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Die Erfindung betrifft Verfahren und Vorrichtungen zur Herstellung von Glas aus einer Glasschmelze unter Verringerung oder sogar Vermeidung von Gasblasenbildung bei der Glasherstellung. Insbesondere betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Betrieb mindestens eines Produktionsaggregats, in dem sich eine Glasschmelze befindet, die mittels Wechselstrom beheizt wird, wie z. B. einer Schmelz- oder Läuterwanne, eines Rührtiegels oder Rührstabes. Außerdem betrifft die Erfindung eine Messanordnung zur Bestimmung von Stromdichten in einer Glasschmelze zwecks Vermeidung von Gasblasenbildung in der Glasschmelze.
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Bei der Glasherstellung wird eine Glasschmelze mittels Produktionsaggregaten, wie z. B. Wannen, Tiegel oder sonstige Behältnisse sowie Rührstäbe oder sonstigen Bauteilen, verarbeitet (insbesondere geschmolzen oder geläutert), wobei die Produktionsaggregate zumeist mit metallischen Bauteilen (Metallbeschichtungen, Metallteile) versehen sind, die direkt mit elektrischen Strömen beaufschlagt sein können. Hierdurch kann es zur strombedingten Bildung von Gasblasen kommen; insbesondere können sog. Sekundärblasen auftreten.
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In der
DE 10244040 C1 wird die Blasenbildung an sich kurz erwähnt. Demnach kann es in Schmelzwannen oder Läuterwannen, die z. B. mit Platin beschichtet sind, aufgrund der elektrischen Leitfähigkeit und wegen der hohen Wärmeleitfähigkeit des jeweiligen Metalls (z. B. Pt, Ir, W, Mo etc.) zu einer unerwünschten Bildung von Gasblasen kommen. Beispielsweise kann es nach dem Läuterprozess und der Resorption der Restgase zu einem erhöhten Wassergehalt, z. B. an der Metallwandung oder in einem Metallrohr, kommen. An dem Metall spaltet sich das Wasser auf und der Wasserstoff diffundiert durch das Metall hindurch nach Außen. Hingegen verbleibt der Sauerstoff in der Glasschmelze und bildet O2-Gasblasen, die sich von dem Metall ablösen und als sog. Sekundärblasen in Erscheinung treten.
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In der
EP 1 101 740 B1 wird ein Verfahren zur Unterdrückung einer solchen (stromlosen) Bildung von Sauerstoffblasen an der Kontaktfläche zwischen einer Glasschmelze und einem aus Edelmetall bestehendem Bauteil bzw. Produktionsaggregat beschrieben. Dazu wird vorgeschlagen, dass das Bauteil elektrisch leitend mit mindestens einer Elektrode verbunden wird, die beabstandet von dem Bauteil in der Glasschmelze angeordnet ist, wobei zwischen der Elektrode und dem Bauteil bzw. Produktionsaggregat ein Potentialgefälle derart erzeugt wird, dass ein Strom fließt. Beispielsweise wird das Potentialgefälle erzeugt, indem das Bauteil bzw. Produktionsaggregat mit dem Minuspol und die Elektrode mit dem Pulspol einer Gleichspannungsquelle verbunden werden.
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Aufgabe der Erfindung ist es, Verfahren und Vorrichtungen vorzuschlagen, die auch einer strombedingte Gasblasenbildung effektiv entgegenwirken können.
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Gelöst wird die Aufgabe durch Verfahren und Vorrichtungen gemäß den nebengeordneten Ansprüchen.
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Demnach wird ein Verfahren vorgeschlagen, das zur Herstellung von Glas mittels Betrieb mindestens eines Produktionsaggregats dient, in dem sich eine Glasschmelze befindet, wobei Elektroden, die in die Glasschmelze hineinragen, zur Beheizung der Glasschmelze mittels Wechselstrom verwendet werden. Dabei wird eine Glasschmelze verwendet, die einen geringen Gehalt an Redox-Puffern aufweist, so dass in der Glasschmelze sich ein Gleichstrom mit einer Stromdichte ausbildet, die einen für eine Gasblasenbildung in der Glasschmelze kritischen Schwellwert übersteigt, wobei zur Verringerung der Gasblasenbildung eine Betriebsfrequenz des beheizenden Wechselstroms auf eine Mindestfrequenz eingestellt wird, wodurch die sich ausbildende Stromdichte unterhalb eines kritischen Schwellwertes bleibt.
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Demnach wird die Gasblasenbildung in einer über Elektroden mit Wechselstrom beheizten Glasschmelze durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 vermieden. Dabei geht die Erfindung von der Erkenntnis aus, dass wenn eine Glasschmelze verwendet wird, die einen Gehalt an Redox-Puffern aufweist, der kleiner als 5000 ppm ist, sehr leicht eine strombedingte Gasblasenbildung auftreten kann, so dass dann zu prüfen ist, ob in der Glasschmelze sich ein Gleichstrom mit einer Stromdichte ausbildet, die einen vorgebbaren, für die Gasblasenbildung kritischen Schwellwert übersteigt. Demnach liegt der Erfindung auch die Erkenntnis zu Grunde, dass die Glasblasenbildung nicht durch den Wechselstrom, sondern durch einen Gleichstrom hervorgerufen wird, welcher aufgrund von Gleichrichtereffekten in der Glasschmelze, insbesondere an den metallischen Kontaktflächen, auftreten. Somit wird als z. B. eine Gegenmaßnahme vorgeschlagen, an mit der Glasschmelze in Kontakt stehenden Elektroden eine Gleichspannung anzulegen, die einen Kompensations-Gleichstrom in der Glasschmelze erzeugt, der dem Gleichstrom entgegen wirkt.
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Zudem hat der Erfinder erkannt, dass eine Gasblasenbildung nur dann auftritt, wenn die Stromdichte einen bestimmten Schwellwert (kritische Stromdichte) übersteigt, wobei der Schwellwert von vielen Parametern anhängig sein kann, insbesondere auch von der Frequenz des Wechselstroms. Somit wird als eine weitere alternative oder zusätzliche Maßnahme vorgeschlagen, die Betriebsfrequenz des beheizenden Wechselstroms auf einen Wert zu erhöhen, der größer als 100 Hz ist. Dies führt dazu, dass die auftretenden Stromdichten möglichst unterhalb des kritischen Wertes bleiben.
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Die Erfindung erkennt, verhindert oder reduziert zumindest sehr effektiv das Auftreten von Sekundärblasen, welche z. B. O2-, So2-, N2- oder CO2-Gasblasen sein können. Die Gasblasen entstehen bevorzugt in Gläsern, die entweder oxidische Läutermittel in geringen Konzentrationen (kleiner 5000 ppm) oder nicht-oxidische Läutermittel (Sulfat, Chlorid etc.) enthalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gefahr der strombedingten Sekundarblasenbildung mit abnehmender Frequenz zunimmt.
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Die Erfindung zeichnet sich besonders durch folgende Kombination von Maßnahmen aus:
- • Elektroden, die in die Glasschmelze hineinragen zur Beheizung der Glasschmelze mittels Wechselstrom.
- • Die Glasschmelze weist einen geringen Gehalt an Redox-Puffern auf, so dass in der Glasschmelze sich ein Gleichstrom mit einer Stromdichte ausbildet, die einen für eine Gasblasenbildung in der Glasschmelze kritischen Schwellwert übersteigt.
- • Zur Verringerung der Gasblasenbildung wird eine Betriebsfrequenz des beheizenden Wechselstroms auf eine Mindestfrequenz eingestellt, wodurch die sich ausbildende Stromdichte unterhalb eines kritischen Schwellwertes bleibt.
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Passend zu dem hier vorgeschlagenen Verfahren wird auch eine Vorrichtung vorgeschlagen, die zur Herstellung von Glas mit mindestens einem Produktionsaggregat dient, in dem sich eine Glasschmelze befindet, wobei die Vorrichtung Elektroden aufweist, die in die Glasschmelze hineinragen und die Glasschmelze mittels Wechselstrom beheizen. Dabei wird das mindestens eine Produktionsaggregat mit einer Glasschmelze beschickt, die einen geringen Gehalt an Redox-Puffern aufweist, so dass in der Glasschmelze sich ein Gleichstrom mit einer Stromdichte ausbildet, die einen für eine Gasblasenbildung in der Glasschmelze kritischen Schwellwert übersteigt, wobei die Vorrichtung Elektroden aufweist, die mit einem beheizenden Wechselstroms gespeist werden, dessen Betriebsfrequenz zur Verringerung der Gasblasenbildung auf eine Mindestfrequenz eingestellt ist, wodurch die sich ausbildende Stromdichte unterhalb eines kritischen Schwellwertes bleibt.
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Weiterhin wird ein Überwachungsverfahren zur Vermeidung von Gasblasenbildung beim Betrieb mindestens eines Produktionsaggregats vorgeschlagen, in dem sich eine Glasschmelze befindet, wobei Elektroden, die in die Glasschmelze hineinragen, zur Beheizung der Glasschmelze mittels Wechselstrom verwendet werden. Wenn eine Glasschmelze verwendet wird, die einen Gehalt an Redox-Puffern aufweist, der kleiner als 5000 ppm ist, dann geprüft wird, ob in der Glasschmelze sich ein Gleichstrom mit einer Stromdichte ausbildet, die einen vorgebbaren, für die Gasblasenbildung kritischen Schwellwert übersteigt.
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Passend dazu wird auch eine Überwachungsvorrichtung zur Vermeidung von Gasblasenbildung beim Betrieb mindestens eines Produktionsaggregats vorgeschlagen, in dem sich eine Glasschmelze befindet, wobei das Produktionsaggregat Elektroden aufweist, die in die Glasschmelze hineinragen und die Glasschmelze mittels Wechselstrom zu beheizen. Wenn eine Glasschmelze verwendet wird, die einen Gehalt an Redox-Puffern aufweist, der kleiner als 5000 ppm ist, prüft die Vorrichtung, ob in der Glasschmelze sich ein Gleichstrom mit einer Stromdichte ausbildet, die einen vorgebbaren, für die Gasblasenbildung kritischen Schwellwert übersteigt.
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Schließlich wird auch eine Messanordnung zur Bestimmung von Stromdichten in einer Glasschmelze zwecks Vermeidung von Gasblasenbildung in der Glasschmelze vorgeschlagen, wobei die Messanordnung eine in die Glasschmelze oder in eine Probe davon hineinragende Elektrode und eine Wechselspannung erzeugende Spannungsquelle aufweist, wobei deren erster Pol mit der Elektrode verbunden wird und deren zweiter Pol mit einem metallischen Bauteil, insbesondere Behältnis, des mindestens einen Produktionsaggregats verbunden ist, um einen Mess-Stromkreis zur Messung eines Gleichstroms auszubilden.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen beschrieben, wobei auf die beiliegenden Figuren Bezug genommen wird.
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1 zeigt den schematischen Aufbau einer zur Glasherstellung geeigneten Anlage mit den entsprechenden Produktionsaggregaten;
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2 veranschaulicht in Form von Ablaufdiagrammen die erfindungsgemäßen Verfahren;
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3 zeigt in einer schematischen Darstellung den Aufbau einer erfindungsgemäßen Messanordnung; und
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4 zeigt in Form von Kurvenverläufen verschiedene Messergebnisse, insbesondere den Partialdruck des Sauerstoffgehalts an einer Elektrode bzw. dem metallischen Behältnis;
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5 zeigt einen Pt-Rohrabschnitt, an dem die Erfindung angewendet wird; und
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6 zeigt einen Rührtiegel aus Metall, an dem die Erfindung angewendet wird.
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Die 1 zeigt eine Anlage zur Glasherstellung, wobei insbesondere folgende Produktionsaggregate vorgesehen sind:
Eine Schmelzwanne SW, in der sich eine Glasschmelze FS befindet und die einen ersten Bereich (links, Schmelzbereich) und einen zweiten Bereich (rechts, Läuterbereich) aufweist. Die innere Wandung der Schmelzwanne SW ist beispielsweise mit Platin beschichtet. Anschließend folgt eine Speiserinne SR, die ebenfalls von Innen mit Platin beschichtet ist und über die die geläuterte Glasschmelze FS in einen Rührtiegel RT geführt wird. Darin befindet sich ein metallbeschichteter Rührstab RS. Diese Produktionsaggregate können mit Strom beaufschlagt sein, so dass zusätzlich zu der thermisch bedingten Gasblasenbildung auch noch eine strombedingte Gasblasenbildung auftreten kann.
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Der Erfinder geht insbesondere von folgenden Szenarien aus: In Schmelzwannen und Läuterwannen werden Elektroden aus Metall (Mo, W, Pt, Pt-Legierungen, SnO2 etc.) in die Glasschmelze eingetaucht. Zwischen diesen Elektroden wird dann eine Spannung (Wechselspannung) angelegt, wodurch über das Glas als Elektrolyten dann ein Strom (Heizstrom) fließt, da Glas im geschmolzenen Zustand eine gute elektrolytische Leitfähigkeit aufweist.
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In Speiserinnen und Rührtiegeln gibt es zwei Möglichkeiten zur elektrischen Beheizung: Sind Speiserinnen und Rührtiegel aus einem nicht-leitenden Material gefertigt, so kommen hier ebenso Elektroden zum Einsatz. Sind Speiserinnen und Rührtiegel aus einem leitfähigen Material gefertigt, wie z. B. Pt oder Pt-Legierung, so werden diese leitfähigen Materialien über Flansche direkt mit einem Strom beaufschlagt.
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In allen Fällen werden die metallischen Bauteile in der Regel mit einem Wechselstrom beaufschlagt, wobei üblicherweise mit einer Frequenz von 50 Hz (Netzfrequenz) gearbeitet wird. Wenn nun an der Grenzfläche zwischen leitendem Material und Glas der Strom in das Glas gelangt, kann es zur Bildung strominduzierter Sekundärblasen kommen.
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Der Erfinder hat erkannt, dass die Randbedingungen unter denen es zu einer solchen Sekundärblasenbildung kommt, insbesondere von folgenden Parametern abhängt:
- – Art des leitenden Materials. Hier sind besonders Pt, Pt-Legierungen, Ir und andere Edelmetalle kritisch. Mo, W, SnO2 weisen in der Regel höhere, kritische Stromdichten auf.
- – Frequenz des Stroms. Je höher die Frequenz desto höher auch die kritische Stromdichte.
- – Grundzusammensetzung des Glases
- – Dotierungen im Glas. Enthält die Schmelze z. B. eine oxidische Verbindung der folgenden Elemente (Sn, As, Sb, Bi, V, Nb, Cr, Mo, W, Mn, Fe, Co, Ni, Cu, Eu, Ce) so liegt die kritische Stromdichte höher als in Gläsern ohne eine solche Dotierung.
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Wenn nun ein existierendes Glas geschmolzen wird (in einer zumindest teilweise mit Strom geheizten Produktionsanlage), liegt in der Regel folgender Fall vor:
Sofern das Glas bereits seit einiger Zeit in dem Aggregat geschmolzen wird und selbst bei niedriger Frequenz von z. B. 50 Hz keine Sekundärblasen auftreten, braucht die Erfindung nicht angewendet zu werden. Das gilt auch, wenn Gläser verwendet werden, die ein geeignetes Läutermittel aufweisen, z. B. eine oxidische Verbindung der oben genannten Elemente, und wenn die Anlage so dimensioniert ist, dass für diese speziellen Gläser keine kritischen Stromdichten auftreten (können).
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Allerdings sollte die Erfindung dann zum Einsatz kommen, wenn beispielsweise folgende Punkte zu beachten sind:
- – Gewisse Dotierungen im Glas müssen geändert werden, weil sie z. B. sind aufgrund geänderter Bestimmungen oder Randbedingungen nicht mehr erlaubt sind.
- – Es soll eine neue Zusammensetzung geschmolzen werden, deren Prozessfenster noch nicht bekannt ist.
- – Vorhandene Wannen müssen teilweise umgebaut werden, um bestimmte neue Anforderungen zu erfüllen.
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In solchen Fällen liegt ein verändertes oder unbekanntes Prozessfenster vor, welches aber dennoch eingehalten werden muss, um wirksam die strombedingte Bildung von Sekundärblasen zu verhindern.
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Die Erfindung ist insbesondere auf solche Gläser bzw. Glasschmelzen anzuwenden, die entweder sehr wenig oxidische Zusätze der oben genannten Elemente (Läutermittel) oder nicht-oxidische Läutermittel (Sulfat, Chlorid, Bromid etc.) enthalten. Denn bei diesem Gläsern müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Bildung der Sekundärblasen zu vermeiden, da diese Gläser in der Regel sehr kleine Prozessfenster aufweisen.
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Der Erfinder geht von der Erkenntnis aus, dass die Sekundärblasen maßgeblich durch einen Gleichstrom verursacht werden. Der Wechselstrom (Heizstrom) an sich führt zu keiner Blasenbildung. Der Gleichstrom rührt von einer Gleichrichtung des Wechselstroms her, wobei das Ausmaß des Gleichrichtungseffekts von vielen Faktoren abhängen kann, insbesondere auch von der Frequenz des Wechselstroms. Es wurde folgendes erkannt: Je höher die Frequenz, desto kleiner die Gleichrichtung. Das bedeutet, dass höhere Frequenzen die für die Blasenbildung markante kritische Stromdichte erhöhen.
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Zur Vermeidung solcher Gasblasenbildungen werden nun folgende Schritte durchgeführt. Hierzu wird auch auf die 2 verwiesen, die die Verfahrensstufen des Verfahrens 100 veranschaulicht. Auch wird auf die übrigen Figuren verwiesen, um die folgende Beschreibung weiter zu veranschaulichen.
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Ausgegangen wird von einem Grundzustand, bei dem ein Glas auf der Grundlage vorhandener Spezifikationen von seiner Zusammensetzung her festgelegt ist. Dies gilt auch für die Menge an Läutermitteln, die den Redoxpuffer darstellen. Dieses Glas soll in einem Produktionsaggregat unter Einbringung einer gewissen Menge elektrischer Energie geschmolzen werden.
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In einer Verfahrensstufe 110 wird das Prozessfenster bestimmt, d. h. es werden wesentliche Materialparameter bestimmt bzw. ermittelt. Dazu wird in einer Messanordnung MA (siehe 3), die sich z. B. in einem Labor befindet, das Prozessfenster, welches insbesondere durch die Stromdichte definiert ist, in Abhängigkeit der Temperatur und Frequenz für das Glas in seiner bekannten Zusammensetzung bestimmt. Dabei wird auch das Ausmaß der Gleichrichtung von Wechselstrom zu Gleichstrom ermittelt. Auf weitere Details wird später noch mit Verweis auf die 3 eingegangen.
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In einer Verfahrensstufe 120 wird das Produktionsaggregat konfiguriert, wobei dies auch anhand einer Simulation erfolgen kann. Dazu werden auf der Grundlage der zuvor gewonnenen materialtypischen Parameter (s. Verfahrensstufe 110) nun systemtypische Parameter ermittelt, insbesondere ein Soll-Wert für die Betriebsfrequenz des beheizenden Wechselstroms. Auch können die Parameter z. B. eine Umverteilung der Heizenergie betreffen und/oder eine Veränderung (Konfiguration/Dimensionierung) von Bauteilen. Das betrifft insbesondere eine Veränderung der metallischen Bauteile hinsichtlich ihrer Geometrie und/oder ihres Materials, um kritische Stromdichten zu vermeiden. Es bedarf jedoch keiner Maßnahmen, sofern die Simulation ergibt, dass die im Produktionsaggregat zu erwartenden Stromdichten (in Abhängigkeit von Temperatur und Frequenz) unterhalb der entsprechend kritischen Stromdichten aus dem Labor liegen. In diesem Fall kann das Glas geschmolzen werden, es muss nur später im laufenden im Produktionsbetrieb die Stromdichten erfasst bzw. überwacht werden, um kritische Abweichungen zu erkennen und dann Maßnahmen einzuleiten.
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In einer späteren Verfahrensstufe 130 wird also während des laufenden Produktionsbetriebs eine Überwachung durchgeführt. Dabei werden in Abhängigkeit des Produktionsaggregats und der Eigenschaften des Glases (z. B. elektrische Leitfähigkeit) die Stromdichten an den metallischen Bauteilen ermittelt. Diese Werte werden dann mit den Werten aus dem Labor verglichen.
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Falls im laufenden Prozess die kritischen Stromdichten überschritten werden, werden Gegenmaßnahmen eingeleitet, die z. B. die Umverteilung der notwendigen elektrischen Energie betreffen. Ist das nicht möglich, so kann eine Veränderung der metallischen Bauteile (Geometrie und/oder Material) Abhilfe schaffen und die kritische Stromdichten vermeiden. Falls auch diese Maßnahme nicht greifen oder nicht möglich sein sollte, sind folgende Maßnahmen geeignet, wobei diese Maßnahmen auch alternativ angewendet werden können:
- – Falls die Stromdichte des zur Beheizung eingesetzten Wechselstroms zu hoch ist, muss die Frequenz des Wechselstroms erhöht werden.
- – Falls die Erhöhung der Frequenz des Heizstroms nicht ausreichend hoch ist oder nicht so eingestellt werden kann, wird eine entsprechende Gegenspannung (Gleichspannung) angelegt, um die Auswirkungen der Überschreitung der kritischen Gleichstromdichte zu unterbinden. Diese Maßnahme kann auch zusätzlich zu der obigen angewendet werden.
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Es hat sich gezeigt, dass das mindestens eine Produktionsaggregat mit einem Wechselstrom bestromt werden sollte, der eine nicht zu geringe Frequenz aufweist. Dabei sollte eine Mindestfrequenz von 100 Hz nicht unterschritten werden. Wenn machbar, sollte die Frequenz aber durchaus 1000 Hz oder mehr betragen. Frequenzen von 5000 Hz oder mehr lieferten gute Ergebnisse.
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Anhand der 3 wird nachfolgend der Aufbau der erfindungsgemäßen Messanordnung MA beschrieben, mit der das Messverfahren zur Bestimmung von kritischen Stromdichten durchgeführt werden kann. Die Messanordnung MA ist an einem Versuchs-Tiegel TG angebracht, in dem sich die Probe FS' einer Glasschmelze befindet. Der Tiegel TG ist von Innen mit einem Metall, hier mit Platin, beschichtet und wirkt somit als Gegenelektrode zu einer in die Glasschmelze eingeführten Elektrode ES, die am unteren Ende eine Scheibe aufweist.
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Die Messanordnung MA enthält eine zweipolige Spannungsquelle LE bzw. Leistungseinheit, die eine Wechselspannung mit veränderbarer Frequenzen erzeugen kann, um eine Spannung zwischen der Elektrode ES und der metallischen Innenwandung des Tiegels TG anzulegen, die somit als Gegenelektrode wirkt. Dabei ist der erste Pol der Leistungseinheit LE mit der Elektrode ES verbunden und der zweite Pol ist über einen Mess-Shunt R bzw. Messwiderstand R mit der metallischen Wandung des Tiegels TG verbunden.
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Durch Strommessungen an den Zuleitungen bzw. am Mess-Shunt R kann der Wechselanteil IAC wie auch der Gleichanteil IDC ermittelt werden. Aus dem Gleichstromanteil IDC ergibt sich die gesuchte Stromdichte, welche für eine Blasenbildung ursächlich ist.
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Es ist vorgesehen, dass die Elektrode E bzw. die daran ausgebildete Scheibe ES rotiert. Dazu weist die Messanordnung MA einen Antrieb auf, der hier durch einen Elektromotor M mit Getriebe realisiert ist.
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Das Auftreten von Gasblasen an der Elektrodenscheibe ES kann nicht ohne Aufwand mit bloßem Auge erkannt werden. Denn dazu müsste die Elektrode ES aus der Glasschmelze entfernt werden, so dass der Messaufbau wieder hergestellt und in einen stationären Zustand überführt werden müsste.
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Um nun das Auftreten von Gasblasen messtechnisch und damit einfacher erkennen zu können, weist die Messanordnung MA noch folgende Komponenten auf:
In der Glasschmelze ES' ist noch eine Referenz-Elektrode TS positioniert, die hier zugleich auch als Temperatursensor TS dient. An der Referenz-Elektrode bzw. Sonde, die z. B. mit ZrO2 beschichtet ist, sind die Anschlüsse von zwei Messgeräten EMK und EMK* angeschlossen. Der andere Anschluss des ersten Messgerätes EMK ist mit dem Tiegel TG, d. h. mit der Gegenelektrode, verbunden. Der andere Anschluss des zweiten Messgerätes EMK* ist mit der rotierenden Elektrode ES und deren Scheibe verbunden.
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Mit dem zweiten Messgerät EMK* kann eine elektromagnetische Kraft gemessen werden, die auf den an der Elektrode E herrschenden Partialdruck für den Sauerstoffgehalt (siehe pO2* in 4) schließen lässt, der wiederum ein Indikator für Blasenbildung ist. Das erste Messgerät EMK misst die elektromagnetische Kraft bezüglich des Tiegels TG, d. h. der Gegenelektrode, und gibt somit den dort herrschenden Partialdruck an (siehe pO2 in 4).
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Die Erfindung macht sich folgende Erkenntnisse zu nutze:
Typische Werte für kritische Stromdichten (an Pt), bei denen es im Glas zur Bildung strombedingter Sekundarblasen kommen kann, sind bei Gleichstrom z. B. 5–500 μA/cm2. Beim Beheizen durch Wechselstrom mit 50 Hz liegt diese Stromdichte deutlich höher (z. B. 5–500 mA/cm2). Denn zum Beheizen werden Heizströme (Wechselströme) im Bereich von 100–5000 A und höher eingesetzt. Je nach Geometrie der metallischen Bauteile können dann Stromdichten im mA-Bereich sehr leicht erreicht werden. Darüber hinaus kann es durch Reaktionen an der Oberfläche der metallischen Bauteile zu Gleichrichtereffekten kommen. D. h. ein Teil des Wechselstroms wird zu Gleichstrom, welcher letztlich für die Sekundärblasenbildung verantwortlich ist.
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Ursachen für das Fließen der Ströme sind letztendlich elektrische Potentiale die an den metallischen Bauteilen anliegen. So kann die Bildung der verschiedenen Blasentypen mit bestimmten Potentialen an den metallischen Bauteilen in Verbindung gebracht werden. Beispielsweise kann die Bildung von 02-Blasen mit positiven elektrischen Potentialen verbunden sein. Die Bildung von z. B. S02-Blasen ist hingegen typischerweise mit negativen Potentialen verbunden. Das bedeutet für den Gleichstromfall, dass sich an der Anode (Plus-Pol) z. B. 02-Blasen und an der Kathode (Minus-Pol) z. B. S02-Blasen ausbilden. Im Falle, dass Wechselstrom fließt, bildet sich während der positiven Halbwelle z. B. 02 und während der negativen Halbwelle z. B. S02 aus.
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Im Rahmen von Untersuchungen zeigte sich, dass in Gläsern, die entweder oxidische Läutermittel in geringen Konzentrationen (< 5000 ppm) oder nicht-oxidische Läutermittel (Sulfat, Chlorid etc.) enthalten, die kritischen Stromdichten besonders niedrig sind. Mit Hilfe der hier vorgeschlagene Messanordnung kann quantifiziert werden, wie groß die Gleichrichtereffekte an metallischen Bauteilen in diesen Gläsern sind.
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Es wurde erkannt, dass zur Reduzierung der strominduzierten Sekundärblasen möglichst hochfrequente Wechselströme verwendet werden sollten. Je nach Art des metallischen Bauteils (Art des Materials, Form des Bauteils) kann es vorkommen, dass die Anwendung von möglichst hochfrequenten Wechselströmen alleine nicht ausreicht. Es sollten dann, insbesondere bei den oben angesprochenen Glasern, zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um den durch Gleichrichtung fließenden Gleichstrom zu kompensieren.
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Bei dem vorgeschlagenen mehrstufigen Prozess (s. 2) werden zunächst mit geeigneten Labormethoden die kritischen Stromdichten in Abhängigkeit der Frequenz für das jeweilige relevante Glas bestimmt. Der dazu eingesetzte Messaufbau (s. 3) erfüllt mehrere Ziele:
- – In erster Linie werden kritische Stromdichten gemessen (s. auch Verfahrensstufe 110 in 2). Dazu werden gleichzeitig der angelegte Wechselstrom (über eine Stromzange) und der aus dem Wechselstrom durch Gleichrichtung erzeugte Gleichstrom über einen Shunt gemessen. Dadurch wird eine gleichzeitige Messung von hohen Wechselströmen und kleinen Gleichströmen ermöglicht.
- – Es wird eine rotierende Elektrode bzw. Elektrodenscheibe eingesetzt, die es ermöglicht, strömendes Glas (analog zu Produktionsaggregat) zu simulieren. Denn der Glasfluss hat eine entsprechende Auswirkung auf vorhandene Prozessfenster. Es wurde erkannt, dass mit stehenden Elektroden zu kleine Prozessfenster im Labor bestimmt werden würden, welche mit den Prozessfenstern in der Produktion (mit Glasfluss) nicht identisch wären.
- – Mit dem vorgeschlagenen Aufbau können aus den angelegten Strömen und den daraus resultierenden EMK-Messungen (= Potentialmessungen) die Größen ermittelt werden, die notwendig sind, um die Stromdichten an Produktionsaggregaten zu simulieren (Polarisationswiderstände etc.).
- – Die kritische Stromdichte die zur Blasenbildung führt, ist letztendlich die relevante Messgröße. Die Stromdichten werden im Versuchsaufbau über die Messung des Gleichstroms mittels Shunt, der Messung des Gleichstroms mittels Stromzange und der bekannten Oberfläche der Messelektrode (Pt-Scheibe) ermittelt.
- – Die EMK-Messung hat den zusätzlichen Nutzen einer messtechnischen Erfassung von Blasenbildung. Ansonsten müsste nach jedem Versuch die Scheibe entnommen werden, um evtl. gebildete Blasen durch Inaugenscheinnahme festzustellen, wodurch sich die Versuchsdauer deutlich verlängern würde. Da die Bildung von Blasen mit speziellen EMK-Werten (Potentialen) in Verbindung stehen, kann mit Sicherheit gesagt werden, dass bei Überschreitung gewisser Potentiale entsprechende Blasen gebildet werden. Wenn beispielsweise ein Potential von 0 mV überschritten wird, bilden sich O2-Blasen. Somit kann die Blasenbildung ohne Entnahme der Elektrode aus der Schmelze festgestellt werden, was die Versuchsdauer erheblich verkürzt. Durch die messtechnische Erfassung ist eine Online-Bestimmung durchführbar, die anzeigt, ob sich Blasen bilden oder nicht.
- – In Kombination mit den Stromdichten Bestimmung relevanter Daten (Polarisationswiderstände etc.), die für die Simulation von Stromdichten an Produktionsaggregaten benötigt werden.
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Demnach sollte zur Bestimmung der kritischen Stromdichten und der Gleichrichtung im Labor der beschriebene Versuchsaufbau vorzugsweise folgende Eigenschaften aufweisen:
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Simulation von Glasfluss durch eine rotierende Elektrode (Scheibe als Messelektrode)
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Eine geeignete Gegenelektrode, die zu keinen störenden Einflüssen (z. B. Blasenbildung) führt. Daher sollte die Gegenelektrode deutlich größer als Messelektrode sein. Als Gegenelektrode wird z. B. die Tiegelwand verwendet.
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Gleich- und Wechselstrom sollten gleichzeitig bestimmt werden, da ansonsten nicht die exakten kritischen Stromdichten und das Ausmaß der Gleichrichtung bestimmt werden können. Deshalb werden vorzugsweise spezielle Messshunts verwendet.
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Durch die Messanordnung soll alternativ zu einer rein visuellen Beurteilung eine rein messtechnische Möglichkeit zur Bestimmung der Blasenbildung in Schmelzen geschaffen werden. Dazu wird die oben beschriebene p02-Messungen mit geeigneter Drei-Elektroden-Anordnung vorgeschlagen. Wenn nämlich an der rotierenden Elektrode Blasen gebildet werden, ist dies mit typischen p02-Werten verbunden. Beispielsweise treten bei 02-Blasen recht hohe p02-Werte > 1 bar auf. Bei S02-Blasen sind hingegen niedrige p02-Werte vorhanden. Die 4 zeigt die p02-Werte der rotierenden Elektrode aus 3 in Abhängigkeit von verschiedenen Wechselströmen und Gleichrichtereffekten. Es ist deutlich zu erkennen, dass bei einer Wechselstromdichte von 40 mA/cm2 (50 Hz) und einer Gleichstromdichte von ca. 450 μA/cm2 (Gleichrichtung) der p02 deutlich über 1 bar ansteigt. Dieser p02 ist üblicherweise mit einer Blasenbildung verbunden. Zur Kontrolle wurde die rotierende Scheibe nach Entnahme aus der Schmelze geprüft und es zeigte sich, dass die Scheibe mit Blasen übersät war. Eine Inhaltsanalyse dieser Blasen ergab dann auch einen entsprechend hohen 02-Anteil in den Blasen von mehr als 80%.
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Zur Konfiguration von Produktionsaggregaten wird anschließend die Verfahrensstufe 120 (s. 2) durchgeführt. Durch Berechnungen von den Prozessen in Produktionsaggregaten (Berücksichtigung von Zusammensetzung des Glases, des Läutermittels, Größe und Material von metallischen Bauteilen, notwendigen Prozesstemperaturen etc.) werden zu erwartende Stromdichten ermittelt. Durch Abgleich mit den Werten aus dem Labor wird die Frequenz des notwendigen Wechselstroms (z. B. zur Beheizung) festgelegt.
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Sind kritische Bauteile nicht leitend miteinander verbunden oder liegt die kritische Stromdichte an einem einzelnen Bauteil an, kann keine direkte Strommessung durchgeführt werden. In diesem Fall müssen die Stromdichten an den betreffenden metallischen Bauteilen berechnet werden. Dazu müssen von den metallischen Bauteilen die anliegenden Potentiale und Temperaturen sowie Abmessungen bekannt sein. Zusammen mit im Labor bestimmten Kennwerten (elektrischen Leitfähigkeiten, Gleichrichtereffekte und daraus abgeleitete Diffusions-Koeffizienten bzw. Polarisationswiderstände) lassen sich dann per Simulation die am Metallbauteil anliegenden Gleich-Stromdichten ortsaufgelöst simulieren. Grundlage für diese Simulation (s. Verfahrensstufe 110 in 2) ist u. a. das Ohmsche Gesetz. Aus den Temperaturen, Leitfähigkeiten und Polarisationswiderständen lassen sich die Gesamtwiderstände berechnen. Mit den anliegenden Potentialen, die gemessen werden können, lassen sich dann die anliegenden Gleich-Stromdichten berechnen. Solange sich Temperaturen und Glaszusammensetzungen nicht ändern, werden sich auch nicht die Gesamtwiderstände ändern. Über eine Bestimmung der anliegenden Potentiale lassen sich somit Online die Stromdichten berechnen.
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Demnach erfolgt auch für die Konfiguration der Anlage eine Bestimmung und Messung von Strömen in Produktionsaggregaten.
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Wenn die kritischen Stromdichten in Abhängigkeit von den jeweiligen Gläsern, den Frequenzen und Gleichrichtereffekten bestimmt sind, müssen diese Werte mit den Stromdichten in Produktionsaggregaten verglichen werden, um Sekundärblasenbildung zu vermeiden.
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Im Vorlauf des Aufbaus eines Produktionsaggregats können über die Glassorte, benötigte Energiemengen und elektrischen Leitfähigkeiten der Gläser notwendige Strommengen berechnet werden. Über die Geometrien und zu erwartenden Temperaturen an elektrischen Bauteilen können dann zu erwartende Stromdichten ermittelt werden. Nach einem Abgleich mit entsprechenden Laborwerten kann dann entschieden werden, welche Frequenzen (Sollwerte) für die Wechselströme am Besten geeignet sind.
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Häufig werden an bestehenden Produktionsaggregaten neue Glaser oder Glaser mit veränderten Läutermitteln geschmolzen. In diesem Fall kann leicht der Fall eintreten, dass kritische Stromdichten erreicht werden. Dann sollten insbesondere folgende Maßnahmen angewendet werden:
- – Die Beheizung wird auf die erforderliche Stromfrequenz umgestellt.
- – Die Energieverteilung wird so geändert, dass kritische Stromdichten vermieden werden können.
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Jedoch kann damit nicht zwingend die Vermeidung von Gleichrichtereffekten erreicht werden, die zu kritischen Gleichstromdichten führen können. Von daher sollten zur sicheren Unterdrückung der Sekundarblasenbildung bevorzugt die Wechselströme und die Gleichströme erfasst werden. Dabei kann evtl. das Problem auftreten, dass nicht unbedingt alle Ströme direkt messbar sind, weil beispielsweise viele metallische Bauteile nicht direkt elektrisch miteinander verbunden sind. In solchen Fällen sollten die Ströme indirekt über Messungen bzw. Berechnung von Widerständen und Potentialen ermittelt werden. Dabei ist es sehr hilfreich, wenn die Stromdichten ortsaufgelöst bekannt sind.
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Das bedeutet: Sind nur die mittleren Stromdichten (bezogen auf die gesamte Fläche von metallischen Bauteilen) bekannt, können diese unterhalb der bekannten kritischen Stromdichten liegen. Es wurde erkannt, dass an elektrischen Bauteilen die lokalen Stromdichten teilweise um eine Größenordnung verschieden sein können. Beispielsweise sind an Pt-Rinnen die Stromdichten am Ein- und Ausgang der Rinnen besonders hoch, während sie in der Mitte der Rinne deutlich niedriger liegen.
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In der Verfahrensstufe 130 (siehe 2) erfolgt die Überwachung und Anpassung von Parametern während des Betriebs des Produktionsaggregats.
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Dazu werden die vorhandenen Stromdichten (Gleich- und Wechselstrom) durch Messung geeigneter Größen (Potentiale, Widerstände, Ströme) und entsprechende Modellierung dieser Größen ermittelt und Online erfasst bzw. überwacht.
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Es wird geprüft, ob es je nach Einstellung des Produktionsaggregats zu einer kritischen Gleichstromdichte (durch Gleichrichtung von Wechselströmen) kommt. Ist dies der Fall, so wird dies durch eine anzulegende Gegenspannung ausgeglichen. Diese Gegenspannung wird kontinuierlich mit dem kritischen Gleichstrom abgeglichen, um dauerhaft die Bildung von Sekundärblasen zu unterbinden.
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Es erfolgt also eine kontinuierliche Bestimmung von Wechsel- und Gleichströmen (entweder direkt über Strommessung oder indirekt über Potential-Widerstandsmessungen) und ein Abgleich mit im Labor bestimmten Prozessfenstern.
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Wenn kritische Wechselstromdichten erreicht werden, sollte die Energieverteilung geändert werden und/oder die Beheizungsfrequenz erhöht werden.
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Wenn eine kritische Gleichrichtung stattfindet, sollte eine Gegenspannung angelegt werden, um die Blasenbildung zu vermeiden. Dabei muss die Gegenspannung ebenso wie die kritischen Stromdichten kontinuierlich gemessen werden, um die Werte der Gegenspannung entsprechend anzupassen.
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Die Gegenspannung soll bevorzugt so angelegt werden, dass das Pt-Bauteil, an dem Blasen entstehen, gegen ein anderes Pt-Bauteil geschaltet wird, an dem durch das Anlegen der Spannung keine Blasen entstehen. Z. B. wird ein Pt-Bauteil, an dem sich O2-Blasen bilden (positives Potential), an den Minus-Pol der Spannungsquelle angeschlossen, um das Potential am Pt-Bauteil auf einen kritischen Wert zu senken. Im Falle, das am Blasen bildenden Pt-Bauteil ein zu hohes negatives Potential anliegt, würde dieses Bauteil an den positiven Pol der Spannungsquelle angeschlossen.
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Für den Fall, dass an einem wechselstrombeheizten Bauteil durch Gleichrichtung ein kritischer Gleichstrom (Blasenbildung) fließt und das Anlegen der entsprechenden Gegenspannung über ein zweites Pt-Bauteil aber nicht möglich ist, muss eine entsprechende Alternative gefunden werden. Diese Alternative besteht darin, die korrigierende Gegenspannung über geeignete Kontakte direkt am betreffenden Pt-Bauteil anzulegen.
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Die 5 zeigt ein Pt-Rohrabschnitt RA, durch den ein Glasfluss GF geleitet wird. Der Rohrabschnitt wird an den Enden über Heizflansche HF bzw. HF' mit einem Wechselstrom VAC zum Beheizen beaufschlagt. Durch Gleichrichtung des Wechselstroms kann nun der Fall auftreten, dass ortsaufgelöst positive Gleichspannungspotentiale anliegen (typischerweise am Ende und Anfang des Pt-Rohrabschnitts). Diese können dort zur O2-Blasenbildung führen. Würde nun einer der beiden Heizflansche an den positiven Pol der Gegenspannungsquelle und der zweite Heizflansch an den negativen Pol der Gegenspannungsquelle angeschlossen, so würde die O2-Blasenbildung nur an einem Heizflansch (negativer Pol) verhindert und am anderen Heizflansch verstärkt (positiver Pol).
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Für einen solchen Fall gibt es jedoch auch eine Lösung: Dabei wird in der Mitte des Pt-Rohrabschnitts RA ein zusätzlicher elektrischer Kontakt KM angebracht, der jedoch nicht mit Wechselstrom beaufschlagt wird. Somit liegen letztendlich drei Kontakte am Pt-Rohrabschnitt vor. Zur Vermeidung der Sekundärblasenbildung (z. B. O2) werden dann beide Heizflansche gemeinsam an einem (z. B. am negativen) Pol der Spannungsquelle angeschlossen und der zusätzliche elektrische Kontakt am anderen Pol der Spannungsquelle. Dadurch kann die Blasenbildung an beiden Heizflanschen vermieden werden.
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Wie anhand der 5 veranschaulicht wird, kann also der Blasenbildung entgegengewirkt werden durch Anlegen von jeweils einer Gegenspannung VDC1 bzw. VDC2 zwischen einem der Wechselstrom- bzw. AC-Flansche am Ende eines direkt beheizten Rohrabschnitts und einer am Kontakt KM vorgesehenen zusätzlichen Stromanzapfung, die in Längsrichtung des Bauteils gesehen mittig und möglichst axialsymmetrisch ausgebildet ist.
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Im Falle von Rührtiegeln RT aus Metall, in denen ein Rührer RS aus Metall eintaucht, muss dabei darauf geachtet werden, dass der zusätzliche elektrische Kontakt KM' in der Höhe der Rührflügel angebracht wird (siehe 6). Hier ermöglichen es Simulationsrechnungen, die entsprechende Position für den zusätzlichen elektrischen Kontakt zu finden.
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Wie anhand er 6 veranschaulicht wird, erfolgt bei Bauteilen mit innen anliegenden Rührern oder Nadeln die zusätzliche Anzapfung KM' dort, wo der Wandabstand zwischen beheizter Tiegelwand und Rührflügel bzw. Nadel geringer ist.
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Bezugszeichenliste
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- FS
- Glasschmelze mit Fiolax
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- Produktionsaggregate in Gestalt von:
- SW
- Schmelzwanne;
- SR
- Speiserinne;
- RT
- Rührtiegel;
- RS
- Rührstab
- 100
- Verfahren zur Vermeidung von Gasblasenbildung mit den Verfahrensstufen 110, 120 und 130:
- 110
- Bestimmung von Prozessfenstern (materialtypische Parameter)
- 120
- Simulation/Konfiguration von Produktionsaggregaten (systemtypische Parameter)
- 130
- Überwachung und Anpassung von Parametern im Betrieb
- MA
- Messanordnung zur Bestimmung von Stromdichten
- TG
- Behältnis, hier in Gestalt eines Tiegels (Platin beschichtet, wirkt auch als Gegenelektrode)
- OF
- Ofenheizung
- K
- Keramik
- E
- Elektrode mit ES Scheibe (rotierend)
- TS
- Referenz-Elektrode (hier mit Thermosensor integriert)
- M
- Antrieb, hier Elektromotor mit Getriebe
- LE
- Spannungsquelle (Leistungseinheit)
- R
- Messwiderstand (Shunt)
- IAC
- Messstrom (Wechselanteil)
- IDC
- Messstrom (Gleichanteil)
- EMK
- Messgerät für elekto-motorische Kraft am Tiegel
- EMK*
- Messgerät für elekto-motorische Kraft an Elektrode
- Temp
- Temperatur der Glasschmelze
- pO2
- Partialdruck des Sauerstoffs am Tiegel
- pO2*
- Partialdruck des Sauerstoffs an rotierender Scheibe
- RA
- Rohrabschnitt
- GF
- Glasfluss
- HF, HF'
- Heizflansche
- KM, KM'
- Zusatzkontakt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 10244040 C1 [0003]
- EP 1101740 B1 [0004]
- DE 102006003534 A1 [0005]
- DE 10304973 A1 [0005]
- DE 102004015577 A1 [0005]