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Stand der Technik
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines hydraulischen Bremssystems, ein hydraulisches Bremssystem, und ein Zweirad.
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Bekannt sind hydraulische Bremssysteme beispielsweise von Zweirädern, welche manuell betätigt werden, zum Beispiel über einen Bremshebel. Üblicherweise kann eine teilweise Anpassung der manuellen Bremshebelbetätigung an die individuellen Wünsche des Fahrers vorgenommen werden, wie beispielsweise eine Auslenkung des Bremshebels bis zum Erreichen des sogenannten Druckpunkts. Eine Anpassung eines Bremshebelgefühls, welches insbesondere als ein Verhältnis zwischen Bremshebelweg, manuell aufgebrachter Bremshebelkraft und resultierender Fahrzeugverzögerung beschrieben werden kann, ist dabei nicht möglich. Dieses Bremshebelgefühl ist üblicherweise durch die mechanischen und geometrischen Eigenschaften des Bremssystems fest vorgegeben.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 zeichnet sich demgegenüber dadurch aus, dass eine Betätigungsweise eines hydraulischen Bremssystems besonders präzise und insbesondere jederzeit während eines Betriebs des hydraulischen Bremssystems flexibel angepasst werden kann. Dadurch kann beispielsweise ein Bremshebelgefühl besonders flexibel an die individuellen Wünsche eines Nutzers angepasst werden. Dies wird erreicht durch ein Verfahren zum Betreiben eines hydraulischen Bremssystems, vorzugsweise für ein Elektrofahrrad, wobei das hydraulische Bremssystem eine Antiblockiereinheit mit einen steuerbar betätigbaren Kolben aufweist. Durch die gesteuerte Betätigung des Kolbens kann eine aktive Druckmodulation eines Bremsdrucks im hydraulischen Bremssystem erzielt werden. Das Verfahren umfasst dabei die Schritte:
- - Ermitteln einer, insbesondere durch einen Nutzer, vorgebbaren Soll-Steifigkeit des hydraulischen Bremssystems, und
- - gesteuertes Betätigen des Kolbens während eines Bremsvorgangs derart, um die Soll-Steifigkeit bereitzustellen.
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Die Soll-Steifigkeit ist dabei definiert als ein Verhältnis einer Soll-Druckänderung im hydraulischen Bremssystem relativ zu einer Soll-Volumenänderung einer Bremsflüssigkeit, welche durch die Betätigung des Kolbens während des Bremsvorgangs herbeigeführt wird.
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Mit anderen Worten wird bei dem Verfahren der Parameter der Steifigkeit, welcher maßgeblich für das Bremshebelgefühl bei der manuellen Betätigung des hydraulischen Bremssystems verantwortlich ist, gezielt derart verändert, dass das hydraulische Bremssystem eine vorbestimmte Soll-Steifigkeit aufweist, die der Nutzer individuell einstellen kann. Dies wird dadurch erreicht, dass der Kolben der Antiblockiereinheit gezielt aktiv betätigt wird, insbesondere sodass während des Bremsvorgangs eine aktive Druckmodulation im hydraulischen Bremssystem durchgeführt wird.
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Das Verfahren bietet somit den Vorteil, dass die tatsächlich für den Benutzer spürbare Steifigkeit des hydraulischen Bremssystems beliebig angepasst werden kann. So kann dieser die Soll-Steifigkeit vorgeben, wobei durch die aktive Steuerung der Bewegung des Kolbens während des Bremsvorgangs die hydraulischen und mechanischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems derart angepasst werden, dass beispielsweise am Bremshebel das entsprechend gewünschte Bremshebelgefühl in Form der Soll-Steifigkeit vorliegt. Damit kann bei einfachem und kostengünstigem Aufbau des hydraulischen Bremssystems ein besonders breiter Einsatzbereich abgedeckt werden.
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Die Unteransprüche haben bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung zum Inhalt.
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Bevorzugt wird das gesteuerte Betätigen des Kolbens basierend auf einer vorbestimmten Grund-Steifigkeit des hydraulischen Bremssystems durchgeführt. Als Grund-Steifigkeit wird eine vordefinierte, und insbesondere vorbekannte, Steifigkeit des hydraulischen Bremssystems angesehen, welche durch die grundlegenden geometrischen, mechanischen, und/oder fluidmechanischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems vorgegeben sind. Mit anderen Worten wird die gewünschte Soll-Steifigkeit dadurch erreicht, dass ausgehend von der Grund-Steifigkeit die Kraftübertragung über das hydraulische Bremssystem mittels der aktiv gesteuerten Betätigung des Kolbens derart angepasst wird, dass die Soll-Steifigkeit erreicht wird.
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Besonders bevorzugt erfolgt das gesteuerte Betätigen des Kolbens derart, um basierend auf der Soll-Steifigkeit ein vorbestimmtes Verhältnis eines Bremshebelwegs, welchen der Bremshebel beim Betätigen zurücklegen kann, zu einer Bremshebelkraft bei dieser Betätigung bereitzustellen. Beispielsweise können Zusammenhänge zwischen Bremshebelweg, Bremshebelkraft, Druckänderung und Volumenänderung auf einfache Weise basierend auf vorbekannten geometrischen und mechanischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems in Abhängigkeit voneinander berechnet werden. Dadurch kann das Bremshebelgefühl besonders optimal an den individuellen Wunsch des Nutzers angepasst werden.
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Vorzugsweise erfolgt das gesteuerte Betätigen des Kolbens basierend auf einer Ermittlung der Bremshebelkraft in Abhängigkeit eines Bremsdrucks. Das heißt, es erfolgt eine Ermittlung der Bremshebelkraft, welche am Bremshebel manuell aufgebracht werden muss, um einen bestimmten Bremsdruck bereitzustellen. Dies kann beispielsweise ebenfalls basierend auf den vorbekannten geometrischen und mechanischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems erfolgen.
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Besonders bevorzugt erfolgt das gesteuerte Betätigen des Kolbens basierend auf einer Ermittlung des Bremshebelwegs in Abhängigkeit eines durch die Bremshebelbetätigung verdrängten Fluidvolumens. Ein derartiger Zusammenhang kann beispielsweise auf einfache Weise basierend auf einer Geometrie eines Haupt-Bremszylinders ermittelt werden. Damit kann eine besonders einfache und präzise Ermittlung der Betätigungsweise des Kolbens, die erforderlich ist, um die Soll-Steifigkeit zu ermitteln, bereitgestellt werden.
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Vorzugsweise wird das gesteuerte Betätigen des Kolbens basierend auf einer Ermittlung eines innerhalb einer Speicherkammer, welche durch den Kolben begrenzt wird, aufzunehmenden Flüssigkeitsvolumens durchgeführt. Dadurch, dass Flüssigkeit durch die gesteuerte Betätigung des Kolbens in der Speicherkammer aufgenommen wird, kann insbesondere eine Steifigkeit des hydraulischen Bremssystems verringert werden. Das heißt, das Bremshebelgefühl wird weicher. Alternativ bevorzugt wird das gesteuerte Betätigen des Kolbens basierend auf einer Ermittlung eines aus der Speicherkammer auszutragenden Flüssigkeitsvolumens durchgeführt. Dadurch, dass Flüssigkeit durch die gesteuerte Betätigung des Kolbens aus der Speicherkammer herausgedrückt wird, kann insbesondere eine Steifigkeit des hydraulischen Bremssystems erhöht werden. Das heißt, das Bremshebelgefühl wird härter. Somit kann durch die aktive Steuerung des Kolbens die Betätigungsweise des hydraulischen Bremssystems besonders einfach und flexibel angepasst werden.
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Weiter bevorzugt umfasst das Verfahren ferner den Schritt: Ermitteln einer Zielpositionskennlinie einer Verschiebung des Kolbens, insbesondere linear innerhalb der Speicherkammer der Antiblockiereinheit, basierend auf dem ermittelten in der Speicherkammer aufzunehmenden oder aus der Speicherkammer auszutragenden Flüssigkeitsvolumen. Das gesteuerte Betätigen des Kolbens erfolgt dabei in Abhängigkeit der ermittelten Zielpositionskennlinie. Mit anderen Worten wird eine Funktion ermittelt, die die, vorzugsweise lineare, Verschiebung des Kolbens innerhalb der Speicherkammer in Abhängigkeit des Volumens, das für das Erreichen der Soll-Steifigkeit in die Speicherkammer einströmen oder aus der Speicherkammer ausströmen soll, festlegt. Damit kann auf besonders einfache und effiziente Weise die Soll-Steifigkeit bereitgestellt werden, indem die Position des Kolbens geregelt wird. Beispielsweise kann die Längsverschiebung des Kolbens mittels eines Positionssensors, welcher beispielsweise ein Magnetsensor sein kann, geregelt werden.
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Bevorzugt wird das gesteuerte Betätigen des Kolbens basierend auf vorbekannten mechanischen und geometrischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems durchgeführt. Insbesondere umfassen die vorbekannten mechanischen und geometrischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems eine mechanische Übersetzung der Bremshebelbetätigung, ein durch die Bremshebelbetätigung verdrängbares Fluidvolumen insbesondere in Abhängigkeit eines Bremshebelwegs, eine aktive Fläche eines Hauptbremszylinders, eine aktive Kolbenfläche des Kolbens. Mittels der vorbekannten mechanischen und geometrischen Eigenschaften können dabei basierend auf einfachen bekannten physikalischen Zusammenhängen die erforderlichen Größen, wie beispielsweise eine Druckänderung pro Volumenänderung, im Bremssystem und damit auch die Steifigkeit auf einfache Weise ermittelt werden.
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Besonders bevorzugt wird das Verfahren bei jeder Bremshebelbetätigung durchgeführt. Das heißt, das Verfahren wird bei jeder Normalbremsung durchgeführt. Damit kann während des Betriebs des Fahrzeugs jederzeit ein optimaler Fahrkomfort ermöglicht werden.
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Weiterhin führt die Erfindung zu einem hydraulischen Bremssystem, insbesondere eines Zweirads, vorzugsweise eines Elektrofahrrads. Das hydraulische Bremssystem umfasst eine Antiblockiereinheit, die eine Kammer zur Aufnahme einer Bremsflüssigkeit, einen Kolben, welcher ein Volumen innerhalb der Kammer begrenzt und entlang einer Achse verschiebbar ist, und einen Aktuator, der eingerichtet ist, den Kolben entlang der Achse steuerbar zu verschieben, aufweist. Zudem umfasst das hydraulische Bremssystem eine Steuereinheit, welche eingerichtet ist, das beschriebene Verfahren durchzuführen.
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Bevorzugt umfasst das hydraulische Bremssystem ferner eine Eingabeeinheit, mittels welcher die Soll-Steifigkeit durch einen Nutzer vorgebbar ist. Das heißt mittels der Eingabeeinheit kann der Nutzer die Soll-Steifigkeit je nach individuellem Wunsch festlegen. Bevorzugt ist die Steuereinheit eingerichtet, ein die Soll-Steifigkeit repräsentierendes Signal von der Eingabeeinheit zu empfangen.
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Vorzugsweise umfasst die Eingabeeinheit eine grafische Nutzerschnittstelle und/oder ein Nutzergerät. Beispielsweise kann eine derartige grafische Nutzerschnittstelle und/oder ein derartiges Nutzergerät Teil des Fahrzeugs sein, welches das hydraulische Bremssystem umfasst. Alternativ bevorzugt kann, beispielsweise das Nutzergerät, mittels einer drahtlosen Schnittstelle mit einer Empfangseinrichtung des hydraulischen Bremssystems und/oder des Fahrzeugs verbindbar sein. Damit kann eine besonders einfache und komfortable Bedienung für den Nutzer bereitgestellt werden.
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Ferner betrifft die Erfindung ein Zweirad, insbesondere ein Fahrrad, vorzugsweise ein Elektrofahrrad, das das beschriebene hydraulische Bremssystem umfasst.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen in Verbindung mit den Figuren beschrieben. In den Figuren sind funktional gleiche Bauteile jeweils mit gleichen Bezugszeichen gekennzeichnet. Dabei zeigt:
- 1 eine vereinfachte schematische Ansicht eines Elektrofahrrads gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung,
- 2 eine vereinfachte schematische Ansicht eines hydraulischen Bremssystems des Elektrofahrrads der 1,
- 3 eine vereinfachte schematische Ansicht eines Druckverlaufs in dem hydraulischen Bremssystem der 2 während einer Bremsbetätigung,
- 4 eine vereinfachte schematische Ansicht von Verläufen von Bremshebelkräften in dem hydraulischen Bremssystem der 2 während einer Bremsbetätigung,
- 5 eine vereinfachte schematische Ansicht eines Verlaufs eines Bremshebelwegs in dem hydraulischen Bremssystem der 2 während einer Bremsbetätigung,
- 6 eine vereinfachte schematische Ansicht eines Verlaufs einer Bremsflüssigkeits-Volumenänderung in dem hydraulischen Bremssystem der 2 während einer Bremsbetätigung, und
- 7 eine vereinfachte schematische Ansicht einer Zielpositionskennlinie einer Verschiebung eines Kolbens des hydraulischen Bremssystems der 2 während einer Bremsbetätigung.
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Bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung
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1 zeigt eine vereinfachte schematische Ansicht eines Elektrofahrrads 100 gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung. Das Elektrofahrrad 100 umfasst eine Antriebseinheit 105, welche eingerichtet ist, eine Tretkraft eines Fahrers mittels Motorkraft zu unterstützen. Die Antriebseinheit 105 wird von einem elektrischen Energiespeicher 106 mit elektrischer Energie versorgt. Der elektrische Energiespeicher 106 kann beispielsweise innerhalb eines Unterrohrs 109 des Elektrofahrrads 100 angeordnet sein.
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Das Elektrofahrrad 100 umfasst ein hydraulisches Bremssystem 10, mittels welchem Bremsen 101, 102 jeweils an einem Vorderrad 107 bzw. einem Hinterrad 108 des Elektrofahrrads 100 betätigt werden können. Das hydraulische Bremssystem 10 umfasst pro Bremse 101, 102 jeweils einen Bremshebel 19, einen Bremszylinder 15, einen Bremssattel 13, eine Leitung 11, welche Bremszylinder 15 und Bremssattel 13 hydraulisch miteinander verbindet, und eine Antiblockiereinheit 1, welche in die Leitung 11 integriert ist.
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Die Antiblockiereinheit 1 kann ebenfalls innerhalb des Unterrohrs 109 des Elektrofahrrads 100 angeordnet sein und wird insbesondere von dem elektrischen Energiespeicher 106 mit elektrischer Energie versorgt.
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Das hydraulische Bremssystem 10 mit der Antiblockiereinheit 1 wird nachfolgend in Bezug auf die 2 im Detail beschrieben. Die Beschreibung erfolgt dabei aus Gründen der Einfachheit nur in Bezug auf eine einzelne Bremse 101, beispielsweise des Vorderrads 107.
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Der Bremssattel 13 ist mit einem ersten Leitungsabschnitt 11a der Leitung 11 verbunden. Der Bremszylinder 15 ist mit einem zweiten Leitungsabschnitt 11b der Leitung 11 verbunden. Der erste Leitungsabschnitt 11 a und der zweite Leitungsabschnitt 11b sind durch ein Hauptventil 16 hydraulisch voneinander trennbar. Das Hauptventil 16 ist vorzugsweise als stromlos offenes Ventil ausgebildet.
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Weiterhin umfasst die Antiblockiereinheit 1 eine Kammer 2, in welcher Bremsflüssigkeit aufgenommen werden kann. Die Kammer 2 ist dabei zwischen Hauptventil 16 und Bremssattel 13 mit der Leitung 11 verbunden.
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Innerhalb der Kammer 2 wird ein Fluidvolumen durch einen Kolben 4 begrenzt. Der Kolben 4 ist dabei entlang einer Achse 50 durch Betätigung mittels eines Aktuators 5 verschiebbar, sodass das Fluidvolumen innerhalb der Kammer 2 variabel ist.
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Der Aktuator 5 ist insbesondere als Elektromotor ausgebildet, und kann von einer Steuervorrichtung 61 betätigt werden.
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Weiterhin kann die Antiblockiereinheit 1 ein Rückstellelement 6 in Form einer Schraubenfeder umfassen, welches auf einer der Kammer 2 gegenüberliegenden Seite des Kolbens 4 angeordnet ist und eine Rückstellkraft 60 auf den Kolben 4 ausübt. Die Rückstellkraft 60 ist dabei zu einem Fluideintritt 70 in die Kammer 2 genau entgegengesetzt ausgerichtet.
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Der Antiblockiereinheit 1 weist ferner einen Drucksensor 35 auf, welcher eingerichtet ist, einen Bremsdruck an einer Eintrittsöffnung der Kammer 2 zu erfassen.
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Mittels einer (nicht dargestellten) Antiblockier-Sensorik kann weiterhin ein Blockierzustand des Rades 107 ermittelt werden. In Abhängigkeit des Blockierzustands wird eine Notwendigkeit einer Antiblockier-Funktion der Antiblockiereinheit 1 ermittelt. Sofern eine Antiblockier-Funktion notwendig ist, beispielsweise wenn ein Blockieren des Rades 107 vorliegt oder nahe bevorsteht, wird ein Antiblockier-Betrieb der Antiblockiereinheit 1 gestartet.
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Beim Antiblockier-Betrieb wird das Hauptventil 16 geschlossen und der Aktuator 5 betätigt den Kolben 4, um aktiv den Bremsdruck in der Bremsleitung 11 am Bremssattel 13 zu modulieren. Im Detail wird hierbei der Kolben 4 entgegen der Rückstellkraft 60 zurückgezogen, um Bremsflüssigkeit in die Kammer 2 einströmen zu lassen, sodass der Bremsdruck am Bremssattel 13 verringert wird. Anschließend wird der Kolben 4 in die entgegengesetzte Richtung verschoben, um den Bremsdruck wieder zu erhöhen.
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Mittels der Antiblockiereinheit 1 kann eine Steifigkeit 33 des hydraulischen Bremssystems 10 gezielt verändert werden. Die Steifigkeit 33 ist maßgebend für ein Bremshebelgefühl für den Fahrer und zudem relevant für eine optimale Durchführung des Antiblockier-Betriebs.
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Dabei kann eine hohe Steifigkeit 33 auch als starke Bissigkeit der Bremse angesehen werden. Das bedeutet, dass eine geringe Erhöhung des Bremshebelwegs eine starke Erhöhung des Bremsdrucks zur Folge hat. Demgegenüber führt eine niedrige Steifigkeit 33 dazu, dass ein großer Bremshebelweg zu einer geringen Erhöhung des Bremsdrucks führt. Insbesondere ist die Steifigkeit 33 abhängig von Elastizitäten im hydraulischen Bremssystem 10, wie beispielsweise einer Elastizität der Bremsleitung 11 und einer Komprimierbarkeit der Bremsflüssigkeit.
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Zur weiteren Verdeutlichung wird Bezug genommen auf die 3, welche einen Druckverlauf 24 des Bremsdrucks bei einer Betätigung des Bremshebels 19 zeigt. 3 zeigt dabei ein Diagramm 20, in welchem ein Volumen 22 an Bremsflüssigkeit im hydraulischen Bremssystem 10 über einem Druck 21 der Bremsflüssigkeit dargestellt ist.
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Der Bereich 25 zeigt dabei eine Bremshebelbetätigung, bevor Bremsbeläge an der Bremsscheibe anliegen. Das heißt, Bremsflüssigkeit wird verdrängt, aber es findet noch keine wesentliche Druckerhöhung statt. Im Bereich 26 liegen dann die Bremsbeläge an und eine weitere Betätigung des Bremshebels 19 führt zu einer deutlichen Erhöhung des Bremsdrucks.
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Die Steifigkeit 33 entspricht dabei einer Tangente des Druckverlaufs 24 im Bereich 26. Im Detail entspricht die Steifigkeit 33 einem Verhältnis einer Druckänderung 31 zu einer Volumenänderung 32.
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Das Anpassen der Steifigkeit 33 erfolgt dabei dadurch, dass während eines Bremsvorgangs eine gezielte aktiv gesteuerte Betätigung des Kolbens 4 erfolgt. Dadurch kann eine Soll-Steifigkeit 33' eingestellt werden, die durch eine Nutzereingabe eines Nutzers des Elektrofahrrads 100 individuell gewählt werden kann. Im Detail wird hierbei bei jeder Bremsbetätigung, insbesondere während kein Antiblockier-Betrieb erfolgt, der Kolben 4 derart gesteuert bewegt, dass während der Bremsbetätigung in die Speicherkammer 2 Bremsflüssigkeit einströmt oder aus dieser herausgedrückt wird.
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Die Einstellung der Steifigkeit 33 kann dabei manuell von dem Nutzer mittels einer Eingabeeinheit 110 vorgenommen werden. Die Eingabeeinheit 110 kann dabei beispielsweise ein Nutzergerät 111 umfassen, mittels welchem mittels einer Drahtlosverbindung eine Nutzereingabe an eine Steuervorrichtung 61, die eingerichtet ist zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens, übermittelt werden kann. Zusätzlich oder alternativ kann eine grafische Nutzerschnittstelle 112, beispielsweise an einem Lenker des Elektrofahrrads 100, vorgesehen sein, mittels welcher eine Nutzereingabe erfasst werden kann.
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Die genaue Funktionsweise des Verfahrens wird nachfolgend im Detail anhand der 4 bis 7 beschrieben.
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4 zeigt eine vereinfachte schematische Ansicht eines Diagramms 55 mit verschiedenen Bremshebelkräften in dem Bremssystem 10 der 2, die mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens bereitgestellt werden können. Dargestellt ist dabei ein Verlauf einer Bremshebelkraft 52 in Abhängigkeit eines Bremshebelwegs 51. In ähnlicher Weise zur 3 kann eine Steigung der dargestellten Kurven als Steifigkeit 30 des hydraulischen Bremssystems 10 angesehen werden.
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Dargestellt ist in der 4 dabei eine Grund-Steifigkeit 33 des hydraulischen Bremssystems 10, die durch die mechanischen und geometrischen Basiseigenschaften des Bremssystems 10 vorgegeben ist, und welche vorliegt, wenn keine aktive Betätigung des Kolbens 4 erfolgt.
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Dargestellt sind außerdem zwei beispielhaft gewählte Soll-Steifigkeiten 33`, 33", die dadurch eingestellt werden können, dass mittels des Kolbens 4 Bremsflüssigkeit während der Betätigung in die Speicherkammer 2 einströmen kann. Hierdurch wird die Steifigkeit verringert, das heißt, das Bremsverhalten wird „weicher“.
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In 4 ist zudem ein Verstellbereich 53 dargestellt, der ausgehend von der Grund-Steifigkeit 33 den möglichen Bereich angibt, innerhalb welchem die Soll-Steifigkeit 33` gewählt werden kann.
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Die Steuerung der Bewegung des Kolbens 4 erfolgt dabei basierend auf den vorbekannten mechanischen und geometrischen Eigenschaften des hydraulischen Bremssystems 10. Dadurch kann beispielsweise basierend auf dem in 3 dargestellten Diagramm eine Umrechnung in die Kraft-Weg-Kennlinie des Bremshebel 19 der 4 erfolgen. Insbesondere erfolgt die Berechnung der Hebelkraft 51 basierend auf einer vorbekannten mechanischen Übersetzung der Bremshebelbewegung, einer aktiven Fläche des Hauptbremszylinders, und dem Druck in der Bremsleitung. Beispielsweise kann der Druck dabei mittels eines Drucksensor 35 (vergleiche 2) erfasst werden. Zusätzlich kann der Zusammenhang zwischen dem Bremsflüssigkeitsvolumen 22, das durch die Hebelbetätigung verdrängt wird, und dem Bremshebelweg 51 ebenfalls mittels der mechanischen Übersetzung der Bremshebelbewegung und der Fläche des Hauptbremszylinders berechnet werden.
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In 5 ist dabei ein Diagramm 65 dargestellt, das eine Kurve 64` zeigt, wie sich der Bremshebelweg in Abhängigkeit von der Bremshebelkraft 51 ändern muss im Vergleich zur Grund-Steifigkeit 33 des Basis-Bremssystems 10. Die Y-Achse definiert dabei die Änderung 62 des Bremshebelwegs.
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Eine Änderung des Bremshebelwegs bei einer bestimmten Hebelkraft bedeutet somit, dass ein bestimmtes Volumen an Bremsflüssigkeit zusätzlich innerhalb der Speicherkammer 2 durch die Bewegung des Kolbens 4 aufgenommen werden muss. Somit kann der in 5 dargestellte Zusammenhang basierend auf den Eigenschaften der mechanischen Übersetzung der Bremshebelbewegung, der Fläche des Hauptbremszylinders, und der Änderung 62 des Bremshebelwegs in den in 6 dargestellten Zusammenhang umgewandelt werden. 6 zeigt dabei ein Diagramm 75, in dem eine Kurve 74` dargestellt ist, die das Volumen 72, das durch die Speicherkammer 2 aufgenommen werden muss, in Abhängigkeit des Drucks 21 beschreibt.
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Anschließend kann basierend auf dem so ermittelten Volumen 72, das durch die Speicherkammer 2 aufgenommen werden muss, in eine Zielpositionskennlinie 84` einer Verschiebung des Kolbens 4 umgerechnet werden. Dies ist in der 7 dargestellt, welche die Zielpositionskennlinie 84` zeigt, die eine erforderliche lineare Bewegung 82 des Kolbens 4 in Abhängigkeit des Drucks 21 definiert, um die vom Nutzer definierte Kraft-Weg-Kennlinie umzusetzen. Dies kann basierend auf einer vorbekannten aktiven Fläche des Kolbens 4 und basierend auf dem ermittelten Volumen 72, das durch die Speicherkammer 2 aufgenommen werden muss, berechnet werden. Somit kann eine einfache und effiziente Positionssteuerung des Kolbens 4 bereitgestellt werden, mittels welcher die vom Nutzer vorgegebene Soll-Steifigkeit 33' einfach und zuverlässig umgesetzt werden kann.