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Die Erfindung betrifft eine Aufleitschnur zur Anwendung im Gartenbau und in der Landwirtschaft.
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Für die menschliche Ernährung und für die Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln ist der Anbau verschiedenster Kletterpflanzen von Bedeutung. Zu nennen sind hier zum einen Schlingpflanzen, deren Triebe sich um einen Gegenstand winden wie es z.B. beim Hopfen der Fall ist. Daneben spielen Pflanzen aus der Gruppe der Rankpflanzen eine Rolle, die eigene Triebe ausbilden, mit denen sie sich an Stützen festhalten. Namentlich zu nennen wären in diesem Zusammenhang Weinreben, Erbsen sowie Gurken, Zucchini und andere Kürbisgewächse. Schlussendlich spielen auch Pflanzen aus der Gruppe der Spreizklimmer eine Rolle, die ihren Halt an Stützen dadurch finden, dass sie Quertriebe ausbilden. In diese Gruppe fallen z.B. Brombeeren oder, als Früchte von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung, Tomaten, Paprika und Auberginen.
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Um Kletterpflanzen im Anbau optimale Wachstumsbedingungen zu bieten, ist die Bereitstellung von Rankhilfen unerlässlich. Im Weinbau werden hierfür in der Regel dauerhafte Spaliere oder Pergolen verwendet. Die meisten gewerblich angebauten Kletterpflanzen sind allerdings deutlich kurzlebiger als Weinreben und daher für eine Kultur an dauerhaften Rankhilfen ungeeignet. Stattdessen werden z.B. Tomaten an sog. Aufleitschnüren gezogen, die am Ende der Nutzungsdauer der Tomatenpflanze in der Regel gemeinsam mit den Resten der Pflanze entsorgt werden. Gängig sind an dieser Stelle Schnüre aus Synthetikfasern, wie Polypropylen, die einer Kompostierung des Pflanzenmaterials entgegen stehen. Vielmehr müssen entsprechende Pflanzenreste z.B. durch Verbrennen als regulärer Abfall entsorgt werden und stehen nicht z.B. als Rohstoff für Kompost oder als Mulchmaterial zur Verfügung.
Ähnliches gilt für den Anbau von Hopfen, dem als Rankhilfe in der Regel Eisendrähte von mehreren Metern Länge angeboten werden, die an dauerhaften Gerüsten verankert sind. Zur Ernte der Hopfenreben werden die Eisendrähte mitsamt der Pflanzen vom Gerüst entfernt, die Hopfendolden abgeerntet und das restliche Pflanzenmaterial anschließend einschließlich der Drähte gehäckselt. Das Häckselgut wird anschließend als Gründünger auf die Felder aufgebracht. Dies führt im Hopfenanbau zu spezifischen praktischen und ökologischen Problemen. Hier ist zum einen der starke Verschließ in Häckselwerken durch die Eisendrähte zu nennen, zum anderen der Anfall sog. Hopfenspikes, 1 bis 2 cm langer Drahtstücke, die in Hopfenanbaugebieten zu nicht unerheblichen Schäden an Fahrzeugen führen können, wenn sie im Rahmen der Ausbringung auf die Straßen gelangen. Weiterhin kommt es durch die Ausbringung des Drahtreste enthaltenden Häckselgutes zu nicht unerheblicher Schwermetallbelastung.
Um eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Alternative zur Verwendung von Eisendrähten und Kunststoffschnüren zu schaffen, sind dem Fachmann Aufleitschnüre aus biologisch abbaubaren Garnen bekannt, die zum einen auf Naturfasergarnen wie Baumwolle, Jute, Sisal oder Hanf, zum anderen aber auch auf zellstoffbasierten Fasern wie Viscose oder Lyocell basieren können. Zellstoffbasierte Fasern können aufgrund ihrer großen Reißfestigkeit als Festigkeitsträger fungieren, aus ihnen hergestellte Garne sind aber nach allgemeiner Auffassung zu glatt, um Kletterpflanzen genügenden Halt zu geben, weshalb übliche, biologisch abbaubare Aufleitschnüre immer zumindest einen Anteil Stapelfasergarne enthalten, um die nötige Rauigkeit zu realisieren.
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Es hat sich nun überraschend gezeigt, dass eine Aufleitschnur nach Anspruch 1 in der Lage ist, Kletterpflanzen aller Art genügend Halt zu geben.
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Unter dem Begriff „biologisch abbaubar“ werden in der vorliegenden Anmeldung solche Produkte bzw. Stoffe verstanden, die innerhalb eines Zeitraums von wenigen Tagen bis zu einem Jahr von in der Umwelt vorhandenen Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen vollständig zu Stoffen abgebaut werden, die wieder biologischen Stoffkreisläufen zur Verfügung stehen. Biologische Abbaubarkeit wird im Detail definiert durch die Norm DIN EN 13 432.
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Filamente im Sinne der vorliegenden Anmeldung sind Gebilde, deren Länge im Verhältnis zu ihrer Dicke nahezu unendlich groß ist. Insbesondere werden unter Filamenten aber Fasern von besonders großer Länge verstanden. Ein typisches Filament hat eine Länge von einem Meter oder mehr, die Länge kann aber auch etliche hundert und sogar etliche tausend Meter betragen. Damit ist z.B. denkbar, dass der Inhalt einer kompletten Garnspule aus nur einem einzigen Filament besteht. Filamente entstehen typischerweise in Prozessen, bei denen Flüssigkeitsströme kontrolliert zum Erstarren gebracht werden, wie es zum Beispiel bei der Entstehung natürlicher Fasern wie Seide oder Spinnenfäden, insbesondere aber bei der künstlichen Herstellung von Fasern aus Lösungen oder Schmelzen, der Fall ist.
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Im Gegensatz zu Filamenten stehen Stapelfasern. Hierunter werden Fasern verstanden, die verglichen mit Filamenten kurz sind. Typische Stapelfasern haben eine Länge von wenigen Millimetern bis zu wenigen Zentimetern. Während Stapelfasern aus künstlichen Polymeren in der Regel durch Zerschneiden von Filamenten erhalten werden, handelt es sich beim überwiegenden Anteil der Naturfasern wie Baumwolle, Jute, Hanf, Sisal oder Wolle um Stapelfasern.
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Ein Multifilamentgarn im Sinne der vorliegenden Anmeldung ist ein Garn, das aus mehreren parallelen Filamenten besteht, die gemeinsam auf- und abgespult und gehandhabt werden, die aber nicht oder nur sehr schwach miteinander verbunden sind. Die Verbindung der Einzelfilamente in einem Multifilamentgarn wird überlicherweise durch eine kontinuierliche Verdrehung oder eine punktuelle Verwirbelung der Einzelfilamente erreicht, kann aber auch durch punktuelle Verschweißungen oder Verklebungen erfolgen.
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Cellulose-Multifilamentgarne können durch verschiedene Prozesse gewonnen werden. Allen diesen Prozessen ist gemein, dass die Cellulose, gegebenenfalls nach chemischer Modifikation, in eine lösliche Form überführt und gelöst wird, die so erhaltene gelöste Form durch Düsen gepresst und nach dem Durchtritt durch die Düse ein kontrolliertes Ausfällen der Flüssigkeitsstrahlen eingeleitet wird, bei dem sich die Cellulose zurück bildet. Wesentliche Prozesse dieser Art sind dem Fachmann bekannt. Zu nennen sind das Viscose-Verfahren, das Cupro-Verfahren und das Direktlöseverfahren, bei dem die Cellulose in einem geeigneten Lösungsmittel, wie N-Methylmorpholin-N-oxid, gelöst wird.
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Die Multifilamentgarne der erfindungsgemäßen Aufleitschnur sind in sich jeweils mit 40 bis 250 Drehungen pro Meter (turns per meter, tpm) in eine erste Drehrichtung verdreht. Je nachdem, ob eine links- oder rechtsgängige Drehung vorgenommen wird, spricht der Fachmann von einer S- oder einer Z-Drehung.
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Die verdrehten Multifilamentgarne der erfindungsgemäßen Aufleitschnur sind ihrerseits miteinander mit 40 bis 250 tpm entgegen der ersten Drehrichtung verzwirnt. Weisen die verdrehten Multifilamentgarne also z.B. Z-Drehung auf, so weisen die verdrehten Multifilamentgarne miteinander S-Drehung auf.
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In einer Ausführungsform sind die Multifilamentgarne Aufleitschnur in sich jeweils mit 100 bis 2000 tpm in eine erste Drehrichtung verdreht.
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In einer Ausführungsform sind die verdrehten Multifilamentgarne Aufleitschnur miteinander mit 100 bis 200 tpm entgegen der ersten Drehrichtung verzwirnt.
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In einer Ausführungsform sind die Multifilamentgarne Aufleitschnur in sich jeweils mit 130 bis 150 tpm in eine erste Drehrichtung verdreht.
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In einer Ausführungsform sind die verdrehten Multifilamentgarne Aufleitschnur miteinander mit 130 bis 150 tpm entgegen der ersten Drehrichtung verzwirnt.
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Die Reißfestigkeit bzw. Tragkraft ist ein entscheidendes Kriterium für die Eignung einer Aufleitschnur für den Anbau einer bestimmten Kletterpflanze. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufleitschnur unter bestimmten Umständen die Last einer kompletten Pflanze, unter Umständen inklusiver großer und schwerer Früchte, wie zum Beispiel Tomaten, Paprika, Auberginen, Zucchini oder Gurken, zu tragen hat oder dass Kletterpflanzen wie Hopfen erhebliche Höhen von ca. sieben Metern erreichen können, so dass eine entsprechende Aufleitschnur die Last einer Pflanze von beachtlicher Größe zu tragen hat. In Abhängigkeit von der gezogenen Kletterpflanze sind Aufleitschnüre auch starker Belastung durch teilweise wiederholte und maschinelle Ernte von Früchten ausgesetzt. Eine erfindungsgemäße Aufleitschnur erreicht eine für biologisch abbaubare Aufleitschnüre bislang nicht erreichte spezifische Reißfestigkeit. Da es nicht notwendig ist, der Aufleitschnur vergleichsweise wenig reißfeste, schwere und gleichzeitig voluminöse Stapelfasergarne beizumischen, kann die Aufleitschnur bei gleicher oder höherer Reißfestigkeit dünner und leichter gestaltet werden, was insbesondere ihre Logistik deutlich erleichtert. Beim gleichen Volumen einer Spule können so größere Mengen Aufleitschnur von gleicher oder besserer Qualität transportiert werden. Darüber hinaus wird Material in Form teurer Stapelfasergarne gespart, die bislang zur Erhöhung der Rauigkeit einer Aufleitschnur beigegeben werden mussten und darüber hinaus den Herstellungsprozess verkomplizierten. Die auf die Dicke der Schnur bezogene Reißfestigkeit einer erfindungsgemäßen Aufleitschnur beträgt mindestens 38 cN/tex. In einer Ausführungsform beträgt die auf die Dicke der Schnur bezogene Reißfestigkeit einer erfindungsgemäßen Aufleitschnur mindestens 41 cN/tex. In einer Ausführungsform beträgt die auf die Dicke der Schnur bezogene Reißfestigkeit einer erfindungsgemäßen Aufleitschnur mindestens 44 cN/tex. In einer Ausführungsform beträgt die auf die Dicke der Schnur bezogene Reißfestigkeit einer erfindungsgemäßen Aufleitschnur mindestens 46 cN/tex. Da die auf die Dicke der Schnur bezogene Reißfestigkeit der Aufleitschnüre des Standes der Technik maximal 37 cN/tex beträgt, ergibt sich so in jedem Fall eine Erhöhung der auf die Dicke der Schnur bezogene Reißfestigkeit um mindestens 2,5 %. Alle Angaben der auf die Dicke der Schnur bezogenen Reißfestigkeit beziehen sich dabei auf Messungen im Normklima nach DIN EN ISO 139-1:2005.
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Um die Handhabbarkeit und Griffigkeit der erfindungsgemäßen Aufleitschnur zu verbessern, können die Multifilamentgarne vor dem Verdrehen in sich durch Luftverwirbelung aufgebauscht werden. Das so entstandene Garn ist in seiner Struktur bei gleicher Reißfestigkeit und gleichem Gewicht lockerer und voluminöser und somit z.B. bei manuellen Tätigkeiten wie z.B. beim Verknoten leichter anzufassen.
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Da Hopfenreben üblicherweise an Gerüsten mit einer Höhe von sieben Metern gezogen werden, werden in diesem Fall besondere Anforderungen an die Steifheit der angebotenen Rankhilfe gestellt, um z.B. auch stärkeren Winden gut standzuhalten. Um die erfindungsgemäße Aufleitschnur auch im Hopfenanbau einsetzen zu können, kann besagte Aufleitschnur mit einem versteifenden Tränkungsmittel versehen sein. Um sicherzustellen, dass die Reste der Hopfenpflanze und die Aufleitschnur gemeinsam als Dünge- oder Mulchmaterial verwendet werden können, wird hierzu vorteilhafterweise ein biologisch abbaubares Tränkungsmittel verwendet. Dabei kann es sich beispielsweise um Stärke, ein Stärkederivat, um Polyvinylalkohol, Polycaprolacton, Polylactid, ein pflanzliches oder tierisches Wachs wie Carnaubawachs, Zuckerrohrwachs, Candelillawachs oder Bienenwachs oder ein pflanzliches oder tierisches Harz wie Kolophonium oder Schelllack handeln. Das Tränkungsmittel sollte dabei in der Lage sein, die Aufleitschnur zu versteifen, gleichzeitig sollte es aber der Aufrollbarkeit der Aufleitschnur, die typischerweise aufgespult verkauft und transportiert wird, nicht beeinträchtigen.
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Neben einem versteifenden Tränkmittel kann die erfindungsgemäße Aufleitschnur auch mit weiteren Ausrüstungsmaterialien versehen werden. Hierunter fallen zum Beispiel Farbstoffe oder Antioxidantien, aber auch um Stoffe, die sich mittelbar oder unmittelbar auf die an der Aufleitschnur gezogene Pflanze auswirken. Denkbar ist zum Beispiel eine Tränkung mit einer Düngemittellösung, deren Bestandteile im Laufe der Verwendung der Aufleitschnur sukzessive in den Boden angegeben werden oder die während des Kompositierungsprozesses mobilisiert werden. Darüber hinaus kann die erfindungsgemäße Aufleitschnur auch mit Bioziden ausgerüstet werden, die die Pflanze vor Schädlingsbefall schützt. Mögliche Biozide sind zum Beispiel Insektizide oder Fungizide wobei letztere auch die Aufleitschnur vor Fäulnis schützen können. Auch eine Tränkung mit Repellentien ist denkbar, die Schadinsekten fern halten.
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Bei der Kultur mancher Arten von Kletterpflanzen kann es für den Ertrag vorteilhaft sein, wenn die Aufleitschnur von Zeit zu Zeit nachgespannt und die daran gezogene Kletterpflanze so in die Länge gezogen wird. Bei Aufleitschnüren des Standes der Technik wird dies üblicherweise manuell vorgenommen. Die erfindungsgemäße Aufleitschnur bietet dagegen die Möglichkeit, sie so zu gestalten, dass sie sich von selbst nachspannt. Viskosefasern zeigen einen starken sogenannten Nassschrumpf und verringern ihre Länge bei Kontakt mit Wasser oder feuchter Luft. Auf diese Weise können Aufleitschnüre aus Viskosefasern z.B. durch gezieltes Befeuchten z.B. mit Hilfe von Tropf- oder Sprinkleranlagen nachgespannt werden, ohne dass Handarbeit erforderlich ist. Die Stärke des Nassschrumpfs kann durch die Prozessparameter bei der Herstellung des Multifilamentgarns ebenso gesteuert werden wie durch die Intensität der Verdrehung der Multifilamentgarne in sich und/oder Verzwirnung der verdrehten Multifilamentgarne miteinander.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung einer Aufleitschnur beinhaltend die Schritte Vorlegen von mindestens zwei Cellulose-Multifilamentgarnen, Verdrehung der Cellulosemultifilamentgarne in sich mit 100 bis 200 tpm in einer ersten Drehrichtung, Verdrehung der in sich verdrehten Multifilamentgarne miteinander mit 100 bis 200 tpm entgegen der ersten Drehrichtung, gekennzeichnet dadurch dass beide Verdrehschritte gleichzeitig und im Direktkablierverfahren durchgeführt werden.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die Verdrehschritte im Direktkablierverfahren durchgeführt.