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Die vorliegende Erfindung betrifft nasschemisch hergestelltes polymeres Lithiumphosphoroxynitrid (LiPON), ein Verfahren zu dessen Herstellung, Verwendungen hiervon sowie eine Batterie, die einen aus dem erfindungsgemäßen LiPON hergestellten Festkörperelektrolyten beinhaltet. Die vorliegende Erfindung betrifft ebenso ein Verfahren zur Herstellung einer entsprechenden Batterie.
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Lithium-Ionen Batterien bestehen heutzutage aus einer Graphit-Anode, einer Übergangsmetall-Kathode und einem Flüssigelektrolyten. Die nächste Generation von Lithium-Ionen Batterien soll deutlich mehr Energie speichern können als bisher, was den Einsatz neuer Elektrodenmaterialien erfordert. Dazu gehört metallisches Lithium, welches als Anodenmaterial eine sehr hohe Kapazität bietet und hohe Zellspannungen erzeugen kann. Allerdings reagiert metallisches Lithium mit praktisch allen bekannten Elektrolyten, was bei den im Moment kommerziell eingesetzten Elektrolyten zu Gas- und Wärmefreisetzung und damit zur Zerstörung der Batterie führt. Außerdem zeigen diese Elektroden starke Volumenänderungen während der Lade- und Entladezyklen, was unter anderem zur Bildung von Dendriten führt. Dabei handelt es sich um „Äste“ aus metallischem Lithium, die die Anode mit der Kathode verbinden und auf diese Weise einen Kurzschluss in der Batterie bzw. ein thermisches Durchgehen verursachen können, wodurch die Batterie zerstört wird.
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Kommerzielle Lithium-Ionen Batterien verwenden als Anodenmaterial Graphit anstelle von metallischem Lithium. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Interkalationselektrode, in der Lithiumionen aufgenommen werden können, ohne zu metallischem Lithium reduziert zu werden. Dadurch werden Reaktionen zwischen Lithium und dem flüssigen Elektrolyten größtenteils unterbunden. Zwar zersetzt sich ein geringer Teil des Elektrolyten an der Anode, jedoch bilden die resultierenden Verbindungen eine dünne Schicht auf der Elektrodenoberfläche, die sogenannte „Solid Electrolyte Interface“ (SEI). Diese trennt Elektrode und Elektrolyt voneinander und verhindert somit jede weitere Elektrolytzersetzung, was maßgeblich zur Betriebssicherheit der Batterien beiträgt. Der Nachteil an Graphitanoden ist, dass sie nur ungefähr 1/10 der Kapazität von metallischem Li aufweisen, entsprechend vorteilhaft ist die Verwendung stabiler Lithiummetall-Anoden.
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Der etablierte Lösungsansatz für letztere besteht darin, Festkörperelektrolyte anstelle der bekannten Flüssigelektrolyten einzusetzen, weil sie sehr viel stabiler gegenüber metallischem Lithium und damit sicherer sind. Allerdings sind diese nicht vollständig inert gegenüber metallischem Lithium und bilden ebenfalls eine SEI, und ihre Li+-Leitfähigkeit ist zum Teil deutlich geringer als die ihrer flüssigen Analoga. Daher müssen Festkörperelektrolyte sowohl eine hohe Li+-Leitfähigkeit aufweisen, um die Funktionsfähigkeit der Batterie zu gewährleisten, aber gleichzeitig auch eine vorteilhafte SEI bilden. Diese muss chemisch, elektrochemisch und mechanisch stabil sein, um sowohl der Reaktivität des Lithiummetalls als auch den Volumenänderungen der Anode zu widerstehen. Andernfalls treten die im ersten Kapitel beschriebenen Probleme auf.
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Doch auch nach jahrzehntelanger Forschung erfüllen Festkörperelektrolyten höchstens eine diese Voraussetzungen, aber nicht beide, weswegen Festkörperbatterien kommerziell kaum verwendet werden. Die einzige nennenswerte Ausnahme stellt glasartiges Lithiumphosphoroxynitrid (LiPON) dar, das eine äußerst stabile, selbstheilende SEI mit hoher Li+-Leitfähigkeit aus Li3N, Li3P und Li2O bildet, die den Einsatz von Lithiummetall-Anoden erlaubt. Aufgrund seiner geringen Li+-Leitfähigkeit von 10-6 Scm-1 kann LiPON aber nur in Dünnschichtbatterien eingesetzt werden, und dies auch nicht in großindustriellem Maßstab, da LiPON in einem Sputterprozess erzeugt wird, der ein Hochvakuum erfordert.
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Das in der Literatur bekannte LiPON ist ein Material aus der Klasse der Gläser. Gläser sind amorphe, nichtmetallische, anorganische Werkstoffe, in denen die einzelnen Atome durch kovalente und / oder ionische Bindungen miteinander verbunden sind (gemäß Literatur gehören dazu Li2O, P2O5 und PON (Dudney, N. J. (2000), Addition of a thin-film inorganic solid electrolyte (LiPON) as a protective film in lithium batteries with a liquid electrolyte, Journal of Power Sources, 89(2), 176-179)). Klassisch werden Gläser durch einen Schmelzprozess hergestellt. Dabei werden die Ausgangsstoffe (z. B. SiO2 und Metalloxide (CaO, Na2O, MgO, etc.) als Zusatzstoffe) gemischt, geschmolzen und im geschmolzenen Zustand formgegeben. Dünne Schichten mit glasartiger Struktur können über Gasphasen-Abscheidungsprozesse (z.B. Sputtern) hergestellt werden.
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LiPON wird typischerweise mittels Sputtern von Li3PO4 in einer Stickstoffatmosphäre auf Oberflächen abgeschieden (Schwöbel, A., Hausbrand, R., & Jaggermann, W. Interface reactions between LiPON and lithium studied by insitu X-ray photoemission, Solid State lonics (2015) 273, 51-54). Der Ausgangsstoff in diesem Fall ist keramisches (kristallines) Li3PO4 in monolithischer Form, das als Target dient. Durch Beschuss mit Ionen werden Fragmente aus dem Target entfernt. Diese reagieren mit Stickstoff und scheiden sich auf einem gewählten Trägermedium (Substrat) ab. Die Kontrolle der Stöchiometrie erfolgt über Prozessparameter (wie Sputterrate und Stickstoffdruck). Dieser Verarbeitungsprozess erfordert ein Hochvakuum, was daher sehr aufwändig ist und den Anwendungsmaßstab begrenzt. Zudem kann eine LiPON Schicht nicht freistehend erzeugt werden, sondern nur auf einem Substrat/ abgeschieden werden.
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Es sind außerdem Methoden bekannt, ein Festkörperelektrolyt aus polymeren Lithiumphosphoroxynitrid mit Phosphazenstruktur mittels Atomlagenabscheidung zu gewinnen (
Pearse, A.J. et al, Nanoscale Solid State Batteries enabled by Thermal Atomic Layer Deposition of a Lithium Polyphosphazene Solid State Electrolyte, Chemistry of Materials, Vol. 29, 2017, 3740-3753), was jedoch ebenfalls aufwendig ist. Des Weiteren sind in der Literatur polymeres zyklisches Phosphazan (
JP 2008-2822864 A ) und ein polymeres Lithiumphosphoroxynitrid mit 3-fach koordinierten Stickstoff (
Wang, B. et al, lonic conductivities and structures of lithium phosphorus oxynitride glasses, Journal of Non-Crystalline Solids, Vol. 183, 1995, 297-306) bekannt.
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Somit ist bis jetzt kein Festkörperelektrolyt bekannt, mit dem sich Lithiummetall-Anoden in größeren Batteriesystemen einsetzen lassen. Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Herstellung eines Festkörperelektrolyten, der eine hohe Li+-Leitfähigkeit und eine gute Verarbeitbarkeit sowie eine stabile SEI im Kontakt mit Lithiummetallanoden aufweist. Gleichzeitig soll der Festkörperelektrolyt sich durch andere Weise als durch PVD- oder CVD-Prozesse, insbesondere Sputtern, herstellen lassen, was bei herkömmlichen Festkörperelektrolyten einen hohen apparativen Aufwand erfordert und mit deutlichen Kostennachteilen verbunden ist.
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Diese Aufgabe wird hinsichtlich eines nasschemisch hergestellten polymeren Lithiumphosphoroxynitrids (LiPON) gemäß Patentanspruch 1 gelöst. Patentanspruch 4 gibt ein Verfahren zu dessen Herstellung an. Patentanspruch 12 beschreibt Verwendungszwecke des erfindungsgemäßen LiPON, während Patentanspruch 13 eine Batterie, die einen Festkörperelektrolyten, gebildet aus dem erfindungsgemäßen LiPON beschreibt. Mit Patentanspruch 17 wird ein Verfahren zur Herstellung der erfindungsgemäßen Batterie angegeben. Die jeweiligen abhängigen Patentansprüche stellen hierbei vorteilhafte Weiterbildungen dar.
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Die vorliegende Erfindung betrifft somit ein nasschemisch hergestelltes polymeres Lithiumphosphoroxynitrid (LiPON), enthaltend eine Wiederholungseinheit gemäß der allgemeinen Formel I,
wobei das LiPON in Lösungsmitteln, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Dimethylsulfoxid (DMSO), Tetrahydrofuran (THF), Toluol und N-Methylpyrrolidon (NMP) löslich ist.
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Das erfindungsgemäße LiPON unterscheidet sich vom bislang bekannten gesputterten oder kristallinen LiPON dadurch, dass es auf nasschemische Weise, d. h. in einem Lösungsmittel, hergestellt wurde. Der aufwändige Prozess des Sputterns entfällt. Das erfindungsgemäße LiPON stellt somit keine Keramik dar, sondern ein amorphes, polymeres Material, das sich - anders als die gesputterten bzw. durch Hochtemperatursynthese hergestellten keramischen Varianten von LiPON - in polaren Lösungsmitteln, wie beispielsweise Dimethylsulfoxid, Tetrahydrofuran, Toluol bzw. N-Methylpyrrolidon - lösen lässt.
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Das erfindungsgemäße LiPON eröffnet somit vollständig neue Möglichkeiten der Anwendung bzw. der Verarbeitung. So ist es beispielsweise möglich, das LiPON zu isolieren und als solches zu handhaben. Ebenso ist eine Abscheidung des LiPON aus Lösungen, beispielsweise durch Filmgießen oder Rakeln etc. möglich.
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Bei der Weiterverarbeitung des erfindungsgemäßen LiPON können somit die aus dem Stand der Technik bekannten aufwändigen Auftragsprozesse, wie PVD- (Sputtern) bzw. CVD-Prozesse, die im Vakuum bzw. unter Schutzgasatmosphäre unter hohem energetischen Aufwand durchgeführt werden müssen, vermieden werden.
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Da die Reaktivität des metallischen Lithiums nicht umgangen werden kann, muss der Elektrolyt so beschaffen sein, dass er sich in genau definierte Produkte zersetzt und eine spezifische, stabile SEI bildet. Als Vorlage dient die eingangs erwähnte SEI von LiPON. Die Bildung der Lithiumsalze Li3N, Li3P und Li2O erfordert, dass der neue Festkörperelektrolyt eine ähnliche chemische Summenformel aufweist wie das glasartige LiPON. Eine geeignete Materialklasse für diesen Ansatz sind Polyphosphazene, die eine Phosphor-Stickstoff-Hauptkette besitzen. Durch bestimmte chemische Modifikation kann sogenanntes polymeres LiPON mit der Summenformel [Li2PO2N]n hergestellt werden, die mit der Summenformel von glasartigem LiPONs nahezu identisch ist. Darüber hinaus handelt es sich bei Polyphosphazenen um bekannte Festkörperelektrolyte, die Li+-Leitfähigkeiten von bis zu 10-3 Scm-1 erreichen können, was vergleichbar ist mit den derzeit verwendeten Flüssigelektrolyten. Demzufolge bietet dieser Festkörperelektrolyt die bis jetzt unerreichte Kombination aus stabiler SEI und hoher Li+-Leitfähigkeit. Außerdem ist das erfindungsgemäße polymere LiPON ein Thermoplast und somit schmelzbar, wodurch es mittels bekannter Prozesse wie dem Rolle-zu-Rolle-Verfahren auch in großtechnischem Maßstab verarbeiten werden kann.
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Das erfindungsgemäße LiPON lässt sich insbesondere durch Umsetzen einer Poly(metaphosphinsäure) gemäß der allgemeinen Formel II
mit einer Organolithiumverbindung herstellen.
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Vorzugsweise zeichnet sich das erfindungsgemäße LiPON durch seine Amorphizität aus.
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Die vorliegende Erfindung betrifft zudem ein Verfahren zur Herstellung von polymerem Lithiumphosphoroxynitrid (LiPON) gemäß der allgemeinen Formel I
bei dem eine Poly(metaphosphinsäure) gemäß der allgemeinen Formel II
mit einer Organolithiumverbindung umgesetzt wird.
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Die hierbei verwendete Organolithiumverbindung ist insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Alkyllithiumverbindungen, insbesondere n-Butyllithium, sec-Butyllithium, tert-Butyllithium, Methyllithium, Isopropyllithium; aromatischen Lithiumorganylen, insbesondere Phenyllithium sowie Mischungen hiervon.
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Besonders bevorzugt erfolgt die Umsetzung in einem inerten Lösungsmittel, bevorzugt in Dimethylsulfoxid (DMSO), einem mit Dimethylsulfoxid (DMSO) mischbaren Lösungsmittel oder einer Mischung aus Dimethylsulfoxid (DMSO) und einem mit Dimethylsulfoxid (DMSO) mischbaren Lösungsmittel, insbesondere einem Lösungsmittel ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Toluol, Benzol, Xylol, Dimethylsulfoxid (DMSO), Tetrahydrofuran (THF) und N-Methylpyrrolidon (NMP) sowie Mischungen und Kombinationen hiervon, insbesondere in einer Mischung aus Dimethylsulfoxid (DMSO) und Toluol.
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Vorzugsweise wird die in DMSO verwendete Poly(metaphosphinsäure) gemäß der allgemeinen Formel II vor Umsetzung mit der Organolithiumverbindung durch Reaktion von Poly(dichlorphosphazen) mit Dimethylsulfoxid hergestellt. Die Herstellung der Poly(metaphosphinsäure) erfolgt hierbei vorzugsweise unmittelbar vor deren Umsetzung zum erfindungsgemäßen LiPON. Hierbei ist es besonders bevorzugt, wenn die zweistufige Umsetzung als Eintopfsynthese ausgeführt wird. Zunächst wird hierbei das Poly(dichlorphosphazen) mit Dimethylsulfoxid zur Poly(metaphosphinsäure) umgesetzt, die hierbei entstehende Lösung der Poly(metaphosphinsäure) in DMSO wird unmittelbar weiter mit der Organolithiumverbindung zum erfindungsgemäßen polymeren LiPON weiter umgesetzt.
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Die Organolithiumverbindung wird hierbei, bezogen auf die LithiumÄquivalente, vorteilhafterweise zwischen 2,0 bis 3,0, bevorzugt 2,1 bis 2,8, besonders bevorzugt 2,3 bis 2,5 Äquivalenten bezüglich der StickstoffÄquivalente der Poly(metaphosphinsäure) gemäß Formel II eingesetzt.
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Die Umsetzung zum LiPON kann dabei vorteilhafterweise über einen Zeitraum von 10 min bis 7 Tagen, bevorzugt von 12 h bis 5 Tagen, bei einer Temperatur von -20 °C bis + 60 °C, bevorzugt bei 0°C bis 40 °C, besonders bevorzugt bei 10 bis 30 °C, und/oder einer Konzentration der Poly(metaphosphinsäure) gemäß Formel II von 1 bis 200 g/l, bevorzugt 10 bis 100 g/l durchgeführt werden.
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Vorzugsweise erfolgt nach Anschluss der Umsetzung eine Verfestigung des polymeren Lithiumphosphoroxynitrids, insbesondere durch Ausfällen, Auskristallisieren, Extrahieren und/oder Entfernen des Lösungsmittels.
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Für den Fall, dass das erfindungsgemäße LiPON ausgefällt wird, erfolgt dies insbesondere durch Zugabe eines Nitril-haltigen Lösungsmittels, insbesondere Acetonitril.
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Zudem betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung des erfindungsgemäßen LiPONs als Festkörperelektrolyt.
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Die Erfindung betrifft ferner eine Batterie, die das erfindungsgemäße LiPON als Festkörperelektrolyten beinhaltet.
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Die Batterie kann beispielsweise eine aus Lithium bestehende oder Lithium enthaltende Anode, eine Kathode sowie einen die Anode und Kathode separierenden, aus dem erfindungsgemäßen LiPON gebildeten Festkörperelektrolyten umfassen.
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Beispielhafte Kathodenmaterialien sind hierbei bevorzugt, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Lithium-Nickel-Cobalt-Mangan (Li(NiCoMn)O2), Lithium-Mangan-Oxid-Spinell (LiMn2O4, Lithium-Cobalt-Oxid (LiCoO2), Lithium-Eisen-Phosphat (LiFePO4), Lithium-Nickel-Cobalt-Aluminium-Oxid (LiNiCoAlO2), Lithium-Mangan-Phosphat (LMnP), Lithium-Cobalt-Phosphat (LCoP), Lithium-Nickel-Phosphat (LNiP), Lithium-Mangan-Eisen-Phosphat (LMFP), Lithium-Mangan-Nickel-Oxid (LMNO), Metallfluoriden, insbesondere Eisenfluorid, Kupferfluorid, Eisenkupferfluorid; Vanadiumoxid, Metallsulfiden, Metallsilicaten sowie Mischungen und Blends hiervon.
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Mögliche Anodenmaterialien sind bevorzugt, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus metallischem Lithium, Lithium-Titanat-Oxid (Li4Ti5O12), Lithium enthaltendes Silicium, Lithium enthaltende Silicium-Kohlenstoff-Komposite, Lithium-Legierungen, insbesondere mit Aluminium, mit Magnesium, mit Silicium und/oder mit Zinn sowie Mischungen und Blends hiervon.
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Zudem betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Batterie, bei dem das erfindungsgemäße LiPON eingesetzt wird. Hierbei erfolgt der Auftrag des aus LiPON gebildeten Festkörperelektrolyten nicht mittels Sputtern, wie aus dem Stand der Technik bekannt. Insbesondere erfolgt die Herstellung des Festkörperelektrolyten nur aus dem erfindungsgemäßen LiPON, beispielsweise mittels Rakeln, Foliengießen und/oder Aufpressen.
Aufgrund der bisher nicht erreichten Kombination von hoher Li+-Leitfähigkeit, leichter Verarbeitbarkeit und der Bildung einer stabilen SEI eignet sich der hier vorgestellte Festkörperelektrolyt für großindustrielle Produktion von Hochenergie-Lithium-lonen-Bulk-Batterien mit Lithiummetall-Anoden.
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Der wichtigste Vorteil des erfindungsgemäßen LiPON ist, dass die Reaktivität des metallischen Lithiums nicht als zu vermeidendes Problem betrachtet wird, sondern zunutze gemacht wird, um gezielte Zersetzungsprodukte und damit eine stabile schützende Grenzschicht auf der Lithiummetall-Anode zu erzeugen. Dieser Ansatz ist bisher in der Forschung nicht beschrieben.
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Die vorliegende Erfindung wird anhand der nachfolgenden Ausführungen näher beschrieben, ohne die Erfindung auf die dargestellten Ausführungsformen zu beschränken.
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Für die Synthese von polymerem LiPON, wird üblicherweise vom polymeren Polyphosphazen-Präkursor [NPCl2]n ausgegangen.
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Es gibt zwei Möglichkeiten [NPCl2]n herzustellen. Zum einen kann zyklisches N3P3CI6 bei Temperaturen von ca. 250°C unter Ringöffnung zu länglichen Ketten reagieren (Allcock, H. R., Crane, C. A., Morrissey, C. T., & Olshavsky, M. A. A New Route to the Phosphazene Polymerization Precursors, Cl3PNSiMe3 and (NPCI2), Inorganic Chemistry (1999), 38(2), 280-283), andererseits kann die in Reaktionsgleichung 1 gezeigte kationischer Polymerisation von Cl3P=NSi(CH3)2 (Phosphoranimin) mit PCl5 als Initiator durchgeführt werden (Wang, B. Development of a one-pot in situ synthesis of poly(dichlorophosphazene) from PCI3, Macromolecules (2005), 38(2), 643-645). Letzteres bietet die Möglichkeit, die Molmasse des Polymers anhand des Initiator-Monomer-Verhältnisses einstellen zu können, (Reaktionsgleichung (1), s. u.).
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Die Synthese von polymerem LiPON erfolgte in einer 2-Stufen-Synthese (Produkt (2.1) wurde nicht isoliert, sondern direkt weiterverarbeitet). Schritt (2.1) basierte auf einem in der Literatur bekannten Konzept (
Walsh, E. J., Kaluzene, S., & Jubach, T. The reactions of halocyclophosphazenes with dimethylsulfoxide. Journal of Inorganic and Nuclear Chemistry (1976) 38(3), 397-399), dass so aber noch nicht für Polymere existierte, und Schritt (2.2) war bisher nicht bekannt.
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Synthese von polymerem LiPON
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Stufe 1: Synthese von Poly(dichlorophosphazen) - Reaktionsgleichung (1)
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LiN(SiMe3)2 (5.17 g, 30.9 mmol) wurden in der Glovebox in einem ausgeheizten 250 ml-Schlenkkolben mit Septum abgewogen, unter Argon in 120 ml trockenem Toluol gelöst und die Lösung auf 0°C abgekühlt. Anschließend wurde PCI3 (2.7 ml, 30.9 mmol) über einen Zeitraum von 10 Minuten tropfenweise dazugegeben. Die Reaktionsmischung rührte zunächst 30 Minuten bei 0°C und dann 1 h bei Raumtemperatur. Die resultierende weiße Suspension wurde erneut auf 0°C abgekühlt und SO2Cl2 (2.55 ml, 31.5 mmol) über einen Zeitraum von 10 Minuten tropfenweise dazugegeben. Das entstehende SO2 wurde in einer mit Natronlauge gefüllten Gaswaschflasche gebunden. Anschließend rührte die Reaktionsmischung für 1 h bei 0°C, wurde dann mit PCl5 (316 mg, 1.52 mmol) versetzt und rührte abschließend über Nacht bei Raumtemperatur.
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Nach ca. 18 h wurde die gelbe, trübe Lösung über Celite durch eine Fritte in einen ausgeheizten 250 ml Kolben filtriert und so das LiCI aus der Lösung entfernt. Anschließend wurden Kolben und Fritte zweimal mit wenigen ml trockenem Toluol gespült. Das Lösungsmittel wurde zunächst am Rotationsverdampfer und dann im Ölpumpenvakuum entfernt; danach lag ein gelber viskoser Feststoff vor.
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Ausbeute: 2,9 g (25,2 mmol, 81 %)
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Das 31P-NMR-Spektrum von [NPCl2]n zeigt ein Signal bei - 16.8 ppm in CDCI3, was der der Literatur entspricht. Gleiches gilt für das FTIR-Spektrum mit Banden bei 1208 cm-1 (P=N-Schwingung) und 741 cm-1 (P-Cl-Schwingung) (siehe 1a und 1b).
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Stufe 2: Synthese von Polymerem LiPON - Reaktionsgleichungen (2.1) und (2.2)
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Poly(dichlorophosphazen) aus Stufe 1 (1g, 8,63 mmol) wurde in einem 100 ml Kolben vorgelegt und unter langsamem Rühren in einem Wasserbad mit wenig Eis mit 15 ml wasserfreiem DMSO versetzt. Nach 2 h wurde das Wasserbad entfernt und die Reaktionslösung rührte 48 h bei 40°C in einer Argonatmosphäre.
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Danach wurde das Ölbad entfernt und ein entstandener, farbloser Feststoff im Kolben oberhalb der Flüssigkeit abgekratzt und in die Lösung zurückgegeben. Die Suspension wurde 10 Minuten im Ultraschallbad behandelt und rührte dann weitere 18 h langsam bei Raumtemperatur. Anschließend wurde das Nebenprodukt mit einer vorgeschalteten Kühlfalle über mehrere Stunden im Ölpumpenvakuum entfernt. Nachdem die Lösung mit 3 ml wasserfreiem DMSO wieder auf ca. 15 ml DMSO aufgefüllt worden war, rührte sie weitere 18 h. Am nächsten Tag wurde sie 4x mit 15 ml wasserfreiem Diethylether gewaschen und dessen Reste im Ölpumpenvakuum entfernt.
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Hiernach wurde die Lösung mit wasserfreiem DMSO auf ein Gesamtvolumen von 30 ml verdünnt und in einem Wasserbad mit wenig Eis bei höchster Rührgeschwindigkeit über einen Tropftrichter mit 7.6 ml einer 2.5 M n-Butyllithium/Toluol-Lösung (19 mmol, 2,2 äq.) tropfenweise versetzt. Die Reaktionslösung rührte danach 96 h bei Raumtemperatur in einer Argonatmosphäre.
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Anschließend wurde die Lösung im Ölpumpenvakuum von flüchtigen Komponenten befreit und 3 x mit 30 ml Diethylether gewaschen. Danach wurde der verbliebene Diethylether im Ölpumpenvakuum entfernt, die Lösung mit 60 ml wasserfreiem Acetonitril versetzt und 10 Minuten im Ultraschallbad behandelt, bevor das Produkt mittels einer Fritte abfiltriert wurde. Das erhaltene farblose Pulver wurde in der Fritte abschließend mit ca. 6 ml wasserfreiem Acetonitril gewaschen und dann im Ölpumpenvakuum getrocknet.
Ausbeute: 454 mg (5 mmol, 58 %)
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Nach der Zugabe von DMSO in der 2. Stufe verschwand das Edukt-Signal im 31P-NMR-Spektrum (siehe 2), stattdessen trat ein anderes Signal in DMSO-d6 auf, bei ca. +0.3 ppm (s. u.). Da 85%ige H3PO4 in DMSO-d6 eine Verschiebung von +1.0 ppm aufwies, musste das Zwischenprodukt eine ähnliche Struktur wie Phosphorsäure (H3PO4) aufweisen.
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Da Sauerstoff und Stickstoff aufgrund ähnlicher Elektronegativitätswerte eine ähnliche chemische Umgebung erzeugen, sprach das 31P-NMR des Zwischenprodukts für eine korrekte Umsetzung. Das Zwischenprodukt konnte isoliert werden, indem die DMSO-Lösung mit dem [H2PO2N]n vor der Butyllithium-Zugabe dreimal mit wasserfreiem Diethylether gewaschen und dann mit wasserfreiem Acetonitril gefällt wurde. Das erhaltene farblose Pulver wies das in 3 dargestellte IR-Spektrum auf.
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Da in diesem Spektrum die Banden des Edukts verschwunden und gleichzeitig die Banden fast aller funktionellen Gruppen im erwarteten Produkt auftreten, ist es (auch unter Berücksichtigung des 31P-NMR-Spektrums) entstanden.
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Die Zugabe von Butyllithium führte zu keiner Änderung im 31P-NMR-Spektrum, das Signal bei ca. 0.3 ppm war immer noch vorhanden. Demzufolge hatte sich an den Bindungen direkt am Phosphoratom nichts geändert. Diese Beobachtung ist mit Reaktionsgleichung (2.2) kompatibel, da sich hier nur die Bindungszustände des Stickstoff und des Sauerstoffs ändern. Das FTIR-Spektrum hingegen zeigte deutliche Änderungen (siehe 4).
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Zunächst war die Bande der P-OH-Bindung fast vollständig verschwunden, was für eine erfolgreiche Lithiierung sprach (Bildung O-Li, Reaktionsgleichung 2.2). Die Bande bei 1015 cm
-1 war einer P-O
--Bindung zuzuordnen, also einer PO-Li
+ Gruppe im Produkt. Die Breite dieser Bande und die Beobachtung, dass die P-O- und P=O-Banden des Zwischenprodukts nicht mehr auftreten, deutete darauf hin, dass die negative Ladung über beide Sauerstoffatome delokalisiert vorlag (s. u. links), wie es aus der organischen Chemie bekannt ist, z. B. bei Carboxylaten (s. u. rechts):
(Rechts: vermutete Struktur von polymerem LiPON; links: Mesomerie bei deprotonierten Carbonsäuren mit K
+ = Kation)
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5 zeigt einen beispielhaften Aufbau einer Batterie, die sich unter Verwendung des erfindungsgemäßen polymeren LiPON als Festkörperelektrolyten herstellen lässt. Die Batterie weist dabei den in 5 dargestellten Aufbau auf, wobei das polymere LiPON die Lithiummetall-Anode sowie die Katode voneinander trennt. Das polymere LiPON kann mittels Pressen auf das Kathodenmaterial bzw. auf die Anode aufgebracht werden.
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Die Verwendung von Bulk-Batterien mit Lithiummetall-Anoden und dem hier beschriebenen Festkörperelektrolyten ist für alle Bereiche interessant, in denen elektrische Energiespeicher relevant sind. Dazu zählen vor allem der Fahrzeugbau, die Elektroindustrie sowie das Bauwesen.