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Die Erfindung betrifft ein Interieurbauteil für einen Fahrzeuginnenraum gemäß der Gattung des Patentanspruchs 1. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums und einen korrespondierenden Fahrzeuginnenraum mit mindestens einem solchen Interieurbauteil.
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Nach heutigem Stand der Technik existieren wenig Möglichkeiten einen Fahrzeuginnenraum zu desinfizieren. Gerade in Zeiten von Pandemien (Grippevirus, Coronavirus usw.) kommt der Oberflächenhygiene von Nutzgegenständen eine bedeutende Rolle zu. Dies ist insbesondere bei Bussen, Krankenfahrzeugen, Taxis, Fuhrparkfahrzeugen, Carsharingfahrzeugen und anderen Fahrzeugen der Fall, die von verschiedenen Personen genutzt werden, um die Ansteckungsgefahr besonders gering zu halten. Um hier bei Grippewellen oder Pandemien keine signifikante Kundenflucht erleiden zu müssen, wäre eine effektive Desinfektion von Berührungsflächen von Interieurbauteilen wichtig.
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Eine Möglichkeit des Stands der Technik wäre sicherlich eine „aktive“ Desinfizierung dieser Berührungsflächen mittels Strahl- oder nasschemischen Verfahren.
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Zudem sind Interieurbauteile für einen Fahrzeuginnenraum, mit einem Grundkörper, welcher an seiner Berührfläche mit einer antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung beschichtet ist, in zahlreichen Variationen bekannt. Durch eine solche antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung ist es möglich, Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime passiv abzutöten und so die Infektionsgefahr aktiv zu reduzieren.
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Aus der
DE 10 2016 012 815 A1 ist ein Bauteil für ein Fahrzeug, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, mit einer Oberfläche bekannt, welche zumindest einen von einer Person berührbaren Teilbereich aufweist. Hierbei weist zumindest der Teilbereich wenigstens eine Substanz mit antimikrobieller Wirkung auf. Als Substanz mit antimikrobieller Wirkung wird vorzugsweise Silber verwendet, so dass beispielsweise Silberpartikel zumindest auf den berührbaren Teilbereich des Bauteils aufgebracht werden. Bei dem Bauteil handelt es sich beispielsweise um Griffe, Schalthebel, Schalter, Lenkräder, Armaturenbretter, Handschuhfächer, Türinnenschalen, etc., welche oberflächlich mit wenigstens einer Substanz mit antimikrobieller Wirkung versehen werden, um beispielsweise in Fahrzeugen mit häufig wechselnden Fahrern und Mitfahrern eine möglichst keimfreie Umgebung zu realisieren.
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Aus der
CN 103568986 A ist ein gattungsgemäßes Interieurbauteil für einen Fahrzeuginnenraum bekannt, welches einen Grundkörper mit einer antibakteriellen Beschichtung aufweist. Die antibakterielle Beschichtung enthält lösliches Silbersalz, vorzugsweise Silbernitrat, lösliches Zinksalz, vorzugsweise Zinkcarbonat, anorganisches poröses Mineralmaterial, vorzugsweise Siliziumdioxidpulver, Borosilikatpulver oder Glimmerpulver, und Hilfsmaterialien, wie beispielsweise ein anorganisches Sulfat, wie Natriumsulfat, Kalziumsulfat oder dergleichen.
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Als nachteilig kann bei den bekannten Interieurbauteilen angesehen werden, dass der Desinfektionsvorgang im Fahrzeuginnenraum nicht aktiv beschleunigt werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Interieurbauteil für einen Fahrzeuginnenraum sowie ein Verfahren zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums und einen Fahrzeuginnenraum mit einem solchen Interieurbauteil bereitzustellen, welche eine aktive Beschleunigung des Desinfektionsvorgangs im Fahrzeuginnenraum ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird durch eine Interieurbauteil für einen Fahrzeuginnenraum mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1, durch ein Verfahren zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums mit den Merkmalen des Patentanspruchs 7 und durch einen Fahrzeuginnenraum mit den Merkmalen des Patentanspruchs 13 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen mit zweckmäßigen Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben.
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Um ein Interieurbauteil für einen Fahrzeuginnenraum bereitzustellen, welches den Desinfektionsvorgang im Fahrzeuginnenraum beschleunigt, ist ein Grundkörper des Interieurbauteils thermisch mit einer Temperiervorrichtung gekoppelt, welche so ausgeführt ist, dass das Interieurbauteil und eine antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung, mit welcher eine Berührfläche des Grundkörpers beschichtet ist, auf eine Kühltemperatur abzukühlen und auf eine Heiztemperatur aufzuheizen.
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Zudem wird ein Verfahren zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums vorgeschlagen, welches mindestens ein solches Interieurbauteil umfasst. Das Verfahren umfasst die Schritte: Aktivieren von mindestens einer Temperiervorrichtung, welche thermisch mit dem mindestens einen Interieurbauteil gekoppelt ist, und Abkühlen des mindestens einen Interieurbauteils und der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung auf einen Kühltemperatur, welcher geeignet ist, Wassertropfen auf der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung des mindestens einen Interieurbauteils zu kondensieren und eine Wasserschicht zu erzeugen, welche die Wirkung der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung verbessert. Halten der Kühltemperatur über eine vorgebbare erste Zeitspanne. Aktivieren der mindestens einen Temperiervorrichtung und Aufheizen des mindestens einen Interieurbauteils und der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung auf eine Heiztemperatur, welche geeignet ist, die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung zu trocknen, und Halten der Heiztemperatur über eine vorgebbare zweite Zeitspanne, oder weiteres Aufheizen des mindestens einen Interieurbauteils und der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung auf eine weitere Heiztemperatur, welche geeignet ist Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime zu degenerieren, und Halten der weiteren Heiztemperatur für eine vorgebbare dritte Zeitspanne.
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Des Weiteren wird ein Fahrzeuginnenraum mit mindestens einem solchen Interieurbauteil vorgeschlagen. Hierbei ist eine Auswerte- und Steuereinheit elektrisch mit der Temperiervorrichtung verbunden. Die Auswerte- und Steuereinheit ist ausgeführt, die Temperiervorrichtung anzusteuern und das oben genannte Verfahren zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums durchzuführen.
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Die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung basiert auf sogenannten „Contact Killer“ Materialien, welche wie Kupfer oder Kupferlegierungen oder Silber oder Silberlegierungen geeignet sind, Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime im direkten Kontakt über eine gewisse Zeitspanne zu denaturieren bzw. zu zerstören. Hierbei können entweder die metallischen Zustände, als auch die ionisierten Oxidationszustände von Kupfer und/oder Silber (Cu, Cu+, Cu2+, Ag, Ag+, etc.) verwendet werden. Selbstverständlich können auch andere „Contact Killer“ Materialien als antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung eingesetzt werden, welche geeignet sind, Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime zu zerstören. Die Effektivität der antimikrobiellen und/oder antiviralen Wirkung hängt direkt von der Herauslösungsgeschwindigkeit von Kupferionen (Cu+/Cu2+) und/oder Silberionen (Ag+) aus dem Kupferbasismetall (Cu) und/oder Silberbasismetall (Ag) ab. Diese Herauslösungsgeschwindigkeit der Ionen kann durch die Anwesenheit einer Wasserschicht beschleunigt werden, wobei auch geringste Mengen an Wasser ausreichen, um die antimikrobielle und/oder antivirale Wirkung zu steigern. Somit ist es bei Ausführungsformen der Erfindung von Vorteil, Wasser auf die antimikrobiellen und/oder antivirale Beschichtung aufzutragen.
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Durch das aktive Abkühlen mittels der Temperiervorrichtung kondensieren Wassertropfen auf der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung und bilden die gewünschte Wasserschicht, welche die Ionenbildung auf der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung und somit den korrespondierenden Desinfektionsvorgang im Fahrzeuginnenraum beschleunigt und die Wirksamkeit und Effektivität der antimikrobiellen und/oder antiviralen Wirkung der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung erhöht. Durch das Aufheizen des Interieurbauteils und der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung mittels der Temperiervorrichtung wird die Oberfläche der antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung nach dem Desinfektionsvorgang wieder getrocknet.
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Wenn ein Insasse bzw. Kunde das Fahrzeug verlässt, werden bei Ausführungsformen der Erfindung die Interieurbauteile mit der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung aktiv gekühlt, was zu einer verstärkten Wasserkondensation auf der Oberfläche führt. Dadurch wird die antimikrobielle und/oder antivirale Wirkung beschleunigt. Anschließend werden die Interieurbauteile mit der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung wieder erhitzt, um einem nachfolgenden Insassen bzw. Kunden den gewohnten Komfort zu bieten. Optional kann das Interieurbauteil und die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung mittels der Temperiervorrichtung weiter aufgeheizt werden, bis die Temperatur auf den Berührflächen in einem Temperaturbereich von 50 bis 75°C liegt, um auch eine thermische Degenerierung von Mikroorganismen, Keime, Bakterien und/oder Viren zu bewirken. Durch die lokale Erhitzung mittels der Temperiervorrichtung muss in vorteilhafter Weise nicht der gesamte Innenraum aufgeheizt werden.
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Durch Ausführungsformen der Erfindung können verschiedene Fahrgäste bedenkenlos Busse, Krankenfahrzeuge, Taxis, Fuhrparkfahrzeuge, Carsharingfahrzeuge oder andere Fahrzeuge benutzen, welche von verschiedenen Personen genutzt werden, da durch die regelmäßige wirkungsvolle Desinfizierung ein Fahrgefühl wie in einem privaten Fahrzeug entsteht, das nur von Personen aus dem engen Umfeld des Besitzers genutzt wird. Dadurch können auch Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder aus Risikogruppen, wie beispielsweise Kinder, ältere Menschen, Schwangere, HIV-kranke Menschen usw. diese Fahrzeuge nutzen. Zudem sind keine chemischen Reinigungsmittel zur Desinfizierung des Fahrzeuginnenraums erforderlich. Des Weiteren können manuelle Reinigungs- bzw. Desinfizierungsaufwände durch Reinigungskräfte reduziert werden. Da weniger Zwangspausen zur Reinigung bzw.
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Desinfizierung des Fahrzeuginnenraums erforderlich sind, ist eine höhere Auslastung der Fahrzeuge möglich. Außerdem ergeben sich aufgrund der Verwendung von weniger chemischen Reinigungsmitteln eine höhere Nachhaltigkeit und es werden keine Treibhausgase erzeugt. Die Interieurbauteile werden auch nicht durch zusätzliche nasschemische Komponenten belastet.
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Der Grundkörper des Interieurbauteils kann beispielsweise als Metallbauteil oder als Textilbauteil oder als Kunststoffbauteil oder als Verbundbauteil oder als Keramikbauteil oder als Glasbauteil ausgeführt sein oder aus einer Materialkombination bestehen. Hierbei kann die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung beispielsweise auf den Grundkörper aufgedampft oder galvanisch abgeschieden oder als Lackschicht aufgebracht werden. Alternativ kann die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung als Faden in den textilen Grundkörper eingewoben werden.
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In vorteilhafter Ausgestaltung des Interieurbauteils kann die Temperiervorrichtung in den Grundkörper integriert sein. Dies ermöglicht eine besonderes effektive Abkühlung bzw. Aufheizung des Grundkörpers und der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung. Alternativ kann die Temperiervorrichtung an einer der Berührfläche gegenüberliegenden Seite mit dem korrespondierenden Grundkörper thermisch gekoppelt sein. Ein weiterer Vorteil der lokal am Grundkörper des Interieurbauteils angebrachten Temperiervorrichtung besteht darin, dass die Abkühlung und damit die Wasserbildung nur lokal stattfindet, beispielsweise nur auf einem Türgriff. Durch anschließendes Aufheizen kann die Rücktrocknung erzielt werden.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des Interieurbauteils kann die Temperiervorrichtung als Peltierelement ausgeführt sein. Dadurch kann eine besonders einfache Implementierung der Temperiervorrichtung erreicht werden, da das Peltierelement mittels entsprechender Bestromung sowohl zum Kühlen als auch zum Heizen eingesetzt werden kann. Peltierelemente können beispielsweise in den als Metallbauteil oder als Kunststoffbauteil oder als Verbundbauteil oder als Keramikbauteil oder als Glasbauteil ausgeführten Grundkörper eingegossen oder eingearbeitet werden oder innerhalb des textilen Grundkörpers oder hinter dem textilen Grundkörper oder dem als Metallbauteil oder als Kunststoffbauteil oder als Verbundbauteil oder als Keramikbauteil oder als Glasbauteil ausgeführten Grundkörper angeordnet werden.
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In vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens kann die mindestens eine Temperiervorrichtung nach Ablauf der zweiten Zeitspanne oder nach Ablauf der dritten Zeitspanne abgeschaltet werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass das Bordnetz im abgestellten Zustand des Fahrzeugs nicht unnötig belastet wird.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens kann die Kühltemperatur als Taupunkt in Abhängigkeit von aktuellen klimatischen Bedingungen im Fahrzeuginnenraum ermittelt und vorgegeben werden. Zur Bestimmung der klimatischen Bedingungen im Fahrzeuginnenraum können eine aktuelle Temperatur und eine aktuelle relative Luftfeuchtigkeit im Fahrzeuginnenraum erfasst und ausgewertet werden. Zur Erfassung der aktuellen Temperatur und der aktuellen relativen Luftfeuchtigkeit im Fahrzeuginnenraum kann beispielsweise eine Innenraumsensorik verwendet werden, welche die Messwerte der Auswerte- und Steuereinheit zur Auswertung zur Verfügung stellen kann. Da in der Regel sowohl im Sommer, als auch im Winter, über eine Klimaanlage im Fahrzeug eine Wohlfühltemperatur im Bereich von 20 bis 22°C und eine relative „Wohlfühlluftfeuchtigkeit“ im Bereich von 40 bis 60% eingestellt wird, reicht eine Abkühlung der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung auf 6 bis 13°C aus, damit Wassertropfen auf der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung kondensieren. Dieser Temperaturbereich ist mit dem Peltierelement darstellbar.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung kann das Verfahren ausgeführt werden, wenn ein entsprechender Aktivierungsbefehl erkannt wird. Alternativ oder zusätzlich kann das Verfahren ausgeführt werden, wenn nach einem Fahrzeugbetrieb ein abgestellter Betriebszustand des Fahrzeugs erkannt wird. Der abgestellte Betriebszustand kann beispielsweise dadurch erkannt werden, dass eine Fahrzeugzündung abgeschaltet und das Fahrzeug verriegelt ist. Der aktuelle Betriebszustand und der aktuelle Verriegelungszustand des Fahrzeugs können beispielsweise von einer Fahrzeugsensorik erfasst werden, welche die Messsignale an der Auswerte- und Steuereinheit zur Auswertung zur Verfügung stellen kann.
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Die für das erfindungsgemäße Interieurbauteil für einen Fahrzeuginnenraum beschriebenen Vorteile und bevorzugten Ausführungsformen gelten auch für den erfindungsgemäßen Fahrzeuginnenraum.
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Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in den Figuren alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar, ohne den Rahmen der Erfindung zu verlassen. Es sind somit auch Ausführungen als von der Erfindung umfasst und offenbart anzusehen, die in den Figuren nicht explizit gezeigt oder erläutert sind, jedoch durch separierte Merkmalskombinationen aus den erläuterten Ausführungen hervorgehen und erzeugbar sind.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. In der Zeichnung bezeichnen gleiche Bezugszeichen Komponenten bzw. Elemente, die gleiche bzw. analoge Funktionen ausführen. Hierbei zeigen:
- 1 eine schematisch und ausschnittsweise Darstellung eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Fahrzeuginnenraums mit einem Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Interieurbauteils für einen Fahrzeuginnenraum und
- 2 eine schematisches Ablaufdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums.
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Wie aus 1 ersichtlich ist, umfasst das dargestellte Ausführungsbeispiel eines Interieurbauteils 3 für einen Fahrzeuginnenraum 1 einen Grundkörper 5, welcher an seiner Berührfläche mit einer antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung 7 beschichtet ist.
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Erfindungsgemäß ist der Grundkörper 5 thermisch mit einer Temperiervorrichtung 12 gekoppelt, welche das Interieurbauteil 3 und die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 auf eine Kühltemperatur abkühlt und auf eine Heiztemperatur aufheizt.
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Im dargestellten Ausführungsbeispiel basiert die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 auf Kupfer oder auf einer Kupferlegierung. Alternativ können metallische Interieurbauteile 3 auch aus massiven Kupfer-Basis-Legierungen gefertigt werden, so dass der Grundkörper 5 gleichzeitig die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 ausbildet. Bei einem alternativen nicht dargestellten Ausführungsbeispiel basiert die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 auf einem anderen geeigneten „Contact Killer“ Material, wie beispielsweise Silber, welches geeignet ist, Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime zu zerstören.
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Der Grundkörper 5 ist im dargestellten Ausführungsbeispiel ein metallisches Bauteil. Bei einem alternativen nicht dargestellten Ausführungsbeispiel ist der Grundkörper 5 als Kunststoffbauteil oder als Metallbauteil oder als Verbundbauteil oder als Keramikbauteil oder als Glasbauteil oder als Textilbauteil ausgeführt. Selbstverständlich kann der Grundkörper 5 auch aus einer Kombination von verschiedenen Materialien bestehen. Das Interieurbauteil 3 kann beispielsweise ein Türgriff, ein Lenkrad, eine Sitzverstellung, ein Betätigungselement, ein Schalthebel, ein Verkleidungsteil oder Ähnliches sein.
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Die Beschichtung von metallischen Grundkörpern 5 oder von als Kunststoffbauteile ausgeführten Grundkörpern 5 kann beispielsweise mittel Bedampfen der Oberfläche mit einer Kupfer- und/oder Silber-Basislegierung (Cu, Ag) oder deren ionische Formen (Cu+, Cu2+, Ag+, etc.) durch ein CVD-Verfahren (CVD: Chemical Vapour Deposition, „chemische Gasphasenabscheidung“) oder ein PVD-Verfahren (PVD: Physical Vapour Deposition, physikalische Gasphasenabscheidung) erfolgen. Alternativ kann die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 als galvanotechnische Beschichtung mittels elektrochemischer Abscheidung von Kupfer- und/oder Silber-Basis-Werkstoffen (Cu, Ag) oder deren Ionen (Cu+, Cu2+, Ag+, etc.) erfolgen.
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Zudem können antimikrobiell und/oder antiviral beschichtete Fäden in den textilen Grundkörper 5 eingewoben werden. Hierbei können entweder direkt metallische Kupfer-Basis-Legierungsdrähte oder Textilfäden eingewebt werden, welche mit antimikrobiellen und/oder antiviralen Materialien beschichtet wurden.
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Als weitere Alternative kann ein organisches Trägermaterial, wie beispielsweise ein Lack, auf den Grundkörper 5 aufgebracht werden, in welchem entweder Nano- und/oder Mikropartikel von Kupfer und/oder Silber-Basis-Legierungen (Cu, Ag) oder deren ionische Formen (Cu+, Cu2+, Ag+) eingebracht wurden. Das Einbringen der Nano- und/oder Mikropartikel in das organische Trägermaterial kann bei Nasslacken beispielsweise über Lösemittel erfolgen.
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Wie aus 1 weiter ersichtlich ist, ist die Temperiervorrichtung 12 im dargestellten Ausführungsbeispiel als Peltierelement 12A ausgeführt und an einer der Berührfläche gegenüberliegenden Seite mit dem korrespondierenden Grundkörper 5 thermisch gekoppelt. In einem nicht dargestellten Ausführungsbeispiel des Interieurbauteils 3 ist die Temperiervorrichtung 12 bzw. das Peltierelement 12A in den Grundkörper 5 integriert.
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Wie aus 1 und 2 ersichtlich ist, umfasst das dargestellten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens 100 zur Desinfizierung eines Fahrzeuginnenraums 1, welcher mindestens ein oben beschriebenes Interieurbauteil 3 umfasst, einen Schritt S100, in welchem mindestens eine Temperiervorrichtung 12 aktiviert wird, welche thermisch mit dem mindestens einen Interieurbauteil 3 gekoppelt ist, und das mindestens eine Interieurbauteil 3 und die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 auf eine Kühltemperatur abkühlt. Die Kühltemperatur ist geeignet, Wassertropfen 9 auf der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung 7 des mindestens einen Interieurbauteils 3 zu kondensieren und eine Wasserschicht zu erzeugen, welche die Wirkung der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung 7 verbessert. Im Schritt S110 wird die Kühltemperatur über eine vorgebbare erste Zeitspanne gehalten. Hierbei wird die erste Zeitspanne so gewählt, dass die Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime zerstört sind. Im Schritt S120 wird die mindestens eine Temperiervorrichtung 12 aktiviert und das mindestens eine Interieurbauteil 3 und die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 auf eine Heiztemperatur aufgeheizt wird, welche geeignet ist, die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung zu trocknen. Im Schritt S130 wird die Heiztemperatur über eine vorgebbare zweite Zeitspanne gehalten. Hierbei wird die zweite Zeitspanne so gewählt, dass die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 sicher getrocknet ist.
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In einem alternativen nicht dargestellten Ausführungsbeispiel wird das mindestens eine Interieurbauteil 3 und die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 im Schritt S130 auf eine weitere Heiztemperatur, welche geeignet ist Mikroorganismen, Viren, Bakterien und/oder Keime zu degenerieren, weiter aufgeheizt und für eine vorgebbare dritte Zeitspanne auf der weiteren Heiztemperatur gehalten.
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Im dargestellten Ausführungsbeispiel wird in einem Schritt S140 die mindestens eine Temperiervorrichtung 12 nach Ablauf der zweiten Zeitspanne abgeschaltet. Bei dem alternativen nicht dargestellten Ausführungsbeispiel wird die mindestens eine Temperiervorrichtung 12 nach Ablauf der dritten Zeitspanne abgeschaltet.
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Die Kühltemperatur wird im dargestellten Ausführungsbeispiel als Taupunkt in Abhängigkeit von aktuellen klimatischen Bedingungen im Fahrzeuginnenraum 1 ermittelt und vorgegeben. Zur Bestimmung der klimatischen Bedingungen im Fahrzeuginnenraum 1 wird eine aktuelle Temperatur und eine aktuelle relative Luftfeuchtigkeit im Fahrzeuginnenraum 1 erfasst und ausgewertet. Hierbei liegt die Kühltemperatur bei einer üblichen Wohlfühltemperatur von 20 bis 22°C und einer relativen „Wohlfühlluftfeuchtigkeit“ von 40 bis 60% in einem Temperaturbereich zwischen 6 und 13°C, damit deutlich unter der aktuellen Innenraumtemperatur von 20 bis 22°, so dass Wassertropfen auf der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung 7 kondensieren.
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Die zweite Temperatur ist höher als die Innenraumtemperatur und liegt in einem Temperaturbereich von 30 bis 40°C, damit die zweite Zeitspanne zum Trocknen der antimikrobiellen und/oder antiviralen Beschichtung 7 nicht zu lange dauert. Optional kann das Interieurbauteil 3 und die antimikrobielle und/oder antivirale Beschichtung 7 mittels der Temperiervorrichtung 12 weiter aufgeheizt werden, bis die weitere Heiztemperatur auf den Berührflächen in einem Temperaturbereich von 50 bis 75°C liegt, um auch eine thermische Degenerierung von Mikroorganismen, Keimen, Bakterien und/oder Viren zu bewirken.
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Im dargestellten Ausführungsbeispiel wird das Verfahren 100 ausgeführt bzw. aktiviert, wenn ein entsprechender Aktivierungsbefehl erkannt wird oder nach einem Fahrzeugbetrieb ein abgestellter Betriebszustand des Fahrzeugs erkannt wird. Hierbei wird der abgestellte Betriebszustand dadurch erkannt, dass eine Fahrzeugzündung abgeschaltet und das Fahrzeug verriegelt ist.
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Wie aus 1 weiter ersichtlich ist, umfasst der Fahrzeuginnenraum 1 im dargestellten Ausschnitt ein oben beschriebenes Interieurbauteil 3 und eine Auswerte- und Steuereinheit 10, welche elektrisch mit der Temperiervorrichtung 12 verbunden. Die Auswerte- und Steuereinheit 10 steuert die Temperiervorrichtung 12 an und versorgt diese im dargestellten Ausführungsbeispiel mit Energie. Zudem führt die Auswerte- und Steuereinheit 10 das oben beschriebene Verfahren 100 durch. Alternativ kann die Energieversorgung der Temperiervorrichtung 12 auch über andere geeignete Vorrichtungen erfolgen.
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Wie aus 1 weiter ersichtlich ist, umfasst der Fahrzeuginnenraum eine Innenraumsensorik 14, welche die aktuelle Temperatur und die aktuelle relative Luftfeuchtigkeit im Fahrzeuginnenraum 1 erfasst und der Auswerte- und Steuereinheit 10 zur Auswertung zur Verfügung stellt. Zudem umfasst der Fahrzeuginnenraum 1 eine Fahrzeugsensorik 16, welche einen aktuellen Betriebszustand und einen Verriegelungszustand des Fahrzeugs erfasst und der Auswerte- und Steuereinheit 10 zur Auswertung zur Verfügung stellt.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeuginnenraum
- 3
- Interieurbauteil
- 5
- Grundkörper
- 7
- antibakterielle Beschichtung
- 9
- Wassertropfen
- 10
- Auswerte- und Steuereinheit
- 12
- Temperiervorrichtung
- 12A
- Peltierelement
- 14
- Innenraumsensorik
- 16
- Fahrzeugsensorik
- 100
- Verfahren zur Desinfektion eines Fahrzeuginnenraums
- S100 bis S140
- Verfahrensschritt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102016012815 A1 [0005]
- CN 103568986 A [0006]