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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Insassenassistenz nach den Merkmalen des Oberbegriffs von Patentanspruch 1, und eine Vorrichtung zur Insassenassistenz eines Fahrzeuginsassen nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 9.
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Es ist bekannt, dass die Umgebungsbedingungen, denen die Insassen in einem Fahrzeug ausgesetzt sind, einen deutlichen Einfluss auf das Befinden der Insassen haben. Moderne Fahrzeuge verfügen über vielfältige Funktionen, um die Bedingungen im Fahrzeuginneren an die Bedürfnisse der Insassen anzupassen. Das Raumklima und die Beleuchtung kann in weiten Bereichen eingestellt werden, ebenso steht über moderne Entertainment-Systeme eine große Auswahl an akustischen und/oder optischen Unterhaltungsmöglichkeiten bereit. Sogenannte Komfortsitze ermöglichen neben einer Verstellbarkeit der Rücken- und Sitzfläche auch noch weitere Funktionen wie z.B. eine Belüftungs- und/oder Massagefunktion.
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Die Einstellungen der Umgebungsbedingungen können in weiten Bereichen vom Fahrer bzw. den Insassen nach ihren Bedürfnissen vorgenommen werden. Darüber hinaus sind aus dem Stand der Technik auch Vorrichtungen und Verfahren bekannt, um die Bedingungen im Fahrzeug unabhängig von bzw. ergänzend zu den Einstellungen der Insassen zu optimieren.
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So zeigt z.B. die Druckschrift
DE 101 52 852 A1 ein System mit dem Stress und negative Emotionen beim Fahrer abgebaut werden sollen. Zur Bestimmung der emotionalen Verfassung des Fahrers werden mittels Sensoren mehrere emotionsbedingte Parameter des Fahrers erfasst und in einer Bewertungseinrichtung bewertet. Aufgrund der Bewertung erfolgt eine Stimulierung des Fahrers durch optische, akustische, olfaktorische, haptische oder thermische Einflüsse, wobei die Intensität der Einflüsse unter der Wahrnehmungsschwelle des Fahrers gehalten wird.
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Weiterhin ist aus der Druckschrift
DE 10 2004 006 910 A1 ein Betriebsverfahren bekannt, bei dem der Gesundheitszustand eines Fahrers ermittelt und ein entsprechendes Signal ausgegeben wird. Durch ständig aktivierbare Einrichtungen, wie z.B. Klimaanlage, Sitzmassageeinrichtung, Musikanlage, Fahrwerkseinstelleinrichtung und Innenbeleuchtung, wird der körperliche Zustand des Fahrers positiv beeinflusst oder einer Belastung entgegengewirkt.
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In beiden Fällen soll eine positive bzw. günstige Beeinflussung des Fahrers erfolgen, wobei die Beeinflussung auf einen Abbau von Stress zum Erhalt der Fahrtüchtigkeit abzielt.
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Mit der Einführung von Fahrzeugen, die ein vollautomatisiertes Fahren ermöglichen, wird es jedoch nicht mehr erforderlich sein, dass ein Fahrzeuginsasse als Fahrer aktiv am Verkehrsgeschehen teilnimmt. Vielmehr können alle Insassen die Fahrtzeit mit anderweitigen Beschäftigungen verbringen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren und eine Vorrichtung anzugeben, wodurch eine alternative Nutzung der Fahrtzeit erleichtert wird und eine den individuellen Bedürfnissen des Insassen angepasste Fahrt ermöglicht wird.
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Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren mit den Maßnahmen von Patentanspruch 1 und eine Vorrichtung mit den Merkmalen von Patentanspruch 9. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Erfindungsgemäß wird dem Insassen ein auf seinen augenblicklichen körperlichen, emotionalen und kognitiven Zustand zugeschnittene Beschäftigungsempfehlung im Fahrzeug unterbreitet. Der Insasse bekommt eine Anregung, welche Beschäftigung er in seinem augenblicklichen Zustand idealerweise ausüben sollte. Zur weiteren Unterstützung kann die Fahrgastumgebung entsprechend der Beschäftigungsempfehlung automatisch angepasst und bedarfsgerecht gestaltet werden. Dies führt zu einem stimmigen Gesamterlebnis während der Fahrt verbunden mit einer optimalen Nutzung der Fahrtzeit.
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Zur Bestimmung des Zustands des Insassen wird zumindest einer, vorzugsweise mehrere, psychophysiologische Parameter des Fahrzeuginsassen ermittelt. Hierzu werden Biosignale des Insassen erfasst. Unter Biosignalen ist hierbei jedes körpereigene Signal des Insassen zu verstehen, dass kontinuierlich gemessen und ausgewertet werden kann, sei es ein elektrisches oder nicht-elektrisches Signal. Die Biosignale werden weiterverarbeitet zur Bestimmung der psychophysiologischen Parameter.
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Als psychophysiologische Parameter werden insbesondere die Herzfrequenz, der Pulsschlag, der Blutdruck, die Hauttemperatur, die Leitfähigkeit der Haut, die Hirnströme, die Herzkurve (Elektrokardiogramm), die Augenlidfrequenz und die Bewegung des Insassen auf dem Sitz ermittelt, weitere psychophysiologische Parameter können beispielsweise anhand der Erfassung von Stimm- und Mimiksignalen ermittelt werden.
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Zur Erfassung der Biosignale und Ermittlung der zugehörigen psychophysiologischen Parameter werden bekannte Sensoreinrichtungen mit berührenden oder berührungslosen Sensoren genutzt.
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Die erfassten Parameter werden ausgewertet und verwendet, um den körperlichen, emotionalen und kognitiven Zustand des Insassen zu bewerten. Die Auswertung der Parameter erfolgt durch eine Auswerteeinrichtung, die eingerichtet ist, um anhand der ermittelten psychophysiologischen Parameter zumindest einen Zustandswert zu bestimmen und zumindest eine auf den Zustandswert abgestimmte Beschäftigungsempfehlung auszuwählen. Die Auswerteeinrichtung umfasst z.B. eine Recheneinheit und einen Programm- und Datenspeicher.
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Die psychophysiologischen Parameter spiegeln wieder, in welcher geistigen und körperlichen Verfassung sich der Insasse befindet, z.B. ob er entspannt, erschöpft, gereizt, müde, angestrengt, konzentriert, heiter, gesund, krank usw. ist. Die Bewertung der Parameter erfolgt beispielsweise anhand eines Vergleichs mit gespeicherten älteren Parametern des Insassen, mit medizinischen und/oder psychologischen Daten oder anhand eines Auswertealgorithmus, der beispielsweise physiologisches, medizinisches und/oder psychologisches Wissen berücksichtigt. Zur Bestimmung des emotionalen und kognitiven Zustands können beispielsweise bekannte Modelle zur Bewertung herangezogen werden. Abhängig von der Bewertung wird, beispielsweise anhand einer Zuordnungsvorschrift, zumindest ein Zustandswert bestimmt, der repräsentativ für den Zustand des Fahrers ist. Der Zustandswert kann aus einem vorgegebenen Zustandswertebereich oder aus einer Menge an vorgegebenen Zustandswertklassen ausgewählt werden.
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Jedem Zustandswert ist eine Beschäftigung oder sind zwei oder mehr Beschäftigungen zugeordnet. Die Beschäftigung ist abgestimmt auf den jeweiligen Zustand, d.h. ist eine Beschäftigung, die dem Insassen in seinem festgestellten Zustand zuträglich ist, oder eine Beschäftigung, für die der festgestellte Zustand des Insassen eine gute Voraussetzung ist.
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Die dem Zustandswert zugeordnete Beschäftigung oder Beschäftigungen werden als Beschäftigungsempfehlung an den Insassen ausgegeben.
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Vorzugsweise ist die Beschäftigungsempfehlung eine Arbeitsempfehlung, eine Unterhaltungsempfehlung, eine Wellnessempfehlung, eine Schlafempfehlung, eine Empfehlung zum sozialen Miteinander oder eine Bewegungsempfehlung. Die Arbeitsempfehlung wird gegeben, wenn der Insasse in einem Zustand ist, der eine produktive Arbeit wahrscheinlich erscheinen lässt, z.B. wenn der Insasse als gesund, ausgeruht und entspannt klassifiziert wurde. Die Unterhaltungsempfehlung kann z.B. gegeben werden, um den Insassen aufzumuntern. Die Wellness- oder auch Entspannungsempfehlung wird gegeben, wenn der Zustand des Insassen einen Entspannungsbedarf signalisiert, z.B. bei Nervosität, Unruhe oder Krankheit. Die Schlafempfehlung wird gegeben, wenn z.B. starke Müdigkeit oder Anzeichen von Schlafmangel ein Schlafbedürfnis erkennen lassen. Hierbei können die Schlaf-/Aufweckphasen nach der Länge der Fahrt bzw. der Schlafphase geplant werden. Die Empfehlung zum sozialen Miteinander wird gegeben, wenn der Zustand des Insassen z.B. darauf schließen lässt, dass der soziale Kontakt zu Menschen gewünscht oder dem Wohlbefinden des Insassen dienlich ist. Die Bewegungsempfehlung kann z.B. gegeben werden, um vorhandener oder aufkommender Müdigkeit oder körperlichen Verspannungen zu begegnen. Weitere Beschäftigungen können selbstverständlich ebenfalls empfohlen werden.
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Die Ausgabe der Empfehlung/en erfolgt über eine Benutzerschnittstelle, z.B. in visueller oder akustischer Form. Der Insasse kann die angezeigte Beschäftigungsempfehlung mittels der Schnittstelle bestätigen bzw. eine von mehreren Beschäftigungsempfehlungen auswählen oder diese alternativ ablehnen.
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Zur weiteren Unterstützung des Insassen sind in dem Fahrzeug aktivierbare Vorrichtungen vorgesehen, mittels derer die Umgebungsbedingungen im Fahrgastraum entsprechend der Beschäftigungsempfehlung oder der vom Insassen gewählten Beschäftigung automatisch anpassbar sind. Umgebungsbedingungen können hierbei alle Faktoren sein, die in der Fahrgastzelle auf den Insassen einwirken, sei es, dass sie von außerhalb oder innerhalb des Fahrzeugs stammen. Der Insasse nimmt die Umgebungsbedingungen im Fahrgastraum mit seinen Sinnen bewusst oder unbewusst wahr und wird durch diese in seinem Zustand und Handeln beeinflusst.
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Durch die Anpassung der Umgebungsbedingungen wird eine Umgebung geschaffen, die es dem Insassen erleichtert und ihn dabei unterstützt, der ausgewählten Beschäftigung nachzugehen, vorzugsweise ist die Umgebungsveränderung für den Insassen deutlich wahrnehmbar. Hierbei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass unterschiedliche Aktivitäten auch zum Teil völlig unterschiedliche Umgebungsbedingungen benötigen. So ist für ein produktives Arbeiten beispielsweise eine Arbeitsplatzumgebung mit hellem Tageslicht oder tageslichtähnlichem Licht, aufrechter Sitzposition, Ruhe und moderaten Temperaturen empfehlenswert, während zur Steigerung des Wohlbefindens bzw. der Entspannung beispielsweise eine Umgebung mit gedämpftem Licht warmer Lichtfarbe, einer flachen liegeähnliche Sitzposition, beruhigender Musik oder mit einer geführte Atem- oder Meditationsübung, wie z.B. autogenem Training, empfehlenswert sein kann. Jeder Beschäftigung ist deshalb ein Satz von Umgebungsbedingungen zugeordnet, wobei die einzelnen Umgebungsbedingungen, wie z.B. Temperatur, Lichtstärke, Lichtfarbe, Schallpegel, Schallart, Sitzposition, usw. als fester Wert oder Wertebereich angegeben sein können.
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Die Vorrichtungen sind in der Regel solche Vorrichtungen, die im Fahrzeug ohnehin enthalten sind und wahlweise vom Insassen auch separat und individuell betätigbar sind. Die Vorrichtungen sind so ausgebildet, dass sie automatisch betätigbar sind. Sie sind über funktionelle Ausgänge der Auswerteeinrichtung einstellbar, z.B. mittels eines geeigneten Steuersignals einer Steuervorrichtung. Bei den Vorrichtungen handelt es sich beispielsweise um
- – eine Innenraumbeleuchtung zur Veränderung der Helligkeit und/oder Lichtfarbe,
- – eine Sitzverstellung zur Anpassung der Sitzposition,
- – eine Belüftungs-/Massageeinrichtung im Sitz,
- – eine Heizungs-/Klimaanlage zur Temperierung der Fahrgastzelle,
- – eine Belüftungsvorrichtung zur Regulierung des Luftdurchsatzes im Fahrgastraum, ggf. mit einer Duftvorrichtung zur Aromatisierung der Innenraumluft,
- – Verdunklungsvorrichtungen an den Fenstern, und
- – einem Entertainment-System mit Musik-/Videoanlage zur Beschallung des Innenraums.
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So kann der Fahrzeuginnenraum der jeweiligen gewählten Beschäftigung automatisch angepasst werden, z.B. wenn als Beschäftigung Unterhaltung gewählt ist, in der Art eines Konzertsaals oder Kinos, beispielsweise durch Abdunkelung der Fahrgastzelle, Einstellung der Sitzposition, Auswahl des Unterhaltungsprogramms, wie z.B. Fernsehen, Video, Nachrichten, Musik, Podcasts, Computerspiele. Ebenso kann die Fahrzeugumgebung z.B. ähnlich einer Stadtrundfahrt kommentiert werden, z.B. aufgrund der GPS-Daten des Fahrzeugs in Kombination mit abrufbaren Informationen.
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Wird das Fahrzeug als vollautomatisiertes Fahrzeug betrieben, so ist in einer Ausgestaltung auch die Fahrdynamik des Fahrzeugs entsprechend der Beschäftigungsempfehlung automatisch einstellbar. Dies kann beispielsweise mittels der Fahrzeugsteuervorrichtung durch eine entsprechende Programmierung umgesetzt werden. Dies ermöglicht die Steigerung des Wohlbefindens des Insassen in besonderem Maße, da insbesondere einer, oftmals unbewussten, Übelkeit entgegengewirkt werden kann.
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Die Betätigung der Einstellvorrichtungen und automatische Anpassung der Umgebungsbedingungen erfolgt vorzugsweise sobald eine Beschäftigungsempfehlung vom Insassen bestätigt bzw. ausgewählt wurde.
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In diesem Zusammenhang kann es vorteilhaft sein, wenn der Umfang und/oder die Art der Aktivierung der Vorrichtungen durch den Insassen individuell einstellbar ist, insbesondere sollen einzelne Vorrichtungen sperrbar oder individuell einstellbar sein.
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Besonders vorteilhaft kann es sein, wenn der Zustandswert des Insassen laufend aktualisiert wird und zur Optimierung der Beschäftigungsempfehlung verwendet wird. Eine nicht mehr den Bedürfnissen des Insassen entsprechende Beschäftigung kann durch einen neuen Beschäftigungsvorschlag ersetzt werden. Spricht z.B. der Insasse auf ein Erholungsprogramm gut an und zeigt erholte Vitalwerte, so wird dies erkannt und führt zu einer neuen Beschäftigungsempfehlung, z.B. zu dem Hinweis, dass eine geeignete Zeit zum Arbeiten gekommen ist. Wird beispielsweise anhand des aktuellen Zustandswerts eine Ermüdung des Insassen während der Beschäftigung „Arbeiten“ festgestellt, kann als alternative Beschäftigung z.B. „Wellness“ oder „Bewegung“, eine Arbeitspause oder eine Stressmanagement-Methode wie z.B. autogenes Training vorgeschlagen werden.
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Ebenso vorteilhaft kann es sein, wenn anhand des laufend aktualisierten Zustandswertes des Insassen eine Optimierung der Umgebungsbedingungen in der Fahrgastzelle vorgenommen wird, z.B. indem einzelne oder mehrere Umgebungsbedingungen in ihren Werten oder Wertebereichen verändert werden. Arbeitet der Insasse z.B. konzentriert, während der Zustandswert gleichzeitig erkennen lässt, dass sich Übelkeit oder Unwohlsein einstellt, kann diese Entwicklung ggf. durch eine Anpassung der Fahrdynamik aufgehalten werden. So können die vorgegebenen Umgebungsbedingungen individualisiert und auf die Bedürfnisse verschiedener Insassen zugeschnitten werden.
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Zur weiteren Individualisierung der Beschäftigungsempfehlungen sowie der zugeordneten Umgebungsbedingungen kann es vorteilhaft sein, insassenspezifische Daten aus fahrzeugfremden Quellen einzulesen und bei der Zuweisung des Zustandswerts, zur Individualisierung des Beschäftigungsangebots und/oder zur Individualisierung der Umgebungsbedingungen zu berücksichtigen. Fahrzeugfremde Quellen sind Datenquellen, die nicht dauerhaft mit dem Fahrzeug verbunden sind. Dies können beispielsweise Mobilgeräte des Insassen sein, wie z.B. sein Smartphone, Tablet-Computer, oder das Internet. Als insassenspezifische Daten kommen vorzugsweise solche Daten in Frage, die einen Rückschluss auf Vorlieben und Interessen des Insassen, aber auch auf bevorstehende oder zurückliegende Belastungen zulassen, wie insbesondere Kalendereinträge, Telefonverzeichnisse und Informationen aus sozialen Netzen. Das Einlesen der Daten erfolgt mittels einer Kommunikationseinrichtung, mit der eine Datenverbindung, z.B. eine USB-, Bluetooth- oder WLAN-Verbindung, zur fahrzeugfremden Quelle aufbaubar ist. Durch Kenntnis der Vorlieben in Kombination mit der Überwachung des Stresslevels, der Müdigkeit und des emotionalen Zustands der Insassen kann z.B. ein Unterhaltungs- und Informationsprogramm zusammengestellt werden.
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Besondere Vorteile gewinnt das Verfahren, wenn die vom Insassen ermittelten physiologischen und/oder psychischen Daten zu einer medizinischen Einrichtung, wie z.B. einer Arztpraxis oder einem Krankenwagen, übertragen werden. Die Übertragung erfolgt mittels Kommunikationseinrichtung, mit der eine Datenverbindung zur medizinischen Einrichtung aufbaubar ist. Beispielsweise können die ermittelten Daten an einen Arzt übertragen werden, der mit den Daten eine medizinische Früherkennung, eine Diagnose bei Beschwerden oder eine Langzeit-Diagnose durchführen kann. Es wird eine medizinische Diagnose während der Fahrt möglich und die Behandlungszeit vor Ort beim Arzt kann reduziert werden. Auch können die Daten für ein Langzeit-Monitoring, wie z.B. ein Dauer-EKG oder Dauer-Blutdruckmessung, genutzt werden. Die ermittelten Daten sind dabei besonders aussagekräftig, da sie in einer für den Insassen angenehmen und vertrauten Umgebung gewonnen werden. Es kann vorteilhaft sein, die Daten in Echtzeit zu übertragen.
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Weiterhin können die Daten auch für die medizinische Notfallerkennung genutzt werden. Bei Identifikation eines Notfalls kann das Fahrzeug den Rettungsdienst alarmieren oder als vollautomatisiertes Fahrzeug automatisch einen Arzt oder eine Notfallaufnahme ansteuern. Weiterhin können die vor, während und nach dem Notfall erhobenen Daten an den Arzt, die Notfallaufnahme oder den Rettungsdienst vorab übertragen werden. Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, um eine Videoverbindung zwischen Fahrgastinnenraum und einer externen Stelle aufzubauen. Dadurch wird es den Ärzten/Rettungssanitätern ermöglicht, vor Eintreffen bereits Diagnosen zum Zustand des Notfallpatienten zu stellen und erforderliche Behandlungsschritte planen und ggf. schon einleiten zu können.
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Dies kann beispielsweise erfolgen, indem in einer weiteren Ausgestaltung die Kommunikationseinrichtung Diagnoseergebnisse und/oder Therapieanweisungen von der medizinischen Einrichtung empfängt und einzelne Therapieschritte mittels im Fahrzeug befindlicher Therapieeinrichtungen umsetzbar sind. Die Therapieeinrichtungen können beispielsweise von Insassen mitgeführt werden, wie z.B. eine programmierbare Insulinpumpe, oder die im Fahrzeug vorgesehenen Einstellvorrichtungen können als Therapieeinrichtung verwendet werden. Beispielsweise kann die Sitzheizung im Fahrzeug als Therapieeinrichtung fungieren zum Warmhalten der Nierenregion im Falle einer Harnwegserkrankung.
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In einer Ausgestaltung können mit dem Verfahren die Therapieschritte insbesondere automatisch, d.h. ohne Zutun des Insassen, umsetzbar sein. Hierzu stehen die Therapieeinrichtungen in einer entsprechenden Wirkverbindung mit einer Steuervorrichtung zur Steuerung des Verfahrens.
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Das Verfahren und die Vorrichtung eignen sich besonders für autonome bzw. vollautomatisierte Fahrzeuge, insbesondere Personenkraftwagen.
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Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele. Sofern in dieser Anmeldung der Begriff "kann" verwendet wird, handelt es sich sowohl um die technische Möglichkeit als auch um die tatsächliche technische Umsetzung.
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Im Folgenden wird ein Ausführungsbeispiel an Hand der beiliegenden Zeichnung erläutert. Darin zeigt:
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1 eine Prinzipskizze einer beispielhaften Vorrichtung zur Insassenassistenz
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2 ein Bespiel eines Modells zur Emotionsbewertung
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3 ein Beispiel eines Modells zur Bewertung des kognitiven Zustands
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Die in 1 anhand von Funktionsblöcken beispielhaft dargestellte Vorrichtung 10 zur Insassenassistenz ist in einem nicht dargestellten autonomen Personenkraftwagen integriert. Der autonome Kraftwagen benötigt während der Fahrt keinen menschlichen Fahrer, so dass ein Fahrzeuginsasse I einer anderweitigen Beschäftigung nachgehen kann.
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Die Vorrichtung 10 unterstützt den Insassen bei der Wahl einer geeigneten Beschäftigung und stellt eine der Beschäftigung angepasste Fahrgastumgebung bereit.
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Hierzu weist die Vorrichtung 10 eine Reihe von Sensoreinrichtungen auf, die jeweils unterschiedliche Biosignale des Insassen I erfassen zur Ermittlung von psychophysiologischen Parametern. Beispielhaft sind in 1 drei Sensoreinrichtungen 12, 14 und 16 dargestellt. Sensoreinrichtung 12 umfasst einen optischen Sensor und wird zur Ermittlung der Lidschlagfrequenz und emotionaler, durch die Gesichtsmimik ausgedrückter, Parameter eingesetzt. Sensoreinrichtung 14 misst die Pulsfrequenz des Insassen und Sensoreinrichtung 16 umfasst einen Infrarotsensor zur Bestimmung der Körpertemperatur des Insassen.
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Die Daten der Sensoreinrichtungen werden über Leitungen oder kabellos einer Auswerteeinrichtung 18 zugeführt. Die Auswerteeinrichtung 18 umfasst eine (nicht dargestellte) Recheneinheit und einen Speichereinheit. Die übertragenen Daten werden in der Auswerteeinrichtung 18 ausgewertet zur Bestimmung eines Zustandswertes, der den körperlichen, kognitiven und emotionalen Zustand des Insassen widerspiegelt. Jedem Zustandswert sind ein oder mehrere Beschäftigungen zugeordnet, die als Beschäftigungsempfehlung/en über eine Benutzerschnittstelle 20 in Form eines Eingabebildschirms ausgegeben wird bzw. werden und vom Insassen I ausgewählt oder bestätigt werden können.
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Zu jeder Beschäftigungsempfehlung sind Umgebungsbedingungen im Fahrgastraum zugeordnet, die als Datensätze z.B. in der Speichereinheit der Auswerteeinrichtung 18 hinterlegt sind. Entsprechend der getätigten Auswahl werden diese Umgebungsbedingungen im Fahrgastraum eingestellt. Hierzu weist die Insassenassistenzvorrichtung 10 funktionelle Ausgänge 30, 32, 34, 36 auf, mittels der im Fahrzeug angeordnete Vorrichtungen 22, 24, 26, 28 direkt oder indirekt beinflussbar sind. Beispielhaft sind in 1 eine Klimaanlage 22 zur Einstellung des Innenraumklimas, eine Innenraumbeleuchtung 24 zur Einstellung der Helligkeit und Lichtfarbe, eine Fahrzeugsteuerungseinrichtung 26 zur Anpassung der Fahrdynamik und eine Sitzverstellung 28 dargestellt zur Regulierung der Sitzposition.
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Hat die Auswertung der Insassenparameter nun beispielsweise ergeben, dass dieser gestresst ist und einen Erholungsbedarf hat und hat der Insasse der über die Schnittstelle 20 ausgegebenen Wellnessempfehlung zugestimmt, so werden die Vorrichtungen 22 bis 28 automatisch betätigt um die Umgebungsbedingungen im Fahrgastraum so zu verändern, dass eine Wellnessumgebung entsteht. So wird z.B. die Sitzposition in eine liegeähnliche Position geändert, ein gedämpftes warmes Licht eingestellt, die Innenraumtemperatur auf 23 °C angehoben und eine ruhige Fahrdynamik vorgegeben.
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Die Wirkung der Umgebungsbedingungen auf den Insassen und seinen Gesamtzustand ist mittels der Sensoreinrichtungen 12, 14 und 16 messbar und wird zur Optimierung der Umgebungsbedingungen verwendet, indem die erfassten Parameter des Insassen laufend ermittelt, in der Auswerteeinrichtung 18 ausgewertet und bei der Ansteuerung der Vorrichtungen 22 bis 28 berücksichtigt werden. Der Zustand des Insassen wird damit quasi zu einer Regelgröße in einem Regelkreis.
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Weiterhin umfasst die Vorrichtung 10 eine Kommunikationseinrichtung 38, mit der insassenspezifische Daten von einer fahrzeugfremden Datenquelle abrufbar sind. Diese Daten werden in der Auswerteeinrichtung 18 bei der Bestimmung des Zustandswertes, zur Individualisierung der Beschäftigungsempfehlung oder zur Individualisierung der Umgebungsbedingungen berücksichtigt.
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Eine weitere Individualisierung der Umgebungsbedingungen kann durch den Insassen I erfolgen, der mittels der Schnittstelle 20 die Vorrichtungen 22 bis 28 individuell einstellen kann.
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Mit der weiteren optionalen Kommunikationseinrichtung 40 sind die ermittelten psychophysiologischen Parameter an eine medizinische Einrichtung übertragbar. Dies kann alternativ auch mit der Kommunikationseinrichtung 38 erfolgen.
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Obwohl die Vorrichtung 10 am Beispiel eines autonomen Personenkraftwagens beschrieben wurden, kann sie ebenso in anderen Personentransportmitteln integriert sein, in denen ein separater Fahrgastraum existiert, wie beispielsweise einem Schienentransportmittel oder einer Limousine mit vom Fahrer abtrennbarem Fahrgastraum. Dem Fachmann ist unmittelbar deutlich, dass auch das Verfahren für diese weiteren Anwendungen geeignet ist.
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2 zeigt ein beispielhaftes Modell zur Emotionsbewertung. Hierbei ist einer ersten Achse eine Valenz V zugeordnet. Die Valenz V charakterisiert, wie positiv oder negativ eine Emotion ist bzw. von der empfindenden Person wahrgenommen wird. Einer zweiten Achse ist eine Aktivität A (Arousal) zugeordnet, die den Grad der Aktivierung des zentralen Nervensystems eines Menschen charakterisiert. Die Kombination aus beiden Werten bildet eine Emotion. In 2 sind beispielhaft zwölf emotionale Zustände gezeigt, nämlich aufgeregt, freudig erregt, glücklich, gelassen, entspannt, ruhig, müde, niedergeschlagen, traurig, verärgert, gestresst und angespannt. Die Valenzwerte können beispielsweise über eine Auswertung der Insassenmimik bestimmt werden, der Grad der Aktivierung beispielsweise aus einem EEG (Elektroenzephalografie).
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3 zeigt ein Beispiel zur Bewertung des kognitiven Zustands. Das Diagramm zeigt einen typischen Verlauf zwischen kognitiver Arbeitslast AL und Leistung L eines Menschen. Mit zunehmender Arbeitslast AL steigt zunächst auch die Leistung L des Menschen an und erreicht ein Maximum. Nach Erreichen einer maximalen Arbeitslastschwelle sinkt die Leistung L des Menschen wieder ab. In Kenntnis der individuellen Leistungskurve des Insassen kann sein kognitiver Zustand bewertet werden.
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Die Ausführungsbeispiele sind nicht maßstabsgetreu und nicht beschränkend. Abwandlungen im Rahmen des fachmännischen Handelns sind möglich.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Vorrichtung zur Insassenassistenz
- 12, 14, 16
- Sensoreinrichtung
- 18
- Auswerteeinrichtung
- 20
- Benutzerschnittstelle
- 22, 24, 26, 28
- Vorrichtung
- 30, 32, 34, 36
- funktionelle Ausgänge
- 38, 40
- Kommunikationsvorrichtung
- A
- Aktivierung
- AL
- kognitive Arbeitslast
- L
- Leistung
- V
- Valenz
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10152852 A1 [0004]
- DE 102004006910 A1 [0005]