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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Plasmapolieren einer elektrisch leitfähigen Oberfläche eines Werkstückes, wobei zunächst eine wässrige Elektrolytlösung in einem Elektrolytbehälter vorliegt und in dem Elektrolytbehälter eine Elektrode mit kathodischer Spannung beaufschlagt wird, während das Werkstück mit einer anodischen Spannung beaufschlagt wird. Außerdem betrifft die Erfindung eine Anlage zum Plasmapolieren einer elektrisch leitfähigen Oberfläche eines Werkstückes, aufweisend wenigstens einen Elektrolytbehälter für die Aufnahme einer Elektrolytlösung, eine kathodisch gepolte Elektrode, welche in der Elektrolytlösung angeordnet ist, eine Halterung für ein Werkstück, welches anodisch beaufschlagbar ist, sowie eine elektronische Regelung.
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Ein Verfahren und eine Anlage der eingangs genannten Art sind beispielsweise aus der
DE 10 2006 016 368 B4 bekannt. Die dort gezeigte Anlage weist eine Aufnahmeeinrichtung für das Werkstück auf, sodass das Werkstück in einen Elektrolytbehälter getaucht werden kann, in welchem sich ein Elektrolyt befindet. Das Werkstück ist dann für das Plasmapolieren mit einem anodischen elektrischen Potenzial beaufschlagbar, während der Elektrolyt mit einem kathodischen elektrischen Potenzial beaufschlagbar ist. Beispielsweise kann der Elektrolytbehälter als Kathode wirken oder es kann eine separate Kathode in den Elektrolytbehälter eingebracht werden. Demnach ist es möglich, die Stromstärke beim Plasmapolieren in Abhängigkeit einer Eintauchgeschwindigkeit des Werkstückes in den Elektrolyten zu steuern.
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Nach der
DE 10 2006 016 368 B4 ist bekannt, das Verfahren des Plasmapolierens bei Temperaturen von 70 bis 95 °C durchzuführen, wobei die Elektrolytlösung einen pH-Wert von 5,0 bis 7,0 aufweist. Bei anderen zu polierenden Metallen oder Legierungen kann der pH-Wert in einem Bereich von 2,0 bis 11,0 eingestellt werden. Um das Plasma in der Elektrolytlösung zu zünden, wird üblicherweise eine elektrische Gleichspannung von 170 bis 450 V zwischen der Anode und der Kathode angelegt. Dadurch wird an dem anodisch beaufschlagten Werkstück ein Gasfilm an der Oberfläche des Werkstückes erzeugt, welcher durch die Spannung partiell ionisiert werden kann und somit die Bildung des Plasmas hervorruft. Hierfür werden üblicherweise Polierströme von 0,1 bis 1,5 A/cm
2 eingestellt. Es ist weiterhin bekannt, je nach Material des Werkstückes die Zusammensetzung des Elektrolyten zu variieren. Gemäß der
DE 102 07 632 A1 dient eine wässrige Lösung von Ammoniumchlorid und Ammoniumfluorid als Elektrolyt für einen Plasmapolierprozess von Titan, wobei Ammoniumchlorid zu etwa 1,5 bis 3 Masse-% und Ammoniumfluorid zu etwa 1,25 bis 2,75 Masse-%, jeweils bezogen auf den Elektrolyten, eingesetzt werden. Nach der
EP 1 972 322 A2 ist beispielsweise wiederum bekannt, für das Plasmapolieren von Kobalt-Chrom-Legierungen als Elektrolyten wässrige Lösungen von Ammoniumsulfat oder Ammoniumhydrogensulfat in Anwesenheit von Schwefelsäure zu verwenden.
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Beim Plasmapolieren bzw. plasmaelektrolytischen Polieren handelt es sich einerseits um eine plasmachemische Reaktion, andererseits auch um einen Anodenprozess mit einer Auflösung der Anode. Es gehen während des Plasmapolierens also Metallionen von der metallischen Anode in den Elektrolyten über, d.h. während des Plasmapolierens ist ein Anstieg einer elektrischen Leitfähigkeit des Elektrolyten zu beobachten. Beim Anlegen einer hohen Gleichspannung, beispielsweise von etwa 170 bis 450 V, kann es in einer Elektrolysezelle zu einer Gasbildung an der Anode kommen. Aufgrund der hohen Spannung wird das Gas teilweise ionisiert, weswegen man von einem Plasma sprechen kann. Idealerweise bildet sich ein geschlossener Plasmamantel um die Anode, sodass der ionisierte Gasfilm das gesamte Werkstück umschließt und dieses von dem Elektrolyten abtrennt. Der Gasfilm selbst ist nicht leitend für elektrischen Strom, es finden jedoch zeitweise elektrische Entladungen statt. Diese Entladungen nutzen jeweils einen Weg geringen Widerstands, wodurch die Entladungen vor allem geometrische Erhebungen auf der zu bearbeitenden Oberfläche des Werkstückes treffen. Diese Erhebungen werden durch die Entladungen verdampft und somit führt das Plasmapolieren zu einer Einebnung der zu bearbeitenden Oberfläche. Daher verringert sich durch Plasmapolieren eine Oberflächenrauheit der Oberfläche und das Verfahren kann zum Entgraten und Polieren leitfähiger Oberflächen von Werkstücken eingesetzt werden.
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Gemäß der
DE 10 2006 016 368 B4 ist es bekannt, dass eine Steuerung den Polierstrom in Abhängigkeit von einer Eintauchgeschwindigkeit in die Elektrolytlösung überwacht wird. Somit soll insbesondere durch zu schnelles Eintauchen des Werkstückes ein Auftreten von extremen Stromspitzen vermieden werden, welche zu einem Ausfall der Spannungsversorgung und/oder der Steuerung führen können.
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Die kathodisch gepolte Elektrode, welche in der Elektrolytlösung angeordnet ist, gibt mit anderen Worten also der Elektrolytlösung das Potenzial, mithin die anliegende elektrische Spannung U, vor. Den elektrischen Gegenpol, also die Anode, bildet vorzugsweise das Werkstück, wobei dieses insbesondere über den Kontakt mit der Halterung elektrisch kontaktiert werden kann. Das heißt, die Halterung selbst kann anodisch kontaktiert werden und somit stellt die Halterung das elektrische Potenzial des Werkstückes ein.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Anlage der eingangs genannten Art dahingehend zu verbessern, dass ein Plasmaverfahren möglichst energie- und zeiteffizient und mithin kostensparend durchgeführt werden kann.
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Diese Aufgabe ist dadurch gelöst, dass bei einem Verfahren der genannten Art eine zeitliche Änderung eines Polierstromes gemessen und als Messeingangsgröße für eine Regelung des Plasmapolierverfahrens verwendet wird. Hierfür ist die elektronische Regelung der eingangs genannten Anlage zum Plasmapolieren einer elektrisch leitfähigen Oberfläche eines Werkstückes dazu ausgebildet, eine zeitliche Änderung des Polierstromes als Eingangsmessgröße zu verarbeiten.
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Mit anderen Worten kann bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die zeitliche Änderung der Stromstärke, welche mathematisch als
beschrieben werden kann, gemessen werden. Hierdurch ergibt sich eine Regelung des Verfahrens, welche wesentlich sensibler auf ein Auftreten von Stromspitzen reagiert als in bekannten Verfahren, indem eine Tendenz eines Verfahrensparameters, nämlich der Stromstärke I, berücksichtigt und somit eine dynamische Regelung ermöglicht wird.
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Andere vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen.
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In einer möglichen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens befindet sich das Werkstück während des Beaufschlagens mit anodischer Spannung außerhalb der Elektrolytlösung und wird anschließend in die Elektrolytlösung eingetaucht. Besonders bevorzugt wird hierbei durch die Regelung in kontinuierlicher Art eine Eintauchgeschwindigkeit des Werkstückes in die Elektrolytlösung je nach gemessener zeitlicher Änderung des Polierstromes eingestellt. Es kann also beispielsweise bei einer Vergrößerung von
das Werkstück langsamer und bei einer Verkleinerung von
das Werkstück schneller in die Elektrolytlösung eingetaucht werden. Somit kann das Verfahren sowohl hinsichtlich Dauer als auch bezüglich Sicherheit optimiert werden.
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Gemäß einer alternativen Ausführungsform befindet sich das Werkstück während des Beaufschlagens mit anodischer Spannung innerhalb der Elektrolytlösung.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird in der Regelung ein unterer und/oder ein erster oberer Schwellwert für die zeitliche Änderung des Polierstromes hinterlegt. Bei Überschreiten des ersten oberen Schwellwertes kann das Eintauchen des Werkstückes gestoppt werden, woraufhin das Werkstück langsamer in die Elektrolytlösung eingetaucht wird, wohingegen bei Unterschreiten des unteren Schwellwertes das Eintauchen des Werkstückes in die Elektrolylösung beschleunigt werden kann. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an verschiedenste Werkstücke einerseits, andererseits aber auch an sich verändernde Verfahrensbedingungen, wie beispielsweise die zunehmende elektrische Leitfähigkeit der Elektrolytlösung mit zunehmender Verfahrensdauer.
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Außerdem hat es sich als vorteilhaft herausgestellt, wenn bei Überschreiten eines zweiten oberen Schwellwertes eine Spannungsquelle des anodischen Werkstückes und/oder der kathodischen Elektrode getrennt wird. Dies kann sowohl einpolig als auch zweipolig erfolgen, sowie geerdet oder nicht geerdet. Besonders für eine Sicherheit der Anlage ist es wichtig, die Spannungsqulle bei Auftreten zu hoher Werte für
trennen zu können. Diese Methode ist sehr sensitiv und stellt eine hervorragande Schutzmaßnahme dar.
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In vorteilhafter Weise wird die Trennung der Spannungsquelle durch leistungselektronische Ventile und/oder Schaltelemente realisiert. Als derartige Ventile oder Schaltelemente kommen insbesondere Transistor-Bauelemente in Betracht, beispielsweise sogenannte MOSFET (Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor), IGBT (Bipolartransistor mit isolierter Gate-Elektrode) oder Thyristoren. Die Schaltungstopologien können somit an verschiedene Leistungs- oder Produktklassen angepasst werden. Als Schaltungsanordnungen bzw. -topologien kommen insbesondere Halbbrücken oder Vollbrücken in Betracht, aber auch Thyristortopologien, welche dem Fachmann wohl bekannt sind. Mit zu beachten sind an dieser Stelle notwendige Schaltentlastungen, welche starke induktive Lasten während einer Zündung des Plasmas und auch abrupte Änderungen hin zu kapazitiven Lasten beherrschbar machen.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren funktioniert also beispielsweise wie folgt:
- Das Werkstück wird mit anodischer Spannung beaufschlagt und die in der Elektrolytlösung befindliche Elektrode wird mit kathodischer Spannung beaufschlagt. Hierbei kann die kathodische beaufschlagte Elektrode beispielsweise auch durch den Elektrolytbehälter ausgebildet werden. Eine Höhe der Spannung, also ein Potenzialgefälle zwischen dem anodischen Werkstück und der kathodischen Elektrode, ist üblicherweise zunächst vergleichsweise klein, also beispielsweise etwa 200 V. Dies schont insbesondere die Anlage als auch das Werkstück.
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Anschließend wird das Werkstück mit einer ersten Geschwindigkeit in die Elektrolytlösung eingetaucht. Nun kann durch die genannten leistungselektronischen Ventile und/oder Schaltelemente das Potenzialgefälle erhöht werden, beispielsweise wiederholt in bestimmten zeitlichen Abständen um äquivalente Beträge, also zum Beispiel nach fünf Sekunden auf 230 V, nach weiteren fünf Sekunden auf 260 V, nach weiteren fünf Sekunden auf 290 V usw. Freilich können sowohl die zeitlichen Abstände als auch die Beträge der Spannungshöhe niedriger oder höher gewählt und durch die Regelung eingestellt werden. Somit beginnt das Verfahren mit schonenden Bedinungen und steigert sich zu - sowohl für die Anlage als auch das Werkstück - herausfordernden Bedingungen.
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Einerseits schützt das oben beschriebene Regelungsverfahren vor einem Auftreten von schädlichen Stromspitzen bereits in der Phase des Eintauchens, wo eine Eintauchgeschwindigkeit verlangsamt werden kann, andererseits aber natürlich auch nach dem jeweiligen Erhöhen der Spannungswerte, indem bei Überschreiten eines festgelegten Schwellwertes von der zeitlichen Änderung der Stromstärke die Spannungsquelle getrennt werden kann.
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Des Weiteren werden in der Regelung - wie auch in der Praxis bereits bekannt - Informationen hinterlegt, wann das Verfahren des Plasmapolierens beendet werden kann. Hierfür eignet sich insbesondere eine Beobachtung
- a) der Zeit, also der Verfahrensdauer,
- b) der eingesetzen Ladung bezogen auf die Oberfläche oder
- c) des Arbeitsstromes, wobei anhand eines Mittelwertes und/oder einer Rauschfrequenz des Arbeitsstromes eine mögliche Beendigung des Verfahrens erkannt werden kann.
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Für ein zweites oder vielfaches Werkstück kann dann beispielsweise beim Eintauchen in die Elektrolytlösung nicht bei dem niedrigsten Potenzialgefälle begonnen werden, sondern bei der Spannung, welche durch die Regelung bei einem ersten Werkstück bzw. bei einem jeweils zuvor bearbeiteten Werkstück eingestellt wurde. Somit werden iterativ ideale Verfahrensparameter ermittelt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006016368 B4 [0002, 0003, 0005]
- DE 10207632 A1 [0003]
- EP 1972322 A2 [0003]