DE102020201218A1

DE102020201218A1 - Verfahren und System zur Steuerung von Kraftfahrzeugfunktionen

Info

Publication number: DE102020201218A1
Application number: DE102020201218.0A
Authority: DE
Inventors: Eike Schmidt; Stefan Wolter; Florian Golm; Pim van der Jagt
Original assignee: Ford Global Technologies LLC
Current assignee: Ford Global Technologies LLC
Priority date: 2020-01-31
Filing date: 2020-01-31
Publication date: 2021-08-05
Also published as: US20210237747A1; US11648952B2; CN113200005A

Abstract

Verfahren zum Vermeiden oder Abmildern von Reiseübelkeit in einem Fahrzeug, das die folgenden Schritte umfasst:a) Bestimmen eines Profils der individuellen Neigung zu Reisekrankheit;b) Vorhersage einer individuellen Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen basierend auf einer Typisierung mittels der Daten aus Schritt a);c) Auswertung der tatsächlichen Wirksamkeit der vorhersagten Gegenmaßnahmen nach deren Umsetzung beim Reisen in dem Fahrzeug, wobei Schritt a) regelmäßig wiederholt wird und alle Daten und Ergebnisse aus Schritt c) in ein selbstlernendes System gespeist werden, um eine verbesserte Aussage zur individuellen tatsächlichen Wirksamkeit von getroffenen Gegenmaßnahmen zu erhalten und darauf basierend die Auswahl effektiver Gegenmaßnahmen zu treffen.

Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung von Kraftfahrzeugfunktionen nach Anspruch 1.
Viele Menschen leiden beim Fahren in einem Fahrzeug unter Reisekrankheit. Unebene oder hügelige Straßen, Schlaglöcher, Kurven, Anhalten und Anfahren usw. können beispielsweise bewirken, dass einige Menschen unter Reisekrankheit leiden. Des Weiteren kann Reisekrankheit durch andere Faktoren für einen Fahrzeuginsassen bewirkt und/oder verschlimmert werden. Das Lesen eines Buchs, das Ansehen eines Videos und zu heißes Wetter usw. können beispielsweise Gefühle von Schwindel, Übelkeit usw. hervorrufen oder verstärken. Versuche zur Linderung von Reisekrankheit können das Einnehmen eines Medikaments, das Unterlassen des Nutzens von Medien, wie Büchern oder Video, das Konzentrieren auf einen Punkt in der Ferne durch ein Fenster usw. beinhalten.
Studien zufolge haben etwa 45 % der Passagiere in einem Fahrzeug in den letzten 5 Jahren Reisekrankheit erlitten, wohingegen die Fahrer selber aufgrund der Kontrolle über das Fahrzeug und der guten Vorausschau so gut wie nie reisekrank werden.
Es wird daher angenommen, dass mit der Zunahme von autonomen Fahrzeugen auch eine Zunahme von Reisekrankheit erfolgen wird.
Es hat sich jedoch auch herausgestellt, dass es größere persönliche Unterschiede in der Neigung und der Anfälligkeit auch im Hinblick der Effektivität von Gegenmaßnahmen gibt.
Aus der DE 10 2014 221 337 A1 ist es bekannt, Daten in Bezug auf eine Bewegung des Fahrzeugs zu erfassen und aus den gesammelten Daten zu bestimmen, ob eine Grenze überschritten ist, ab der Reisekrankheit auftritt. Daraufhin kann im Fahrzeug mindestens eine Komponente des Fahrzeugs in seiner Funktionsweise verändert werden.
Aus der DE 10 2015 011 708 A1 ist ein Verfahren zur Verringerung von kinetosebedingten Störungen eines Insassen in einem Fahrzeug bekannt. Dabei wird eine individuelle Neigung des Insassen zur Kinetose mittels einer manuellen Eingabe erfasst, wobei zumindest Fahrzeugparameter, Gesundheitsparameter des Insassen und/oder die Fahrstrecke betreffende Parameter zur Ermittlung eines Auftretens von kinetosebedingten Störungen erfasst werden und anhand dessen zumindest eine Diskomfortschwelle bestimmt wird, wobei vor einem Erreichen der zumindest einen Diskomfortschwelle automatisch zumindest eine Warnmeldung in Bezug auf das Auftreten einer bevorstehender kinetosebedingten Störung an den Insassen ausgegeben wird.
Die DE 10 2016 204 635 A1 beschreibt ein Verfahren zum Vermeiden oder Abmildern von Reiseübelkeit in einem Fahrzeug, wobei das Fahrzeug einen automatisierten Fahrmodus aufweist, in welchem sich das Fahrzeug zumindest teilweise automatisiert fortbewegt, wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist: a) Abschätzen wenigstens eines für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Reiseübelkeit bei einem Insassen des Fahrzeuges charakteristischen Kennwertes; b) Festlegen, auf Basis dieses Kennwertes, wenigstens einer für die Abmilderung oder Vermeidung von Reiseübelkeit bei dem Insassen des Fahrzeuges geeigneten Maßnahme; und c) Übermitteln einer diese wenigstens eine Maßnahme betreffenden Information an den Fahrer.
Demgegenüber besteht nach wie vor ein Bedarf an einem individualisierten Verfahren zur Vermeidung von Reisekrankheit.
Diese Aufgabe wird durch das in Anspruch 1 wiedergegebene Verfahren gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen und der Beschreibung.
Erfindungsgemäß ist erkannt worden, dass, wenn ein Verfahren zum Vermeiden oder Abmildern von Reiseübelkeit in einem Fahrzeug die folgenden Schritte umfasst:

a) Bestimmen eines Profils der individuellen Neigung zu Reisekrankheit;
b) Vorhersage einer individuellen Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen basierend auf einer Typisierung mittels der Daten aus Schritt a);
c) Auswertung der tatsächlichen Wirksamkeit der vorhersagten Gegenmaßnahmen nach deren Umsetzung beim Reisen in dem Fahrzeug,

Mit anderen Worten, es wird die individuelle Neigung zum Erleiden von Reisekrankheit unter bestimmten Bedingungen wird nicht nur einmalig, sondern wiederholt erfasst, und es wird eine Vorhersage für die individuelle Wirksamkeit bestimmter Gegenmaßnahmen basierend auf einer Typisierung getroffen. Die individuelle Neigung wird nicht nur einmalig manuell erfasst, sondern auf Grundlage einer Reihe von Methoden erfasst werden und das System lernt auf Basis vorheriger Fahrten, wie die tatsächliche Empfindlichkeit des Insassen gegenüber bestimmten Bedingungen ist. Somit handelt es sich um ein kontinuierlich lernendes System, welches vorzugsweise mittels moderner künstlicher Intelligenzmethoden umgesetzt wird.
Vorzugsweise werden auch Daten und Ergebnisse von anderen Passagieren ebenfalls in das selbstlernende System eingespeist. Somit kann von einer Art Schwarm intelligenz Gebrauch gemacht werden, um besonders hilfreiche Gegenmaßnahmen stärker zu gewichten.
Auch können Gewöhnungseffekte berücksichtigt werden. Mit anderen Worten, es werden Habituierungs-/Adaptationseffekte berücksichtigt und ein individueller „Lernstatus“ bestimmt. Es findet nämlich ein assistiertes „Verlernen“ von Reisekrankheit bzw. eine schrittweise Gewöhnung statt.
Ferner können in das selbstlernende System ebenfalls weitere Fahrzeugeinstellungen zur Berücksichtigung bei der Analyse eingespeist werden, so dass eine Abwägung mit anderen Zielen oder Erfordernissen als der Reisekrankheit-Vorbeugung selbst getroffen (z.B. thermischer Komfort, Reisegeschwindigkeit).
Hinzu kommt, dass auch Einstellungen, die nicht unbedingt mit Reisekrankheit in Zusammenhang stehen (z.B. Display-Design, Lichtfarbe, Geruch etc.) berücksichtigt werden können, um eine Berücksichtigung vorheriger Erfahrung von Reisekrankheit an gewisse Umgebungsreize (z.B. Autogeruch) zu erreichen und um diese zu entkoppeln bzw. nicht entsprechend anders einzustellen.
Die Bestimmung der individuellen Neigung zur Reisekrankheit als Passagier in einem Fahrzeug, insbesondere einem Personenkraftwagen, kann in unterschiedlichen Weisen bestimmt werden. Diese Informationen können dann verwendet werden, um ein Profil der Empfindlichkeit auf Reisekrankheit zu erstellen, das für das Individuum spezifisch ist.
So ist ein Beispiel die Verwendung eines standardisierten Fragebogens, in dem vorherige Erfahrungen und Vorzüge abgefragt werden. Mittels solch eines standardisierten validierten Instrumentes immer kann in Abhängigkeit von der spezifischen Situation die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Reisekrankheit quantitativ geschätzt werden. Weitere solcher Instrumente sind zum Beispiel psychometrische Testverfahren, psychologische Abfragen, hinderliche Umstände oder auch Untersuchungen wie der Stab- und Rahmentest als psychophysische Methode zum Testen der Wahrnehmung bzw. der Empfindlichkeit darauf.
Besonders wichtig sind natürlich in diesem Zusammenhang die vorherigen Erfahrungen und subjektiven Einschätzungen nach Beendigung von Reisen im dem jeweiligen Fahrzeug, die zum Beispiel mittels Apps auf Smartphones nachgehalten werden können.
Hinzu kommt die Möglichkeit physiologische Parameter (wie zum Beispiel Körpertemperatur mittels Infrarotkameras, Herzrate, Atemfrequenz, Leitfähigkeit der Haut bzw. Schweißproduktion) zu überwachen und diese mit dem Auftreten von Reisekrankheit in Beziehung zu setzen.
Diese zusammengesetzten individuellen Daten ergeben dann ein individualisiertes Profil, das zur genaueren Vorhersage der bestmöglichen Gegenmaßnahmen für den jeweiligen Passagier genutzt werden kann.
Auch kann basierend auf dem so erzeugten Profil aus dem System direkt eine Anleitung erzeugt werden, um zum Beispiel nicht zu lesen, oder das Fahrzeug entsprechend automatisch oder angeleitet verändert zu führen. So könnte die Dämpferhärte automatisch eingestellt werden oder auch ein Head Up Display angezeigt werden, um einen künstlichen Horizont zur Verringerung der Reisekrankheit anzuzeigen.
Da die Abfrage der Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen regelmäßig erfolgt und die Ergebnisse jeweils in das selbst lernende System eingespeist werden, erfolgt eine ständige Optimierung der Gegenmaßnahmen.
Das jeweilige persönliche Profil kann zum Beispiel im Fahrzeug, im Schlüssel, im Smartphone, in der Cloud, oder auf sonstige Weise gespeichert bzw. mitgeführt werden.
Weitere Details der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnung, in der

1 ein schematisches Organigramm der wesentlichen Schritte des Verfahrens zeigt und
2 eine Detailierung einzelner Schritte aus 1 zeigt.

In 1 ist ein generisches Organigramm der wesentlichen Schritte des Verfahrens dargestellt. Nach dem Start im Schritt 1 wird im darauffolgenden Schritt 2 eine Bestimmung der individuellen Neigung zur Reisekrankheit durchgeführt.
Darauf basierend wird im Schritt 3 eine Auswahl von individuell abgestimmten Gegenmaßnahmen getätigt, wobei im Schritt 4 diese Gegenmaßnahmen aktiviert werden.
Nach Beendigung der Reise im Schritt 5 erfolgt eine Auswertung im Schritt 6 der Wirksamkeit der getroffenen bzw. vorhergesagten Gegenmaßnahmen, um diese - je nach Wirksamkeit - bei der nächsten Reise bei der Auswahl der vorzuschlagen Gegenmaßnahmen zu berücksichtigen.
Die Bestimmung der individuellen Neigung zur Reisekrankheit im Schritt 2 kann, wie in 2 dargestellt, wesentlichen basierend auf 3 Subeinheiten aufgeteilt werden.
So werden im Schritt 2.1 geeignete Instrumente zu Bestimmung der Neigung zur Reisekrankheit ausgewählt, im Schritt 2.2 werden diese geeigneten Instrumente, wozu Fragebögen, Stab- und Rahmen Test, psychometrische Testverfahren, vorherige Reisekrankheit Erfahrungen, psychologische und physiologische Abfragen sowie weitere Fahrzeugeinstellungen zählen, ausgeführt und deren Ergebnisse fließen im Schritt 2.3 in ein System zur Reisekrankheit-Profilanalyse ein, welches mittels künstlicher Intelligenz zur Verwendung einer Gegenmaßnahmenauswähleinheit 3.1 Daten erzeugt.
Die Gegenmaßnahmenauswähleinheit 3.1 Welt entsprechend vorzuschlagen der Gegenmaßnahmen aus und aktiviert die vorgeschlagene Auswahl 4.1 (soweit möglich) im Schritt 4.
Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen 4.1 zählen unter anderem der Hinweis an den Passagier nicht zu lesen, die Einschaltung eines Head Up Displays zur Erzeugung eines künstlichen Horizonts, die Verringerung bzw. Steuerung des dynamischen Verhaltens des Fahrzeugs, eine Abänderung der geplanten Route auf eine sanftere bekömmlichere Route sowie gegebenenfalls die Einstellung weiterer Fahrzeugeinstellungen wie Temperatur, Geruch und Beleuchtung.
Wie in 1 im Schritt 6 angedeutet wird nach Beendigung der entsprechenden Reise anhand der subjektiven Auswertung des Passagiers ein Feedback an die Gegenmaßnahmenauswähleinheit 3.1 zu der Wirksamkeit bzw. Ergebnisse der verwendeten Gegenmaßnahmen aufgrund der vorherigen Auswahl getroffen, sodass anhand dessen eine dauernde Optimierung für das jeweilige Individuum erfolgen kann.
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur

DE 102014221337 A1 [0006]
DE 102015011708 A1 [0007]
DE 102016204635 A1 [0008]

Claims

Verfahren zum Vermeiden oder Abmildern von Reiseübelkeit in einem Fahrzeug, das die folgenden Schritte umfasst: a) Bestimmen eines Profils der individuellen Neigung zu Reisekrankheit; b) Vorhersage einer individuellen Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen basierend auf einer Typisierung mittels der Daten aus Schritt a); c) Auswertung der tatsächlichen Wirksamkeit der vorhersagten Gegenmaßnahmen nach deren Umsetzung beim Reisen in dem Fahrzeug, wobei Schritt a) regelmäßig wiederholt wird und alle Daten und Ergebnisse aus Schritt c) in ein selbstlernendes System gespeist werden, um eine verbesserte Aussage zur individuellen tatsächlichen Wirksamkeit von getroffenen Gegenmaßnahmen zu erhalten und darauf basierend die Auswahl effektiver Gegenmaßnahmen zu treffen.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Daten und Ergebnisse von anderen Passagieren ebenfalls in das selbstlernende System eingespeist werden.
Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass Gewöhnungseffekte berücksichtigt werden.
Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in das selbstlernende System ebenfalls weitere Fahrzeugeinstellungen zur Berücksichtigung bei der Analyse eingespeist werden.