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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs. Zudem betrifft die vorliegende Erfindung eine Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs sowie ein Fahrzeug mit einer geeigneten Steuervorrichtung.
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Fahrzeuge, insbesondere Kraftfahrzeuge wie Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Busse, verfügen zunehmend über immer mehr Fahrerassistenzsysteme mit immer mehr Assistenzfunktionen, die einen hohen Grad an Unterstützung bieten und das Fahrzeug mehr und mehr zu einem zumindest zeitweise autonom fahrenden Fahrzeug machen. Der Grad der Autonomie des Fahrzeugs wird heutzutage in verschiedene Autonomiestufen eingeteilt. So ist für die Klassifizierung von straßengebundenen Kraftfahrzeugen mit Systemen zum autonomen Fahren, beispielsweise oft eine Unterteilung in sechs Autonomiestufen vorgesehen (vgl. Norm SAE J3016), wobei in der Autonomiestufe 0 der Fahrer eigenständig fährt, auch wenn er z. B. durch eine Fahrdynamikregelung oder ein Antiblockiersystem unterstützt wird, und in der Autonomiestufe 5 jederzeit ein vollständig autonomes Fahren des Fahrzeugs vorgesehen ist.
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Häufig werden ortsbezogene Informationen, die von Fahrerassistenzsystemen bei der Steuerung des Fahrzeugs verwendet werden können, in einem sogenannten elektronischen Horizont bereitgestellt. Dieser stellt eine elektronische Karte der Umgebung des Fahrzeugs dar, z. B. reduziert auf oder angereichert um Informationen, die für Fahrerassistenzsysteme relevant sein können.
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In der
EP 3 073 224 A1 wird ein Positionierungsverfahren für ein Fahrzeugnavigationssystem beschrieben, bei dem verschiedene Sensordaten aufgenommen und zusammengeführt werden. Es findet eine Plausibilitätsprüfung gegenüber entsprechenden Daten eines verfügbaren elektronischen Horizonts statt, wobei als Regelfall bei einer Abweichung des aufgrund von Sensordaten ermittelten Bewegungspfads gegenüber dem auf Daten des elektronischen Horizonts basierenden Bewegungspfad von fehlerhaften Sensordaten ausgegangen wird und nur im Fall, dass alle möglichen Bewegungspfade dem auf den Daten des elektronischen Horizonts basierenden Bewegungspfad widersprechen, der elektronische Horizont selbst als fehlerhaft angesehen wird.
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In der
US 2017 000 15 64 A1 wird ein Verfahren gezeigt, mit dem Objekte in der Umgebung eines Fahrzeugs identifiziert werden. Auch hier werden Informationen eines elektronischen Horizonts verwendet, wobei dieser die in Segmente eingeteilte Umgebung darstellt, zu der Metadaten gehören, die die die Umgebung bzw. Objekte darin, wie z. B. Schilder, beschreiben. Zudem werden Kamerasignale ausgewertet, in denen jeweils eine interessierende Region ausgewählt wird, um darin Objektpositionen mit denen aus dem elektronischen Horizont abzugleichen.
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In der
US 9 423 260 B2 wird ein Verfahren zum Erzeugen und Verwenden einer eigenen elektronischen Karte gezeigt. Entsprechen die für die eigene elektronische Karte gewonnenen Informationen den über einen elektronischen Horizont verfügbaren Informationen, wird ein zugehöriger Vertrauensindikator erhöht und der selbst erzeugten elektronischen Karte vertraut. Gibt es eine Diskrepanz, wird der Vertrauensindikator verringert und die elektronische Karte nicht zum Steuern von Fahrzeugsystemen verwendet.
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Zur Erhöhung der Sicherheit beim Einsatz von Fahrerassistenzsystemen, die einen hohen Grad an Unterstützung bieten (wie dies beispielsweise bereits bei Fahrzeugen der Autonomiestufen 2 und 3 der Fall ist), werden diese vorzugsweise nur in möglichst vorhersehbaren Verkehrssituationen eingesetzt, während in komplexen, unvorhersehbaren und möglicherweise gefährlichen Situationen, wie sie beispielsweise im Stadtverkehr auftreten können, die Kontrolle häufig wieder ganz oder teilweise an den Fahrer übergeben wird.
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Fahrerassistenzsysteme, die einen hohen Grad an Unterstützung bereitstellen, wie beispielsweise ACC Extended Auto Resume, d. h. Abstandsregeltempomatsysteme mit automatischer Wiederanfahrregelung, Spurwechselassistenzsysteme, Spurhaltesysteme und Autobahnassistenzsysteme werden nur auf sog. als „Controlled Access Roads“ klassifizierten Straßen, d. h. eingeschränkt zugänglichen Straßen, beispielsweise Autobahnen oder Autostraßen, eingesetzt. Dabei ist eine eingeschränkt zugängliche Straße eine Straße, d. h. ein Fahrweg, auf der bzw. dem sich beispielsweise keine Fußgänger aufhalten, Einmündungen oder Kreuzungen nicht vorkommen und kein nicht zumindest durch eine Barriere abgetrennter Gegenverkehr auftritt, so dass angenommen werden kann, dass sich alle Fahrzeuge in einem ungehinderten Verkehrsfluss bewegen und folglich Risiken erheblich eingeschränkt sind.
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Die aktuelle Klassifizierung des Fahrwegs, d. h. der Straße, die ein Fahrzeug befährt, wird dabei häufig bereits als Parameter des vorab verfügbaren elektronischen Horizonts bereitgestellt.
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Allerdings besteht bei der Verwendung der vorab verfügbaren Daten des elektronischen Horizonts die Möglichkeit, dass die enthaltenen Informationen nicht korrekt sind, beispielsweise wenn die Positionsangabe des Fahrzeugs nicht korrekt ist und daher auf falsche Informationen des elektronischen Horizonts zugegriffen wird oder falls die Klassifizierung des Fahrwegs zwar grundsätzlich korrekt wäre, aber unvorhergesehene Ereignisse oder Objekte der Klassifizierung widersprechen, z. B. ein Fußgänger auf einer Autobahn, die deren Klassifizierung als eingeschränkt zugängliche Straße zumindest in diesem Abschnitt zu dieser Zeit zu einer inkorrekten Klassifizierung machen, so dass deren Verwendung durch ein Fahrerassistenzsystem zu Fehlverhalten und ggf. einer gefährlichen Situation führen kann.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, auf einfache Weise durch Fahrerassistenzsysteme unterstützte Fahrten mit Fahrzeugen sicherer zu machen, wenn die Fahrerassistenzsysteme für unterschiedliche durchfahrene Umgebungen unterschiedlich geeignet sind.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs gemäß Anspruch 1 sowie einer geeigneten Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs gemäß Anspruch 11 gelöst, mit dem das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt werden kann. Zudem wird die Aufgabe erfindungsgemäß auch mit einem Fahrzeug gemäß Anspruch 12 gelöst, das eine erfindungsgemäße Steuervorrichtung aufweist. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung umfasst ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs ein Bereitstellen von elektronischen Horizont-Informationen zu einem Fahrweg eines Fahrzeugs sowie ein Betreiben eines Fahrerassistenzsystems des Fahrzeugs an der jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs auf dem Fahrweg in einem ersten Betriebsmodus abhängig von einer zugehörigen in den elektronischen Horizont-Informationen vorab festgelegten Klassifizierung des Fahrwegs. Zusätzlich erfolgt ein Erfassen von aktuellen Klassifizierungssignalen durch mindestens eine bordeigene Sensoreinrichtung des Fahrzeugs an der jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs und ein Ermitteln einer aktuellen Klassifizierung des Fahrwegs durch Auswerten der aktuellen Klassifizierungssignale. Wenn dann ein Überprüfen der Klassifizierungen ergibt, dass die aktuelle Klassifizierung der vorher festgelegten Klassifizierung widerspricht, erfolgt ein Betreiben des Fahrerassistenzsystems in einem zweiten Betriebsmodus abhängig von der aktuellen Klassifizierung anstatt abhängig von der vorher festgelegten Klassifizierung, bis das Fahrzeug von der jeweils aktuellen Position eine festgelegte Entfernung zurückgelegt hat.
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Betriebsmodi eines Fahrerassistenzsystems können beispielsweise „aktiviert“ und „deaktiviert“ sein, wobei im Zustand „deaktiviert“ der Fahrerassistenzsysteme das Fahrzeug eine Autonomiestufe 0 hat, der Fahrer also eigenständig fährt, auch wenn unterstützende Warn- oder Interventionssysteme eingesetzt werden können. Je nach Skalierbarkeit der Unterstützung durch das jeweilige Fahrerassistenzsystem kann eine Änderung des Betriebsmodus eines Fahrerassistenzsystems die Autonomiestufe des Fahrzeugs geringer verändern, beispielsweise von Autonomiestufe 2 auf Autonomiestufe 1. In der Autonomiestufe 1 ist vorgesehen, dass das Fahrerassistenzsystem Aufgaben wie Lenk-Unterstützung und/oder Beschleunigungs- /Brems-Assistenz basierend auf Fahr- und Umgebungsinformationen ausführt, wobei der Fahrer sich um alle verbleibenden Aspekte kümmert. In der Autonomiestufe 2 ist vorgesehen, Lenk- und Beschleunigungs- oder Bremsvorgängen durch ein oder mehrere Fahrerassistenzsysteme unter Verwendung von Informationen über die Fahrumgebung eigenständig auszuführen, wobei der Fahrer sich um alle verbleibenden Aspekte kümmert. In der Autonomiestufe 3 ist vorgesehen, dass Fahrmodus-spezifisch alle Aspekte des Fahrens durch das Fahrerassistenzsystem als ein automatisiertes Fahrsystem ausgeführt werden, wobei erwartet wird, dass der Fahrer auf Anfrage des Systems angemessen reagiert. In der Autonomiestufe 4 ist vorgesehen, dass Fahrmodus-spezifisch alle Aspekte des Fahrens durch das Fahrerassistenzsystem als ein automatisiertes Fahrsystem ausgeführt werden, selbst wenn der Fahrer auf Anfrage des Systems nicht angemessen reagiert. In der Autonomiestufe 5 ist vorgesehen, dass alle Aspekte des Fahrens durch das Fahrerassistenzsystem, das hier ein automatisiertes Fahrsystem ist, ausgeführt werden.
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Die vorab festgelegte Klassifizierung des Fahrwegs wurde basierend beispielsweise auf Sensoraufnahmen dieses Fahrzeugs und/oder anderer Fahrzeuge oder anderer Informationsquellen vorab in die dem Fahrzeug als elektronische Horizont-Informationen in einem Speicher oder über ein Netzwerk zur Verfügung stehenden Daten eingepflegt. Die aktuelle Klassifizierung wird dagegen durch Auswertung von mit bordeigenen Sensoren aktuellen Klassifizierungssignalen gewonnen, beispielsweise aus Videosequenzen einer oder mehrerer Kamerasensoren, insbesondere in Fahrtrichtung, Radar, Lidar, Infrarotsensoren etc.
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Widersprechen sich die aktuelle und die vorab festgelegt Klassifizierung, wird das Fahrerassistenzsystem zumindest vorübergehend vom ersten in den zweiten Betriebsmodus geschaltet (beispielsweise von „aktiviert“ in „deaktiviert“), wobei nach Zurücklegen der festgelegten Entfernung, d. h. einer Streckenlänge, die das Fahrzeug von der aktuellen Position aus zurücklegt, wieder in den ersten Betriebsmodus geschaltet wird, es sei denn die dann aktuelle Klassifizierung begründet erneut ein Schalten in den bzw. Betreiben in dem zweiten Betriebsmodus.
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Auf diese Weise wird regelmäßig bzw. fortlaufend überprüft, ob der elektronische Horizont auch der aktuellen Umgebung entspricht, und es wird auf einfache Weise ermöglicht, dass auch komplexe Fahrerassistenzsysteme, die nur in ausgewählten Umgebungen eingesetzt werden sollen, z. B. um die Wahrscheinlichkeit möglicher Fehlfunktionen oder Sicherheitsprobleme zu minimieren, so oft und lange wie möglich eingesetzt werden können, ohne das Risiko, das Fahrerassistenzsystem bzw. einen bestimmten Betriebsmodus des Fahrerassistenzsystems auch dann zu verwenden, wenn die Umgebung ungeeignet dafür ist.
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In einer Ausführungsform des Verfahrens hängt die festgelegte Entfernung von der aktuellen Klassifizierung des Fahrwegs ab. „festgelegt“ bedeutet also festgelegt für eine bestimmte Klassifizierung des Fahrwegs. Die Klassifizierung kann sich aus unterschiedlichen Gründen ändern, die durch die Auswertung der Klassifizierungssensorsignale festgestellt werden. So kann berücksichtigt werden, dass bestimmte Gründe bestimmte räumliche Ausdehnungen vermuten lassen. Beispielsweise lässt das Detektieren einer Auffahrt auf eine Autobahn eine größere räumliche Ausdehnung vermuten als eine einzelne Person neben ihrem abgestellten Fahrzeug auf dem Standstreifen einer Autobahn. So kann die Strecke und damit auch die Fahrzeit für die Strecke, während der das Fahrerassistenzsystem vom ersten Betriebsmodus in einen anderen, den zweiten Betriebsmodus geschaltet wird, in dem es dem Fahrer möglicherweise weniger Unterstützung bereitstellt, verringert werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform zeigt die vorab festgelegte Klassifizierung des Fahrwegs eine eingeschränkt zugängliche Straße an. Insbesondere Fahrerassistenzsysteme mit einem Betriebsmodus für Fahrzeuge der Autonomiestufen 2, 3 oder noch höher funktionieren am zuverlässigsten unter derart kontrollierten Bedingungen, wie sie auf einer eingeschränkt zugängliche Straße, beispielsweise einer Autobahn oder einer Autostraße mit baulich getrennten Fahrbahnen für den Gegenverkehr herrschen.
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Wird festgestellt, dass die aktuelle Klassifizierung nicht, nicht mehr oder im Moment nicht der vorab festgelegten Klassifizierung entspricht, also ein Widerspruch zwischen den Klassifizierungen vorliegt, wird das Fahrerassistenzsystem vom ersten in einen zweiten Betriebsmodus geschaltet. Dieser Betriebsmodus wird beibehalten, zumindest bis das Fahrzeug ab der Position, ab der der Widerspruch festgestellt wurde, die vorab festgelegte Entfernung zurückgelegt hat.
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In einer beispielhaften Ausführungsform widerspricht die aktuelle Klassifizierung der vorab festgelegten Klassifizierung, wenn das Auswerten der Klassifizierungssignale ergibt, dass eine oder mehrere Personen auf dem Fahrweg detektiert wurden. Die Klassifizierungssignale werden beispielsweise von einem Kamerasensor aufgenommen, der ein Sichtfeld in Fahrtrichtung aufnimmt und als Fußgängerbereich klassifiziert, wenn darin eine Person außerhalb eines Fahrzeugs detektiert wurde. Fußgänger sind auf einer eingeschränkt zugänglichen Straße nicht vorgesehen. Aufgrund des Widerspruchs wird das Fahrerassistenzsystem in den zweiten Betriebsmodus geschaltet, bis das Fahrzeug von der aktuellen Position die festgelegte Entfernung zurückgelegt hat. Die festgelegte Entfernung beschreibt den vermuteten Fußgängerbereich und wird beispielsweise sicherheitshalber auf mindestens 200 Meter festgelegt.
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In einer weiteren beispielhaften Ausführungsform widerspricht die aktuelle Klassifizierung der vorab festgelegten Klassifizierung, wenn das Auswerten der Klassifizierungssignale ergibt, dass der Fahrweg in einen Bereich eines Kreisverkehrs, einer Einmündung oder Kreuzung mit einem weiteren Fahrweg führt. Die Klassifizierungssignale werden beispielsweise von einem Radar- oder Kamerasensor oder alternativ oder zusätzlich von anderen bordeigenen Sensoren aufgenommen. Der Sensor nimmt ein Sichtfeld in Fahrtrichtung auf, wobei dieses oder ein Teil davon als Kreuzungsbereich klassifiziert wird, wenn darin mit geeigneten Bildanalyseverfahren beispielsweise anhand von Straßenmarkierungen, Schildern und/oder der Positionen anderer Fahrzeuge ein Kreisverkehr, eine Einmündung oder eine Kreuzung detektiert wurde. Da diese auf einer eingeschränkt zugänglichen Straße nicht vorgesehen sind, wird das Fahrerassistenzsystem aufgrund des Widerspruchs in den zweiten Betriebsmodus geschaltet, bis das Fahrzeug von der aktuellen Position eine zugeordnete festgelegte Entfernung zurückgelegt hat. Die festgelegte Entfernung beschreibt den vermuteten Kreuzungsbereich und wird beispielsweise sicherheitshalber auf mindestens 400 Meter oder 500 Meter festgelegt, um auch größere Einflussbereiche berücksichtigen zu können, beispielsweise den Verzögerungs- bzw. Beschleunigungsstreifen einer Einmündung auf einer Autobahn.
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Als Hinweis, einen von Klassifizierungssignalen überwachten Bereich als Kreuzungsbereich zu klassifizieren, kann beispielsweise das Detektieren eines Stoppschildes, eines Hinweisschilds auf eine Kreuzung oder Einmündung, eines Rechtsabbiegerpfeils oder entsprechenden Hinweisschildes, einer Ampel oder eines Fußgängerüberweges behandelt werden. Es kann beispielsweise auch vorgesehen sein, einen Bereich zusätzlich oder stattdessen mit Hilfe der Detektion von Fahrbahnrändern und Fahrbahnmarkierungen zu klassifizieren. Wird beispielsweise festgestellt, dass die rechte Fahrbahnmarkierung und der Fahrbahnrand gleichzeitig in den Aufnahmen des Kamerasensors verschwinden und beispielsweise 20 bis 60 Meter weiter wieder zu detektieren sind, kann dies als das Vorliegen einer Einmündung oder Kreuzung interpretiert werden. Wird detektiert, dass die rechte Fahrbahnmarkierung sich von einer durchgezogenen Linie in eine durchbrochene Linie wandelt und gleichzeitig der Fahrbahnrand verschwindet und beispielsweise 20 bis 60 Meter weiter wieder zu detektieren ist und die Fahrbahnmarkierung sich wieder in eine durchgezogene Linie wandelt, kann dies ebenfalls als das Vorliegen einer Einmündung oder Kreuzung interpretiert werden. Auch wenn detektiert wird, dass alle Fahrbahnmarkierungen sowie der Fahrbahnrand in den Aufnahmen des Kamerasensors verschwinden und beispielsweise 20 bis 60 Meter weiter wieder zu detektieren sind, kann dies ebenfalls als das Vorliegen einer Einmündung oder Kreuzung interpretiert werden. Alternativ oder zusätzlich kann in einer Ausführungsform vorgesehen sein, das Vorliegen eines Kreuzungsbereichs anhand von weiteren Fahrbahnmarkierungen zu erkennen, beispielsweise an einer horizontalen Stopplinie und/oder Abbiegepfeilen auf der Fahrbahn. Alternativ oder zusätzlich kann auch das Fahrverhalten des Fahrzeugs analysiert werden, um daraus das Vorliegen eines Kreuzungsbereichs zu erkennen. Beispielsweise kann ein Stopp ohne Veranlassung durch ein anderes Fahrzeug auf eine Kreuzung z. B. mit einer Ampel, hindeuten. Auch eine beispielsweise mit einem Gyroskop und Beschleunigungssensoren oder auch mit Satellitennavigationsdaten (z. B. GPS-Daten, GPS - Globales Positionsbestimmungs-System) erfassbare rechtwinklige Änderung der Fahrtrichtung kann auf einen Kreuzungsbereich oder eine ansteigender oder abfallender, in einer starken Kurve verlaufender Fahrbahnverlauf kann beispielsweise auf eine Autobahnauf- oder -abfahrt hinweisen. Zusätzlich oder alternativ kann es auch vorgesehen sein, die Positionen und das Verhalten anderer Fahrzeuge auszuwerten, um auf das Vorliegen eines Kreuzungsbereichs zu schließen. So kann ein Bereich, in dem andere Fahrzeuge den Fahrweg des Fahrzeugs kreuzen oder abbiegen, als Kreuzungsbereich klassifiziert werden. Auch die Auswertung der Anordnung geparkter Fahrzeuge kann zur Detektion einer Einmündung oder Kreuzung verwendet werden.
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In noch einer weiteren beispielhaften Ausführungsform widerspricht die aktuelle Klassifizierung der vorab festgelegten Klassifizierung, wenn das Auswerten der Klassifizierungssignale ergibt, dass der Fahrweg zumindest eine nicht durch eine bauliche Maßnahme vom übrigen Fahrweg getrennte Fahrspur für Fahrzeuge im Gegenverkehr umfasst. Die Klassifizierungssignale werden beispielsweise von einem Kamerasensor und/oder Radarsensor etc. aufgenommen, der ein Sichtfeld in Fahrtrichtung aufnimmt und als Gegenverkehrsbereich klassifiziert, wenn darin eine benachbarte Fahrspur mit entgegenkommenden Fahrzeugen detektiert wurde (beispielsweise anhand erkannter Fahrbahnmarkierungen und bekannter ungefährer Breite einer Fahrspur), ohne dass eine bauliche Einrichtung detektiert wird, die die benachbarte Fahrspur abtrennt. Gegenverkehr ohne bauliche Trennung der Fahrspur bzw. Fahrspuren für den Gegenverkehr ist auf einer eingeschränkt zugänglichen Straße nicht vorgesehen. Aufgrund des Widerspruchs wird das Fahrerassistenzsystem in den zweiten Betriebsmodus geschaltet, bis das Fahrzeug von der aktuellen Position die festgelegte Entfernung zurückgelegt hat. Die festgelegte Entfernung beschreibt den vermuteten Gegenverkehrsbereich und wird beispielsweise sicherheitshalber auf mindestens 400 Meter festgelegt, wobei sich der Gegenverkehrsbereich immer weiter verlängert, solange kein bauliches Trennmittel, d. h. beispielsweise eine Leitplanke, eine Mauer o.ä., also nicht nur eine Markierung auf der Straße, detektiert wird.
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In noch einer weiteren beispielhaften Ausführungsform widerspricht die aktuelle Klassifizierung der vorab festgelegten Klassifizierung, wenn das Auswerten der Klassifizierungssignale ergibt, dass eines oder mehrere Verkehrszeichen einen Bereich des Fahrwegs ankündigen, der keine eingeschränkt zugängliche Straße ist. Die Klassifizierungssignale werden beispielsweise von einem Kamerasensor aufgenommen, der ein Sichtfeld in Fahrtrichtung aufnimmt und als Ausnahmebereich klassifiziert, wenn darin ein Anzeichen detektiert wird, das auf einer eingeschränkt zugänglichen Straße nicht möglich oder unwahrscheinlich anzutreffen ist. Aufgrund des Widerspruchs wird das Fahrerassistenzsystem in den zweiten Betriebsmodus geschaltet, bis das Fahrzeug von der aktuellen Position die festgelegte Entfernung zurückgelegt hat. Die festgelegte Entfernung beschreibt den vermuteten Ausnahmebereich und wird beispielsweise in Abhängigkeit von dem detektierten Ausnahmeanzeichen oder sicherheitshalber auf mindestens 400 Meter festgelegt. Derartige Ausnahmeanzeichen können beispielsweise bestimmte Verkehrsschilder und Fahrbahnmarkierungen sein, wobei Schilder und Fahrbahnmarkierungen, die einen Kreuzungsbereich anzeigen, auch einen Ausnahmebereich anzeigen können, ebenso weitere Schilder und Markierungen. Mit anderen Worten, ein Bereich kann sowohl als Ausnahmebereich als auch beispielsweise als Kreuzungsbereich oder auch Fußgängerbereich klassifiziert werden. Steht eine der Klassifizierungen im Widerspruch zur Klassifizierung als eingeschränkt zugängliche Straße, wird das Fahrassistenzsystem in den zweiten Betriebsmodus geschaltet. Ausnahmeanzeichen sind beispielsweise das Detektieren eines Stoppschildes und/oder einer Stopplinie, einer Ampel, eines Fußgängerüberwegs und/oder eines Warnschildes, das auf einen Fußgängerüberweg oder allgemein auf Fußgänger hinweist. Auch Geschwindigkeitsbegrenzungsschilder, die die erlaubte Geschwindigkeit auf eine auf Autobahnen oder Autostraßen unübliche Geschwindigkeit reduzieren, deuten mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine zumindest aktuell nicht nur eingeschränkt zugängliche Straße hin. In der Europäischen Union kann beispielsweise eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf weniger als 60 Kilometer pro Stunde als Ausnahmeanzeichen behandelt werden, in den USA beispielsweise eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf weniger als 35 Meilen pro Stunde. Als Ausnahmeanzeichen wird beispielsweise auch das Detektieren eines Schildes gewertet, das das Ende einer Autobahn ankündigt, aber auch Durchfahrt-Verboten-Schilder und Kreisverkehre.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Betreiben des Fahrerassistenzsystems, dass wenn das Fahrerassistenzsystem in dem ersten Betriebsmodus betrieben wird, das Fahrzeug einem autonom fahrenden Fahrzeug mit einer höheren Autonomiestufe entspricht als wenn das Fahrerassistenzsystem in dem zweiten Betriebsmodus betrieben wird. Dies bietet den Vorteil, dass sichergestellt ist, dass immer dann, wenn die aktuelle Klassifizierung von der vorab festgelegten Klassifizierung abweicht, das Fahrzeug in einer Autonomiestufe betrieben wird, die mehr Eingriffsmöglichkeiten für den Fahrer vorsieht, da es weniger weitgehende Unterstützung durch Fahrerassistenzsysteme vorsieht. Dies erhöht die Betriebssicherheit, da somit meist auch weniger Anforderungen an die Fahrerassistenzsysteme gestellt sind und die Steuerung weniger komplex und potentiell weniger fehleranfällig ist. Beispielsweise befindet sich ein Fahrzeug, bei dem das Fahrerassistenzsystem im zweiten Betriebsmodus deaktiviert ist, in einer geringeren Autonomiestufe als wenn das Fahrzeugassistenzsystem in dem ersten Betriebsmodus aktiviert ist, unabhängig davon, in welche Autonomiestufe das Fahrzeug durch die Aktivierung des Fahrerassistenzsystems versetzt wird.
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In einer beispielhaften Ausführungsform entspricht, wenn das Fahrerassistenzsystem in dem ersten Betriebsmodus betrieben wird, das Fahrzeug einem autonom fahrenden Fahrzeug der Autonomiestufe 2 oder höher. In der Autonomiestufe 2 übernimmt das Fahrerassistenzsystem bzw. übernehmen die Fahrerassistenzsysteme zeitweise die Steuerung des dann autonom fahrenden Fahrzeugs, d. h. die Unterstützung geht über das bloße Erleichtern der Steuerung durch den Fahrer hinaus. In der Autonomiestufe 2 ist vorgesehen, Lenk- und Beschleunigungs- und/oder Bremsvorgänge durch ein oder mehrere Fahrerassistenzsysteme unter Verwendung von Informationen über die Fahrumgebung eigenständig auszuführen, wobei der Fahrer sich um alle verbleibenden Aspekte kümmert. Diese weitreichende Unterstützung birgt bei Fehlfunktionen auch eine Gefahr für die Fahrzeuginsassen oder andere Verkehrsteilnehmer, weswegen sie nur in Umgebungen eingesetzt werden sollte, für die die Fahrerassistenzsysteme optimiert wurden. Sobald durch einen Widerspruch zwischen den Klassifizierungen eine Abweichung festgestellt wird, ist sichergestellt, dass das Fahrzeug auf einer Autonomiestufe betrieben wird, die eine verringerte Fehleranfälligkeit verspricht bzw. auf der die Auswirkungen einer Fehlfunktion auf die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer geringer ist, z. B. indem der Fahrer wieder stärker in die Steuerung des Fahrzeugs eingebunden wird.
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In einer weiteren beispielhaften Ausführungsform umfasst das Betreiben des Fahrerassistenzsystems in dem zweiten Betriebsmodus, das Fahrerassistenzsystem zumindest zeitweise zu deaktivieren. In diesem Betriebsmodus befindet sich das Fahrzeug in der Autonomiestufe 0, d. h. der Fahrer fährt eigenständig, auch wenn unterstützende Warn- oder Interventionssysteme eingesetzt werden können. Dies kann hilfreich sein, selbst wenn das Fahrerassistenzsystem in mehr als zwei Betriebsmodi betrieben werden kann, wenn beispielsweise zwar ein Widerspruch zwischen der aktuellen und der vorab festgelegten Klassifizierung des Fahrwegs festgestellt wird, aber für das Schalten in einen anderen „aktiv“-Betriebsmodus als den gerade aktuellen auch eine sichere Klassifizierung des Fahrwegs erforderlich ist, d. h. nicht nur eine Feststellung, dass es gerade einen Widerspruch zu einer Voraussetzung für die vorab festgelegte Klassifizierung gibt, sondern auch eine sichere Feststellung, dass alle Voraussetzungen für den weiteren „aktiv“-Betriebsmodus erfüllt sind. Eine Deaktivierung des Fahrerassistenzsystems überträgt hier zur Sicherheit wieder dem Fahrer die volle Kontrolle über das Fahrzeug, damit dieser alle Möglichkeiten hat, auf die Situation zu reagieren.
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Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung umfasst eine Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs eine programmierbare Einrichtung, die zumindest einen Prozessoreinheit und eine Speichereinheit aufweist, wobei die Speichereinheit elektronische Horizont-Informationen zu einem Fahrweg des Fahrzeugs aufweist. Die Steuervorrichtung umfasst außerdem mindestens eine bordeigene Sensoreinrichtung des Fahrzeugs, eingerichtet zum Erfassen von aktuellen Klassifizierungssignalen an einer jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs. Zudem umfasst die Speichereinheit außerdem Codeanteile, die, wenn sie von der Prozessoreinheit ausgeführt werden, die Steuervorrichtung veranlassen, ein Verfahren gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung auszuführen. Somit werden die Vorteile und Besonderheiten des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems eines auch im Rahmen einer geeigneten Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs umgesetzt. Die Speichereinheit kann aus einem oder mehreren Speichern bestehen, beispielsweise können die elektronischen Horizont-Informationen und die Codeanteile, die von der Prozessoreinheit geladen und ausgeführt werden können, in demselben oder unterschiedlichen Speichern der Speichereinheit gespeichert sein. Die Prozessoreinheit kann einen oder mehrere Prozessoren oder Prozessorkerne umfassen.
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Gemäß einem dritten Aspekt der Erfindung weist ein Fahrzeug mindestens ein Fahrerassistenzsystem, das eingerichtet ist, ein zumindest zeitweise autonomes Fahren des Fahrzeugs zu ermöglichen, sowie eine Steuervorrichtung gemäß dem zweiten Aspekt der Erfindung zum Steuern eines Betriebs des Fahrerassistenzsystems auf. Somit werden die Vorteile und Besonderheiten der erfindungsgemäßen Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems und somit des Verfahrens zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems auch im Rahmen eines geeigneten Fahrzeugs umgesetzt.
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Weitere Vorteile der vorliegenden Erfindung sind aus der detaillierten Beschreibung und den Abbildungen ersichtlich. Die Erfindung wird nachstehend auch im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen mit Bezug auf die begleitenden Abbildungen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Beispiels eines Fahrzeugs mit einer Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
- 2 eine schematische Darstellung eines Beispiels eines Verfahrens zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung;
- 3 eine schematische Darstellung eines Beispiels eines als Fußgängerbereich klassifizierten Fahrwegs;
- 4 eine schematische Darstellung eines ersten Beispiels eines als Kreuzungsbereich klassifizierten Fahrwegs;
- 5 eine schematische Darstellung eines zweiten Beispiels eines als Kreuzungsbereich klassifizierten Fahrwegs;
- 6 eine schematische Darstellung eines Beispiels eines als Gegenverkehrsbereich mit baulich getrennten Fahrbahnen klassifizierten Fahrwegs; und
- 7 eine schematische Darstellung eines Beispiels eines als Gegenverkehrsbereich ohne baulich getrennte Fahrbahnen klassifizierten Fahrwegs.
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Es versteht sich, dass andere Ausführungsformen benutzt und strukturelle oder logische Änderungen vorgenommen werden können, ohne von dem Schutzumfang der vorliegenden Erfindung abzuweichen. Es versteht sich, dass die Merkmale der vorstehend und nachstehend beschriebenen verschiedenen beispielhaften Ausführungsformen miteinander kombiniert werden können, sofern nicht spezifisch anders angegeben. Die Beschreibung ist deshalb nicht in einschränkendem Sinne aufzufassen, und der Schutzumfang der vorliegenden Erfindung wird durch die angefügten Ansprüche definiert.
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In 1 wird eine schematische Darstellung eines Beispiels eines Fahrzeugs mit einer Steuervorrichtung zum Steuern eines Betriebs eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs gemäß einer Ausführungsform der Erfindung gezeigt. Das Fahrzeug 100 weist ein Fahrerassistenzsystem 110 auf, das eingerichtet ist, ein zumindest zeitweise autonomes Fahren des Fahrzeugs 100 zu ermöglichen. Das Fahrzeug 100 weist außerdem eine Steuervorrichtung 120 zum Steuern eines Betriebs des Fahrerassistenzsystems 110 auf. Hierzu umfasst die Steuervorrichtung 120 eine programmierbare Einrichtung 121, die eine Prozessoreinheit 122 und eine Speichereinheit 123 aufweist. Die Speichereinheit 123 hat elektronische Horizont-Informationen zu einem Fahrweg des Fahrzeugs 100, d. h. zumindest zu dem aktuell von dem Fahrzeug 100 befahrenen Fahrweg, gespeichert. Die Steuervorrichtung 120 umfasst außerdem eine bordeigene Sensoreinrichtung 124 des Fahrzeugs 100. Hierzu ist die Sensoreinrichtung 124, wie in 1 gezeigt, ein Teil der Steuervorrichtung 120. Alternativ kann die Sensoreinrichtung 124 auch mit der Steuervorrichtung 120 verbunden sein. Die Sensoreinrichtung 124, bei der es sich beispielsweise um mindestens einen Kamerasensor, insbesondere um eine Kamera mit Sichtfeld in Fahrtrichtung, handelt, ist eingerichtet zum Erfassen von aktuellen Klassifizierungssignalen. Dies können beispielsweise die Kameraaufnahmen des Kamerasensors sein. Die Klassifizierungssignale werden an einer jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs 100 generiert, beispielsweise durch fortlaufende Videoaufnahmen während der Fahrt. In der Speichereinheit 123 sind außerdem Codeanteile gespeichert, die, wenn sie von der Prozessoreinheit 122 geladen und ausgeführt werden, die Steuervorrichtung 120 veranlassen, das erfindungsgemäße Verfahren auszuführen, insbesondere die in 2 gezeigte Ausführungsform des Verfahrens.
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In 2 ist ein Beispiel eines Verfahrens zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems eines Fahrzeugs gemäß einer Ausführungsform der Erfindung schematisch dargestellt. Das Verfahren 200 beginnt in einem Startzustand 201, in dem das Fahrzeug in Betrieb gesetzt ist oder wird und ein beabsichtigter Fahrweg festgelegt wird. Das Verfahren 200 umfasst dann ein Bereitstellen 202 von elektronischen Horizont-Informationen zumindest zu dem Fahrweg des Fahrzeugs. In einem nächsten Schritt erfolgt ein Betreiben 203 des Fahrerassistenzsystems oder auch mehrerer Fahrerassistenzsysteme des Fahrzeugs an der jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs auf dem Fahrweg, die fortlaufend oder regelmäßig erfasst wird, in einem ersten Betriebsmodus abhängig von einer zugehörigen in den elektronischen Horizont-Informationen vorab festgelegten Klassifizierung des Fahrwegs, d. h. abhängig von der für die gerade aktuelle Position vorab festgelegten Klassifizierung. Die Klassifizierung muss also nicht einheitlich für den gesamten Fahrweg vorab festgelegt sein, sondern zu jeder Position auf dem Fahrweg, soweit er im elektronischen Horizont berücksichtigt ist, kann eine vorab festgelegte Klassifizierung verfügbar sein, die sich für unterschiedliche Positionen aber unterscheiden kann. In einem weiteren Schritt des Verfahrens 200, der zeitlich auch parallel zum Betreiben 203 des Fahrerassistenzsystems erfolgen kann, erfolgt zusätzlich ein Erfassen 204 von aktuellen Klassifizierungssignalen durch mindestens eine bordeigene Sensoreinrichtung des Fahrzeugs, beispielsweise Radar, LIDAR oder eine Kameraeinrichtung, die insbesondere ein Sichtfeld in Fahrtrichtung aufnimmt, an der jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs. In einem nächsten Schritt erfolgt ein Ermitteln 205 einer aktuellen Klassifizierung des Fahrwegs durch Auswerten der aktuellen Klassifizierungssignale. Vorzugsweise erfolgt die Auswertung fortlaufend oder regelmäßig in kurzen Abständen, um für jede Position des Fahrzeugs eine hinreichend aktuelle Klassifizierung des Fahrwegs bereitzustellen. Wenn dann in einem nächsten Schritt ein Überprüfen 206 der Klassifizierungen ergibt, dass die aktuelle Klassifizierung der vorher festgelegten Klassifizierung widerspricht (in 2 mit „+“ gekennzeichnet), erfolgt ein Betreiben 207 des Fahrerassistenzsystems in einem zweiten Betriebsmodus abhängig von der aktuellen Klassifizierung anstatt abhängig von der vorher festgelegten Klassifizierung, wobei in einem nächsten Schritt ein Überprüfen 208 erfolgt, ob das Fahrzeug von der jeweils aktuellen Position eine festgelegte Entfernung zurückgelegt hat. Solange dies noch nicht der Fall ist (in 2 mit „-“ gekennzeichnet), wird das das Fahrerassistenzsystem weiter in dem zweiten Betriebsmodus betrieben 207. Hat das Fahrzeug von der jeweils aktuellen Position aus, d. h. von der am Beginn der Überprüfung aktuellen Position aus die festgelegte Entfernung zurückgelegt (in 2 mit „+“ gekennzeichnet) oder wurde beim Überprüfen 206 der Klassifizierungen nicht festgestellt, dass die aktuelle Klassifizierung der vorher festgelegten Klassifizierung widerspricht (in 2 mit „-“ gekennzeichnet), wird das Fahrerassistenzsystem an der jeweils aktuellen Position des Fahrzeugs auf dem Fahrweg in dem ersten Betriebsmodus abhängig von einer zugehörigen in den elektronischen Horizont-Informationen vorab festgelegten Klassifizierung des Fahrwegs betrieben 203, d. h. vom zweiten Betriebszustand wird wieder in den Ersten gewechselt bzw. der erste Betriebszustand wird beibehalten, wenn das Fahrerassistenzsystem bereits in diesem betrieben wurde. Das Verfahren wird fortgesetzt und erst beendet, wenn beispielsweise das Fahrzeug deaktiviert wird oder der elektronische Horizont für den aktuell gewählten Fahrweg keine Informationen bereitstellen kann.
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Es versteht sich, dass Verfahrensschritte, obwohl gemäß einer gewissen geordneten Reihenfolge beschrieben, zum Teil in einer anderen als der hier beschriebenen Reihenfolge ausgeführt werden könnten. Es versteht sich weiterhin, dass gewisse Schritte gleichzeitig oder nacheinander, einfach oder mehrfach durchgeführt werden können, dass andere Schritte hinzugefügt werden könnten oder dass gewisse, hier beschriebene Schritte weggelassen werden könnten. Mit anderen Worten: Es werden die vorliegenden Beschreibungen zum Zwecke der Veranschaulichung bestimmter Ausführungsformen bereitgestellt und sollten nicht als Beschränkung des offenbarten Gegenstands aufgefasst werden.
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Insbesondere Fahrerassistenzsysteme, die einen ersten Betriebsmodus bereitstellen, in dem sie ein hohes Maß an Unterstützung für den Fahrer bereitstellen und ermöglichen, dass das Fahrzeug zumindest zeitweise autonom gesteuert wird, können optimiert für bestimmte Umgebungen sein, insbesondere für eingeschränkt zugängliche Straßen, beispielsweise Autobahnen oder Autostraßen. Handelt es sich nicht um eine eingeschränkt zugängliche Straße, wird in einen zweiten Betriebsmodus geschaltet, in dem die Fahrerassistenzsysteme deaktiviert oder in einem weniger fehleranfälligen Modus betrieben werden. Ist ein Fahrweg als eingeschränkt zugängliche Straße klassifiziert, sind dort beispielsweise keine Fußgänger vorgesehen, keine Kreuzungen oder Einmündungen und kein Gegenverkehr, wenn dieser nicht durch eine bauliche Barriere vom übrigen Verkehr getrennt ist.
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In 3 wird hierzu eine schematische Darstellung eines Beispiels eines als Fußgängerbereich klassifizierten Fahrwegs gezeigt. Der gezeigte Fahrweg 301 ist im elektronischen Horizont des Fahrzeugs 300, das den Fahrweg 301 befährt, vorab als eingeschränkt zugängliche Straße klassifiziert. Dabei handelt es sich um eine Autobahn mit drei Fahrspuren in einer Richtung. Das Fahrzeug 300 verfügt über einen Kamerasensor (nicht gezeigt), dessen Sichtfeld 302 (in 3 nur bezüglich des Fahrwegs 301 gezeigt) einen Abschnitt des Fahrwegs beinhaltet. Die Kameraaufnahmen als aktuelle Klassifizierungssignale werden von der Steuereinrichtung (nicht gezeigt) ausgewertet und mindestens eine der Personen 303, 304, 305 wird in den Kameraaufnahmen als Fußgänger auf dem Fahrweg detektiert. Der Grund für Fußgänger auf dem Fahrweg kann beispielsweise eine im elektronischen Horizont nicht berücksichtigte Baustelle oder Unfallstelle sein, wobei es sich bei den Personen beispielsweise um Polizisten, Bauarbeiter oder Unfallhelfer oder Unfall-Betroffene handeln kann. Die Detektion zumindest einer der Personen 303, 304, 305 auf dem Fahrweg führt dazu, dass ein gesamter Bereich des Fahrwegs die aktuelle Klassifizierung Fußgängerbereich 306 erhält. Wird der Widerspruch zur vorab festgelegten Klassifizierung als eingeschränkt zugängliche Straße festgestellt, werden die Fahrerassistenzsysteme sicherheitshalber im zweiten Betriebsmodus betrieben oder deaktiviert.
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In 4 wird außerdem eine schematische Darstellung eines ersten Beispiels eines als Kreuzungsbereich klassifizierten Fahrwegs 401 gezeigt. In Kameraaufnahmen wird dieser Abschnitt mit Hilfe der Detektion von Fahrbahnrändern und Fahrbahnmarkierungen als Kreuzungsbereich klassifiziert, wobei der Begriff Kreuzungsbereich als Bezeichnung für jede Art von Kreuzung, Einmündung, Abzweigung etc. verwendet wird. Wenn festgestellt wird, dass die rechte Fahrbahnmarkierung 402 und der rechte Fahrbahnrand 403 gleichzeitig in den Aufnahmen des Kamerasensors verschwinden und beispielsweise 20 bis 60 Meter weiter sowohl die rechte Fahrbahnmarkierung 402 als auch der rechte Fahrbahnrand 403 wieder zu detektieren sind, wird dies als das Vorliegen einer Einmündung oder Kreuzung interpretiert.
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Zusätzlich wird in 5 eine schematische Darstellung eines zweiten Beispiels eines als Kreuzungsbereich klassifizierten Fahrwegs gezeigt. Neben der Detektion der Fahrbahnränder kann zur Klassifizierung des Fahrwegs als Kreuzungsbereich beispielsweise auch ein Richtungspfeil auf einer Fahrspur für Rechtsabbieger 501 oder ein Richtungspfeil auf einer Fahrspur für Linksabbieger 502 oder eine Haltelinie quer zur Fahrtrichtung 503, 504, 505, 506 dienen. Ebenso kann beispielsweise das Detektieren eines Stoppschildes, eines Hinweisschildes auf eine Kreuzung oder Einmündung, eines Rechtsabbiegerpfeils oder entsprechenden Hinweisschildes, einer Ampel oder eines Fußgängerüberweges (nicht gezeigt) zur Klassifizierung des Fahrwegs als Kreuzungsbereich dienen.
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Ein Beispiel für einen Fahrweg, der als eingeschränkt zugängliche Straße klassifiziert wird, ist in 6 gezeigt. 6. zeigt eine schematische Darstellung eines Beispiels eines als Gegenverkehrsbereich mit baulich getrennten Fahrbahnen klassifizierten Fahrwegs. Da die Fahrbahn 601 und die Fahrbahn für den Gegenverkehr 602 baulich durch eine Barriere 603 getrennt sind, steht die aktuelle Klassifizierung als Gegenverkehrsbereich mit baulich getrennten Fahrbahnen nicht im Widerspruch zur Klassifizierung als eingeschränkt zugängliche Straße. Im Gegensatz dazu ist in 7 eine schematische Darstellung eines Beispiels eines als Gegenverkehrsbereich ohne baulich getrennte Fahrbahnen klassifizierten Fahrwegs gezeigt. Die linke Fahrbahn 701 mit den entgegenkommenden Fahrzeugen 702, 703 ist von der rechten Fahrbahn 704 lediglich durch eine Fahrbahnmarkierung 705 getrennt. Die aktuelle Klassifizierung des Fahrwegs als Gegenverkehrsbereich ohne baulich getrennte Fahrbahnen steht im Widerspruch zu einer Klassifizierung als eingeschränkt zugängliche Straße.
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Die Figuren sind nicht notwendigerweise detailgetreu und maßstabsgetreu und können vergrößert oder verkleinert dargestellt sein, um einen besseren Überblick zu bieten. Daher sind hier offenbarte funktionale Einzelheiten nicht einschränkend zu verstehen, sondern lediglich als anschauliche Grundlage, die dem Fachmann auf diesem Gebiet der Technik Anleitung bietet, um die vorliegende Erfindung auf vielfältige Weise einzusetzen.
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Der hier verwendete Ausdruck „und/oder“, wenn er in einer Reihe von zwei oder mehreren Elementen benutzt wird, bedeutet, dass jedes der aufgeführten Elemente alleine verwendet werden kann, oder es kann jede Kombination von zwei oder mehr der aufgeführten Elementen verwendet werden. Wird beispielsweise eine Zusammensetzung beschrieben, dass sie die Komponenten A, B und/oder C, enthält, kann die Zusammensetzung A alleine; B alleine; C alleine; A und B in Kombination; A und C in Kombination; B und C in Kombination; oder A, B, und C in Kombination enthalten.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausführungsbeispiele näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Die Erfindung soll daher nicht auf einzelne Ausführungsformen beschränkt sein, sondern lediglich durch die beigefügten Ansprüche.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Fahrzeug
- 110
- Fahrerassistenzsystem
- 120
- Steuervorrichtung
- 121
- programmierbare Einrichtung
- 122
- Prozessoreinheit
- 123
- Speichereinheit
- 124
- Sensoreinrichtung
- 200
- Verfahren zum Betreiben eines Fahrerassistenzsystems
- 201
- Startzustand
- 202
- Bereitstellen von elektronischen Horizont-Informationen
- 203
- Betreiben des Fahrerassistenzsystems in einem ersten Betriebsmodus
- 204
- Erfassen von aktuellen Klassifizierungssignalen
- 205
- Ermitteln einer aktuellen Klassifizierung des Fahrwegs
- 206
- Überprüfen, ob die aktuelle Klassifizierung der vorab festgelegten Klassifizierung widerspricht
- 207
- Betreiben des Fahrerassistenzsystems im zweiten Betriebsmodus
- 208
- Überprüfen, ob das eine festgelegte Entfernung zurückgelegt hat
- 300
- Fahrzeug
- 301
- Fahrweg
- 302
- Sichtfeld des Kamerasensors
- 303
- Person
- 304
- Person
- 305
- Person
- 306
- Fußgängerbereich
- 401
- Fahrweg
- 402
- rechte Fahrbahnmarkierung
- 403
- rechter Fahrbahnrand
- 501
- Richtungspfeil auf einer Fahrspur für Rechtsabbieger
- 502
- Richtungspfeil auf einer Fahrspur für Linksabbieger
- 503
- Haltelinie quer zur Fahrtrichtung
- 504
- Haltelinie quer zur Fahrtrichtung
- 505
- Haltelinie quer zur Fahrtrichtung
- 506
- Haltelinie quer zur Fahrtrichtung
- 601
- Fahrbahn
- 602
- Fahrbahn für den Gegenverkehr
- 603
- Barriere
- 701
- linke Fahrbahn
- 702
- entgegenkommendes Fahrzeug
- 703
- entgegenkommendes Fahrzeug
- 704
- rechte Fahrbahn
- 705
- Fahrbahnmarkierung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 3073224 A1 [0004]
- US 20170001564 A1 [0005]
- US 9423260 B2 [0006]