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Die vorliegende Erfindung betrifft einen TLR7/8-Inhibitor zur Reduktion der Knochenresorption, insbesondere bei chronischen Gelenkerkrankungen sowie eine pharmazeutische Zusammensetzung umfassend den Inhibitor. Die Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Prognose der Schwere des Krankheitsverlaufs der rheumatoiden Arthritis eines Patienten.
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Knochenresorption wird durch Osteoklasten vermittelt und spielt eine wichtige Rolle bei verschiedenen Erkrankungen. Insbesondere im Zusammenhang mit Gelenkerkrankungen ist ein negativer Einfluss der Knochenresorption beschrieben worden. Dies betrifft akute Gelenkerkrankungen wie die Arthritis, aber insbesondere auch chronische Gelenkerkrankungen wie die rheumatoide Arthritis (RA) und die Arthrose. Auch bei anderen Erkrankungen wie beispielsweise der Parodontitis oder bei schlecht oder nicht anwachsenden Implantaten spielt übermäßige Knochenresorption eine wichtige Rolle.
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Chronische Gelenkerkrankungen (Arthropathien) sind die häufigsten chronischen Erkrankungen älterer Individuen in Deutschland. Die Pathologie von Arthropathien ist komplex und multifaktoriell, aber die Pathogenese beinhaltet generell eine Entzündung der Gelenke, die von Knochenresorption begleitet wird und zu chronischen Schmerzen und physischen Beeinträchtigungen führt. Zwei der häufigsten Arten von Arthropathien sind die rheumatoide Arthritis und die Arthrose.
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Rheumatoide Arthritis ist durch Infiltration von Immunzellen in die Synovialflüssigkeit gekennzeichnet, wodurch es zu lokaler Entzündung und Knochenresorption kommt. Arthrose wird durch tägliche Abnutzung der Gelenke oder durch traumatische Schäden hervorgerufen. Ältere Menschen sind daher am häufigsten betroffen. Die Hälfte aller Frauen und ein Drittel aller Männer entwickeln nach dem 60. Lebensjahr eine Arthrose. Zurzeit gibt es für keine der genannten Erkrankungen eine kurative Behandlung. Heutige Therapien zielen allein auf Schmerzlinderung und eine Beibehaltung der Mobilität der Patienten.
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Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde Stoffe zur kurativen Behandlung von Erkrankungen bereitzustellen, die mit einer übermäßigen Knochenresorption einhergehen. Solche Erkrankungen sind insbesondere akute oder chronische Gelenkerkrankungen sowie Parodontitis und Störungen des Anwachsens von Implantaten. Der vorliegenden Erfindung liegt insbesondere die Aufgabe zugrunde, die mit den Erkrankungen einhergehende Knochenresorption zu reduzieren.
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Die Aufgabe wird durch die Gegenstände der Patentansprüche gelöst.
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Die Aufgabe wird insbesondere gelöst durch einen TLR7/8-Inhibitor zur Verwendung zur Reduktion der Knochenresorption bei Erkrankungen, die mit einer übermäßigen Knochenresorption einhergehen, insbesondere bei Erkrankungen, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus chronischen Gelenkerkrankungen, akuten Gelenkerkrankungen und Parodontitis, und/oder bei Störungen des Anwachsens von Implantaten.
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TLRs (toll-like receptors) bilden eine Familie von Rezeptoren, die zur Gruppe der Typ I Transmembran-Glycoproteine gehören. Bislang wurden 13 TLRs identifiziert, von denen die TLRs 1 bis 10 im Menschen exprimiert werden. Von besonderem Interesse sind TLR7 und TLR8, die aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten generell gemeinsam als TLR7/8 adressiert werden. TLR7/8 sind endosomale Rezeptoren, insbesondere für einzelsträngige RNA (ssRNA (englisch: single stranded RNA)).
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Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass TLR7/8 entscheidend zur Osteoklastendifferenzierung und somit zur Knochenresorption, insbesondere bei chronischen Gelenkerkrankungen, beiträgt, so dass eine Inhibition von TLR7/8 zur Reduktion der Knochenresorption verwendet werden kann. Insbesondere kann TLR7/8 erfindungsgemäß direkt durch entsprechende direkte Inhibitoren wie beispielsweise ODN 2087 oder indirekt, beispielsweise durch Inhibition von miR-574-5p, inhibiert werden.
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miR-574-5p gehört zur Klasse der sogenannten microRNAs (miRs), einer Klasse kleiner, nichtkodierender RNAs mit Funktion in der Genregulation. Extrazelluläre miRs werden in sogenannten kleinen extrazellulären Vesikeln (sEVs, für englisch: „small extracellular vesicles“) in humane Körperflüssigkeiten wie die Synovialflüssigkeit sezerniert, so dass sie vor dem Abbau durch Ribonukleasen geschützt sind (Cheng L., Sharples R. A., Scicluna B. J. and Hill A. F. (2014). „Exosomes provide a protective and enriched source of miRNA for biomarker profiling compared to intracellular and cell-free blood." J Extracell Vesicles 3).
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Funktionell lassen sich zwei grundlegend verschiedene Hauptwirkungsweisen von miRs unterscheiden. Zum einen binden miRs in einer sequenzabhängigen Weise an ihre Ziel-mRNA und sorgen für deren translationale Repression oder Degradation (
Ambros V. (2004). „The functions of animal microRNAs." Nature 431: 350-355; Lytle J. R., Yario T. A. and Steitz J. A. (2007). „Target mRNAs are repressed as efficiently by microRNA-binding sites in the 5' UTR as in the 3' UTR." Proceedings of the National Academy of Sciences 104: 9667-9672). Zum anderen können miRs aber auch die Genexpression aktivieren, indem sie an RNA-Bindungs-Proteine binden und deren Funktionen inhibieren (
Eiring A. M., Harb J. G., Neviani P., Garton C., Oaks J. J., Spizzo R., Liu S., Schwind S., Santhanam R., Hickey C. J., Becker H., Chandler J. C., Andino R., Cortes J., Hokland P., Huettner C. S., Bhatia R., Roy D. C., Liebhaber S. A., Caligiuri M. A., Marcucci G., Garzon R., Croce C. M., Calin G. A. and Perrotti D. (2010). „miR-328 functions as an RNA decoy to modulate hnRNP E2 regulation of mRNA translation in leukemic blasts.“ Cell 140(5): 652-665;
Saul M. J., Baumann I., Bruno A., Emmerich A. C., Wellstein J., Ottinger S. M., Contursi A., Dovizio M., Donnini S., Tacconelli S., Raouf J., Idborg H., Stein S., Korotkova M., Savai R., Terzuoli E., Sala G., Seeger W., Jakobsson P. J., Patrignani P., Suess B. and Steinhilber D. (2019). „miR-574-5p as RNA decoy for CUGBP1 stimulates human lung tumor growth by mPGES-1 induction.“ Faseb j: fj201802547R.). Kürzlich wurde die Aktivierung von TLR7/8 („Toll-like receptor 7/8“) als alternative Wirkungsweise der beiden miRs miR-29b und miR-21 im Zusammenhang mit Lungenkrebs beschrieben (
Fabbri M., Paone A., Calore F., Galli R., Gaudio E., Santhanam R., Lovat F., Fadda P., Mao C., Nuovo G. J., Zanesi N., Crawford M., Ozer G. H., Wernicke D., Alder H., Caligiuri M. A., Nana-Sinkam P., Perrotti D. and Croce C. M. (2012). „MicroRNAs bind to Toll-like receptors to induce prometastatic inflammatory response.“ Proc Natl Acad Sci USA 109: E2110-2116;
Salvi V., Sozzani S., Bosisio D., Salvi V., Gianello V., Busatto S., Bergese P., Andreoli L., Oro U. D., Zingoni A., Tincani A., Sozzani S. and Bosisio D. (2018). „Exosome-delivered microRNAs promote IFN- a secretion by human plasmacytoid DCs via TLR7.“ JCI Insight 3). Auch miR-574-5p wurde bereits als TLR7/8-Ligand identifiziert (
WO 2017/079983 A1 ).
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Eine Rolle von miRs bei der Knochenresorption bei chronischen Gelenkerkrankungen war jedoch bislang nicht bekannt. Insbesondere war auch nicht bekannt, dass EV-vermittelte miRs ähnlich wie ein Hormon wirken können.
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Vorliegend wurde gefunden, dass miR-574-5p eine entscheidende Rolle im Zusammenhang mit Knochenresorption, insbesondere bei chronischen Gelenkerkrankungen, spielt. miR-574-5p aus sEVs aus der Synovialflüssigkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis führt über eine Aktivierung von TLR7/8 zu einer gesteigerten Osteoklastendifferenzierung, wie im Beispielteil im Detail erläutert. Dies ist insbesondere auch deshalb überraschend, da bislang von einer Inhibition der Osteoklastendifferenzierung durch TLR7/8-Agonisten ausgegangen worden war (Miyamoto A. et al (2012) R848, a toll-like receptor 7 agonist, inhibits osteoclast differentiation but not survival or bone-resorbing function of mature osteoclasts).
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Die vorliegende Erfindung betrifft somit einen TLR7/8-Inhibitor zur Verwendung zur Reduktion der Knochenresorption bei Erkrankungen, die mit einer übermäßigen Knochenresorption einhergehen, insbesondere bei Erkrankungen, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus chronischen Gelenkerkrankungen, akuten Gelenkerkrankungen und Parodontitis, und/oder bei Störungen des Anwachsens von Implantaten. Bevorzugt sind TLR7/8-Inhibitoren zur Verwendung zur Reduktion der Knochenresorption bei chronischen Gelenkerkrankungen.
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Die TLR7/8-Inhibitoren der vorliegenden Erfindung reduzieren die Knochenresorption, insbesondere mittels einer Inhibition der Osteoklastengenese bzw. der Osteoklastendifferenzierung, bevorzugt bei Erkrankungen aus der Gruppe bestehend aus chronischen Gelenkerkrankungen, akuten Gelenkerkrankungen und Parodontitis, und/oder bei Störungen des Anwachsens von Implantaten. Bevorzugte akute Gelenkerkrankung ist die Arthritis.
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Die chronische Gelenkerkrankung ist bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus rheumatoider Arthritis und Arthrose. Besonders bevorzugt ist die chronische Erkrankung rheumatoide Arthritis.
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Als TLR7/8-lnhibitor werden erfindungsgemäß Inhibitoren von TLR7 und/oder TLR8 bezeichnet. Ein TLR7/8-Inhibitor kann also beispielsweise ein Inhibitor von TLR7 aber kein Inhibitor von TLR8 sein. Umgekehrt kann ein TLR7/8-Inhibitor ein Inhibitor von TLR8 aber kein Inhibitor von TLR7 sein. Bevorzugt ist ein TLR7/8-Inhibitor sowohl ein Inhibitor von TLR7 als auch ein Inhibitor von TLR8.
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TLR7/8 kann auf vielfältige Art und Weise inhibiert werden. Bevorzugt ist der TLR7/8-Inhibitor ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus niedermolekularen Verbindungen (englisch: small molecules) und Oligonukleotiden.
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Bevorzugte niedermolekulare Verbindungen sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Hydroxychloroquin, Hydroxychloroquinsulfat, Chloroquin, Quinacrin (=Mepacrin), CpG-52634 (Pfizer (Lipford et al., 2007)), SM934 (Shanghai Institute of Materia Medica (Hou et al., 2011; Wu et al., 2016)), ST2825 (Loiarro et al., 2007; Capolunghi et al., 2010) und Kombinationen davon. Hydroxychloroquin, Hydroxychloroquinsulfat, Chloroquin und Quinacrin sind Anti-Malaria-Medikamente, die inhibitorisch auf TLR7/8 wirken. CpG-52634 ist ein Quinacrin-Derivat. SM934 ist ein Analogon des Anti-Malaria-Medikaments Artemisinin. ST2825 ist eine peptidomimetische Komponente, die die MyD88-Dimerisierung von TLRs inhibiert.
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Bevorzugte Oligonukleotide sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus IRS-661 (SEQ ID NO:21; Dynayax Technologies), IRS-954 (SEQ ID NO:22; Dynayax Technologies (Barrat et al., 2005, 2007; Guiducci et al., 2010)), DV-1179 (Dynayax Technologies (Zhu et al., 2011; Suarez-Farinas et al., 2013)), IMO-3100 (Idera (Zhu et al., 2011; Suarez-Farinas et al., 2013)), IMO-8400 (Idera (Jiang et al., 2012; Zhu et al., 2012), IMO-9200 (Idera/Vivelix), IHN-ODN-24888 (SEQ ID NO:23; Coley Pharmaceutical GmbH (Rommler at al., 2013, 2015)), ODN 2087 (SEQ ID NO:24; ODN 2088 Control (ODN2087), MiltenyiBiotec, Bergisch-Gladbach, GER) und Kombinationen davon. TLR7/8 erkennen in erster Linie Nukleinsäurestrukturen von dsRNA, ssRNA und CpG-DNA. Daher können Oligonukleotide, insbesondere die oben genannten Oligonukleotide, an TLR7/8 binden und als Inhibitoren von TLR7/8 wirken, indem sie die Bindung von TLR7/8 an aktivierende Liganden behindern und dadurch die Aktivierung von TLR7/8 inhibieren.
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Andere bevorzugte Oligonukleotide mit inhibitorischer Wirkung auf TLR7/8 wirken als indirekte Inhibitoren ohne direkte physische Interaktion mit TLR7/8, wie unten beschrieben. Solche indirekten Inhibitoren sind bevorzugt insbesondere eine einzelsträngige, zu miR-574-5p komplementäre RNA oder ein einzelsträngiges, zu miR-574-5p komplementäres RNA-Analogon (AntagomiR), insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus LNA (englisch: „locked nucleic acid“), BNA (englisch: „bridged nucleic acid“), PMO (englisch: „phosphorodiamidate Morpholino oligomer“) und PNA (englisch: „peptide nucleic acid“). LNA ist besonders bevorzugt.
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Ein TLR7/8-Inhibitor im Sinne der vorliegenden Erfindung kann ein direkter oder ein indirekter Inhibitor sein.
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Ein direkter TLR7/8-Inhibitor ist erfindungsgemäß eine Komponente, die in direkte physische Wechselwirkung mit TLR7/8 tritt und dadurch zu einer Inhibition von TLR7/8 führt. Solche direkten TLR7/8-Inhibitoren sind dem Fachmann bekannt und entsprechend ohne Probleme erhältlich. Solche direkten TLR7/8-Inhibitoren sind beispielsweise beschrieben in Gao W., Xiong, Y., Li Q., Yang H. (2017). „Inhibition of Toll-Like Receptor Signaling as a Promising Therapy for Inflammatory Diseases: A Journey from Molecular to Nano Therapeutics.“ Frontiers in Physiology, Volume 8, Article 508. Unbekannt war jedoch bislang deren Verwendung zur Reduktion der Knochenresorption, insbesondere bei chronischen Gelenkerkrankungen. Bevorzugt ist ein direkter TLR7/8-Inhibitor der vorliegenden Erfindung zur Verwendung zur Reduktion der Knochenresorption bei Erkrankungen, die ausgewählt sind aus der Gruppe umfassend, bevorzugt bestehend aus chronischen Gelenkerkrankungen, akuten Gelenkerkrankungen und Parodontitis, und/oder bei Störungen des Anwachsens von Implantaten wobei der Inhibitor ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Hydroxychloroquin, Hydroxychloroquinsulfat, Chloroquin, Quinacrin (=Mepacrin), CpG-52634, SM934, ST2825, IRS-661, IRS-954, DV-1179, IMO-3100, IMO-8400, IMO-9200, IHN-ODN-24888, ODN 2087 (ODN 2088 Control (ODN2087)) und Kombinationen davon.
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Ein indirekter TLR7/8-Inhibitor der vorliegenden Erfindung ist eine Komponente, die zu einer Inhibition von TLR7/8 führt, indem ein oder mehrere TLR7/8-Agonisten inhibiert und/oder ein oder mehrere TLR7/8-Antagonsiten aktiviert werden. Eine Inhibition von TLR7/8-Agonisten und/oder eine Aktivierung von TLR7/8-Antagonisten können durch direkte physische Interaktion mit den entsprechenden TLR7/8-Agonisten und/oder TLR7/8-Antagonisten erfolgen. Es ist erfindungsgemäß jedoch auch möglich, dass eine Inhibition von TLR7/8-Agonisten und/oder eine Aktivierung von TLR7/8-Antagonisten durch Einwirkung auf entsprechende regulatorische Elemente wie beispielsweise Promoter und/oder Enhancer erfolgt.
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Besonders bevorzugt sind indirekte TLR7/8-Inhibitoren, die einen oder mehrere TLR7/8-Agonisten inhibieren. Zu inhibierende TLR7/8-Agonisten sind bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus miR-574-5p, miR-21/29a, let-7 und Kombinationen davon. Ganz besonders bevorzugte indirekte TLR7/8-Inhibitoren sind miR-574-5p-Inhibitoren.
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Verschiedene Möglichkeiten zur Inhibition von miRs sind dem Fachmann bekannt und werden beispielsweise in
US 2017/0044541 A1 oder
US 2009/0286852 A1 beschrieben. Dem Fachmann sind außerdem verschiedene antisense-Verfahren (beispielsweise siRNA) bekannt. Einen geeigneten Inhibitor gegen eine gegebene miR bereitzustellen, ist somit ohne weiteres möglich.
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Bevorzugt ist der Inhibitor eine einzelsträngige, zu miR-574-5p vollständig komplementäre RNA oder ein einzelsträngiges, zu miR-574-5p vollständig komplementäres RNA-Analogon (AntagomiR), insbesondere ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus LNA (englisch: „locked nucleic acid“), BNA (englisch: „bridged nucleic acid“), PMO (englisch: „phosphorodiamidate Morpholino oligomer“) und PNA (englisch: „peptide nucleic acid“). LNA ist besonders bevorzugt. Die bevorzugte Sequenz eines solchen Inhibitors ist in SEQ ID NO:25 gezeigt.
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Andere miR-574-5p-Inhibitoren sind ebenfalls erfindungsgemäß. Beispielsweise umfasst die Erfindung auch sogenannte „miRNA sponge“ und „miRNA decoy“. Dabei handelt es sich um Nukleinsäure-Moleküle, die Tandem-Bindestellen für miR-574-5p enthalten. Dadurch wirken sie als kompetitive Inhibitoren von miR-574-5p (Ebert und Sharp, 2010 sowie
US 2017/0044541 A1 ). Bevorzugt ist der miR-574-5p-Inhibitor ausgewählt aus der Gruppe umfassend, bevorzugt bestehend aus AntagomiR, miRNA sponge und miRNA decoy. AntagomiR ist besonders bevorzugt. Erfindungsgemäß sind auch miR-574-5p-Inihibitoren, die nicht direkt mit miR-574-5p interagieren, sondern stattdessen auf regulatorische Elemente von miR-574-5p einwirken, beispielsweise auf dessen Promoter und/oder Enhancer.
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Bevorzugt ist der TLR7/8-Inhibitor ausgewählt aus der Gruppe umfassend, bevorzugt bestehend aus miR-574-5p-AntagomiR, miR574-5p-sponge, miR574-5p-decoy, Hydroxychloroquin, Hydroxychloroquinsulfat, Chloroquin, Quinacrin (=Mepacrin), CpG-52634, SM934, ST2825, IRS-661, IRS-954, DV-1179, IMO-3100, IMO-8400, IMO-9200, IHN-ODN-24888 und ODN 2087 (ODN 2088 Control (ODN2087).
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Erfindungsgemäß kann bevorzugt das Ausmaß der Osteoklastendifferenzierung als Maß für das Ausmaß der Knochenresorption verwendet. Geeignete Verfahren zur Ermittlung der Wirkung einer Substanz auf die Osteoklastendifferenzierung sind dem Fachmann bestens bekannt. Besonders geeignete Verfahren werden auch im vorliegenden Beispielteil ausführlich beschrieben und sind ebenfalls aus der Literatur bekannt. Zusammenfassend ist es vorteilhaft, wenn die Osteoklastendifferenzierung in CD14+ Monozyten oder M2-artigen Makrophagen mit Hilfe eines TLR7/8-Agonisten (bevorzugt miR-574-5p) in Anwesenheit beziehungsweise Abwesenheit der jeweils zu testenden, potentiell inhibitorischen Substanz induziert wird, wobei die gewünschte inhibitorische Wirkung dann festzustellen ist, wenn in Anwesenheit der zu testenden Substanz eine im Vergleich zur Abwesenheit der Substanz signifikant geringere Osteoklastendifferenzierung zu beobachten ist. Andere Testverfahren sind ebenfalls möglich. Beispielsweise können das Ausmaß der Osteoklastendifferenzierung und/oder das Ausmaß der Knochenresorption alternativ oder zusätzlich in einem Tiermodell, insbesondere einem Arthritis-Mausmodell wie CIA (collagen-induced arthritis) untersucht werden.
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Die vorliegende Erfindung betrifft auch eine pharmazeutische Zusammensetzung umfassend einen erfindungsgemäßen TLR7/8-Inhibitor, insbesondere einen indirekten TLR7/8-lnihibitor, besonders bevorzugt einen miR-574-5p-Inhibitor.
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Bevorzugt enthält die pharmazeutische Zusammensetzung Trägerstoffe, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Nanocarriern (NCs) und/oder Cholesterol. Bevorzugt sind die Trägerstoffe NCs. Bevorzugte NCs sind Nanopartikel (NPs). Besonders bevorzugt sind die Trägerstoffe Nanopartikel, insbesondere Eisenoxid-Nanopartikel, Gold-Nanopartikel und/oder Silber-Nanopartikel. Eisenoxid-Nanopartikel, insbesondere Superparamagnetische Eisenoxid-Nanopartikel (SPIONs, englisch: superparamagnetic iron oxide nanoparticles), sind besonders bevorzugt. Eisenoxid-Nanopartikel sind biologisch abbaubar, so dass es nicht zu einer übermäßigen ungewünschten Anreicherung der Partikel im Körper kommt. Ein weiterer Vorteil von Eisenoxid-Nanopartikeln ist, dass diese durch Anlegen eines äußeren Magnetfeldes auch bei systemischer Gabe (beispielsweise intravenös) in der gewünschten Körperregion, insbesondere in einem betroffenen Gelenk angereichert werden können.
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Die Nanopartikel der Erfindung haben bevorzugt einen Durchmesser in einem Bereich von 5 nm bis 100 nm, weiter bevorzugt 7,5 nm bis 75 nm, weiter bevorzugt von 10 nm bis 50 nm, beispielsweise 15 nm bis 40 nm oder 20 nm bis 30 nm, insbesondere etwa 25 nm. Der geringe Durchmesser der Nanopartikel ist besonders vorteilhaft für deren Membrangängigkeit. Der Durchmesser der Nanopartikel kann beispielsweise mittels dynamischer Lichtstreuung (DLS) oder mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) bestimmt werden, wobei der Durchmesser im Falle einer REM-Bestimmung bevorzugt der Martin-Durchmesser ist.
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Bevorzugt liegt der Inhibitor in an die Trägerstoffe konjugierter Form vor. Besonders bevorzugt liegt der Inhibitor kovalent an den Trägerstoff gebunden vor.
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Besonders bevorzugt liegt der Inhibitor dicht gepackt auf dem Trägerstoff vor. Dadurch ergibt sich eine besonders gute Membrangängigkeit. Außerdem wird die Stabilität erhöht. Bevorzugt beträgt die Oberflächendichte des TLR7/8-Inhibitors auf dem Trägerstoff, insbesondere eines miR-574-5p-Inhibitors (bevorzugt AntagomiR) auf den Nanopartikeln, mindestens 1010 Moleküle pro cm2, weiter bevorzugt mindestens 1011 Moleküle pro cm2, weiter bevorzugt mindestens 1012 Moleküle pro cm2. Bevorzugt beträgt die Oberflächendichte jedoch höchstens 1014 Moleküle pro cm2, weiter bevorzugt höchstens 5*1013 Moleküle pro cm2, weiter bevorzugt höchstens 2*1013 Moleküle pro cm2. Die Oberflächendichte kann beispielsweise in einem Bereich von 5 bis 150, insbesondere 10 bis 70 AntagomiR-Oligonukleotiden pro 10 nm Partikel liegen.
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Die vorliegende Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung der Erfindung, umfassend die folgenden Schritte:
- a) Bereitstellen eines erfindungsgemäßen TLR7/8-Inhibitors, insbesondere eines indirekten TLR7/8-lnihibitors, besonders bevorzugt eines miR-574-5p-Inhibitors,
- b) Koppeln des TLR7/8-Inhibitors an einen Trägerstoff, der ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Nanocarriern (NCs) und/oder Cholesterol, insbesondere an NPs, besonders bevorzugt an NPs, die ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Eisenoxid-Nanopartikeln, Gold-Nanopartikeln und/oder Silber-Nanopartikeln, ganz besonders bevorzugt an Eisenoxid-Nanopartikel.
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Bevorzugt erfolgt die Kopplung gemäß Schritt b) über Click-Chemie, beispielsweise wie beschrieben in Cutler J. I., Zheng D., Xu X., Giljohann D. A., Mirkin C. A. (2010). „Polyvalent Oligonucleotide Iron Oxide Nanoparticle „Click" Conjugates.‟ Nano Letters 10: 1477-1480. Besonders bevorzugt werden Trägerstoffe, insbesondere Nanopartikel, die in aminierter Form vorliegen, mit Azidobutyrat oder Azidoacetat umgesetzt, so dass sich eine freie Azidgruppe ergibt. Die Azidgruppe wird dann bevorzugt dazu genutzt, den Inhibitor an den Trägerstoff zu binden. Beispielsweise kann die Azidgruppe mit modifizierten Nukleotiden eine Bindung eingehen, bevorzugt mit einer 1:1 Stöchiometrie. Wie oben beschrieben sind die erfindungsgemäßen miR-574-5p-Inhibitoren bevorzugt RNA oder RNA-Analoga, so dass sich diese Inhibitoren besonders gut über entsprechend modifizierte Nukleotide, insbesondere am 5'-Ende oder am 3'-Ende (bevorzugt am 5'-Ende), an entsprechend modifizierte Trägerstoffe, insbesondere Nanopartikel, besonders bevorzugt Eisenoxid-Nanopartikel koppeln lassen. Eine besonders bevorzugte Nukleotidmodifikation ist in diesem Zusammenhang eine terminale Alkingruppe, insbesondere am 5'-Ende des Nukleotids.
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Die vorliegende Erfindung betrifft auch ein Verfahren zur Prognose der Schwere des Krankheitsverlaufs der rheumatoiden Arthritis eines Patienten umfassend die folgenden Schritte:
- a) Bestimmung des Gehalts an miR-574-5p in sEVs (kleine extrazelluläre Vesikel, englisch: „small extracellular vesicles“) in einer Patientenprobe,
- b) Vergleich des in Schritt a) bestimmten Gehalts mit dem Gehalt an miR-574-5p in sEVs in Proben eines oder mehrerer Vergleichspatienten mit bekanntem Krankheitsverlauf,
- c) Prognose der Schwere des Krankheitsverlaufs basierend auf dem Vergleichsergebnis.
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Die Patientenprobe kann beispielsweise eine Probe der synovialen Flüssigkeit oder eine Blutprobe, insbesondere eine Plasmaprobe, sein. Besonders bevorzugt ist die Patientenprobe eine Probe der synovialen Flüssigkeit.
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Bevorzugt handelt es sich bei den sEVs um synoviale sEVs.
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Bevorzugt wird der Gehalt an miR-574-5p mit RT-qPCR bestimmt.
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Die vorliegende Erfindung betrifft auch die Verwendung eines TLR7/8-Inhibitors zur Reduktion der Knochenresorption bei Erkrankungen, die ausgewählt sind aus der Gruppe umfassend, bevorzugt bestehend aus chronischen Gelenkerkrankungen, akuten Gelenkerkrankungen und Parodontitis, und/oder bei Störungen des Anwachsens von Implantaten. Bevorzugt ist die Verwendung zur Reduktion der Knochenresorption bei chronischen Gelenkerkrankungen.
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Beispiele
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Isolation von sEVs aus der Synovialflüssigkeit und dem Serum von ACPA+ RA-Patienten
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Aus der Synovialflüssigkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis, die positiv für ACPAs (englisch: „anti-citrullinated protein antibodies“) waren, wurden sEVs (kleine extrazelluläre Vesikel, englisch: „small extracellular vesicles“, sEVs) isoliert. ACPAs sind mit einem schwereren Verlauf der Erkrankung assoziiert. Die Isolation der Vesikel erfolgte mit differentieller Ultrazentrifugation ( ).
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Mit Hilfe von Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) wurde gezeigt, dass die isolierte Population die typische vesikuläre Morphologie und sEVs-Größe von 30 nm bis 150 nm hatte. Durch Western Blot wurde zudem nachgewiesen, dass typische Marker von sEVs (CD63, CD9, Hsp70 und CD81) vorhanden waren. Die isolierten Vesikel sind demnach sEVs.
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Auf dieselbe Art und Weise wurden auch sEVs aus dem Serum der Patienten isoliert.
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Induktion von Osteoklastengenese durch die aus der Synovialflüssigkeit isolierten Vesikel
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CD14+ Monozyten wurden aus PMBCs (englisch: „peripheral blood mononuclear cells“) gesunder Spender isoliert und mit M-CSF (englisch: „recombinant human macrophage colonystimulating factor“), RANK-L (englisch: „receptor activator of NF-kB ligand“) und unterschiedlichen Konzentrationen der isolierten sEVs stimuliert. Sowohl frisch isolierte Monozyten als auch differenzierte M2-artige Makrophagen wurden mit den aus der Synovialflüssigkeit isolierten sEVs stimuliert ( ).
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Nach 9 bis 12 Tagen wurden die Zellen fixiert und auf den Osteoklasten-Marker TRAP (englisch: „tartrate-resistant acid phosphatase“) getestet. Zellen, die sowohl positiv für TRAP waren als auch mindestens drei Kerne aufwiesen, wurden als Osteoklasten eingestuft und mit dem Lichtmikroskop gezählt.
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Es wurde ein signifikanter konzentrationsabhängiger Anstieg der Osteoklasten von ungefähr 30% beobachtet, wenn sEVs zu Monozyten hinzugegeben wurden ( . Ein ähnlicher Anstieg wurde erreicht, wenn die sEVs zu M2-artigen Makrophagen hinzugegeben wurden ( . Die Ergebnisse sind als Mittelwert + SEM (englisch: „standard error of the mean“) angegeben. Die statistische Analyse erfolgte mit einem ungepaarten zweiseitigen t-Test unter Verwendung der Software GraphPad Prism 6.0. Unterschiede wurden als signifikant eingestuft für p < 0,05 (angegeben als * für p < 0,05, ** für p < 0,01, *** für p < 0,001 und **** für p < 0,0001).
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Die Ergebnisse zeigen, dass die isolierten sEVs die Osteoklasten-Differenzierung in einer konzentrationsabhängigen Weise induzieren.
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Hoher Gehalt an miR-574-5p in isolierten Vesikeln
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Mit Hilfe von RT-qPCR wurde der Gehalt verschiedener miRs in den isolierten Vesikeln bestimmt. Ein hoher Gehalt an miR-574-5p (SEQ ID NO:4) wurde sowohl in den sEVs aus dem Serum als auch in den sEVs aus der Synovialflüssigkeit festgestellt ( und . Die Ergebnisse sind als Mittelwert + SEM angegeben. Der Gehalt an den anderen getesteten miRs (miR-16-5p, miR-155-5p und miR-146a-5p; SEQ ID NOs: 1-3) war demgegenüber deutlich geringer. Die Primer wurden jeweils von der Firma Qiagen (Hilden, Deutschland) bezogen (Katalognummer MS00043617 für miR-574; MS0031493 für miR-16; MS00031486 für miR-155; und MS00003535 für miR-146a).
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Als Kontrolle zur Normalisierung des extrazellulären Gehalts wurde nicht-humane cel-miR-39-3p (SEQ ID NO:5) verwendet, die den Proben zu diesem Zweck in einer Endkonzentration von 200 nM zugesetzt wurde. Die Primer stammten ebenfalls von Qiagen (Katalognummer MS00019789).
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Die Ergebnisse zeigen eine selektive Anreicherung von miR-574-5p in sEVs von Patienten mit rheumatoider Arthritis.
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Synoviale Fibroblasten und Monozyten als zelluläre Quellen von extrazellulärem miR-574-5p
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Synoviale Fibroblasten (SFs) wurden von ACPA-negativen und ACPA-positiven Patienten mit rheumatoider Arthritis gewonnen. Intrazelluläre Level und sEV-Level der oben genannten miRs wurden mit RT-qPCR mit und ohne 24-stündiger Stimulation mit IL-1β (10 ng/ml) und/oder TNFa (10 ng/ml) bestimmt ( und . Die sEVs wurden aus den Zellkulturüberständen isoliert. Zur Normalisierung des extrazellulären Gehalts wurde stets cel-miR-39-3p eingesetzt. Zur Normalisierung des intrazellulären Gehalts diente stets snRNA U6 (SEQ ID NO:20) als endogene Kontrolle. Die Primer stammten ebenfalls von Qiagen (Katalognummer MS00033740).
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miR-146a-5p diente als Positivkontrolle, da dessen Induktion durch Stimulation mit IL-1β bekannt ist (Stanczyk J., Pedrioli D. M. L., Brentano F., Sanchez-pernaute O., Kolling C., Gay R. E., Detmar M., Gay S. and Kyburz D. (2008). „Altered Expression of MicroRNA in Synovial Fibroblasts and Synovial Tissue in Rheumatoid Arthritis." Arthritis Rheum 58: 1001-1009). Für die anderen miRs konnten keine signifikanten stimulationsbedingten Unterschiede beobachtet werden.
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Auffällig ist die selektive Anreicherung von miR-574-5p in den sEVs. Während der intrazelluläre Gehalt an miR-574-5p in den SFs im Vergleich zum intrazellulären Gehalt an miR-16-5p deutlich geringer ist, finden sich in den isolierten sEVs vergleichbare Gehalte der beiden miRs ( und .
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Interessanterweise konnten zudem Unterschiede zwischen SFs aus ACPA-negativen (ACPA-) und ACPA-positiven (ACPA+) Patienten beobachtet werden. ACPAs sind mit einem schwereren Verlauf der Erkrankung assoziiert und sind insofern als Indikator für die Schwere des Krankheitsverlaufs geeignet. Wie in gezeigt, wurden in sEVs von SFs aus ACPA-positiven Patienten im Vergleich zu ACPA-negativen Patienten signifikant erhöhte Mengen miR-574-5p festgestellt, so dass der Gehalt an extrazellulärem miR-574-5p mit der Schwere des Krankheitsverlaufs in Zusammenhang gebracht werden kann.
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Neben SFs sezernieren auch M2-Makrophagen miR-574-5p in sEVs ( ). Während der intrazelluläre Level während der Osteoklasten-Differenzierung im Wesentlichen unverändert bleibt ( , findet eine maßgebliche Sezernierung nach 6, 9 oder 12 Tagen Differenzierung nicht mehr statt ( . Pre-Osteoklasten und Osteoklasten tragen also nicht wesentlich zu miR-574-5p in sEVs bei.
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Zusammenfassend tragen SFs und Monozyten, nicht jedoch Pre-Osteoklasten und Osteoklasten zu miR-574-5p in sEVs bei.
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sEVs mit konstruiertem miR-574-5p Level
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Mit Hilfe von XMIRXpress-Konstrukten (System Bioscience, Palo Alto, USA) in HEK 293 Zellen wurden sEVs mit verschiedenen Gehalten an miR-574-5p konstruiert. Der Gehalt an miR-574-5p in den miR-574-5p oe sEVs war ungefähr 15-mal höher im Vergleich zur Kontrolle (ScrC sEVs), die mit Hilfe einer Kontroll-miR (XMIRXP-NT, System Biosciences, Palo Alto, USA) erhalten wurde ( .
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In einem RNase-Protektionsexperiment wurde gezeigt, dass der RNase-Abbau der miR-574-5p durch Zugabe eines Detergens signifikant erhöht werden kann ( . miR-574-5p befindet sich also in den Vesikeln, die vor RNase-Abbau schützen, und wird erst bei Freisetzung durch das Detergens für den Abbau durch RNase zugänglich. Dieses Experiment zeigt, dass die miR-574-5p hauptsächlich in den sEVs ist und daher vor dem Abbau durch RNasen geschütz wird. Durch die Zugabe des Detergens ist ein Abbau der miR durch die „Zerstörung“ der sEVs erst ermöglicht.
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Aufnahme der konstruierten sEVs durch Zellen
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miR-574-5p oe sEVs wurden mit dem fluoreszenten Farbstoff 3,3'-Dioctadecyloxacarbocyanine perchlorate (DiO) angefärbt und deren Aufnahme in CD14+ Monozyten mit konfokaler Mikroskopie untersucht. Aufnahme der gefärbten Vesikel in die Zellen wurde nach 20 Minuten beobachtet. Die maximale Anzahl gefärbter sEVs in den Zellen wurde nach 40 Minuten erreicht. Ähnliche Ergebnisse wurden für HeLa-Zellen erhalten.
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Induktion der Osteoklastengenese durch sEVs mit hohem Gehalt an miR-574-5p
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Isolierte humane CD14+ Monozyten wurden mit 1 µg/ml miR-574-5p oe sEVs oder ScrC sEVs zu verschiedenen Zeitpunkten der Differenzierung behandelt ( , , ).
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Die miR-574-5p oe sEVs führen zu einem signifikanten Anstieg der Osteoklasten-Anzahl bei Zugabe zu Monozyten oder M2-artigen Makrophagen ( und . Bei Zugabe zu Pre-Osteoklasten war hingegen kein signifikanter Anstieg der Osteoklasten-Anzahl zu beobachten ( ).
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Auch die ScrC sEVs führen zu einem signifikanten Anstieg der Osteoklasten-Anzahl bei Zugabe zu Monozyten oder M2-artigen Makrophagen ( und . Dies dürfte auf die dort ebenfalls vorhandene miR-574-5p zurückzuführen sein, deren Gehalt jedoch im Vergleich zu den miR-574-5p oe sEVs um den Faktor 15 geringer ist ( , so dass die Stimulation der Osteoklasten-Genese mit etwa 1,2-fach bei ScrC sEVs deutlich geringer ausfällt als bei miR-574-5p oe sEVs mit etwa 1,7-fach.
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Der beobachtete Stimulationseffekt ist davon abhängig, dass miR-574-5p in sEVs vorhanden ist. Weder miR-574-5p allein, noch miR-574-5p in Gegenwart synthetischer liposomaler Vehikel (Lipofectamine® 2000 (Thermo Fisher Scientific, Waltham, USA)) führt zu einer Stimulation der Osteoklasten-Genese ( ).
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Induktion der Osteoklastengenese durch Interaktion von miR-574-5p mit TLR7/8 vermittelt
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Eine direkte Interaktion von miR-574-5p mit TLR8 wurde im Rahmen der vorliegenden Erfindung mittels MST (englisch: „micoscale thermophoresis“; Wienken C. J., Baaske P., Rothbauer U., Braun D. and Duhr S. (2010). „Protein-binding assays in biological liquids using microscale thermophoresis.“ Nat Commun 1: 100) nachgewiesen. Die Dissoziationskonstante KD betrug 30,8 ± 5,2 nM ( und . Eine spezifische Interaktion zwischen TLR8 und miR-16-5p besteht hingegen nicht ( und . Für die MST-Experimente wurden Cy5-markiertes miR-574-5p (SEQ ID NO:18) und Cy5-markiertes miR-16-5p (SEQ ID NO:19) eingesetzt.
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Zugabe des TLR7/8-Inhibitors ODN 2087 (ODN 2088 Control (ODN2087), MiltenyiBiotec, Bergisch-Gladbach, GER) hebt den oben beschriebenen Effekt von miR-574-5p auf CD14+ Monozyten und M2-artige Makrophagen auf, so dass miR-574-5p in Gegenwart von ODN 2087 nicht zu einer signifikante Erhöhung der Osteoklasten-Anzahl führen kann ( und ).
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Umgekehrt kann eine Steigerung der Osteoklastengenese durch Zugabe des bekannten TLR7/8-Liganden R848 (Invivogen, San Diego, USA) erreicht werden. Der Effekt von R848 ist allerdings stark konzentrationsabhängig. Während bei 10 ng/ml eine signifikante Erhöhung der Osteoklasten-Anzahl zu beobachten ist, stellt sich bei 1000 ng/ml eine Reduktion der Osteoklasten-Anzahl ein. 100 ng/ml R848 führen bei Zugabe zu Monozyten zu einer Erhöhung der Osteoklasten-Anzahl, bei Zugabe zu M2-artigen Makrophagen hingegen zu einer Verringerung derselben ( und . Der Effekt konnte durch Zugabe des TLR7/8-Inhibitors ODN 2087 aufgehoben werden. Wie bei miR-574-5p ( ) wurde keine signifikante Zunahme der Osteoklastengenese beobachtet, wenn der TLR7/8-Agonist R848 zu Pre-Osteoklasten gegeben wurde.
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Die in gezeigten Ergebnisse belegen, dass der Effekt von miR-574-5p oe sEVs auf die Erhöhung der Osteoklasten-Anzahl durch Interaktion mit TLR7/8 vermittelt wird.
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miR-574-5p induziert IFNa und IL-23 mRNA in CD14+ Monozyten durch TLR7/8-Aktivierung
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CD14+ Monozyten wurden mit sEVs aus der Synovialflüssigkeit von ACPA-positiven Patienten mit rheumatoider Arthritis (4 µg/ml), mit miR-574-5p oe sEVs (1 µg/ml) oder mit ScrC sEVs (1 µg/ml) jeweils für 4 Stunden stimuliert. Dann wurde die Gesamt-RNA isoliert und die mRNA-Level von IL-23, IL-8, INFa, IL-1β und TNFa mit RT-qPCR analysiert. Diese Zytokine sind dafür bekannt, die Osteoklasten-Differenzierung zu beeinflussen (Amarasekara D. S., Yun H., Kim S., Lee N. and Rho J. (2018). „Regulation of Osteoclast Differentiation by Cytokine Networks.“ Immune Netw 18: 1-18). Die Sequenzen der verwendeten Primerpaare sind im Sequenzprotokoll gezeigt (SEQ ID NOs: 6-7 für INFa, SEQ ID NOs: 8-9 für IL-23, SEQ ID NOs: 10-11 für TNFa, SEQ ID NOs: 12-13 für IL-1β und SEQ ID NOs: 14-15 für IL-8). Zur Normalisierung der cDNA-Mengen in verschiedenen Proben wurden die Level von β-Actin verwendet (Primerpaar: SEQ ID NOs: 16-17).
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Die Level von TNFa, IL-1β und IL-8 wurden unter keiner der getesteten Bedingungen durch miR-574-5p beeinflusst. Hingegen konnte ein etwa dreifacher Anstieg der INFa mRNA durch Stimulation mit sEVs beobachtet werden, die aus der Synovialflüssigkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis gewonnen wurden ( . Stimulation mit miR-574-5p oe sEVs führte sogar zu einem etwa fünffachen Anstieg der INFa mRNA und zu einem etwa zweifachen Anstieg der IL-23 mRNA, während mit ScrC sEVs kein Anstieg zu beobachten war ( und ). Vergleichbare Resultate wurden durch Stimulation der Monozyten mit 10 ng/ml des TLR7/8-Liganden R848 erzielt ( und . Die beobachteten Effekte konnten durch Zugabe des TLR7/8-Inhibitors ODN 2087 aufgehoben werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2017/0044541 A1 [0026, 0028]
- US 2009/0286852 A1 [0026]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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