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Die Erfindung beschreibt neue nicht-wässrige Flüssigelektrolyte, die in Lithium-Ionen-, Lithium-Metall- und Lithium-Schwefel-Batterien eingesetzt werden können, und die als Lösungsmittel nicht-lineare organische Carbonate, wie beispielsweise Propylencarbonat, umfassen.
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Stand der Technik
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Die nicht-wässrigen, aprotischen Elektrolyte, die heutzutage in den meisten kommerziellen wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien verwendet werden, enthalten organische Carbonate, wie z. B. Ethylencarbonat (EC) und Dimethylcarbonat (DMC), und Lithiumhexafluorophosphat als Leitsalz. Abgesehen von der hohen relativen Permittivität von EC, der damit einhergehenden guten lonensolvatisierung und Salzdissoziation und der Fähigkeit, Schutzschichten auf Kohlenstoff-basierten Elektroden, wie z.B. Graphit, auszubilden, haben ECbasierte Elektrolyte einen entscheidenden Nachteil. Der hohe Schmelzpunkt von EC (Tm = 36.6 °C)[1] führt zu einer geringen Batterieleistung bei niedrigen Temperaturen, so dass lineare Carbonate, wie z. B. Dimethylcarbonat (DMC), als Co-Lösungsmittel benötigt werden, da sie niedrige Viskositäten aufweisen und demnach den Ionentransport erleichtern. Die hohe Flüchtigkeit und Entflammbarkeit der linearen Carbonate führen prinzipiell zu einem Sicherheitsrisiko. Es ist daher notwendig, nach alternativen Lösungsmitteln zu suchen, gerade im Hinblick auf Anwendungen im größeren Maßstab, wie z.B. stationäre Energiespeichersysteme, die im Zuge der zunehmenden dezentralen Energieerzeugung wachsender Bestandteil der Netzinfrastruktur sind. Vor allem für private Haushalte sind die Anforderungen an die Sicherheit der Batterien sehr hoch.
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Alternative Lösungsmittel sollten sowohl hohe relative Permittivitäten aufweisen, um eine hohe Löslichkeit und Dissoziation des Lithiumsalzes zu ermöglichen, als auch in der Lage sein, stabile Schutzschichten auf den Elektroden auszubilden, eine Anodenschutzschicht (solid electrolyte interphase, SEI) und eine Kathodenschutzschicht (cathode electrolyte interphase, CEI), die beide gut durchlässig für Li+-Ionen sind, aber elektronisch isolierend, um irreversible Oxidationen des Lösungsmittels an der Kathode und irreversible Reduktionen an der Anode zu verhindern. Zugleich sollte das Lösungsmittel in einem weiten Temperaturfenster (mindestens ΔT = -20 - 80 °C) flüssig sein. Dazu wäre es wünschenswert, dass die Elektrolyte ionische Leitfähigkeiten trotz Abwesenheit linearer Carbonate im Bereich von mindestens 5 - 8 mS cm-1 bei 20 °C aufweisen, um einen ausreichenden Ionentransport zu gewährleisten. Dieser ist wichtig, um aufgrund von geringeren Polarisationseffekten reversible Kapazitäten und eine hohe kalendarische Lebensdauer einer Batterie zu ermöglichen.
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Propylencarbonat (PC) gehört wie EC zu den zyklischen Carbonaten und weist eine hohe relative Permittivität (εr = 66.2 bei 20 °C) und zudem einen hohen Flammpunkt (TF = 116 °C)[2] auf. Der niedrige Schmelzpunkt und der hohe Siedepunkt (ΔT = -49 - 242 °C)[3] führen zu einer exzellenten Leistung (reversible Kapazitäten, hohe Lebensdauer) bei niedrigen Temperaturen, so dass die Zugabe von linearen Carbonaten nicht mehr notwendig ist, was die Batterie meist deutlich sicherer und interessant für großangelegte Anwendungen macht. Der bisherige Einsatz von Propylencarbonat als Elektrolyt-Lösungsmittel in Lithium-Ionen-Batterien war jedoch erschwert, da die Substanz nicht fähig ist, alleine stabile Schutzschichten auf den Elektroden auszubilden, und somit inkompatibel mit Elektrodenmaterialien, wie z.B. Graphit, ist. Die Verwendung von Propylencarbonat führt zur Exfoliation von Graphit. Zudem hat Propylencarbonat trotz des großen Temperaturfensters eine relativ hohe Viskosität von 2,3 mPa·s die den Ionentransport behindert. Zum Vergleich: DMC weist bei 30 °C eine Viskosität von 0,5 mPa·s auf.[4]
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Um Propylencarbonat anwendungsfähig zu machen, können sowohl Additive als auch Co-Lösungsmittel verwendet werden. Als Additive werden üblicherweise Substanzen bezeichnet, die bis zu 5 Gew.-% oder Vol.-% des Lösungsmittels ausmachen.[5] Bei höheren Anteilen spricht man von Co-Lösungsmitteln. Man unterscheidet Reduktions-Additive und Reaktions-Additive. Reduktions-Additive besitzen ein höheres Reduktionspotential als das Lösungsmittel. Die Additive werden im ersten Ladezyklus reduziert, bevor es zur Reduktion des Lösungsmittels kommt. Dabei bilden sie unlösliche Produkte, die sich auf der Oberfläche der Elektroden ablagern und Schutzschichten bilden. Für Propylencarbonat kommen also Additive in Frage, die Reduktionspotentiale von > 0,8 V vs. Li/Li+ aufweisen. Diese lassen sich weiter unterteilen in polymerisierende und reduzierende Substanzen. Polymerisierende Substanzen besitzen eine oder mehrere Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen und bilden eine Schutzschicht durch elektrochemisch induzierte Polymerisation. Folgende Moleküle mit Vinylgruppen wurden beispielsweise bereits mit Propylencarbonat verwendet:
- - Vinylencarbonat (VC),
- - Vinylacetat (VA),
- - Vinylethylencarbonat (VEC),
- - Vinylethylensulfit (VES),
- - Vinyltrithiocarbonat (VTC),
- - 2-Cyanofuran (2CF),
- - Acrylnitril (AN),
- - Divinyladipat (ADV),
- - Allylmethylcarbonat (AMC),
- - N-Vinyl-2-pyrrolidon (NVP)
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Reduzierende Substanzen helfen bei der SEI-Bildung, indem die Reduktionsprodukte der Additive eine hohe Affinität für die aktiven Zentren des Graphits aufweisen und sich dort anlagern. Die meisten Vertreter dieser Klasse sind Schwefel-basierte Substanzen. Folgende Additive wurden beispielsweise mit Propylencarbonat verwendet:
- - Ethylensulfit (ES),
- - Propylensulfit (PS),
- - Prop-1-en-1,3-sulton (PES),
- - Ethylensulfat (DTD),
- - 1,3-Propansulton (1,3-PS),
- - Butylensulfit (BS),
- - Polysulfide Sx 2-.
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Aus bisherigen Daten lässt sich vermuten, dass die Effektivität der Additive mit dem Schwefelgehalt im Molekül steigt. Die Konzentration der oben genannten Schwefel-basierten Additive sollte allerdings gering gehalten werden, da sie bei hohen Potentialen (> 4,2 V vs. Li/Li+) anodisch instabil sind und ein interner Redoxshuttle zu hohen Selbst-Entladungsraten führen kann.[5]
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Andere Reduktions-Additive, die mit Propylencarbonat verwendet wurden, sind z.B. Fluoroethylencarbonat (FEC) und Chloroethylencarbonat (CIEC).
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Neben Reduktions-Additiven konnten auch Reaktions-Additive erfolgreich eingesetzt werden. Reaktions-Additive werden im gesamten Ladezyklus nicht reduziert, stattdessen sind sie fähig, Zwischenprodukte der Lösungsmittelreduktion abzufangen, oder mit den Zersetzungsprodukten der Lösungsmittelmoleküle zu reagieren, um eine stabile SEI auszubilden. Vertreter der Gruppe der Reduktions-Additive sind beispielsweise CO2 und aromatische Ester. Phenylacetat, 4-Nitrophenylacetat, 1-Naphthylacetat, 3-Acetoxypyridin und Methylbenzoat wurden z.B. in Kombination mit Propylencarbonat eingesetzt. Diese Verbindungen besitzen ein ausgedehntes aromatisches Gerüst (konjugiertes π-System), welches die Radikalanionen, die als Zwischenstufe der Lösungsmittelreduktion auftreten, durch Ladungsdelokalisierung stabilisieren kann.
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Einige Isocyanate wurden ebenso als Additive mit Propylencarbonat verwendet:
- - 4-Brombenzylisocyanat (Br-BIC),
- - Benzylisocyanat (BIC),
- - Phenylisocyanat (PI)
- - 2,4,6-Trimethoxylphenylisocyanat (TMPI)
- - 2,4,6-Trifluorophenylisocyanat (TFPI)
- - 2-Bromoethylisocyanat (BrEtNCO)
- - 2,4,6-Trimethylbenzylisocyanat (TMBI)
- - Diethoxyphosphinylisocyanat (DOPI)
- - Ethylisocyanat (EtNCO)
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Lithiumbis(oxalato)borat (LiBOB) und Lithiumdifluoro(oxalato)borat (LiDFOB) können sowohl als Lithiumsalze als auch als Additive eingesetzt werden.
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Alkalimetallacetate wurden ebenso als Additive für Propylencarbonat -basierte Elektrolyte eingesetzt. Es wird angenommen, dass ein größerer Ionenradius der Alkalimetall-Ionen zur Abnahme der Propylencarbonat -Reduktion und somit zu einer Verbesserung der Batterieleistung führt.
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Als weiteres Additiv diente Bis(2-methoxyethyl)ether (Diglyme). Lithium-Ionen, die von Diglyme solvatisiert sind, lagern bevorzugt in die Graphit-Elektrode ein, zersetzen sich innerhalb des Graphits und bilden eine Schutzschicht.
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Kronenether als Additive, wie z.B. [12]Krone-4, konnten erfolgreich die Propylencarbonat - Reduktion unterdrücken. Dies konnte auf ihre extrem starke Solvatisierungsfähigkeit von Li+-Ionen zurückgeführt werden. In der Gegenwart von Kronenethern ist die Li+-Ionen-Solvatisierung von Propylencarbonat -Molekülen stark geschwächt, so dass Propylencarbonat nicht zusammen mit Li+-Ionen in Graphit einlagert. Dies führt zur Verringerung der Propylencarbonat -Reduktion.
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Alle oben aufgeführten Additive haben jedoch durch ihre geringe Menge (≤ 5 Gew.-% oder Vol.-%) keinen entscheidenden Einfluss auf die Viskosität und die ionische Leitfähigkeit, so dass die hohe Viskosität von Propylencarbonat, wie oben beschrieben, weiterhin den Ionentransport erschwert, was negative Auswirkungen auf die kalendarische Lebensdauer einer Batterie hat. Einige Additive sind zudem gesundheitlich bedenklich für den menschlichen Organismus. Dazu gehört z.B. 1,3-Propansulton (1,3-PS), welches nach der REACH-Verordnung als besonders besorgniserregend eingestuft ist, da die Substanz krebserzeugend und toxisch wirkt.[6] Auch Vinylencarbonat (VC) ist z. B. toxisch bei Hautkontakt.[7]
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In der verfügbaren Literatur wurde der Fokus auf SEI-Additive gelegt, da es schwerpunktmäßig darum ging, eine Kompatibilität mit Graphit zu erzielen. Die Kathode muss aber ebenso geschützt werden, um irreversible Oxidationen der Elektrolyt-Lösungsmittel und eine damit einhergehende Verschlechterung der Batterieleistung zu vermeiden. Daher sind Additive oder Co-Lösungsmittel erwünscht, die sowohl eine Schutzschicht auf der Anode als auch auf der Kathode ausbilden. Bislang konnte diese Eigenschaft nur für wenige Additive, wie z.B. Lithiumdifluoro(oxalato)borat (LiDFOB) oder Vinylencarbonat (VC), festgestellt werden.
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Einige Substanzen, die bereits als Additive verwendet wurden, wurden auch als Co-Lösungsmittel mit Propylencarbonat genutzt, wie z. B. Ethylensulfat (DTD). Die Substanz weist einen sehr hohen Schmelzpunkt (95 - 97 °C) auf, weshalb in Kombination mit Propylencarbonat höhere Viskositäten, niedrigere Leitfähigkeiten und vor allem eine geringere Batterieleistung bei niedrigen Temperaturen gegenüber Elektrolyten, die alleinig auf Propylencarbonat basieren, erwartet werden können. Der untersuchte Elektrolyt bestehend aus 1 M LiBF4 in 10 Gew.-% DTD, 90 Gew.-% Propylencarbonat weist nur eine ionische Leitfähigkeit von ~3,5 mS cm-1 bei 20 °C auf, was nicht mehr im gewünschten Leitfähigkeitsbereich für anwendungsfähige Elektrolyte liegt.
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Derselbe Effekt lässt sich für das Co-Solvent Sulfolan erwarten, welches ebenso einen relativ hohen Schmelzpunkt (Tm = 20 - 26 °C) aufweist.
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Weiterhin konnten zyklische Carbonate mit langen linearen Alkylketten (Anzahl der Kohlenstoffatome ≥ 4)[8] erfolgreich als Co-Lösungsmittel eingesetzt werden. Es bildet sich zwar eine stabile SEI aus, aber bei 30 °C sind die Leitfähigkeiten der 1 M LiPF6 enthaltenden ElektrolytMischungen weitaus niedriger (≤ 2,3 mS cm-1) als von Elektrolyten, die nur auf Propylencarbonat basieren. Dies gilt sowohl für Hexylencarbonat, Octylencarbonat und Dodecylencarbonat.
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Methyltetrafluoro-2-(methoxy)propionat als Co-Lösungsmittel für Propylencarbonat -basierte Elektrolyte führt ebenso zu höheren Viskositäten als Elektrolyte, die nur auf Propylencarbonat basieren.[9]
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Es konnte zudem gezeigt werden, dass die Zugabe von 75 Vol.-% linearer Carbonate, wie z.B. DEC, DMC und MEC, die Zersetzung von Propylencarbonat auf Graphit unterdrückt.[10] Lineare Carbonate wurden in anderen Arbeiten auch zusätzlich zu anderen Additiven wie VC genutzt, um die Viskosität des Propylencarbonat-basierten Elektrolyten zu reduzieren. Der Einsatz von flüchtigen, leicht entflammbaren Substanzen sollte allerdings, wie zuvor erwähnt, aus Sicherheitsgründen und zugunsten der Langlebigkeit der Zellen vermieden werden.
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Neben des Einsatzes von Additiven und Co-Lösungsmitteln konnte Zyklisieren von Propylencarbonat durch Zugabe von hohen Leitsalzkonzentrationen (c(LiTFSI) ≥ 2,2 mol/L) erreicht werden.[11] Es ist jedoch bekannt, dass eine Erhöhung der Leitsalzkonzentration (c > 1 mol/L) zu höheren Viskositäten und niedrigeren ionischen Leitfähigkeiten führt. Zudem steigen die Materialkosten, da Lithiumsalze für gewöhnlich teuer als Lösungsmittel sind.
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Keine der oben genannten Varianten (SEI-Additive, Co-Lösungsmittel und hohe Salzkonzentrationen) konnte gleichzeitig beide bestehenden Nachteile von Propylencarbonat ausgleichen. Die Ausbildung von Schutzschichten, bevorzugt auf der Kohlenstoff-basierten Anode, konnte durch viele Substanzen erzielt werden, aber die hohe Viskosität von Propylencarbonat bleibt weiterhin bestehen, was sich negativ auf die kalendarische Lebensdauer einer Batterie auswirkt.
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Bei einer Elektrolytmischung umfassend Propylencarbonat (PC) als Lösungsmittel, Tetrahydrothiophen-1-oxid als Co-Lösungsmittel und LiTFSI als Leitsalz, stellte sich erst kürzlich heraus, dass der Elektrolyt trotz guter physikochemischer Eigenschaften nachteilig zur Auflösung von Aluminium-Stromsammlern führte, weshalb weitere Additive notwendig wären, um dieses Problem zu beheben.
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Aufgabe und Lösung
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Die Aufgabe der Erfindung ist es, einen neuen Flüssigelektrolyten für Anwendungen in Lithium-Ionen-, Lithium-Metall- und Lithium-Schwefel-Batterien bereit zu stellen, der in einem weiten Temperaturfenster (mind. ΔT = -150 - 120 °C) flüssig und gut leitfähig ist und sowohl verbesserte Ionentransport- als auch gute Zyklisierungseigenschaften, d.h. hohe, reversible Kapazitäten (> 90 mA h g-1) und eine lange Lebensdauer (> 2000 Zyklen), vor allem unter Verwendung von Kohlenstoff-basierten Elektroden, aufweist. Dabei soll auf den Einsatz von leicht flüchtigen und entflammbaren Substanzen, insbesondere linearen Carbonaten, verzichtet werden, um eine ausreichende Sicherheit zu gewährleisten. Die Lösungsmittel sollten hohe relative Permittivitäten aufweisen, um eine hohe Löslichkeit und Dissoziation des Lithiumsalzes zu ermöglichen, und in der Lage sein, stabile Schutzschichten auf den Elektroden auszubilden, insbesondere eine Anodenschutzschicht (SEI) und eine Kathodenschutzschicht (CEI), die beide gut Li+-Ionen-durchlässig und isolierend sind, um irreversible Oxidationen und Reduktionen des Lösungsmittels zu vermeiden.
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Die Aufgaben der Erfindung werden durch einen Propylencarbonat -basierten Flüssigelektrolyten mit den Merkmalen gemäß Hauptanspruch gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Flüssigelektrolyten finden sich in den darauf rückbezogenen Ansprüchen.
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Gegenstand der Erfindung
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Im Rahmen der Erfindung wurde herausgefunden, dass flüssige Mischungen, umfassend wenigstens ein nicht-lineares, organisches Carbonat und wenigstens ein zyklisches Sulfoxid in Kombination mit wenigstens einem Leitsalz, geeignete Flüssigelektrolyte für Lithium-Ionen-Batterien darstellen. Dabei dient das zyklische Sulfoxid als Co-Lösungsmittel mit einem Anteil von 10 - 40 mol-% bezogen auf das Lösungsmittel des Elektrolyten.
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Bei dem organischen, nicht-linearen Carbonat handelt es sich insbesondere um nicht-lineare, ringförmige Carbonate wie beispielsweise Ethylencarbonat (EC), Propylencarbonat (PC), 1,2-Butylencarbonat, 2,3-Butylencarbonat, 1,2-Pentylencarbonat, 2,3-Pentylencarbonat, 1,2-Hexylencarbonat, 1,2-Octylencarbonat, 1,2-Dodecylencarbonat sowie Mischungen aus wenigstens zwei der vorgenannten Verbindungen.
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Bei dem zyklischen Sulfoxid handelt es sich um eine heterozyklische Verbindung mit einer Sulfinylgruppe (-S=O). Das zyklische Sulfoxid kann dabei variable Ringgrößen mit n = 3 bis 10 Ringkohlenstoffatome aufweisen. Neben dem Schwefel umfasst das zyklische Sulfoxid kein weiteres Heteroatom im Ring. Der Ring kann in Abhängigkeit von der Anzahl x der Ringkohlenstoffatome eine oder mehrere Doppelbindungen aufweisen.
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Ein typischer und besonders vorteilhafter Vertreter eines zyklischen Sulfoxids ist Tetrahydrothiophen-1-oxid. Dabei handelt es sich um eine fünfgliedrige zyklische Schwefelsubstanz, die strukturelle Ähnlichkeit zu bisher in Lithium-Ionen-Batterien verwendeten Additiven und Co-Lösungsmitteln (ES, 1,3-PS, Sulfolan) aufweist. Tetrahydrothiophen-1-oxid wurde bislang nicht als Elektrolytkomponente von Lithium-Ionen-, Lithium-Metall- und Lithium-Schwefel-Batterien betrachtet.
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Tetrahydrothiophen-1-oxid ist einfach in der Herstellung (Reaktion von Tetrahydrothiophen mit Wasserstoffperoxid und einem Katalysator bei Raumtemperatur) und kann somit prinzipiell preisgünstig synthetisiert werden. Tetrahydrothiophen wird bereits weltweit als Odoriermittel in Erdgas eingesetzt. Bei dem erfindungsgemäßen Lösungsmittelgemisch handelt es sich nur um ein Zweikomponentensystem, mit wenigstens einem nicht-linearen, organischen Carbonat als Lösungsmittel und einer zyklischen Schwefelsubstanz, wie z. B. Tetrahydrothiophen-1-oxid, als Co-Lösungsmittel, was regelmäßig den Preis niedrig hält.
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Als eine besonders vorteilhafte Elektrolytmischung hat sich die Kombination von Propylencarbonat (PC) als Lösungsmittel mit Tetrahydrothiophen-1-oxid als Co-Lösungsmittel herausgestellt. Obwohl die erfindungsgemäße Elektrolytmischung nachfolgend am Beispiel Propylencarbonat/Tetrahydrothiophen-1-oxid eingehender beschrieben wird, soll an dieser Stelle explizit erwähnt werden, dass erfindungsgemäß auch alle anderen Kombinationen, insbesondere auch Mischungen von organischen, nicht-linearen Carbonaten mit einem oder mehreren zyklischen Sulfoxiden mit umfasst sein sollen.
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Einzig die spezielle Kombination einer Elektrolytmischung, umfassend Propylencarbonat (PC) als Lösungsmittel, Tetrahydrothiophen-1-oxid als Co-Lösungsmittel und Lithium Bis(trifluoromethanesulfonyl)imid (LiTFSI) als Leitsalz, soll davon erfindungsgemäß ausgenommen sein, da sie bereits im Stand der Technik offenbart ist, und zudem nachteilig die Auflösung von Aluminium aus der Kathode fördert.
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Propylencarbonat/Tetrahydrothiophen-1-oxid-Flüssigelektrolyt als bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung stellt - wie auch alle anderen erfindungsgemäßen Elektrolytmischungen - einen sicheren Elektrolyten für den Einsatz in Lithium-Ionen-Batterien dar.
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Beide Lösungsmittel des Ausführungsbeispiels sowie weitere nicht-lineare organische Carbonate weisen vergleichbare hohe Flammpunkte (T
F) und Siedepunkte (T
b) auf:
Propylencarbonat: | TF = 116 °C[2], | Tb = 242 °C[3] |
Ethylencarbonat: | TF = 143 °C[12] | Tb = 243 - 244 °C[12] |
1,2-Butylencarbonat: | TF = 121 °C[13] | Tb = 240 °C[13] |
Tetrahydrothiophen-1-oxid: | TF = 112 °C[14], | Tb = 235 - 237 °C[14] |
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Dies ermöglicht zum Beispiel vorteilhaft den Einsatz in stationären Energiespeichersystemen, die auch in privaten Haushalten Anwendung finden können.
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Der erfindungsgemäße Propylencarbonat/Tetrahydrothiophen-1-oxid-Elektrolyt stellt - wie auch alle anderen erfindungsgemäße Elektrolytmischungen - regelmäßig keine Gefahren für den menschlichen Organismus dar.
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Die beiden Lösungsmittel des bevorzugten Ausführungsbeispiels sowie weitere nicht-lineare organische Carbonate sind als ungefährlich eingestuft:
Propylencarbonat: | LD50, Ratte, oral: > 5.000 mg/kg |
| LD50, Kaninchen, dermal: > 2.000 mg/kg[2] |
Ethylencarbonat: | LD50, Ratte, dermal: > 2.000 mg/kg |
| LC50, Ratte, inhalativ, 7 h: > 1,268 mg/L[12] |
1,2-Butylencarbonat: | LD50, Ratte, oral: > 5.000 mg/kg |
| LD50, Kaninchen, dermal: > 2.000 mg/kg[13] |
Tetrahydrothiophen-1-oxid: | LD50, Maus, intraperitoneal: 3.500 mg/kg[14] |
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Lithium-Ionen-Batterien mit erfindungsgemäßen Flüssigelektrolyten können also problemlos in privaten Haushalten gehandhabt werden, ohne dass bei einer beschädigten Batterie von dem Elektrolyten Gefahren für Menschen ausgehen.
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Durch die Zugabe von beispielsweise 30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid zu Propylencarbonat konnte in Anwesenheit von LiPF6 ein deutliches Maximum der ionischen Leitfähigkeit (~7,0 mS·cm-1 bei 25 °C) erzielt werden.
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Die Leitfähigkeiten sind dabei eine direkte Folge der Viskositäten, die in dem System mit 30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und LiPF6 ebenfalls ein Minimum (~ 6,4 mPa·s bei 25 °C) aufweisen.
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Mit LiBF4 als Lithiumsalz tritt das Maximum (~ 6,5 mS·cm-1 bei 25 °C) bei Zugabe von 50 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid zu Propylencarbonat auf.
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Dieser Effekt wird beobachtet, obwohl Tetrahydrothiophen-1-oxid eine höhere Viskosität aufweist als Propylencarbonat, und kann mit Hilfe von Raman-Daten und Selbst-Diffusionskoeffizienten der einzelnen Spezies aus PFG-NMR-Daten erläutert werden. Aufgrund der hohen Li+-Ionen-Affinität der Sulfinylgruppe (-S=O) wird Propylencarbonat bereits bei geringen Zugaben von Tetrahydrothiophen-1-oxid im Komplex ersetzt. Molekulardynamik-Simulationen unterstützen diese Aussage.
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Die folgende Tabelle 1 zeigt die Konzentrationen von Propylencarbonat (PC) und Tetrahydrothiophen-1-oxid (hier THT1 oxid abgekürzt) in den 1 M LiPF
6-basierten Elektrolyten und Koordinationszahlen von Li-PC- sowie Li-Tetrahydrothiophen-1-oxid-Komplexen aus Molekulardynamik-Simulationen. Die möglichen Solvatationskomplexe, die sich daraus ergeben, sind ebenfalls aufgeführt.
Tabelle 1:
Anteil von Tetrahydrothiophen-1-oxid [mol-%] | c(PC) [mol L-1] | c(THT1oxid) [mol L-1] | N(PC) | N(THT1oxid) | Möglicher Komplex |
0 | 10,6 | 0,0 | 5,4 | 0,0 | Li(PC)5 |
10 | 9,5 | 1,1 | 3,5 | 0,9 | Li(PC)4(THT1oxid)1 |
20 | 8,4 | 2,1 | 2,7 | 1,8 | Li(PC)3(THT1oxid)2 |
30 | 7,3 | 3,1 | 2,0 | 2,7 | Li(PC)2(THT1oxid)3 |
40 | 6,2 | 4,2 | 1,3 | 3,1 | Li(PC)1(THTloxid)3 |
50 | 5,2 | 5,2 | 0,7 | 3,5 | Li(PC)1(THTloxid)3 |
60 | 4,1 | 6,2 | 0,2 | 3,8 | Li(THT1oxid)4 |
70 | 3,1 | 7,2 | 0,1 | 3,9 | Li(THT1oxid)4 |
100 | 0,0 | 10,1 | 0,0 | 4,0 | Li(THT1oxid)4 |
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Die Molekulardynamik-Simulationen bestätigen, dass Tetrahydrothiophen-1-oxid PC im Komplex ersetzt, sobald sich genug Tetrahydrothiophen-1-oxid in der Lösung befindet, d.h. mindestens 1 Mol Tetrahydrothiophen-1-oxid für 1 Mol Li+. Die hohe Li+-Affinität der Sulfinyl (-S=O)-Gruppe führt dazu, dass Tetrahydrothiophen-1-oxid auch die anderen PC-Moleküle verdrängt, wenn die Konzentration von Tetrahydrothiophen-1-oxid bis zu 30 mol-% ansteigt. Ab 30 mol-% dominiert Tetrahydrothiophen-1-oxid den Komplex und ab 40 mol-% verlässt PC den Solvatationskomplex, so dass er nur noch aus vier Lösungsmittel-Molekülen besteht.
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Bei der Zugabe von mehr als 30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid in den LiPF6-basierten Elektrolyten, liegt die Substanz im Überschuss vor. Da sich die Schwefelsubstanz langsam, d. h. mit einer Geschwindigkeit von ca. 7 - 10·10-11 m2·s-1, durch den Elektrolyten bewegt, behindert sie den Transport der anderen vorliegenden Spezies. Die ionische Leitfähigkeit nimmt also bei Konzentrationen > 30 mol-% regelmäßig wieder ab.
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Propylencarbonat interkaliert bei Zugabe von Tetrahydrothiophen-1-oxid also vorwiegend ohne Li+-Ionen in die Kohlenstoff-basierte Elektrode, was die Reduktion von Propylencarbonat verringert. Ein ähnlicher Effekt wurde bereits im Stand der Technik bei Kronenethern beobachtet.
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Insgesamt konnte ein verbesserter Ionentransport für die erfindungsgemäßen Flüssigelektrolyte mit 10 - 40 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid verzeichnet werden. Aufgrund von geringeren Polarisationseffekten können damit reversible Kapazitäten und eine hohe kalendarische Lebensdauer einer Batterie ermöglicht werden.
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Dieser Effekt wurde auch für andere erfindungsgemäße Flüssigelektrolyte gefunden, so dass eine bevorzugte Konzentration für das zyklische Sulfoxid als Co-Lösungsmittel im Bereich zwischen 10 und 40 mol-% bezogen auf das Lösungsmittel des Elektrolyten vorgeschlagen wird.
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Das erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel Propylencarbonat/Tetrahydrothiophen-1-oxid-Elektrolyt zeigt ferner ein bemerkenswertes physikochemisches Verhalten bei niedrigen Temperaturen. Die Leitfähigkeits- und Viskositätsdifferenz ist für niedrige Temperaturen weitaus größer. Elektrolyte mit 30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid zeigen bei -20 °C ungefähr 1,5-mal so hohe Leitfähigkeiten wie Elektrolyte, die alleine auf Propylencarbonat basieren. Zudem kristallisieren die Mischungen bis zu Temperaturen von -150 °C nicht.
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Dies ist für Anwendungen von besonderer Wichtigkeit, da kristalline Elektrolyte nicht mehr den nötigen Ionentransport leisten würden und die Batterie somit nicht mehr funktioniert.
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Diese Eigenschaften, dass der Flüssigelektrolyt auch bei tiefen Temperaturen noch flüssig vorliegt und eine erhöhte ionische Leitfähigkeit aufweist, konnten ebenfalls für die meisten der erfindungsgemäß beanspruchten Flüssigelektrolyten bestätigt werden.
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Das Verhalten bei tiefen Temperaturen macht den erfindungsgemäßen Elektrolyten daher interessant für den Einsatz in kalten Gebieten, wie z. B. Polarregionen, oder als Energiespeicher in der Raumfahrt. Die Elektrolytzersetzung bei hohen Temperaturen ist nur durch das Lithiumsalz begrenzt.
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Das erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel umfassend Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid-Mischungen in Kombination mit einem Leitsalz ermöglicht zudem regelmäßig stabiles Zyklisieren in Lithium-Ionen-Batterien mit Kohlenstoff-basierten Anoden und Übergangsmetalloxid-basierten Kathoden, obwohl Propylencarbonat und Tetrahydrothiophen-1-oxid als alleinige Lösungsmittel mit den Elektroden nicht kompatibel sind, d. h. beide Lösungsmittel zersetzen sich bei ~ 0,8 V vs. Li/Li+, was im Falle von Propylencarbonat zur Exfoliation von Graphit führt, während die Tetrahydrothiophen-1-oxid-Moleküle und/oder deren Zersetzungsprodukte die De-/Interkalation von Lithium unterdrücken. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich effektive Schutzschichten auf den Elektroden ausbilden, eine Anodenschutzschicht (SEI) auf der Kohlenstoff-basierten Elektrode und eine Kathodenschutzschicht (CEI) auf der Übergangsmetall-Elektrode. Die Anodenschutzschicht weist typischerweise eine so hohe Dicke auf (~ 5 nm), dass sie unter dem Rasterelektronenmikroskop sichtbar ist. Im Vergleich dazu führen Elektrolyte basierend auf Ethylencarbonat (EC) und Vinylencarbonat (VC) regelmäßig nur zu Schichten von maximal 3,3 nm.[15]
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Die Untersuchung mit dem Rasterelektronenmikroskop war insofern erschwert, da die Probe kaum elektrisch leitfähig war und somit kein hoher Sekundärelektronenstrom erhalten werden konnte. Die Schutzschicht auf der Kohlenstoff-basierten Elektrode zeigt also eine geringe elektrische Leitfähigkeit, was vorteilhaft vor weiterer Elektrolytreduktion schützt und somit die Lebensdauer der Batterie erhöht.
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Die Anodenschutzschicht wird in den ersten drei Formierungszyklen annähernd vollständig gebildet und bedeckt zunächst flächenmäßig die ganze Elektrode, während sie sich im weiteren Verlauf um die einzelnen Sekundärpartikel des Aktivmaterials schmiegt. Sekundärpartikel bestehen aus Primärpartikeln in der Größenordnung von 1 µm und weisen in der Regel Größen von weniger als 1 bis 100 µm auf.[16]
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Die Kathodenschutzschicht ist regelmäßig deutlich dünner (~1 nm), wird aber auch nahezu komplett nach der Formierung gebildet. Der organische Anteil beider Schichten, bestehend aus einem Polymer mit Ethergruppen, liegt bei etwa 66 At.-%, was im Hinblick auf die Permeabilität der solvatisierten Li+-Kationen hervorragend ist, da anorganische Filme weniger durchlässig sind.
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Basierend auf XPS-Daten sind die Schwefelverbindungen nicht Teil der Anodenschutzschicht, sondern bilden nur einen Teil des anorganischen Anteils der Kathodenschutzschicht, in dem Metallsulfite und -sulfate nachweisbar sind. Diese Salze haben einen positiven Einfluss auf die Batterie. Sie sind bekannte elektronische Isolatoren und können effektiv die fortwährende Oxidation von Lösungsmittel-Molekülen verhindern.
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Zyklische Voltammetrie-Messungen konnten zeigen, dass das bevorzugte Tetrahydrothiophen-1-oxid als Co-Lösungsmittel nicht bei höheren Potentialen als Propylencarbonat (> 0,8 V vs. Li/Li+) reduziert wird. Es wird vermutet, dass Tetrahydrothiophen-1-oxid eine Polymerisationsreaktion initiiert, an der Produkte oder Zwischenprodukte (Radikale) der Zersetzung von Propylencarbonat beteiligt sind. Stabiles galvanostatisches Zyklisieren ist somit für alle Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid-Elektrolyte mit Anteilen von 10 - 40 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid als besondere Ausführungsbeispiele der Erfindung möglich.
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Dies entspricht dem Bereich, für den eine Erhöhung der Leitfähigkeiten verzeichnet werden konnte. Die Bildung von stabilen Schutzschichten auf beiden Elektroden und die reduzierte Propylencarbonat-Zersetzung aufgrund der Propylencarbonat-Interkalation ohne Li+-Ionen in die Kohlenstoff-basierte Elektrode, wie oben beschrieben, führen zu hohen, reversiblen spezifischen Entladekapazitäten (95 - 110 mA h g-1). Die höchsten spezifischen Entladekapazitäten können mit 15 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid in LiPF6-basierten Elektrolyten erreicht werden. Nach 100 Zyklen liegen die Entladekapazitäten immer noch im Messfehlerbereich von 100 % der Ausgangskapazität. Nach 2000 Zyklen sind noch immer mindestens 55 % der Ausgangskapazität vorhanden.
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Nach den ersten Untersuchungen wird für das Beispielsystem Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid-Elektrolyt eine Mischung aus 15 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und 85 mol-% Propylencarbonat als besonders vorteilhaft vorgeschlagen, die mindestens 0,01 mol/L wenigstens eines Lithiumsalzes umfasst. Der Elektrolyt zeigt die besten Zyklisierungseigenschaften mit Kohlenstoff-basierten und Übergangsmetall-Elektroden sowie einen verbesserten Ionentransport. Er ist in einem weiten Temperaturfenster flüssig (ΔT = -150 bis 120 °C) und weist auch bei tiefen Temperaturen deutlich höhere ionische Leitfähigkeiten als Elektrolyte auf, die nur auf Propylencarbonat basieren.
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Als Leitsalze sind insbesondere folgende Lithiumsalze für den Einsatz in dem erfindungsgemäßen Flüssigelektrolyt einzeln oder auch als beliebige Mischungen geeignet:
- - Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6),
- - Lithiumtetrafluoroborat (LiBF4),
- - Lithiumperchlorat (LiClO4),
- - Lithiumhexafluoroarsenat(V) (LiAsF6),
- - Lithiumtrifluoromethansulfonat (LiCF3SO3),
- - Lithiumtris(trifluoromethylsulfonyl)methanid (Li-TFSM)
- - Lithiumbis(oxalato)borat (LiBOB),
- - Lithiumoxalyldifluoroborat (LiBF2C2O4),
- - Lithiumnitrat (LiNO3),
- - Lithiumfluoroalkylphosphat (LiPF3(CF2CF3)3),
- - Lithiumbisperfluoroethysulfonylimid (LiBETI).
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Der Einsatz von Salzen wie Lithium Bis(trifluoromethanesulfonyl)imid (LiTFSI) und Lithium Bis(fluorosulfonyl)imid (LiFSI) ist nachteilig ohne zusätzliche Additive nicht möglich, da bekannt ist, dass sie die Auflösung von Aluminium, aus dem der Stromsammler der Kathode besteht, bei hohen Potentialen (> 3 V vs. Li/Li+) fördern.
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Tetrahydrothiophen-1-oxid als bevorzugtes zyklisches Sulfoxid weist eine hohe relative Permittivität von 44,1 bei 20 °C auf. Propylencarbonat zeigt eine sehr hohe relative Permittivität von 66,2 bei 20 °C. Dies ermöglicht insbesondere in dem bevorzugten Ausführungsbeispiel der Erfindung (Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid-Lösungsmittel) eine hohe Löslichkeit und Dissoziation des Lithiumsalzes.
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Dabei werden nicht nur für das bevorzugte Ausführungsbeispiel sondern für alle beanspruchten Flüssigelektrolyte generell Salzkonzentrationen von 0,01 - 22 mol/L bezogen auf den Flüssigelektrolyten als geeignet vorgeschlagen, vorzugsweise Salzkonzentrationen im Bereich von 0,1 bis 10 mol/l.
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Obwohl Tetrahydrothiophen-1-oxid als bevorzugtes Beispiel für zyklische Sulfoxide steht, wurde im Rahmen der Erfindung festgestellt, dass auch weitere Verbindungen, einzeln oder auch als Mischungen, dazu geeignet sind, die bereits vorliegenden Eigenschaften weiter verbessern zu können. Die von der Erfindung mitumfassten Modifikationen des zyklischen Sulfoxids lassen sich ausgehend von der allgemeinen Formel (1) wie folgt darstellen.
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Das zyklische Sulfoxid weist dabei wenigstens 3 oder mehr Ringkohlenstoffatome x auf. Die maximale Anzahl an Ringkohlenstoffatome x ist auf 10 festgelegt, d. h. n = 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6 oder 7.
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Die an den Ringkohlenstoffatomen x angeordneten Reste R1 , R2 , R3 bis maximal R10 sind jeweils gleich oder unabhängig voneinander ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus:
- - lineare oder verzweigte Alkylgruppen mit 1 bis 12 Kohlenstoff-Atomen,
- - lineare oder verzweigte Cycloalkylgruppen mit 1 bis 12 Kohlenstoff-Atomen,
- - Arylgruppen mit 5 bis 6 Kohlenstoff-Atomen,
- - Aryloxygruppen mit 5 bis 6 Kohlenstoff-Atomen,
- - Alkoxygruppen mit 1 bis 12 Kohlenstoff-Atomen, insbesondere (Poly)alkoxygruppen mit bis zu 5 Ethoxyeinheiten
- - Wasserstoff.
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Sofern ein Ringkohlenstoffatom keine Doppelbindung eingeht, ist dieses neben dem Rest Rx mit einem Wasserstoffatom gesättigt.
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Insbesondere haben sich die nachfolgend aufgeführten zyklischen Sulfoxide als Co-Lösungsmittel in der erfindungsgemäßen Elektrolytmischung als besonders geeignet herausgestellt, da sie regelmäßig zwischen -20 und 80 °C flüssig vorliegen, vergleichsweise gut leitfähig sind und zudem einen verbesserten Ionentransport und gute Zyklisierungseigenschaften aufweisen:
- - Tetrahydrothiophen-1-oxid;
- - Thietan-1-oxid;
- - Tetrahydro-2H-thiopyran-1-oxid;
- - Thiepan-1-oxid;
- - 2-Methyltetrahydrothiophen-1-oxid;
- - 3-Methyltetrahydrothiophen-1-oxid;
- - 2-lsopropyltetrahydrothiophen-1-oxid;
- - 3-Isopropyltetrahydrothiophen-1oxid.
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Die Strukturen der vorgenannten Verbindungen sind in 14 dargestellt.
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Es hat sich zudem herausgestellt, dass die erfindungsgemäßen Flüssigelektrolyte neben den guten physikochemischen Eigenschaften eine sehr gute Beständigkeit gegenüber Kohlenstoff-basierten Elektroden aufweisen. Dies wurde in zyklischen Voltammetrie-Experimenten sowie beim galvanostatischen Zyklisieren der Flüssigelektrolyte in Kombination mit einer Kohlenstoff-basierten Anode sowie einer Übergangsmetall-basierten Kathode herausgefunden. Die an den jeweiligen Elektroden gebildeten Schutzschichten (SEI und CEI) erwiesen sich dabei als gut durchlässig für Li+-Ionen, bewirkten aber gleichzeitig eine ausreichende elektronische Isolierung.
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Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass erfindungsgemäß optimierte Flüssigelektrolyte für den Einsatz in Lithium-Ionen-Batterien aufgezeigt werden, die die Vorteile von bisherigen SEI-Additiven und Viskositäts-erniedrigenden Co-Lösungsmitteln vereinen und dabei gänzlich auf flüchtige, leicht entflammbare Substanzen verzichten. Dabei sind vorteilhaft keine weiteren Additive nötig und auch nicht vorgesehen. Die erhöhte Sicherheit macht die erfindungsgemäßen Flüssigelektrolyte vor allem interessant für Anwendungen im größeren Maßstab und für den Privathaushalt.
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Folgende positiven Eigenschaften konnten mit den erfindungsgemäßen Flüssigelektrolyten regelmäßig verzeichnet werden:
- - Sie sind preisgünstig in der Herstellung;
- - Sie weisen aufgrund der Verwendung von Lösungsmitteln mit hohen Flamm- und Siedepunkten eine hohe Sicherheit auf;
- - Sie sind ungefährlich für den menschlichen Organismus;
- - Sie weisen erhöhte Leitfähigkeiten und verringerte Viskositäten im Vergleich zu Elektrolyten auf, die ausschließlich auf Propylencarbonat basieren;
- - Sie verfügen über ein weites Temperaturfenster, in dem die Elektrolyte flüssig vorliegen;
- - Sie zeigen gute Leitfähigkeiten sowie hervorragende Stabilitäten auch bei tiefen Temperaturen;
- - Sie bilden vorteilhaft effektive, gut Li+-Ionen-durchlässige und elektronisch isolierende Schutzschichten sowohl auf Kohlenstoff-basierten als auch auf Übergangsmetall-Elektroden aus;
- - Sie zeigen gute Zyklisierungseigenschaften mit hohen und reversiblen Kapazitäten;
- - Sie ermöglichen den Einsatz von vielen verschiedenen Lithiumsalzen als Leitsalz;
- - Sie weisen eine hohe Löslichkeit und gute Dissoziation der Lithiumsalze auf.
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Figurenliste
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen, Figuren und einer Tabelle, insbesondere an dem bevorzugten Ausführungsbeispiel Propylencarbonat/Tetrahydrothiophen-1-oxid mit LiPF6 als Leitsalz, näher erläutert, ohne dass dies zu einer Einschränkung des breiteren Schutzumfanges führen soll. Dabei zeigen:
- 1: Ionische Leitfähigkeiten (σ) und Viskositäten (η) einer Ausführungsform der Erfindung: Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid Elektrolyte mit LiPF6 als Leitsalz bei unterschiedlichen Lösungsmittelanteilen.
- 2: Wärmefluss von Elektrolyten umfassend 1 M LiPF6 in Propylencarbonat, 1 M LiPF6 in Tetrahydrothiophen-1-oxid und 1 M LiPF6 in 15 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und 85 mol-% Propylencarbonat zwischen -150 °C und 120 °C.
- 3: Raman-Spektren der erfindungsgemäßen Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid Elektrolyte mit LiPF6 als Leitsalz bei unterschiedlichen Lösungsmittelanteilen.
- 4: Zyklische Voltammogramme von Li/Graphit-Zellen, die a) 1 M LiPF6 in Propylencarbonat, b) 1 M LiPF6 in Tetrahydrothiophen-1-oxid und c) 1 M LiPF6 in 15 mol- % Tetrahydrothiophen-1-oxid und 85 mol-% Propylencarbonat umfassen.
- 5: Zyklische Voltammogramme von Li/NCM111-Zellen, die a) 1 M LiPF6 in Propylencarbonat, b) 1 M LiPF6 in Tetrahydrothiophen-1-oxid und c) 1 M LiPF6 in 15 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und 85 mol-% Propylencarbonat umfassen.
- 6: Galvanostatisches Zyklisieren erfindungsgemäßer Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid Elektrolyte mit LiPF6 als Leitsalz bei unterschiedlichen Lösungsmittelanteilen in Graphit/NCM111-Zellen.
- 7: Ergebnisse der Rasterelektronenmikroskopie-Untersuchungen von Graphit und NCM111 a) vor dem Zyklisieren, b) nach 3 Formierungszyklen und c) nach 103 Zyklen.
- 8: Selbst-Diffusionskoeffizienten der im Elektrolyten vorliegenden Spezies am Beispiel des Systems: PC / Tetrahydrothiophen-1-oxid mit LiPF6.
- 9: Elektrochemische Impedanzmessungen zur Ermittlung von Widerständen von Schutzschichten auf den Elektroden nach 24 Stunden Leerlaufspannung, nach 3 Formierungszyklen und nach weiteren 100 Zyklen, in a) Graphit/Graphit-Zellen, b) NCMM11/NCM111-Zellen und c) Graphit/NCM111-Zellen.
- 10: Röntgenphotoelektronenspektroskopie-Messungen zur Ermittlung der Zusammensetzung und der Schichtdicke von Schutzschichten auf den Elektroden, a) für eine Graphit-Anode und b) für eine NCM111-Kathode.
- 11: Thermogravimetrische Analysen (TGA) von LiPF6 in PC, LiPF6 in PC / Tetrahydrothiophen-1-oxid und LiPF6 in Tetrahydrothiophen-1-oxid.
- 12: Ionische Leitfähigkeiten (σ) von Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid Elektrolyten mit LiBF4 als Leitsalz bei unterschiedlichen Lösungsmittelanteilen.
- 13: Galvanostatisches Zyklisieren erfindungsgemäßer Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid Elektrolyte mit LiBF4 als Leitsalz bei unterschiedlichen Lösungsmittelanteilen in Graphit/NCM111-Zellen.
- 14: Strukturformeln von ausgewählten zyklischen Sulfoxiden als Co-Lösungsmittel.
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Tetrahydrothiophen-1-oxid wurde vor Verwendung über Molekularsieb getrocknet (Wassergehalt < 80 ppm). Die Elektrolyte mit 1 M LiPF6 bzw. 1 M LiBF4, x mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und (100-x) mol-% Propylencarbonat (x = 0, 5, 10, 15, 20, 30, 40, 50, 70, 100) wurden unter Luft- und Wasserausschluss hergestellt.
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Zur Überprüfung der verbesserten Viskosität dieser vorgenannten Elektrolyte wurden Viskositätsmessungen mit einem Anton Paar MCR 301 Rheometer durchgeführt. Das Gerät war mit einem CTD 450-Temperatursystem und einem CP50-0.5/TG-Messsystem ausgestattet. Die Viskositäten wurden im Temperaturbereich von -20 °C bis 50 °C in 10 °C-Schritten sowie bei 25 °C gemessen. Die Scherraten wurden mit zunehmender Temperatur von 2000 s-1 auf 9000 s-1 erhöht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in 1 dargestellt.
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Die ionischen Leitfähigkeiten dieser vorgenannten Elektrolyte wurden mit einem MCS 10 Impedanz-basierten Leitfähigkeitsmessgerät (BioLogic) gemessen. Das Gerät wurde vor jeder Messung mit einer KCI-Standardlösung bei 25 °C kalibriert. Die Messung wurde schließlich im Temperaturbereich von -20 °C bis 50 °C in 5 °C-Schritten durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind ebenfalls in 1 dargestellt.
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Mit 1 M LiPF
6 als Leitsalz konnten mit 30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid maximale Leitfähigkeiten von 7,0 mS cm
-1 und minimale Viskositäten von 6,4 mPa s bei 25 °C erreicht werden. Zum Vergleich zeigt Propylencarbonat mit 1 M LiPF
6 ohne Co-Lösungsmittel Leitfähigkeiten von 6,2 mS cm
-1 und Viskositäten von 7,3 mPa s. Leitfähigkeitsmesswerte für ausgewählte Temperaturen und Tetrahydrothiophen-1-oxid-Anteile sind in der nachfolgenden Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2:
Ionische Leitfähigkeiten von Propylencarbonat /Tetrahydrothiophen-1-oxid-Mischungen mit 1 M LiPF6 als Leitsalz bei -20 °C, 0 °C, 25 °C und 50 °C. |
Anteil von Tetrahydrothiophen-1-oxid / mol-% | Ionische Leitfähigkeiten / mS cm-1 |
-20 °C | 0 °C | 25 °C | 50 °C |
0 | 1,0 | 2,7 | 6,2 | 10,6 |
15 | 1,2 | 3,0 | 6,5 | 11,0 |
30 | 1,5 | 3,4 | 7,0 | 11,5 |
50 | 1,2 | 2,7 | 5,7 | 9,5 |
100 | 0,9 | 1,9 | 4,0 | 7,0 |
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Die ionischen Leitfähigkeiten von Tetrahydrothiophen-1-oxid/Propylencarbonat-Elektrolyten mit 1 M LiBF4 als Leitsalz bei 25 °C sind in 12 dargestellt. Mit 50 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid konnte eine maximale ionische Leitfähigkeit von 6,5 mPa s erreicht werden. Bei -20 °C beträgt die maximale ionische Leitfähigkeit immer noch 1,6 mPa s.
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Für die weiter untersuchten Flüssigelektrolytsysteme konnten jeweils maximale Leitfähigkeiten bei Temperaturen von 25 °C im Bereich von 6,0 bis 7,0 mS cm-1 ermittelt werden. Bei Temperaturen von - 20 °C lagen die ionischen Leitfähigkeiten insgesamt im Bereich von 0,9 - 1,6 mS cm-1.
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Die minimalen Viskositäten lagen für die weiter untersuchten Flüssigelektrolytsysteme bei 25 °C im Bereich von 6,4 bis 7,8 mPa s. Bei -20 °C wurden Viskositäten im Bereich von 28,1 - 45,0 mS cm-1 ermittelt.
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Dynamische Differenzkalorimetrie (DSC)-Messungen wurden mit einem DSC Q2000-Messgerät durchgeführt. Die Proben wurden in hermetischen Aluminium-Tiegeln eingewogen. Nach einer Äquilibrierung bei 25 °C und einem isothermen Schritt für 2 Minuten wurde der Wärmefluss dreimal von -150 °C bis 120 °C gemessen. Helium wurde als Umgebungsgas mit 25 ml/min genutzt. Es konnte gezeigt werden, dass der erfindungsgemäße Elektrolyt im vorgegebenen Temperaturbereich nicht kristallisiert und somit bei tiefen Temperaturen eine hervorragende Stabilität aufweist. Die Ergebnisse für das bevorzugte Ausführungsbeispiel finden sich in 2 dargestellt.
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Um den Effekt auf die Viskositäten und ionischen Leitfähigkeiten zu verstehen, wurden Raman-Messungen mit einem Bruker VERTEX 70 Spektrometer durchgeführt. Dieses war mit einem RAM II Raman-Modul, einem Nd:YAG-Laser mit einer Wellenlänge von 1064 nm und einer Ausgangsleistung von 300 mW ausgestattet. Die Bruker OPUS Software wurde genutzt, um 1000 Scans mit einer Auflösung von 2 cm-1 vom Spektralbereich 0 - 4000 cm-1 aufzunehmen. Es konnte eine hohe Li+-Ionen-Affinität der Sulfinylgruppe (-S=O) festgestellt werden. Propylencarbonat wird bereits bei geringen Zugaben von Tetrahydrothiophen-1-oxid im Li-Lösungsmittel-Komplex ersetzt. Die Spektren der vorgenannten Elektrolyte sind in 3 zu finden.
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Weiterhin wurden Zellen mit Graphit und LiNi1/3Co1/3Mn1/3O2 (NCM111) mit den erfindungsgemäßen Tetrahydrothiophen-1-oxid/Propylencarbonat-Elektrolyten im Potentialbereich 3-4,2 V bei 20 °C galvanostatisch zyklisiert. Dazu wurden in einem Trockenraum (Wassergehalt < 30 ppm) Knopfzellen gebaut, die Separion® als Separator und 100 µl Elektrolyt enthielten. Nach 3 Formierungszyklen bei 0,2 C wurden die Zellen für 100 Zyklen bei 1 C zyklisiert. Für 1 M LiPF6 (6) und für 1 M LiBF4 (13) sind die spezifischen Entladekapazitäten in Abhängigkeit von der Zyklenanzahl dargestellt.
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Die Verwendung von Elektrolyten mit 1 M LiPF6 oder 1 M LiBF4, PC und 10 - 40 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid ermöglicht stabiles Zyklisieren ohne Fading bei Entladekapazitäten von 95 - 110 mA h/g. Ein Anteil von 15 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid führt zu den höchsten Entladekapazitäten von ∼110 mA h/g. Nach 100 Zyklen liegt immer noch ∼100% der Ausgangskapazität vor.
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Um die Stabilität der Elektrolyte gegenüber Graphit und NCM111 zu zeigen, wurden zyklische Voltammetrie-Experimente mit einem VMP3 (BioLogic Science Instruments) durchgeführt. Zur Untersuchung wurden 3-Elektroden-Swagelok-Zellen mit Graphit oder NCM111 als Arbeitselektrode und Lithiummetall als Gegen- und Referenzelektrode genutzt. Die Stabilität von Graphit wurde mit einer Scanrate von 20 µV/s im Potentialbereich OCP → 0,005 V vs. Li/Li+ vermessen, von NCM111 im Bereich OCP → 4,2 V vs. Li/Li+. Die Ergebnisse sind jeweils in den 4 (für die Li/Graphit-Zellen) und 5 (für die Li/NCM111-Zellen) zu sehen.
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Es konnte gezeigt werden, dass die erfindungsgemäßen Elektrolyte generell stabil gegenüber Graphit (4c) und NCM111 (5c) sind. Dabei konnte keine Zersetzung bei höheren Potentialen als von Propylencarbonat (> 0,8 V vs. Li/Li+) beobachtet werden. Propylencarbonat und Tetrahydrothiophen-1-oxid als alleinige Lösungsmittel zersetzen sich bei ~ 0,8 V vs. Li/Li+, was im Falle von Propylencarbonat zur Exfoliation von Graphit führt ( 4a), während die Tetrahydrothiophen-1-oxid-Moleküle und/oder deren Zersetzungsprodukte die reversible De-/Interkalation von Lithium unterdrücken (4b). Propylencarbonat als alleiniges Lösungsmittel ist kompatibel mit NCM111 (5a), was für Tetrahydrothiophen-1-oxid nicht der Fall ist (5b).
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Um die Oberflächenmorphologie der Graphit- und NCM111-Elektroden vor und nach dem Zyklisieren zu analysieren, wurden rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen mit einem Carl Zeiss AURIGA SEM Mikroskop (Carl Zeiss Microscopy GmbH) gemacht (siehe 7). Die Elektroden wurden den Zellen im Trockenraum (Wassergehalt < 30 ppm) entnommen und dreifach mit 500 µl Dimethylcarbonat gewaschen.
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Mit Hilfe des Rasterelektronenmikroskops konnte man die Sekundärpartikel des Aktivmaterials auf den Graphitelektroden vor dem Zyklisieren deutlich erkennen (7a), während nach dem Zyklisieren eine Anodenschutzschicht (SEI) auf den Graphitelektroden beobachtet werden konnte. Diese bedeckt nach 3 Formierungszyklen flächenmäßig die ganze Elektrode (7b), während sie sich nach 100 Zyklen um die einzelnen Sekundärpartikel des Aktivmaterials geschmiegt hat (7c). Bei den NCM111-Elektroden konnte keine sichtbare Veränderung festgestellt werden.
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Die Selbst-Diffusionskoeffizienten der im Elektrolyten vorliegenden Spezies wurden mit der Feldgradienten-NMR-Spektroskopie (pulsed field gradient nuclear magnetic resonance, PFG-NMR) bestimmt. Die Messungen wurden mit stimulierten Echosequenzen an einem Bruker AVANCE III 200-Spektrometer durchgeführt, wobei ein Bruker Diff50 Probenkopf, ausgestattet mit einer 7Li/1H- und 19F-Spule (5 mm), bei 25 °C (stabilisiert mit ± 0,1 °C) verwendet wurde. Die Gradientenstärken wurden von 5 - 1800 G/cm variiert. Die Gradientpulslänge betrug 1 ms, die Diffusionszeit 40 ms. Die Ergebnisse sind in 8 dargestellt. Propylencarbonat-Moleküle weisen die höchsten Selbst-Diffusionskoeffizienten auf und zeigen den gleichen Trend wie die ionischen Leitfähigkeiten, d. h. mit LiPF6 einen maximalen Wert von 1,95·10-10 m2·s-1 mit 30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und abnehmende Selbst-Diffusionskoeffizienten, wenn mehr oder weniger Tetrahydrothiophen-1-oxid oder Propylencarbonat enthalten ist. Die Selbst-Diffusionskoeffizienten der PF6 -Anionen zeigen ein vergleichbares Verhalten, aber mit weniger ausgeprägtem Anstieg für 0-30 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid. Die Li+-Ionen stellen die langsamste Spezies im Elektrolyten dar. Die Beiträge der Li+- und PF6 --Ionen führen zum beobachteten Verhalten der ionischen Leitfähigkeiten.
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Ferner wurden Elektrochemische Impedanzmessungen mit einem VMP3 (BioLogic Science Instruments) durchgeführt, um die Widerstände der Schutzschichten zu untersuchen. Dazu wurden symmetrische Graphit/Graphit- (a) und NCM111/NCM111- (b) Knopfzellen sowie Graphit-NCM111 (c) -Zellen gefertigt, die in einem Frequenzbereich von 100 kHz bis 10 mHz vermessen wurden. Die Graphit- und NCM111-Elektroden wurden Zellen nach 24 Stunden Leerlaufspannung (engl.: open-circuit voltage, OCV), nach drei Formierungszyklen bei 0,2 C oder nach weiteren 100 Zyklen bei 1 C entnommen. Die Widerstände wurden durch Anpassen der Impedanzkurven im Nyquist-Graphen erhalten. Der Nyquist-Graph in 9a macht deutlich, dass sich nach der Leerlaufspannung keine Schutzschichten auf den Graphitelektroden befinden. Nach der Formierung wurde eine Anodenschutzschicht (SEI) auf den Graphitelektroden gebildet. Der Schichtwiderstand steigt in den weiteren 100 Zyklen leicht an. Die SEI wird also erst durch galvanostatisches Zyklisieren gebildet und nicht chemisch. Die hohen Ladungstransferwiderstände weisen darauf hin, dass die Schichten elektronisch isolierend sind und somit einen hohen organischen Anteil haben. Die starke Zunahme der Ladungstransferwiderstände kann nicht nur auf eine zunehmende Schichtdicke zurückgeführt werden, sondern auch auf eine Änderung der Oberflächenmorphologie oder der Schichtzusammensetzung. 9b macht deutlich, dass auch die Kathodenschutzschicht (CEI) durch galvanostatisches Zyklisieren gebildet wird und die Schichtdicke mit steigender Zyklenanzahl langsam zunimmt. Die Widerstände der CEI sind dabei geringer als die der SEI. Der Ladungstransferwiderstand nimmt ebenfalls zu. Die Ergebnisse der Impedanzmessungen mit Graphit/NCM111-Zellen (9c) zeigen den Einfluss beider Schichten auf den Gesamtwiderstand.
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Röntgenphotoelektronenspektroskopie-Messungen wurden durchgeführt, um die Zusammensetzung und Schichtdicke der Schutzschichten auf den Elektroden zu bestimmen. Dazu wurden die Elektroden in das XPS-Gerät (Axis Ultra DLD, Kratos, U.K.) eingeführt und für 12 Stunden unter Vakuum gehalten. AI Kα-Strahlung mit einer Energie von 1486,3 eV und einem Emissionswinkel von 0° (Kathode) oder 45° (Anode) wurde eingesetzt.
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Das Sputter-Tiefenprofil für die Anoden wurde mit einer polyatomischen Ionenquelle (Coronen) mit einem Sputter-Krater zehnmal so groß wie der Messbereich durchgeführt. Gesputtert wurde für 60 s, 120 s und 600 s. Für jede Probe wurden zwei oder drei Datenpunkte mit lateraler Auflösung von 700 x 300 mm aufgenommen und arithmetisch gemittelt. Die erzeugten Spektren wurden mit der CasaXPS Software (Version 2.3.16 PR 1.6, Casa Software Ltd., U.K.) angepasst. Dabei wurde der C 1s C-H/C-C-Peak (284.5 eV) als interner Standard für die Kalibration der Bindungsenergien verwendet. 10 zeigt die ermittelten Zusammensetzungen a) für die Graphit-Anode und b) für die NCM111-Kathode sowie die Schichtdicken. Die SEI ist ~ 5 nm dick (5,5 ± 0,6 nm nach 3 Zyklen, 4,9 ± 0,1 nm nach 103 Zyklen), wohingegen die CEI mit ~1 nm (1,0 ± 0,3 nm nach 3 Zyklen, 1,4 ± 0,1 nm nach 103 Zyklen) deutlich dünner ist.
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Die Schichten wurden annähernd vollständig während der Formierungszyklen gebildet, da keine beträchtliche Veränderung der Schichtdicke zwischen 3 und 103 Zyklen beobachtet werden konnte. Der organische Anteil beider Schichten liegt bei ungefähr 66 At-%, was für eine gute Permeabilität für Li+-Ionen spricht. Er besteht aus einem Polymer mit Ethergruppen. Die SEI umfasst keine Schwefel-Substanzen, wohingegen der anorganische Teil der CEI u.a. Metallsulfite und -sulfate enthält, welche elektronisch isolierend sind.
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Thermogravimetrische Analysen (TGA) wurden mit einem TGA Q5000-Messgerät durchgeführt. Die Proben wurden in geschlossenen Aluminium-Tiegeln eingewogen. Die Temperatur wurde von 30 °C bis 600 °C mit 10 °C pro Minute erhöht und das Gewicht der Proben gemessen. Stickstoff wurde als Umgebungsgas eingesetzt. 11 zeigt, dass die Zersetzung aller Elektrolyte (1 M LiPF6 in PC, 1 M LiPF6 in Tetrahydrothiophen-1-oxid und 1 M LiPF6 in 15 mol-% Tetrahydrothiophen-1-oxid und 85 mol-% PC) bei etwa 120 °C einsetzt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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