrrads, welches die beschriebene Antiblockiereinheit umfasst. Zudem umfasst das hydraulische Bremssystem eine Bremsleitung mit einem ersten Leitungsabschnitt, wobei der erste Leitungsabschnitt einen ersten Anschluss für einen Bremssattel aufweist, und mit einem zweiten Leitungsabschnitt, wobei der zweite Leitungsabschnitt einen zweiten Anschluss für einen Bremszylinder aufweist.
-
Bevorzugt weist die Antiblockiereinheit ferner ein Auslasselement auf, welches in Fluidverbindung mit der Kammer steht. Das Auslasselement der Antiblockiereinheit ist dabei mit dem ersten Leitungsabschnitt verbunden. Das Einlasselement der Antiblockiereinheit ist weiterhin mit dem zweiten Leitungsabschnitt verbunden. Das heißt, die Antiblockiereinheit ist direkt in die Bremsleitung des hydraulischen Bremssystems integriert, wodurch ein besonders einfacher und kostengünstiger Aufbau des hydraulischen Bremssystems bereitgestellt werden kann.
-
Weiterhin betrifft die Erfindung ein Zweirad, insbesondere ein Fahrrad, vorzugsweise ein Elektrofahrrad, welches das beschriebene hydraulische Bremssystem umfasst.
-
Bevorzugt ist das Zweirad ein Elektrofahrrad und umfasst einen elektrischen Energiespeicher, der eine Antriebseinheit, welche zur Unterstützung einer Tretkraft des Fahrers ausgebildet ist, mit elektrischer Energie versorgt. Insbesondere wird zudem die Antiblockiereinheit von dem elektrischen Energiespeicher mit elektrischer Energie versorgt.
-
Weiterhin führt die Erfindung zu einem Verfahren zum Betreiben eines hydraulischen Bremssystems des beschriebenen Zweirads. Das Verfahren umfasst dabei die Schritte:
- - Ermitteln eines Blockierzustands eines Rads des Zweirads,
- - Ermitteln einer Notwendigkeit einer Antiblockier-Funktion in Abhängigkeit des Blockierzustands des Rads, und
- - Durchführen eines Antiblockier-Betriebs, wenn die Antiblockier-Funktion notwendig ist.
-
Dabei ist das Einlassventil der Antiblockiereinheit während des Antiblockier-Betriebs geschlossen, wobei gleichzeitig der Aktuator den Kolben über das Betätigungselement gesteuert betätigt zur aktiven Druckmodulation in der Bremsleitung am ersten Anschluss. Durch das geschlossene Einlassventil kann dabei ein Bremshebel des Zweirads hydraulisch vom Bremssattel getrennt werden. In dem zwischen Einlassventil und Bremssattel liegenden Bereich wird dabei die Druckmodulation in der Bremsleitung durchgeführt, um ein Blockieren des Rades zu verhindern. Insbesondere kann dabei der Aktuator durch Zurückziehen des Betätigungselements entgegen der Rückstellkraft des Rückstellelements den Kolben freigeben, sodass Bremsflüssigkeit in die Kammer einströmen kann, zum Senken des Bremsdrucks am Bremssattel. Zur anschließenden Druckerhöhung verschiebt der Aktuator das Betätigungselement in Richtung der Rückstellkraft, um den Kolben zu verschieben, sodass das Fluidvolumen in der Kammer wieder verkleinert wird und Bremsflüssigkeit herausgedrückt wird.
-
Bevorzugt erfolgt bei der Druckmodulation eine Druckregelung, insbesondere basierend auf einem erfassten Bremsdruck eines Drucksensors, mittels eines PID-Reglers, welcher den Aktuator regelt. Dabei erfolgt die Regelung basierend auf dem vom Drucksensorik gemessenen Bremsdruck und einem von einer Steuereinheit der Antiblockiereinheit ermittelten Soll-Bremsdruck. Besonders bevorzugt erfolgt zusätzlich eine Positionsregelung einer Position des Kolbens, derart, um ein Anschlagen des Kolbens an den Endanschlägen der Kammer zu verhindern. Insbesondere wird mittels der Positionsregelung der Soll-Bremsdruck geregelt. Bevorzugt kann dabei eine Position des Kolbens mittels eines Magnetsensors ermittelt werden. Vorzugsweise kann die Position des Kolbens auch indirekt durch Positionsermittlung des Betätigungselements ermittelt werden.
-
Bevorzugt umfasst das Verfahren ferner den Schritt: Ermitteln jeweils eines Fluiddrucks in jedem der beiden durch die Antiblockiereinheit, insbesondere durch das Einlassventil der Antiblockiereinheit, getrennten Bereiche der Bremsleitung. Für den Fall, dass der Fluiddruck zwischen der Antiblockiereinheit und dem ersten Anschluss kleiner ist als der Fluiddruck zwischen der Antiblockiereinheit und dem zweiten Anschluss, werden die folgenden Schritte durchgeführt:
- - Beenden des Antiblockier-Betriebs,
- - Öffnen des Einlassventils, und
- - gesteuertes Betätigen des Kolbens über das Betätigungselement mittels des Aktuators, zum aktiven Herauszurücken von Bremsflüssigkeit aus der Kammer. Das heißt, sobald der Antiblockier-Betrieb beendet werden kann, wird das Einlassventil wieder geöffnet, und die sich in der Kammer befindliche Bremsflüssigkeit aktiv herausgedrückt, sodass wieder der volle Bremshebelweg, um damit die volle Bremsleistung zur Verfügung steht.
-
Besonders bevorzugt umfasst das Verfahren ferner den Schritt: kurzzeitiges Öffnen des Einlassventils während des Antiblockier-Betriebs und während die Antiblockier-Funktion notwendig ist, um eine Bremsfluidmenge in dem Bereich zwischen Antiblockiereinheit und zweitem Anschluss zu erhöhen. Dies kann beispielsweise vorteilhaft sein, wenn ein positiver Reibwertsprung des Untergrunds, auf dem sich das Zweirad fortbewegt, auftritt. Für einen solchen Fall wird ein höherer Druck am Bremssattel benötigt als vor dem Reibwertsprung. Durch das kurzzeitige Öffnen und das Nachfließen der Bremsflüssigkeit kann dies besonders einfach und vorteilhaft umgesetzt werden. Bevorzugt wird in diesem Fall die Betätigung des Aktuators nicht mittels einer Druckregelung, sondern mittels einer Positionsregelung geregelt, um den Kolben in einer Endanschlagsposition zu halten. Dadurch kann vermieden werden, dass die Regelung des Bremsdrucks einen Druckaufbau durch das Einlassventil negativ beeinflusst.
-
Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner den Schritt: Ermitteln eines Fluiddrucks der Bremsflüssigkeit, insbesondere mittels eines Drucksensors, welcher vorzugsweise zwischen Einlasselement und Einlassventil angeordnet ist. Zudem umfasst das Verfahren ferner den Schritt, für den Fall, dass der ermittelte Fluiddruck größer als der vordefinierte Mindestdruck ist, und wenn keine Antiblockier-Funktion notwendig ist: gesteuertes Betätigen des Kolbens über das Betätigungselement durch den Aktuator, um eine zusätzliche Aktuator-Rückstellkraft parallel zur Rückstellkraft des Rückstellelements aufzubringen. Das heißt, es kann in einem normalen Bremsbetrieb, wenn keine Antiblockier-Funktion, also keine Druckmodulation, welche zum Verhindern eines Blockierens des Rades vorgesehen ist, notwendig ist, durch aktives Betätigen des Kolbens durch den Aktuator der Kolben gegen ein Einströmen vom Bremsflüssigkeit in die Kammer dagegengehalten werden, um auch starke Bremsung mit höherem Bremsdruck größer als der vordefinierte Mindestdruck zu ermöglichen.
-
Vorzugsweise umfasst das Verfahren ferner die Schritte: Ermitteln eines Fluiddrucks der Bremsflüssigkeit, insbesondere mittels eines Drucksensors, welcher vorzugsweise zwischen Einlasselement und Einlassventil angeordnet ist, und wenn der Fluiddruck kleiner als der vordefinierte Mindestdruck ist und wenn keine Antiblockier-Funktion notwendig ist: gesteuertes Betätigen des Kolbens durch den Aktuator, zur Unterstützung einer manuellen Bremskraft durch den Fahrer und/oder zur Anpassung eines Druckänderungsgradienten in der Bremsleitung bei einer Betätigung des hydraulischen Bremssystems. Dadurch kann besonders flexibel das Bremsverhalten individuell an die Wünsche des Fahrers angepasst werden.
-
Figurenliste
-
Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Figuren beschrieben. In den Figuren sind funktional gleiche Bauteile jeweils mit gleichen Bezugszeichen gekennzeichnet. Dabei zeigt:
- 1 eine vereinfachte schematische Ansicht eines Elektrofahrrads gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung,
- 2 eine vereinfachte schematische Ansicht eines hydraulischen Bremssystems des Elektrofahrrads der 1,
- 3 eine Schnittansicht einer Antiblockiereinheit des hydraulischen Bremssystems der 2,
- 4 eine perspektivische Ansicht der Antiblockiereinheit der 3, und
- 5 eine vereinfachte schematische Ansicht eines Druckverlaufs in dem hydraulischen Bremssystem der 2 während eines Antiblockier-Betriebs der Antiblockiereinheit.
-
Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung
-
1 zeigt eine vereinfachte schematische Ansicht eines Elektrofahrrads 100 gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung. Das Elektrofahrrad 100 umfasst eine Antriebseinheit 105, welche eingerichtet ist, eine Tretkraft eines Fahrers mittels Motorkraft zu unterstützen. Die Antriebseinheit 105 wird von einem elektrischen Energiespeicher 106 mit elektrischer Energie versorgt. Der elektrische Energiespeicher 106 ist innerhalb eines Unterrohrs 109 des Elektrofahrrads 100 angeordnet.
-
Das Elektrofahrrad 100 umfasst ein hydraulisches Bremssystem 10 mittels welchem Bremsen 101, 102 jeweils an einem Vorderrad 107 bzw. einem Hinterrad 108 des Elektrofahrrads 100 betätigt werden können. Das hydraulische Bremssystem 10 umfasst pro Bremse 101, 102 jeweils einen Bremshebel 19, einen Bremszylinder 15, einen Bremssattel 13, eine Leitung 11, welche Bremszylinder 15 und Bremssattel 13 hydraulisch miteinander verbindet und eine Antiblockiereinheit 1, welche in die Leitung 11 integriert ist.
-
Die Antiblockiereinheit 1 ist ebenfalls innerhalb des Unterrohrs 109 des Elektrofahrrads 100 angeordnet und wird von dem elektrischen Energiespeicher 106 mit elektrischer Energie versorgt.
-
Das hydraulische Bremssystem 10 mit der Antiblockiereinheit 1 wird nachfolgend in Bezug auf die 2 bis 4 im Detail beschrieben. Die Beschreibung erfolgt dabei aus Gründen der Einfachheit nur in Bezug auf eine einzelne Bremse 101, insbesondere des Vorderrads 107.
-
Der Bremssattel 13 ist mit einem ersten Anschluss 12 eines ersten Leitungsabschnitts 11 a der Leitung 11 verbunden. Am gegenüberliegenden Ende ist der erste Leitungsabschnitt 11a mit einem Auslasselement 9 der Antiblockiereinheit 1 verbunden. Ein Einlasselement 3 der Antiblockiereinheit 1 ist weiterhin mit einem zweiten Leitungsabschnitt 11b der Leitung 11 verbunden. Am gegenüberliegenden Ende weist der zweite Leitungsabschnitt 11 b einen zweiten Anschluss 14 auf, der mit dem Bremszylinder 15 verbunden ist.
-
Die Antiblockiereinheit 1 umfasst dabei ein Einlassventil 16, welches zwischen dem Einlasselement 3 und dem Auslasselement 9 angeordnet ist, und mittels welchem eine Fluidverbindung zwischen Bremszylinder 15 und Bremssattel 13 getrennt werden kann. Das Einlassventil 16 ist als stromlos offenes Ventil ausgebildet.
-
Weiterhin umfasst die Antiblockiereinheit 1 eine Kammer 2, in welcher Bremsflüssigkeit aufgenommen werden kann. Die Kammer 2 ist dabei zwischen Einlassventil 16 und Auslasselement 9 mit der Leitung 11 verbunden.
-
Innerhalb der Kammer 2 wird ein Fluidvolumen durch einen Kolben 4 begrenzt. Der Kolben 4 ist dabei entlang einer Achse 50 (vgl. 3) verschiebbar, sodass das Fluidvolumen innerhalb der Kammer 2 variabel ist.
-
An einer der Kammer 2 gegenüberliegenden Seite des Kolbens 4 ist ein Betätigungselement 51 angeordnet, welches ebenfalls entlang der Achse 50 verschiebbar ist. Das Betätigungselement 51 ist über einen Spindelantrieb 7 mit einem Aktuator 5 verbunden.
-
Um eine Drehung des Betätigungselements 51 um die Achse 50 zu verhindern, also um die Drehung des Spindelantriebs 7 in eine Linearverschiebung des Betätigungselements 51 zu überführen, kann das Betätigungselement 51 ein (nicht dargestelltes) Führungselement aufweisen. Beispielsweise kann das Führungselement als Zapfen ausgebildet sein, der in eine Nut oder eine Bohrung im Gehäuse 65 eingreift dabei eine Verschiebung parallel zur Achse 50 erlaubt, allerdings eine Rotation um die Achse 50 unterbindet.
-
Besonders bevorzugt kann zusätzlich ein (nicht dargestellter) Magnetsensor vorgesehen sein, welcher eine axiale Position des Führungselements ermittelt. Basierend auf Sensordaten des Magnetsensors kann besonders bevorzugt eine Positionsregelung des Kolbens durchgeführt werden.
-
Der Aktuator 5 ist insbesondere als Elektromotor ausgebildet, und kann von einer Steuervorrichtung 61 betätigt werden.
-
Weiterhin umfasst die Antiblockiereinheit 1 ein Rückstellelement 6 in Form einer Schraubenfeder, welches auf einer dem Kolben 4 gegenüberliegenden Seite des Betätigungselements 51 angeordnet ist und eine Rückstellkraft 60 auf das Betätigungselement 51 ausübt. Die Rückstellkraft 60 ist dabei zu einem Fluideintritt 70 in die Kammer 2 genau entgegengesetzt ausgerichtet.
-
Das Rückstellelement 6 erstreckt sich dabei ebenfalls entlang der Achse 50 und ist zwischen dem Betätigungselement 51 und einem Haltebereich 64 eines Gehäuses 65 angeordnet. Kammer 2 und Haltebereich 64 sind relativ zueinander ortsfest angeordnet.
-
Das Betätigungselement 51 und der Kolben 4 sind dabei unverbunden ausgebildet, sodass das Betätigungselement 51 in losem Kontakt an den Kolben 4 anlegbar ist. Dadurch wird verhindert, dass bei einem Zurückziehen des Betätigungselements 51 durch den Aktuator 5 entgegen der Rückstellkraft 60 der Kolben 4 mit zurückgezogen wird. Dadurch wird verhindert, dass der Kolben 4 einen Unterdruck im System, insbesondere in der Leitung 11, erzeugen kann und damit Luft in das System gesaugt werden könnte. Stattdessen kann der Kolben 4 nur durch den Fluideintritt 70 in Richtung des Betätigungselements 51 verschoben werden.
-
Der Antiblockiereinheit 1 weist ferner einen Drucksensor 35 auf, welcher zwischen Einlasselement 3 und Kammer 2 angeordnet ist.
-
In einem Normalbetrieb des hydraulischen Bremssystems 10 ist das Betätigungselement 51 unbetätigt vom Aktuator 5, sodass das Rückstellelement 6 das Betätigungselement 51 und den Kolben 4 in eine Ruheposition drückt.
-
Kammer 2 und Kolben 4 sind dabei vorzugsweise so ausgelegt, dass das Fluidvolumen Null oder näherungsweise Null ist, wenn sich der Kolben in der Ruheposition befindet. Das heißt, in der Ruheposition verhindert der Kolben 4, dass sich Bremsflüssigkeit innerhalb der Kammer 2 befinden kann.
-
Die Rückstellkraft 60 des Rückstellelements 6 ist dabei speziell so ausgelegt, dass ein Fluideintritt 70 in die Kammer 2 erst eintritt, wenn der Fluiddruck der Bremsflüssigkeit im Einlasselement 3 einen vordefinierten Mindestdruck von 60 bar übersteigt. Das bedeutet, dass in der überwiegenden Anzahl an normalerweise bei einem Betrieb des Elektrofahrrads 100 auftretenden Bremsungen, beispielsweise bei über 90 % aller Bremsungen, das Rückstellelement 6 den Fluideintritt 70 in die Kammer 2 verhindert.
-
Im Falle eines Spannungsausfalls, beispielsweise durch einen Defekt oder wenn der elektrische Energiespeicher 106 leer ist, können dabei weiterhin Bremsungen bis zu einem Bremsdruck von 60 bar ohne irgendwelche Einschränkungen vorgenommen werden. Für stärkere Bremsungen, bei welchen ein höherer Bremsdruck auftreten würde, wirkt die Antiblockiereinheit 1 somit als Bremsdruckbegrenzer, da dann Bremsflüssigkeit in die Kammer 2 einströmen kann.
-
Weitere Betriebsfälle der Antiblockiereinheit 1 werden nachfolgend beschrieben.
-
Ebenfalls in einem Normalbetrieb, das heißt ohne Antiblockier-Funktion, kann der Aktuator 5 das Betätigungselement 51 betätigen, um auch in Fällen mit hoher Bremskraft, welche zu einem Fluiddruck führt, der höher als der vordefinierte Mindestdruck ist, den Fluideintritt 70 in die Kammer 2 zu verhindern. Im Detail wird hierbei das Betätigungselement 51 so durch den Aktuator 5 gesteuert betätigt, dass eine Summe aus einer entsprechenden zusätzlichen Aktuator-Rückstellkraft 60' durch den Aktuator 5 und der Rückstellkraft 60 durch das Rückstellelement 6 größer oder gleich einer auf den Kolben 4 wirkenden Fluidkraft ist.
-
Ferner kann im Normalbetrieb der Aktuator 5 gezielt angesteuert werden, um das Betätigungselement 51 entgegen oder in Richtung der Rückstellkraft 60 zu verschieben, um gezielt einen Bremsdruck im System anzupassen. Insbesondere kann hierdurch ein durch die manuelle Bremsbetätigung des Fahrers hervorgerufener Druckänderungsgradient in der Bremsleitung 11 angepasst werden, um optimale Bremsleistungen zu erzielen. Besonders vorteilhaft kann der Druckänderungsgradient durch den Spindelantrieb 7 zwischen Aktuator 5 und Betätigungselement 51 beeinflusst werden, da beispielsweise der Spindelantrieb so ausgelegt sein kann, um eine vordefinierte Verschiebungsgeschwindigkeit des Betätigungselements 51 zu definieren.
-
Mittels einer (nicht dargestellten) Antiblockier-Sensorik kann weiterhin ein Blockierzustand des Rades 107 ermittelt werden. In Abhängigkeit des Blockierzustands wird eine Notwendigkeit einer Antiblockier-Funktion der Antiblockiereinheit 1 ermittelt. Sofern eine Antiblockier-Funktion notwendig ist, beispielsweise wenn ein Blockieren des Rades 107 vorliegt oder nahe bevorsteht, wird ein Antiblockier-Betrieb der Antiblockiereinheit 1 gestartet.
-
Beim Antiblockier-Betrieb wird das Einlassventil 16 geschlossen und der Aktuator 5 betätigt den Kolben 4 über das Betätigungselement 51, um aktiv den Bremsdruck in der Bremsleitung 11 am ersten Anschluss 12 zu modulieren. Im Detail wird hierbei das Betätigungselement 51 entgegen der Rückstellkraft 60 zurückgezogen, um Bremsflüssigkeit in die Kammer 2 einströmen zu lassen, sodass der Bremsdruck am Bremssattel 13 verringert wird. Anschließend wird das Betätigungselement 51 in die entgegengesetzte Richtung verschoben, um den Bremsdruck wieder zu erhöhen.
-
Ein entsprechender Druckverlauf 24 des Bremsdrucks ist dabei in 5 vereinfacht schematisch dargestellt. 5 zeigt dabei ein Diagramm 20, in welchem der Druck 22 über der Zeit 21 dargestellt ist. Zum Zeitpunkt 25 wird die Notwendigkeit der Antiblockier-Funktion festgestellt und der Antiblockier-Betrieb gestartet. Zum Zeitpunkt 26 ist der Bremsdruck am niedrigsten und es beginnt die Erhöhung des Bremsdrucks.
-
In 5 ist dabei zudem ein weiterer Fall dargestellt, nämlich wenn eine Erhöhung eines Reibwerts des Untergrunds, also ein Reibwertsprung, während des Antiblockier-Betriebs auftritt. Dies ist in dem Diagramm 20 der 5 zum Zeitpunkt 27 der Fall. In diesem Fall ist eine Erhöhung des Niveaus des Bremsdrucks erforderlich, um anschließend den Antiblockier-Betrieb auf dem höheren Niveau fortzusetzen. Hierfür kann es erforderlich sein, die Menge an Bremsflüssigkeit in dem zweiten Bereich 11a der Bremsleitung 11 zu erhöhen, da ansonsten der Kolben 4 gegen den Anschlag in der Kammer 2 gefahren werden könnte.
-
Zum Erhöhen der Menge an Bremsflüssigkeit, welche zur Druckmodulation zur Verfügung stehen soll, wird das Einlassventil 16 während des Antiblockier-Betriebs kurzzeitig geöffnet, wobei vorzugsweise gleichzeitig der Aktuator 5 so angesteuert wird, dass Kolben 4 und Betätigungselement 51 das Einströmen der Bremsflüssigkeit in die Kammer 2 erlauben. Anschließend wird bei wieder geschlossenem Einlassventil 16 der Antiblockier-Betrieb fortgesetzt.
-
Weiterhin kann die Antiblockiereinheit ermitteln, dass ein Beenden des Antiblockier-Betriebs möglich ist, beispielsweise, wenn in Abhängigkeit des Blockierzustands des Rades 107 keine Antiblockier Funktion mehr erforderlich ist, oder wenn der manuelle Bremsdruck am Bremszylinder 15 weit genug sinkt. Dann kann der Antiblockier-Betrieb beendet werden, und das Einlassventil 16 geöffnet werden. Vorzugsweise kann dabei zusätzlich ein gesteuertes Betätigen des Kolbens 4 mittels des Aktuators 5 erfolgen, um aktiv Bremsflüssigkeit aus der Kammer 2 herauszudrücken.
-
Die Antiblockiereinheit 1 zeichnet sich somit dadurch aus, eine besonders hohe Zuverlässigkeit, auch bei Spannungsausfall oder Defekten, wie Leckagen, noch Bremsungen mit hoher Bremskraft zu ermöglichen. Dies wird insbesondere auch dadurch sichergestellt, dass ein unbeabsichtigtes Einsaugen von Luft in das System zuverlässig vermieden wird. Zudem zeichnet sich die Antiblockiereinheit 1 durch eine besonders einfache, leichtgewichtige und kompakte Konstruktion aus, wie insbesondere auch in den 3 und 4 erkennbar. Die speziellen Komponenten und deren Anordnung erlauben dabei eine längliche schlanke Formgebung der Antiblockiereinheit 1. Hierdurch kann diese besonders vorteilhaft im Elektrofahrrad 100 verbaut werden, wie beispielsweise innerhalb des Unterrohrs 109, wie im beschriebenen Ausführungsbeispiel und wie in 1 dargestellt.
-
Insbesondere die im Wesentlichen koaxiale Anordnung von Kammer 2, Kolben 4, Betätigungselement 51, Rückstellelement 6, und Aktuator 5 erlauben dabei die Unterbringung in einem länglichen, im wesentlichen kolbenförmigen, Gehäuse 65. Zur verbesserten Zugänglichkeit, beispielsweise zur Wartung, kann das Gehäuse 65 einen abnehmbaren Deckel 66 (vgl. 4) aufweisen. An einer Stirnseite des Gehäuses 65 können (wie in 4 dargestellt) sowohl die Einlassöffnung 3, als auch die Auslassöffnung 9 parallel zur Achse 50 angeordnet sein. Die Steuervorrichtung 61, welche beispielsweise in Form einer Steuerplatine ausgebildet ist, kann in einem flachen Platinengehäuse 60 auf der Außenseite des Gehäuses 65 angeordnet sein.