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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Beschichtung von Flachglas oder eines gebogenen Glaskörpers sowie ein Flachglas oder einen gebogenen Glaskörper mit einer Beschichtung.
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Flachglas, das heute weitgehend im Floatprozess hegestellt wird, findet in unterschiedlichen Bereichen Verwendung. Vielfach wird das Flachglas nachgelagerten Beschichtungs- und Fügeprozesse unterworfen. Insbesondere wenn es sich um Floatglas handelt, wird dazu ein Haftvermittler benötigt, da auf der „Zinnseite“ des Floatglases ungünstige Korrosionsbedingungen vorherrschen, die Benetzung und Hafteigenschaften der Glasoberfläche beeinträchtigen. Das Ziel nachgelagerter Beschichtungsverfahren ist die Erzeugung einer gleichmäßigen Haftvermittlerschicht, welche die Adhäsion für polyurethanbasierte Lacke, Klebstoffe und Thermoplaste verbessert, sodass stoffschlüssige Verbindungen problemlos auf der Zinnseite des Floatglases stattfinden können.
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Das Aufbringen von Haftvermittlerschichten durch eine atmosphärische plasmagestützte Dampfphasenabscheidung / plasma enhanced chemical vapour deposition (PECVD) besitzt eine gute Reproduzierbarkeit, universelle Einsetzbarkeit und gute Automatisierbarkeit bei gleichzeitig geringen Betriebskosten und wird daher häufig in moderne Fertigungsketten integriert. Im Plasma erfolgt die Radikalisierung eines verdampften Präkursors, der anschließend auf der Substratoberfläche kondensiert. Sowohl die Radikalisierung des Präkursors als auch die Feuchtigkeit der Umgebungsluft bewirken die anschließende Polymerisationsreaktion auf der Substratoberfläche. Das Ergebnis des Prozesses ist eine feste Polymerschicht.
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Bisher wurden im Rahmen von Plasmapolymerisationsprozessen zur Beschichtung von Floatglas ausschließlich Aminosilane und Epoxysilane als Haftvermittler eingesetzt. Demgegenüber ist der Einsatz ureidosilaner Haftvermittler nur schwer möglich beziehungsweise unmöglich. Problematisch am Einsatz dieser Haftvermittler ist deren hohe Viskosität bei gleichzeitig hoher chemischer Reaktionsbereitschaft. Ein Verstopfen des Leitungssystems der PECVD-Anlage ist die Folge.
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Die Verwendung ureidosilaner Haftvermittler beschränkt sich daher zum jetzigen Zeitpunkt auf den Einsatz wässriger Lösungen auf Aceton- oder Tetrahydrofuranbasis durch Tauchen von zum Beispiel Glasfasertextilien zur Herstellung von FVK (Faserverbundkunststoff)-Werkstoffen mit Epoxid-, Polyurethan- oder Phenolharzmatrix sowie auf die Vorbereitung von Zinnbauteilen auf Lackierprozesse mit einem organischen Lack.
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Diese bislang verwendeten Lösungsmittel für wässrige Beschichtungsvorgänge sind für die Nutzung in PECVD-Anlagen ungeeignet, da die verwendeten Lösungsmittel Aceton und Tetrahydrofuran das Schlauchsystem der Anlage schädigen würden und die Verarbeitungszeit dieser Lösungen zu kurz ist.
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DE 10 2005 052 409 B3 offenbart ein Beschichtungsverfahren, bei dem eine erste flüssige Schicht auf eine zu beschichtende feste Oberfläche aus Metall oder Glas aufgebracht wird, die mindestens eine vernetzbare Substanz enthält, und danach eine zweite Schicht auf der ersten Schicht aus einer Gasphase durch Abscheiden unter Vernetzen der ersten und der zweiten Schicht. Die erste flüssige Schicht kann Urethane, Siloxane und Stoffe enthalten, die Strukturmerkmale beider Stoffklassen aufweisen. Als vernetzbare Substanz der zweiten Schicht werden Silikonverbindungen, Siloxane, fluorierte Silikonverbindungen, Kohlenwasserstoffe oder zumindest teilweise fluorierte Kohlenwasserstoffe eingesetzt.
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DE 600 16 390 T2 beschreibt die Verwendung einer Lösung, die ein oder mehrere hydrolysierte oder teilweise hydrolysierte Ureidosilane und ein oder mehrere hydrolysierte oder teilweise hydrolysierte Multisilyl-funktionelle Silane zur Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit eines Metallsubstrats enthalten, wobei das Substrat nach dem Aufbringen der Lösung durch Tauchen oder Sprühen mit einer Polymerbeschichtung versehen werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Beschichtung von Flachglas oder gebogenen Glaskörpern bereitzustellen, mit dem eine gleichmäßige Schicht aus einem Haftvermittler auf der Basis von Ureidosilanen herstellbar ist.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Beschichtung von Flachglas oder gebogenen Glaskörpern und ein beschichtetes Flachglas oder einen gebogenen Glaskörper mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche gelöst.
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Es wird erfindungsgemäß ein Verfahren zur Beschichtung von Flachglas und gebogenen Glaskörpern bereitgestellt, das den Schritt des Aufbringens einer Schicht, die als Haftvermittler dienen kann, mittels Plasmapolymerisation beziehungsweise PECVD unter Verwendung einer Lösung zumindest eines Ureidosilans in Alkohol aufweist.
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Bei der erfindungsgemäßen alkoholischen Lösung kann vorteilhafterweise die für eine Plasmapolymerisation beziehungsweise PECVD notwendige dynamische Viskosität im Bereich von 1 bis 3 mPa, vorzugsweise 2 mPa eingestellt werden, sodass vorteilhafterweise ein Verstopfen der Anlage und eine Überlastung des Pumpsystems vermieden werden kann.
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Bevorzugterweise ist der Alkohol ein einwertiger Alkohol und weist eine Kettenlänge von C1 bis C10, unverzweigt oder verzweigt auf, wobei Methanol, Ethanol und 2-Propanol besonders bevorzugt sind. Auch Mischungen der genannten Alkohole sind erfindungsgemäß möglich.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung kann zudem die Einstellung der Viskosität der Lösung durch die Zugabe von Silanen, vorzugsweise (3-Aminopropyl)-trimethoxysilan, (3-Aminopropyl)triethoxysilan) und/oder Siloxanen, vorzugsweise Hexamethyldisiloxan beeinflusst werden, das heißt, reduziert werden, wobei insbesondere die Beimengung von Siloxanen bevorzugt ist, da diese die Reaktivität der Ureidosilane reduzieren können und zudem vorteilhafterweise eine gute Ankoppelung der verfahrensgemäß hergestellten Schicht am Glas ermöglichen.
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Neben den genannten bevorzugten Silanen und Siloxanen sind Silane und Siloxane geeignet, die folgende Reste R, gebunden am Silicium, aufweisen:
- R ist Wasserstoff, C1-C24-Alkyl, bevorzugt C1-C6-Alkyl, oder C2-C24-Acyl, bevorzugt C2-C4-Acyl, C2-C24-Amin, C2-C24-Acetyl, C2-C24-Acetyl-Amid, wobei jedes R unabhängig voneinander ausgewählt ist,
- R ist besonders bevorzugt Wasserstoff, Ethyl, Methyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl, sek.-Butyl, tert.-Butyl oder Acetyl.
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Diese werden vom Fachmann je nach den spezifischen Anforderungen des Einzelfalls ausgewählt.
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Die erfindungsgemäße eingesetzte Lösung ist vorzugsweise wasserfrei, insbesondere bei Anwesenheit von Siloxanen und/oder Silanen.
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Die Erfindung ermöglicht vorteilhafterweise den Einsatz ureidosilaner Haftvermittler als Präkursoren in PECVD-Prozessen zur Verbesserung der Hafteigenschaften auf Flachglaserzeugnissen oder gebogenen Glaskörpern für nachgelagerte Beschichtungs- und Fügeprozesse, wobei die zum Stand der Technik genannten Probleme hinsichtlich des Einsatzes von Ureidosilan bei der Plasmapolymerisation vorteilhafterweise durch die Erzeugung einer niedrigviskosen und vergleichsweise reaktionsträgen Lösung vermieden werden kann.
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Das zumindest eine Ureidosilan weist vorzugsweise eine allgemeine Struktur
auf, wobei
R Wasserstoff, C
1-C
24-Alkyl, bevorzugt C
1-C
6-Alkyl, oder C
2-C
24-Acyl, bevorzugt C
2-C
4-Acyl, C
2-C
24-Amin, C
2-C
24-Acetyl, C
2-C
24-Acetyl-Amid ist,
R ist besonders bevorzugt Wasserstoff, Ethyl, Methyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl, sek.-Butyl, tert.-Butyl oder Acetyl,
wobei jedes R unabhängig voneinander ausgewählt ist.
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X ist ausgewählt aus der Gruppe eine Bindung, eine substituierte oder unsubstituierte aliphatische, olefinische oder aromatische Gruppe, bevorzugt ist X eine Bindung, C1-C6-Alkylen, C2-C6-Alkenylen, C1-C6-Alkylen, substituiert mit mindestens einer Aminogruppe, C2-C6-Alkenylen, substituiert mit mindestens einer Aminogruppe, Arylen oder Alkylarylen.
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R1 und R2 sind unabhängig voneinander ausgewählt Wasserstoff, C1-C6-Alkyl, C1-C6-Alkenyl, C1-C6-Alkyl substituiert mit mindestens einer Aminogruppe, C1-C6-Alkenyl substituiert mit mindestens einer Aminogruppe, Arylen und Alkylarylen, wobei R1 und R2 unabhängig voneinander bevorzugt Wasserstoff, Ethyl, Methyl, Propyl, Isopropyl, Butyl, Isobutyl, sek.-Butyl, tert.-Butyl oder Acetyl sind.
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Substituierte aliphatische oder aromatische Gruppe bedeutet eine aliphatische oder aromatische Gruppe, worin das Kohlenstoffgerüst ein Heteroatom, das sich im Grundgerüst befindet, oder ein Heteroatom oder eine Heteroatom enthaltende Gruppe, die an dem Kohlenstoffgerüst gebunden ist, aufweisen kann.
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Besonders bevorzugte Ureidosilane, die in dem Verfahren der vorliegenden Erfindung eingesetzt werden, sind 3-Ureidopropyltrimethoxysilan (UPTMS) / [3 (Trimethoxysilyl)propyl]harnstoff und/oder 3-Ureidopropyltriethoxysilan (UPTES) / (Triethoxysilyl)propyl]harnstoff.
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Die Konzentration der Ureidosilane in der Lösung beträgt vorzugsweise zwischen 0,1 Vol.% und 30 Vol.%, vorzugsweise zwischen 1 Vol.% und 25 Vol.%.
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Bevorzugterweise wird das Verfahren derart geführt, dass die Dicke der Schicht auf dem Flachglas im Bereich von 1 bis 6 µm liegt. Die Dicke der Schicht auf den gebogenen, 3D-freigeformten Glaskörpern liegt vorzugsweise im Bereich von 0,025 bis 7 µm bevorzugt 2 bis 5 µm.
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Nach dem Aufbringen beziehungsweise Ausbilden der Schicht (Haftschicht) kann eine weitere Schicht aufgebracht werden, vorzugsweise eine Polymerbeschichtung. Dabei wird die Aufgabe der Haftvermittlung der Schicht auf der Glasseite durch die Silangruppe erreicht, während die Harnstoffgruppe mit den reaktiven Gruppen des Polymers reagiert.
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So kann die durch das Beschichtungsverfahren aufgebrachte Schicht zur Vorbereitung für die Herstellung eines Thermoplast-Glas-Hybriden dienen. Anwendungsmöglichkeiten bestehen zum Beispiel als Vorbereitung auf das Lackieren von Glasscheiben im Digital- oder Siebdruckverfahren mit organischen Lacken. Bei der Herstellung von Fahrzeugscheiben und Flachglaserzeugnissen als Gestaltungselemente im Innenarchitekturbereich (Fliesen, dekorative Innenraumgestaltung) besteht eine weitere Anwendungsmöglichkeit. Neben dem Automobilbau kann der Schienenfahrzeugbau beim Kleben von Fahrzeugscheiben von der Erfindung profitieren. Weitere Anwendungen sind in der Displaytechnik denkbar.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird als Flachglas vorzugswiese ein Floatglas eingesetzt, wobei die Schicht vorzugsweise auf die Zinnseite des Floatglases aufgebracht wird, da auf dieser Seite die Oberflächeneigenschaften üblicherweise nur eine ungleichmäßige Beschichtung zulassen. Dieses Problem kann vorteilhafterweise durch das erfindungsgemäße Verfahren behoben werden.
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Gegenstand der Erfindung sind zudem ein Flachglas, vorzugsweise ein Floatglas mit einer Beschichtung, und ein gebogener Glaskörper mit einer Beschichtung, wobei die Beschichtung jeweils nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt ist.
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Die Ausführungen zu den verschiedenen Erfindungsgegenständen betreffen, auch wenn dies nicht explizit angegeben ist, alle Erfindungsgegenstände gleichermaßen.
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Vorteilhafterweise kann mithilfe der Erfindung, im Gegensatz zu einer wässrigen Beschichtung, eine gleichmäßige Beschichtung der Oberfläche erzielt werden. Die Harnstoffgruppe der einsetzbaren Präkursoren ist reaktiver als die Aminogruppen anderer für PECVD-Verfahren geeigneter Primer. Zusammen mit den verwendeten Lösungen für den Einsatz in der PECVD ergeben sich ein geringerer Haftvermittlerverbrauch und damit auch eine geringere Umweltbelastung mit einer Reduzierung der Kosten. Weiterhin besteht die Möglichkeit der einfachen Umsetzung in einer Serienanwendung durch Kombination von Plasmaaktivierung beziehungsweise Plasmareinigung mit Plasmapolymerisation, die bei einem wässrigen Primerauftrag nicht vorliegt.
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Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den übrigen, in den Unteransprüchen genannten Merkmalen.
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Die verschiedenen in dieser Anmeldung genannten Ausführungsformen der Erfindung sind, sofern im Einzelfall nicht anders ausgeführt, mit Vorteil miteinander kombinierbar.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es wird in
- 1 der Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt.
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Im ersten Schritt I wird ein zu beschichtendes Substrat 10, bei dem es sich um Flachglas oder ein dreidimensional geformtes Glas (Glaskörper) handelt, bereitgestellt, dessen Oberfläche 11 verschiedene Verunreinigungen 12 aufweist. Daneben sind auf der Oberfläche 11 hydrophile Gruppen 13 befindlich. Nachfolgend wird die Oberfläche 11 in einem zweiten Schritt II mittels einer Plasmabehandlung von Verunreinigungen 12 befreit. Bei der Reinigung werden organische Anhaftungen oxidiert und durch den Gasstrom einer Plasmadüse von der Oberfläche 11 entfernt. Die gereinigte Oberfläche 11 des Substrats 10 wird in einem dritten Schritt III mittels Plasmapolymerisation mit einem ureidosilanen Haftvermittler (Präkursor) 14 beschichtet. Die Polymerisation erfolgt durch eine Radikalisierung des Präkursordampfes 14 und Spuren von Wasser aus der Luftfeuchtigkeit der Umgebungsluft. Die erhaltende Schicht 15 kann mit einer nachfolgenden Beschichtung versehen werden, beispielsweise durch Anknüpfung 16 an ein Polyurethan über die freien Ureidogruppen 17.
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Bezugszeichenliste
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- I
- erster Schritt
- II
- zweiter Schritt
- II
- dritter Schritt
- 10
- Substrat
- 11
- Oberfläche
- 12
- Verunreinigungen
- 13
- hydrophile Gruppe
- 14
- Haftvermittler
- 15
- Schicht
- 16
- Anknüpfungspunkt
- 17
- Ureidogruppe
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005052409 B3 [0007]
- DE 60016390 T2 [0008]