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Die vorliegende Erfindung betrifft einen Kran, insbesondere einen Turmdrehkran, mit einem Hubseil, das von einem Ausleger abläuft und ein Lastaufnahmemittel trägt, Antriebseinrichtungen zum Bewegen mehrerer Kranelemente und Verfahren des Lastaufnahmemittels, einer Steuervorrichtung zum Steuern der Antriebseinrichtungen derart, dass das Lastaufnahmemittel entlang eines Verfahrwegs verfährt, sowie einer Pendeldämpfungseinrichtung zum Dämpfen von Pendelbewegungen des Lastaufnahmemittels, wobei die genannte Pendeldämpfungseinrichtung eine Pendelsensorik zum Erfassen von Pendelbewegungen des Hubseils und/oder des Lastaufnahmemittels sowie einen Reglerbaustein mit einem geschlossenen Regelkreis zum Beeinflussen der Ansteuerung der Antriebseinrichtungen in Abhängigkeit von Pendelsignalen, die von der Pendelsensorik erfaßte Pendelbewegungen angeben und dem Regelkreis rückgeführt werden, aufweist. Die Erfindung betrifft ferner auch ein Verfahren zum Steuern eines Krans, bei dem die Ansteuerung der Antriebseinrichtungen von einer Pendeldämpfungseinrichtung in Abhängigkeit von pendelrelevanten Parametern beeinflusst wird.
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Um den Lasthaken eines Krans entlang eines Verfahrwegs bzw. zwischen zwei Zielpunkten verfahren zu können, müssen üblicherweise diverse Antriebseinrichtungen betätigt und gesteuert werden. Beispielsweise bei einem Turmdrehkran, bei dem das Hubseil von einer Laufkatze abläuft, die am Ausleger des Krans verfahrbar ist, muss üblicherweise das Drehwerk, mittels dessen der Turm mit dem darauf vorgesehenen Ausleger bzw. der Ausleger relativ zum Turm um eine aufrechte Drehachse verdreht werden, sowie der Katzantrieb, mittels dessen die Laufkatze entlang des Auslegers verfahren werden kann, und das Hubwerk, mittels dessen das Hubseil verstellt und damit der Lasthaken angehoben und abgesenkt werden kann, jeweils betätigt und gesteuert werden. Bei Kranen mit einem wippbaren Teleskopausleger werden zusätzlich zum Drehwerk, der den Ausleger bzw. den den Ausleger tragenden Oberwagen um eine aufrechte Achse verdreht, und zum Hubwerk zum Verstellen des Hubseils, auch der Wippantrieb zum Auf- und Niederwippen des Auslegers sowie der Teleskopierantrieb zum Ein- und Ausfahren der Teleskopschüsse betätigt, ggf. auch ein Wippspitzenantrieb bei Vorhandensein einer Wippspitze am Teleskopausleger. Bei Mischformen solcher Krane und ähnlichen Krantypen, beispielsweise Turmkranen mit wippbarem Ausleger oder Derrick-Kranen mit wippbarem Gegenausleger können jeweils auch weitere Antriebseinrichtungen anzusteuern sein.
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Die genannten Antriebseinrichtungen werden hierbei üblicherweise vom Kranführer über entsprechende Bedienelemente beispielsweise in Form von Joysticks, Kippschaltern, Drehknöpfen und Schiebern und dergleichen betätigt und gesteuert, was erfahrungsgemäß viel Gefühl und Erfahrung benötigt, um die Zielpunkte rasch und dennoch sanft ohne größere Pendelbewegungen des Lasthakens anzufahren. Während zwischen den Zielpunkten möglichst rasch gefahren werden soll, um eine hohe Arbeitsleistung zu erzielen, soll am jeweiligen Zielpunkt sanft angehalten werden, ohne dass der Lasthaken mit der daran angeschlagenen Last nachpendelt.
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Ein solches Steuern der Antriebseinrichtungen eines Krans ist angesichts der erforderlichen Konzentration für den Kranführer ermüdend, zumal oft immer wiederkehrende Verfahrwege und monotone Aufgaben zu erledigen sind. Zudem kommt es bei nachlassender Konzentration oder auch bei einer nicht ausreichenden Erfahrung mit dem jeweiligen Krantyp zu größeren Pendelbewegungen der aufgenommenen Last und damit zu einem entsprechenden Gefährdungspotenzial, wenn der Kranführer die Bedienhebel bzw. -elemente des Krans nicht feinfühlig genug bedient. In der Praxis entstehen durch das Ansteuern des Krans auch bei erfahrenen Kranführern bisweilen immer wieder schnell große Pendelschwingungen der Last, die nur sehr langsam abklingen.
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Um der Problematik unerwünschter Pendelbewegungen zu begegnen, wurde bereits vorgeschlagen, die Steuervorrichtung des Krans mit Pendeldämpfeinrichtungen zu versehen, die mittels Steuerungsbausteinen in die Steuerung eingreifen und das Ansteuern der Antriebseinrichtungen beeinflussen, beispielsweise zu große Beschleunigungen einer Antriebseinrichtung durch zu schnelles oder zu starkes Betätigen des Bedienhebels verhindern oder abschwächen oder bestimmte Verfahrgeschwindigkeiten bei größeren Lasten beschränken oder in ähnlicher Weise in die Verfahrbewegungen auch aktiv eingreifen, um ein zu starkes Pendeln des Lasthakens zu verhindern.
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Solche Pendeldämpfungseinrichtungen für Krane sind in verschiedenen Ausführungen bekannt, beispielsweise durch Ansteuerung der Drehwerk-, Wipp- und Laufkatzenantriebe in Abhängigkeit von bestimmten Sensorsignalen, beispielsweise Neigungs- und/oder Gyroskopsignalen. Beispielsweise zeigen die Schriften
DE 20 2008 018 260 U1 oder
DE 10 2009 032 270 A1 bekannte Lastpendeldämpfungen an Kranen, auf deren Gegenstand insoweit, das heißt hinsichtlich der Grundlagen der Pendeldämpfungseinrichtung, ausdrücklich Bezug genommen wird. Bei der
DE 20 2008 018 206 U1 wird beispielsweise mittels einer Gyroskopeinheit der Seilwinkel relativ zur Vertikalen und dessen Änderung in Form der Seilwinkelgeschwindigkeit gemessen, um bei Überschreiten eines Grenzwerts für die Seilwinkelgeschwindigkeit gegenüber der Vertikalen automatisch in die Steuerung einzugreifen.
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Weiterhin zeigen die Schriften
EP16 28 902 B1 ,
DE 103 24 692 A1 ,
EP25 62 125 B1 ,
US 2013 01 61 279 A ,
DE100 64 182 A1 , oder
US 55 26 946 B jeweils Konzepte zur Closed-Loop-Regelung von Kranen, die die Pendeldynamik oder auch die Pendel- und Antriebsdynamik berücksichtigen. Allerdings führt die Anwendung dieser bekannten Konzepte an „weichen“, nachgiebigen Kranen mit länglichen, ausgereizten Strukturen wie beispielsweise an einem Turmdrehkran mit Strukturdynamik in der Regel recht schnell zu einem gefährlichen, instabilen Aufschwingen der anregbaren Strukturdynamik.
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Solche Close-Loop-Regelungen an Kranen mit Berücksichtigung der Pendeldynamik sind auch bereits Gegenstand diverser wissenschaftlicher Publikationen, vgl. bspw. E. Arnold, O. Sawodny, J. Neupert and K. Schneider, „Anti-sway system for boom cranes based on a model predictive control approach", IEEE International Conference Mechatronics and Automation, 2005, Niagara Falls, Ont., Canada, 2005, pp. 1533-1538 Vol. 3., sowie Arnold, E., Neupert, J., Sawodny, O., „Modellprädiktive Trajektoriengenerierung für flachheitsbasierte Folgeregelungen am Beispiel eines Hafenmobilkrans", at - Automatisierungstechnik, 56(8/2008), oder J. Neupert, E. Arnold, K. Schneider & O. Sawodny, „Tracking and anti-sway control for boom cranes", Control Engineering Practice, 18, pp. 31-44, 2010, doi:10.1016/j.conengprac.2009.08.003.
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Ferner ist von der Firma Liebherr unter dem Namen „Cycoptronic“ ein Lastpendeldämpfungssystem für maritime Krane bekannt, welches Lastbewegungen und Einflüsse wie Wind im Voraus berechnet und auf Basis dieser Vorausberechnung automatisch Kompensationsbewegungen einleitet, um ein Schwingen der Last zu vermeiden. Konkret werden auch bei diesem System mittels Gyroskopen der Seilwinkel gegenüber der Vertikalen und dessen Änderungen erfasst, um in Abhängigkeit der Gyroskopsignale in die Steuerung einzugreifen.
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Bei langen, schlanken Kranstrukturen mit ambitionierter Traglastauslegung, wie dies inbesondere bei Turmdrehkranen der Fall ist, aber auch bei anderen Kranen mit um eine aufrechte Achse verdrehbaren Auslegern wie bspw. wippbaren Telekopausleger-Kranen relevant werden kann, ist es mit herkömmlichen Pendeldämpfungseinrichtungen jedoch bisweilen schwierig, in der richtigen Art und Weise in die Ansteuerung der Antriebe einzugreifen, um die gewünschte, pendeldämpfende Wirkung zu erzielen. Hierbei kommt es im Bereich der Strukturteile, insbesondere des Turms und Auslegers, zu dynamischen Effekten und elastischem Verformen der Strukturteile, wenn ein Antrieb beschleunigt oder abgebremst wird, sodass sich Eingriffe in die Antriebseinrichtungen - beispielsweise Abbremsen oder Beschleunigen des Katzantriebs oder des Drehwerks - nicht direkt in der gewünschten Weise auf die Pendelbewegung des Lasthakens auswirken.
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Zum einen kann es durch dynamische Wirkungen in den Strukturteilen zu Zeitverzögerungen bei der Übertragung auf das Hubseil und den Lasthaken kommen, wenn Antriebe pendeldämpfend betätigt werden. Zum anderen können die genannten dynamischen Effekte auch übermäßige oder sogar kontraproduktive Auswirkungen auf ein Lastpendel haben. Wenn beispielsweise eine Last durch zunächst zu schnelles Betätigen des Laufkatzantriebs nach hinten zum Turm hin pendelt und die Pendeldämpfungseinrichtung gegensteuert, indem der Katzantrieb verzögert wird, kann es zu einer Nickbewegungen des Auslegers kommen, da sich der Turm entsprechend verformt, wodurch die gewünschte pendeldämpfende Wirkung beeinträchtigt werden kann.
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Insbesondere bei Turmdrehkranen tritt dabei aufgrund der Leichtbauweise auch das Problem auf, dass im Gegensatz zu bestimmten anderen Krantypen die Schwingungen der Stahlstruktur nicht vernachlässigbar sind, sondern bei einer Regelung (closed loop) aus Sicherheitsgründen behandelt werden sollten, da es andernfalls in der Regel zu einem gefährlichen instabilen Aufschwingen der Stahlstruktur kommen kann.
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Hiervon ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, einen verbesserten Kran sowie ein verbessertes Verfahren zu dessen Steuerung zu schaffen, die Nachteile des Standes der Technik vermeiden und letzteren in vorteilhafter Weise weiterbilden. Vorzugsweise soll erreicht werden, die Nutzlast entsprechend der Sollwerte des Kranführers zu bewegen und dabei unerwünschte Pendelbewegungen über eine Regelung aktiv zu dämpfen, während gleichzeitig unerwünschte Bewegungen der Strukturdynamik nicht angeregt, sondern ebenfalls durch die Regelung gedämpft werden, um eine Erhöhung der Sicherheit, der erleichterten Bedienbarkeit sowie der Automatisierbarkeit zu erreichen. Insbesondere soll eine verbesserte Pendeldämpfung bei Turmdrehkranen erzielt werden, die die mannigfachen Einflüsse der Kranstruktur besser berücksichtigt.
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Erfindungsgemäß wird die genannte Aufgabe durch einen Kran gemäß Anspruch 1 sowie ein Verfahren gemäß Anspruch 22 gelöst. Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Es wird also vorgeschlagen, bei den pendeldämpfenden Maßnahmen nicht nur die eigentliche Pendelbewegung des Seils an sich zu berücksichtigen, sondern auch die Dynamik der Kranstruktur bzw. des Stahlbaus des Krans und dessen Antriebsstränge. Der Kran wird nicht mehr als unbeweglicher Starrkörper angenommen, der Antriebsbewegungen der Antriebseinrichtungen unmittelbar und identisch, d.h. 1:1 in Bewegungen des Aufhängungspunktes des Hubseils umsetzt. Stattdessen betrachtet die Pendeldämpfungseinrichtung den Kran als weiche Struktur, die in ihren Stahlbau- bzw. Strukturteilen wie beispielsweise dem Turmgitter und dem Ausleger, und in ihren Antriebssträngen Elastizitäten und Nachgiebigkeiten bei Beschleunigungen zeigt, und berücksichtigt diese Dynamik der Strukturteile des Krans bei der pendeldämpfenden Beeinflussung der Ansteuerung der Antriebseinrichtungen.
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Dabei wird mittels eines geschlossenen Regelkreises sowohl die Pendeldynamik als auch die Strukturdynamik aktiv gedämpft. Insbesondere wird die gesamte Systemdynamik als Verkopplung der Pendel-, Antriebs- und Strukturdynamik des Turmdrehkrans aktiv geregelt, um die Nutzlast entsprechend der Sollvorgaben zu bewegen. Dabei werden Sensoren einerseits zur Messung von Systemgrößen der Pendeldynamik sowie andererseits zur Messung von Systemgrößen der Strukturdynamik eingesetzt, wobei nicht messbare Systemgrößen in einem modellbasierten Beobachter als Systemzustände geschätzt werden können. Die Stellsignale für die Antriebe werden durch eine modellbasierte Regelung als Zustandsrückführung der Systemzustände berechnet, wodurch ein Regelkreis geschlossen wird und sich eine veränderte Systemdynamik ergibt. Die Regelung ist derart ausgebildet, dass die Systemdynamik des geschlossenen Regelkreises stabil ist und Regelfehler schnell ausgeglichen werden.
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Erfindungsgemäß ist ein geschlossener Regelkreis an dem Kran, insbesondere Turmdrehkran, mit Strukturdynamik durch die Rückführung von Messungen nicht nur der Pendeldynamik, sondern ebenfalls der Strukturdynamik vorgesehen. Die Pendeldämpfungseinrichtung umfasst neben der Pendelsensorik zum Erfassen von Hubseil- und/oder Lastaufnahmemittel-Bewegungen auch eine Strukturdynamik-Sensorik zum Erfassen von dynamischen Verformungen und Bewegungen der Kranstruktur bzw. zumindest Strukturbauteilen hiervon, wobei der Reglerbaustein der Pendeldämpfungseinrichtung, der das Ansteuern der Antriebseinrichtung pendeldämpfend beeinflusst, dazu ausgebildet ist, beim Beeinflussen der Ansteuerung der Antriebseinrichtungen sowohl die von der Pendelsensorik erfaßten Pendelbewegungen als auch die von der Strukturdynamik-Sensorik erfassten dynamischen Verformungen der Strukturbauteile des Krans zu berücksichtigen. Dem geschlossenen Regelkreis werden sowohl die Pendelsensorsignale als auch die Strukturdynamik-Sensorsignale rückgeführt.
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Die Pendeldämpfungseinrichtung betrachtet also die Kran- bzw. Maschinenstruktur nicht als starre, sozusagen unendlich steife Struktur, sondern geht von einer elastisch verformbaren und/oder nachgiebigen und/oder relativ weichen Struktur aus, die - zusätzlich zu den Stellbewegungsachsen der Maschine wie beispielsweise der Auslegerwippachse oder der Turmdrehachse - Bewegungen und/oder Positionsänderungen durch Verformungen der Strukturbauteile zulässt.
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Die Berücksichtigung der In-Sich-Beweglichkeit der Maschinenstruktur infolge von Strukturverformungen unter Last oder dynamischen Belastungen ist gerade bei langgestreckten, schlanken und von den statischen und dynamischen Randbedingungen her bewusst - unter Berücksichtigung der notwendigen Sicherheiten - ausgereizten Strukturen wie bei Turmdrehkranen oder Teleskopkranen von Bedeutung, da hier spürbare Bewegungsanteile beispielsweise für den Ausleger und damit die Lasthakenposition durch die Verformungen der Strukturbauteile hinzukommen. Um die Pendelursachen besser bekämpfen zu können, berücksichtigt die Pendeldämpfung solche Verformungen und Bewegungen der Maschinenstruktur unter dynamischen Belastungen.
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Hierdurch können beträchtliche Vorteile erreicht werden:
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Zunächst wird die Schwingungsdynamik der Strukturbauteile durch das Regelverhalten der Steuereinrichtung reduziert. Dabei wird durch das Fahrverhalten die Schwingung aktiv gedämpft bzw. durch das Regelverhalten erst gar nicht angeregt.
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Ebenso wird der Stahlbau geschont und weniger beansprucht. Insbesondere Stoßbelastungen werden durch das Regelverhalten reduziert.
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Ferner kann durch dieses Verfahren der Einfluss des Fahrverhaltens definiert werden.
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Durch die Kenntnisse der Strukturdynamik und das Reglerverfahren kann insbesondere die Nickschwingung reduziert und gedämpft werden. Dadurch verhält sich die Last ruhiger und schwankt später in Ruhelage nicht mehr auf und ab. Auch Querpendelbewegungen in Umfangsrichtung um die aufrechte Auslegerdrehachse können durch Berücksichtigung von Turmtorsion und Ausleger-Schwenkbiegeverformungen besser kontrolliert werden.
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Die vorgenannten elastischen Verformungen und Bewegungen der Strukturbauteile und Antriebsstränge und die sich hierdurch einstellenden Eigenbewegungen können grundsätzlich in verschiedener Art und Weise bestimmt werden.
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Insbesondere kann die hierzu vorgesehene Strukturdynamik-Sensorik dazu ausgerbildet sein, elastische Verformungen und Bewegungen von Strukturbauteilen unter dynamischen Belastungen zu erfassen.
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Eine solche Strukturdynamik-Sensorik kann beispielsweise Verformungssensoren wie Dehnungsmessstreifen am Stahlbau des Krans, beispielsweise den Gitterfachwerken des Turms und/oder des Auslegers umfassen.
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Alternativ oder zusätzlich können Drehratensensoren, insbesondere in Form von Gyroskopen, Gyrosensoren und/oder Gyrometern, und/oder Beschleunigungs- und/oder Geschwindigkeitssensoren vorgesehen sein, um bestimmte Bewegungen von Strukturbauteilen wie beispielsweise Nickbewegungen der Auslegerspitze und/oder rotatorische Dynamikeffekte am Ausleger und/oder Torsions- und/oder Biegebewegungen des Turms zu erfassen.
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Weiterhin können Neigungssensoren vorgesehen sein, um Neigungen des Auslegers und/oder Neigungen des Turms, insbesondere Auslenkungen des Auslegers aus der Horizontalen und/oder Auslenkungen des Turms aus der Vertikalen zu erfassen.
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Grundsätzlich kann die Strukturdynamik-Sensorik dabei mit verschiedenen Sensortypen arbeiten, insbesodere auch verschieden Sensortypen miteinander kombinieren. Vorteilhafterweise können Dehnungsmesstreifen und/oder Beschleinigungssensoren und/oder Drehratensensoren, insbesondere in Form von Gyroskopen, Gyrosensoren und/oder Gyrometern, zum Erfassen der Verformungen und/oder dynamischen Insich-Bewegungen von Strukturbauteilen des Krans verwendet werden, wobei die Beschleunigungssensoren und/oder Drehratensensoren vorzugsweise dreiachsig erfassend ausgebildet sind.
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Solche Strukturdynamiksensoren können am Ausleger können und/oder am Turm, insbesondere an dessen oberen Abschnitt, an dem der Ausleger gelagert ist, vorgesehen sein, um die Dynamik des Turms zu erfassen. Beispielsweise führen ruckartige Hubbewegungen zu Nickbewegungen des Auslegers, die mit Biegebewegungen des Turm einhergehen, wobei eine Nachschwingen des Turm wiederum zu Nickschwingungen des Auslegers führt, was mit entsprechenden Lasthakenbewegungen einhergeht.
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Insbesondere kann eine Winkelsensorik zur Bestimmung des Differenzdrehwinkels zwischen einem oberen Turmendabschnitt und dem Ausleger vorgesehen sein, wobei bspw. am oberen Turmendabschnitt und am Ausleger jeweils ein Winkelsensor angebracht sein kann, deren Signale bei einer Differenzbetrachtung den genannten Differenzdrehwinkel angeben können. Ferner kann vorteilhafterweise auch ein Drehratensensor zur Bestimmung der Drehgeschwindigkeit des Auslegers und/oder des oberen Turmendabschnitts vorgesehen sein, um in Verbindung mit dem vorgenannten Differenzdrehwinkel den Einfluss der Turmtorsionsbewegung bestimmen zu können. Hieraus kann einerseits eine genauere Lastpositionsschätzung, andererseits aber auch eine aktive Dämpfung der Turmtorsion im laufenden Betrieb erreicht werden.
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In vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung können zwei- oder dreiachsige Drehratensensoren und/oder Beschleunigungssensoren an der Auslegerspitze und/oder an dem Ausleger im Bereich der aufrechten Krandrehachse angebracht werden, um strukturdynamische Bewegungen des Auslegers bestimmen zu können.
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Alternativ oder zusätzlich können auch den Antriebssträngen Bewegungs- und/oder Beschleunigungssensoren zugeordnet sein, um die Dynamik der Antriebsstränge erfassen zu können. Beispielsweise können den Umlenkrollen der Laufkatze für das Hubseil und/oder Umlenkrollen für ein Abspannseil eines Wippauslegers Drehgeber zugeordnet sein, um die tatsächliche Seilgeschwindigkeit am relevanten Punkt erfassen zu können.
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Vorteilhafterweise sind auch den Antriebseinrichtungen selbst geeignete Bewegungs- und/oder Geschwindigkeits- und/oder Beschleunigungssensoren zugeordnet, um die Antriebsbewegungen der Antriebseinrichtungen entsprechend erfassen und in Zusammenhang mit den abgeschätzten und/oder erfassten Verformungen der Strukturbauteile bzw. des Stahlbaus und Nachgiebigkeiten in den Antriebssträngen setzen zu können.
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Insbesondere kann durch einen Abgleich der Signale der den Antriebseinrichtungen direkt zugeordneten Bewegungs- und/oder Beschleunigunssensoren mit den Signalen der Strukturdynamik-Sensoren in Kenntnis der Strukturgeometrie der Bewegungs-und/oder Beschleunigungsanteil an einem Strukturteil bestimmt werden, der auf eine dynamische Verformung bzw. Verwindung der Kranstruktur zurückgeht und zusätzlich zur eigentlichen Kranbewegung, wie sie von der Antriebsbewegung induziert ist und auch bei einem vollständig steifen, starren Kran aufträte. Wird beispielsweise das Drehwerk eines Turmdrehkrans um 10° verstellt, an der Auslegerspitze aber nur eine Verdrehung um 9° erfaßt, kann auf eine Torsion des Turms und/oder eine Biegeverformung des Auslegers rückgeschlossen werden, was gleichzeitig wiederum mit bspw. dem Verdrehsignal eines an der Turmspitze angebrachten Drehratensensors abgeglichen werden kann, um zwischen Turmtorsion und Auslegerbiegung differenzieren zu können. Wird der Lasthaken vom Hubwerk um einen Meter angehoben, am Ausleger im aber gleichzeitig eine Nickbewegung nach unten um bspw. 1° festgestellt, kann unter Berücksichtigung der Ausladung der Laufkatze auf die tatsächliche Lasthakenbewegung geschlossen werden.
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Vorteilhafterweise kann die Strukturdynamik-Sensorik verschiedene Bewegungsrichtungen der Strukturverformungen erfassen. Insbesondere kann die Strukturdynamik-Sensorik zumindest einen Radialdynamik-Sensor zum Erfassen von dynamischen Bewegungen der Kranstruktur in einer aufrechten Ebene parallel zum Kranausleger, und zumindest einen Schwenkdynamiksensor zum Erfassen von dynamischen Bewegungen der Kranstruktur um eine aufrechte Krandrehachse, insbesondere Turmachse aufweisen. Der Reglerbaustein der Pendeldämpfungseinrichtung kann dabei dazu ausgebildet sein, die Ansteuerung der Antriebseinrichtungen, insbesondere eines Katzantriebs und Drehwerkantriebs, in Abhängigkeit der erfassten dynamischen Bewegungen der Kranstruktur in der aufrechten, auslegerparallelen Ebene, insbesondere parallel zur Auslegerlängsrichtung, und der erfassten dynamischen Bewegungen der Kranstruktur um die aufrechte Krandrehachse zu beeinflussen.
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Ferner kann die Strukturdynamik-Sensorik zumindest einen Hubdynamik-Sensor zum Erfassen von vertikalen dynamischen Verformungen des Kranauslegers aufweisen und der Reglerbaustein der Pendeldämpfungseinrichtung dazu ausgebildet sein, die Ansteuerung der Antriebseinrichtungen, insbesondere eines Hubwerkantriebs, in Abhängigkeit der erfassten vertikalen dynamischen Verformungen des Kranauslegers zu beeinflussen.
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Vorteilhafterweise ist die Strukturdynamik-Sensorik dazu ausgebildet, alle Eigenmoden der dynamischen Verwindungen des Kranauslegers und/oder des Kranturms, deren Eigenfrequenzen in einem vorbestimmten Frequenzbereich liegen, zu erfassen. Hierzu kann die Strukturdynamik-Sensorik zumindest einen, vorzugsweise mehrere Turmsensor(en), der/die beabstandet von einem Knotenpunkt einer Turmeigenschwingung angeordnet ist, zum Erfassen von Turmverwindungen sowie zumindest einen, vorzugsweise mehrere Auslegersensor(en), der/die beabstandet von einem Knotenpunkt einer Auslegereigenschwingung angeordnet ist, zum Erfassen von Auslegerverwindungen aufweisen.
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Insbesondere können mehrere Sensoren zur Erfassung einer Strukturbewegung so platziert sein, dass eine Beobachtbarkeit aller Eigenmoden gewährleistet ist, deren Eigenfrequenzen im relevanten Frequenzbereich liegen. Hierzu kann grundsätzlich ein Sensor pro Pendel-Bewegungs-Richtung genügen, in der Praxis empfiehlt sich aber der Einsatz mehrerer Sensoren. Beispielsweise führt die Platzierung eines einzelnen Sensors in einem Knotenpunkt der Messgröße einer Struktur-Eigenmode (z.B. Position der Laufkatze an einem Drehungs-Knotenpunkt der ersten Ausleger-Eigenmode) führt zum Verlust der Beobachtbarkeit, was sich durch Hinzunahme eines Sensors an einer anderen Position vermeiden lässt. Insbesondere ist die Verwendung von dreiachsigen Drehratensensoren oder Beschleunigungssensoren an der Auslegerspitze sowie auf dem Ausleger nahe des Drehwerks empfehlenswert.
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Die Strukturdynamik-Sensorik kann zum Erfassen der Eigenmoden grundsätzlich mit verschiedenen Sensortypen arbeiten, insbesodere auch verschieden Sensortypen miteinander kombinieren. Vorteilhafterweise können gie zuvor genannten Dehnungsmesstreifen und/oder Beschleinigungssensoren und/oder Drehratensensoren, insbesondere in Form von Gyroskopen, Gyrosensoren und/oder Gyrometern, zum Erfassen der Verformungen und/oder dynamischen Insich-Bewegungen von Strukturbauteilen des Krans verwendet werden, wobei die Beschleunigungssensoren und/oder Drehratensensoren vorzugsweise dreiachsig erfassend ausgebildet sind.
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Insbesondere kann die Strukturdynamik-Sensorik zumindest einen Drehraten- und/oder Beschleunigungssensor und/oder Dehnungsmessstreifen zum Erfassen von dynamischen Turmverformungen und zumindest einen Drehraten- und/oder Beschleunigungssensor und/oder Dehnungsmessstreifen zum Erfassen von dynamischen Auslegerverformungen aufweisen. Vorteilhafterweise können Drehraten- und/oder Beschleunigungssensoren an verschiedenen Turmabschnitten, insbesondere zumindest an der Turmspitze und am Anlenkpunkt des Auslegers und ggf. in einem Turmmittelabschnitt unterhalb des Auslegers vorgesehen sein. Alternativ oder zusätzlich können Drehraten- und/oder Beschleunigungssensoren an verschiedenen Abschnitten des Auslegers, insbesondere zumindest an der Auslegerspitze und/oder der Laufkatze und/oder dem Auslegerfuß, an dem der Ausleger angelenkt ist, und/oder an einem Auslegerabschnitt beim Hubwerk vorgesehen sein. Vorteilhafterweise sind die genannten Sensoren derart am jeweiligen Strukturbauteil angeorndet, dass sie die Eigenmoden von dessen elastischen Verwindungen erfassen können.
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In Weiterbildung der Erfindung kann die Pendeldämpfungseinrichtung auch eine Schätzeinrichtung umfassen, die Verformungen und Bewegungen der Maschinenstruktur unter dynamischen Belastungen, die sich in Abhängigkeit von am Steuerstand eingegegebenen Steuerbefehlen und/oder in Abhängigkeit von bestimmten Ansteueraktionen der Antriebseinrichtungen und/oder in Abhängigkeit bestimmter Geschwindigkeits- und/oder Beschleunigungsprofile der Antriebseinrichtungen ergeben, unter Berücksichtigung von die Kranstruktur charakterisierenden Gegebenheiten abschätzt. Insbesondere können mittels einer solchen Schätzeinrichtung Systemgrößen der Strukturdynamik, ggf. auch der Pendeldynamik geschätzt werden, die nicht oder nur schwer sensorisch erfasst werden können.
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Eine solche Schätzeinrichtung kann beispielsweise auf ein Datenmodell zugreifen, in dem Strukturgrößen des Krans wie Turmhöhe, Auslegerlänge, Steifigkeiten, Flächenträgheitsmomente und ähnliches abgelegt und/oder miteinander verknüpft sind, um dann anhand einer konkreten Lastsituation, also Gewicht der am Lasthaken aufgenommenen Last und momentane Ausladung, abzuschätzen, welche dynamischen Effekte, das heißt Verformungen im Stahlbau und in den Antriebssträngen für eine bestimmte Betätigung einer Antriebseinrichtung ergeben. In Abhängigkeit einer solchermaßen geschätzten dynamischen Wirkung kann die Pendeldämpfungseinrichtung dann in die Ansteuerung der Antriebseinrichtungen eingreifen und die Stellgrößen der Antriebsregler der Antriebseinrichtungen beeinflussen, um Pendelbewegungen des Lasthakens und des Hubseils zu vermeiden bzw. zu reduzieren.
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Insbesondere kann die Bestimmungseinrichtung zur Bestimmung solcher Strukturverformungen eine Berechnungseinheit aufweisen, die diese Strukturverformungen und sich daraus ergebende Strukturteilbewegungen anhand eines gespeicherten Berechnungsmodells in Abhängigkeit der am Steuerstand eingegebenen Steuerbefehle berechnet. Ein solches Modell kann ähnlich einem Finite-Elemente-Modell aufgebaut sein oder ein Finite-Elemente-Modell sein, wobei vorteilhafterweise jedoch ein gegenüber einem Finite-Elemente-Modell deutlich vereinfachtes Modell verwendet wird, das beispielsweise empirisch durch Erfassung von Strukturverformungen unter bestimmten Steuerbefehlen und/oder Belastungszuständen am echten Kran bzw. der echten Maschine bestimmt werden kann. Ein solches Berechnungsmodell kann beispielsweise mit Tabellen arbeiten, in denen bestimmten Steuerbefehlen bestimmte Verformungen zugeordnet sind, wobei Zwischenwerte der Steuerbefehle mittels einer Interpolationsvorrichtung in entsprechende Verformungen umgerechnet werden können.
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Gemäß einem weiteren vorteilhaften Aspekt der Erfindung kann der Reglerbaustein im geschlossenen Regelkreis eine Filtereinrichtung bzw. einen Beobachter umfassen, der einerseits die strukturdynamischen Kranreaktionen und die Hubseil- bzw. Lasthakenpendelbewegungen beobachtet, wie sie von der Strukturdynamik-Sensorik und der Pendelsensorik erfaßt werden und sich bei bestimmten Stellgrößen der Antriebsregler einstellen, so dass die Beobachter- bzw. Filtereinrichtung unter Berücksichtigung vorbestimmter Gesetzmäßigkeiten eines Dynamikmodells des Krans, das grundsätzlich verschieden beschaffen sein kann und durch Analyse und Simulation des Stahlbaus gewonnen werden kann, anhand der beobachteten Kranstruktur- und Pendelreaktionen die Stellgrößen des Reglers beeinflussen kann.
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Eine solche Filter- bzw. Beobachtereinrichtung kann insbesondere in Form eines sogenannten Kalmanfilters ausgebildet sein, dem als Eingangsgröße einerseits die Stellgrößen der Antriebsregler des Krans und andererseits sowohl die Pendelsignale der Pendelsensorik als auch die dem Regelkreis rückgeführten Strukturdynamiksignale, die Verformungen und/oder dynamische Insich-Bewegungen der Strukturbauteile angeben, zugeführt werden und der aus diesen Eingangsgrößen anhand von Kaiman-Gleichungen, die das Dynamiksystem der Kranstruktur, insbesondere dessen Stahlbauteile und Antriebsstränge, modellieren, die Stellgrößen der Antriebsregler entsprechend beeinflusst, um die gewünschte pendeldämpfende Wirkung zu erzielen.
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In dem Kalman-Filter sind vorteilhafterweise erfasste und/oder geschätzte und/oder berechnete und/oder simulierte Funktionen, die die Dynamik der Strukturbauteile des Krans charakterisieren, implementiert.
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Insbesondere werden mittels der Strukturdynamik-Sensorik erfaßte dynamische Auslegerverformungen und Turmverformungen sowie die mittels der PendelSensorik erfaßte Position des Lasthakens, insbesondere auch dessen Schrägzug gegenüber der Vertikalen, das heißt die Auslenkung des Hubseils gegenüber der Vertikalen, dem genannten Kalmanfilter zugeführt. Die Erfassungseinrichtung für die Positionserfassung des Lasthakens kann vorteilhafterweise eine bildgebende Sensorik, beispielsweise eine Kamera umfassen, die vom Aufhängungspunkt des Hubseils, beispielsweise der Laufkatze, im Wesentlichen senkrecht nach unten blickt. Eine Bildauswerteeinrichtung kann in dem von der bildgebenden Sensorik bereitgestellten Bild den Kranhaken identifizieren und dessen Exzentrizität bzw. dessen Verschiebung aus dem Bildzentrum heraus bestimmen, welche ein Maß für die Auslenkung des Kranhakens gegenüber der Vertikalen ist und damit das Lastpendeln charakterisiert. Alternativ oder zusätzlich kann ein gyroskopischer Sensor den Hubseil-Abzugwinkel vom Ausleger und/oder gegenüber der Vertikalen erfassen und dem Kalman-Filter zuführen.
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Nach einem weiteren vorteilhaften Aspekt der Erfindung kommt bei der Pendeldämpfung eine Zwei-Freiheitsgrade-Regelungsstruktur zum Einsatz, durch welche die oben beschriebene Zustandsrückführung (feedback) um eine Vorsteuerung (feedforward) ergänzt wird. Dabei dient die Zustandsrückführung zur Sicherstellung der Stabilität und zum schnellen Ausgleich von Regelfehlern, die Vorsteuerung dagegen einem guten Führungsverhalten durch das im Idealfall gar keine Regelfehler auftreten.
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Die Vorsteuerung kann dabei vorteilhafterweise über die per se bekannte Methode der differentiellen Flachheit bestimmt werden. Bezüglich der genannten Methode der differentiellen Flachheit wird auf die Dissertation „Anwendung der flachheitsbasierten Analyse und Regelung nichtlinearer Mehrgrößensysteme“, von Ralf Rothfuß, VDI-Verlag, 1997, verwiesen, die insoweit, d.h. bezüglich der genannten Methode der differentiellen Flachheit, zum Gegenstand der vorliegenden Offenbarung gemacht wird.
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Da die Auslenkungen der Strukturbewegungen im Gegensatz zu den angetriebenen Kranbewegungen sowie den Pendelbewegungen nur klein sind, kann zur Bestimmung der Vorsteuerung die Strukturdynamik vernachlässigt werden, wodurch der Kran, insbesondere Turmdrehkran als flaches System mit den Lastkoordinaten als flache Ausgänge dargestellt werden kann.
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Vorteilhafterweise wird also die Vorsteuerung sowie die Berechnung der Referenz-Zustände der Zwei-Freiheitsgrade-Struktur im Gegensatz zur feed back Regelung des geschlossenen Regelkreises unter Vernachlässigung der Strukturdynamik berechnet, d.h. der Kran wird für die Zwecke der Vorsteuerung als starre bzw. sozusagen unendlich steife Struktur angenommen. Aufgrund der kleinen Auslenkungen der elastischen Struktur, die im Vergleich zu den von den Antrieben auszuführenden Kranbewegungen sehr klein sind, führt dies nur zu sehr kleinen und daher vernachlässigbaren Abweichungen der Vorsteuerung. Dafür wird jedoch die Beschreibung des - für die Zwecke der Vorsteuerung als starr angenommenen Turmdrehkrans, insbesondere Turmdrehkrans als ein flaches System ermöglicht, welches leicht invertierbar ist. Die Koordinaten der Lastposition sind flache Ausgänge des Systems. Aus den flachen Ausgängen und ihren zeitlichen Ableitungen kann der notwendige Sollverlauf der Stellgrößen sowie der Systemzustände exakt algebraisch berechnet werden (inverses System) - ohne Simulation oder Optimierung. Damit kann die Last ohne Überschwingen an eine Zielposition gebracht werden.
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Die für die flachheitsbasierte Vorsteuerung benötigte Lastposition und deren Ableitungen können vorteilhafterweise von einem Trajektorienplanungs-Modul und/oder durch eine Sollwert-Filterung berechnet werden. Wird nun über eine Trajektorienplanung oder eine Sollwertfilterung ein Sollverlauf für die Lastposition und deren erste vier Zeitableitungen bestimmt, so können daraus in der Vorsteuerung über algebraische Gleichungen der exakte Verlauf der notwendigen Stellsignale zur Ansteuerung der Antriebe, sowie der exakte Verlauf der entsprechenden Systemzustände berechnet werden.
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Um durch die Vorsteuerung keine Strukturbewegungen anzuregen, können vorteilhafterweise Kerbfilter zwischen Trajektorienplanung und Vorsteuerung geschaltet werden, um aus dem geplanten Trajektoriensignal die anregbaren Eigenfrequenzen der Strukturdynamik zu eliminieren.
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Das der Regelung zugrundeliegende Modell kann grundsätzlich verschieden beschaffen sein. Vorteilhafterweise wird eine kompakte Darstellung der gesamten Systemdynamik als verkoppelte Pendel-, Antriebs- und Strukturdynamik verwendet, die sich als Grundlage für den Beobachter und die Regelung eignet. In vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung wird das Kranregelungsmodel durch ein Modellierungs-Verfahren bestimmt, bei dem die gesamte Krandynamik in weitgehend unabhängige Teile aufgetrennt wird, und zwar vorteilhafterweise für einen Turmdrehkran in einen Teil aller Bewegungen, die im Wesentlichen durch einen Drehwerk-Antrieb angeregt werden (Schwenkdynamik), einen Teil aller Bewegungen, die im Wesentlichen durch einen Katzwerk-Antrieb angeregt werden (Radialdynamik) und die Dynamik in Richtung des Hubseils, welche durch einen Windwerk-Antrieb angeregt wird.
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Die unabhängige Betrachtung dieser Teile unter Vernachlässigung der Verkopplungen erlaubt eine Berechnung der Systemdynamik in Echtzeit und vereinfacht insbesondere die kompakte Darstellung der Schwenkdynamik als ein verteiltparametrisches System (beschrieben durch eine lineare partielle Differentialgleichung), das die Strukturdynamik des Auslegers exakt beschreibt und über bekannte Methoden leicht auf die benötigte Anzahl an Eigenmoden reduziert werden kann.
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Die Antriebsdynamik wird dabei vorteilhafterweise als Verzögerungsglied 1. Ordnung oder als statischer Verstärkungsfaktor modelliert, wobei den Antrieben als Stellgröße ein Drehmoment, eine Drehgeschwindigkeit, eine Kraft oder eine Geschwindigkeit vorgegeben werden kann. Durch die unterlagerte Regelung im Frequenzumrichter des jeweiligen Antriebs wird diese Stellgröße eingeregelt.
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Die Pendeldynamik kann als idealisiertes einfaches / doppeltes Fadenpendel modelliert mit ein / zwei punktförmigen Lastmassen und einem / zwei einfachen Seilen, die entweder als masselos angenommen werden, oder als massebehaftet mit modaler Ordnungsreduktion auf die wichtigsten Seil-Eigenmoden.
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Die Strukturdynamik kann durch Approximation der Stahlstruktur in Form kontinuierlicher Balken als verteiltparametrisches Modell hergeleitet werden, das durch bekannte Methoden diskretisiert und in der Systemordnung reduziert werden kann, wodurch es eine kompakte Form annimmt, schnell berechnet werden kann und den Beobachter- und Regelungsentwurf vereinfacht.
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Die genannte Pendeldämpfeinrichtung kann bei manueller Betätigung des Krans durch Betätigung entsprechender Bedienelemente wie Joysticks und dergleichen die Eingabebefehle des Kranführers überwachen und bei Bedarf übersteuern, insbesondere in dem Sinne, dass vom Kranführer beispielsweise zu stark vorgegebene Beschleunigungen reduziert werden oder auch Gegenbewegungen automatisch eingeleitet werden, wenn eine vom Kranführer vorgegebene Kranbewegung zu einem Pendeln des Lasthakens geführt hat oder führen würde. Der Reglerbaustein versucht dabei vorteilhafterweise, so nahe wie möglich an den vom Kranführer gewünschten Bewegungen und Bewegungsprofilen zu bleiben, um dem Kranführer ein Gefühl der Kontrolle zu geben, und übersteuert die Manuell eingegebenen Stellsignale nur soweit es nötig ist, um die gewünschte Kranbewegung möglichst pendel- und schwingungsfrei auszuführen.
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Alternativ oder zusätzlich kann die Pendeldämpfungseinrichtung auch bei einer automatisierten Betätigung des Krans eingesetzt werden, bei der die Steuervorrichtung des Krans im Sinne eines Autopiloten das Lastaufnahmemittel des Krans automatisch zwischen zumindest zwei Zielpunkten entlang eines Verfahrwegs verfährt. Bei einem solchen Automatikbetrieb, bei dem ein Verfahrweg-Bestimmungsmodul der Steuervorrichtung einen gewünschten Verfahrweg beispielsweise im Sinne einer Bahnsteuerung bestimmt und ein automatisches Verfahrsteuermodul der Steuervorrichtung die Antriebsregler bzw. Antriebseinrichtungen so ansteuert, dass der Lasthaken entlang des bestimmten Verfahrwegs verfahren wird, kann die Pendeldämpfungseinrichtung in die Ansteuerung der Antriebsregler durch das genannte Verfahrsteuermodul eingreifen, um den Kranhaken pendelfrei zu verfahren bzw. Pendelbewegungen zu dämpfen.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels und zugehöriger Zeichnungen näher erläutert. In den Zeichnungen zeigen:
- 1: eine schematische Darstellung eines Turmdrehkrans, bei dem die Lasthakenposition und ein Seilwinkel gegenüber der Vertikalen durch eine bildgebende Sensorik erfasst wird, und bei dem eine Pendeldämpfungseinrichtung die Ansteuerung der Antriebseinrichtungen beeinflusst, um Pendelbewegungen des Lasthakens und dessen Hubseils zu verhindern,
- 2: eine schematische Darstellung einer Zwei-Freiheitsgrade-Regelstruktur der Pendeldämpfungseinrichtung und die von dieser vorgenommene Beeinflussung der Stellgrößen der Antriebsregler,
- 3: eine schematische Darstellung von Verformungen und Schwingungsformen eines Turmdrehkrans unter Last und deren Dämpfung bzw. Vermeidung durch eine Schrägzugregelung, wobei die Teilansicht a.) eine Nickverformung des Turmdehkrans unter Last und einen damit verknüpften Schrägzug des Hubseils zeigt, die Teilansichten b.) und c.) eine Querverformung des Turmdrehkrans in perspektivischer Darstellung sowie in Draufsicht von oben zeigen, und die Teilansichten d.) und e.) einen mit solchen Querverformungen verknüpften Schrägzug des Hubseils zeigen,
- 4: eine schematische Darstellung eines elastischen Auslegers in einem mit der Drehrate rotierenden Referenzsystem,
- 5: eine schematische Darstellung eines Auslegers als kontinuierlicher Balken mit Einspannung in den Turm unter Berücksichtigung von Turmbiegung und Turmtorsion,
- 6: eine schematische Darstellung eines elastischen Turms und eines Feder-Masse-Ersatzmodells der Turmbiegung quer zum Ausleger,
- 7: eine schematische Darstellung der Pendeldynamik in Schwenkrichtung des Krans mit konzentrierter Lastmasse und masselosem Seil,
- 8: eine schematische Darstellung der drei wichtigsten Eigenmoden eines Turmdrehkrans, und
- 9: eine schematische Darstellung der Pendeldynamik in Radialrichtung des Krans und dessen Modellierung mittels mehrerer verkoppelter Starrkörper.
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Wie 1 zeigt, kann der Kran als Turmdrehkran ausgebildet sein. Der in 1 gezeigte Turmdrehkran kann beispielsweise in an sich bekannter Weise einen Turm 201 aufweisen, der einen Ausleger 202 trägt, der von einem Gegenausleger 203 ausbalanciert wird, an dem ein Gegengewicht 204 vorgesehen ist. Der genannte Ausleger 202 kann zusammen mit dem Gegenausleger 203 um eine aufrechte Drehachse 205, die koaxial zur Turmachse sein kann, durch ein Drehwerk verdreht werden. An dem Ausleger 202 kann eine Laufkatze 206 durch einen Katzantrieb verfahren werden, wobei von der Laufkatze 206 ein Hubseil 207 abläuft, an dem ein Lasthaken 208 befestigt ist.
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Wie 1 ebenfalls zeigt, kann der Kran 2 dabei eine elektronische Steuervorrichtung 3 aufweisen, die beispielsweise einen am Kran selbst angeordneten Steuerungsrechner umfassen kann. Die genannte Steuervorrichtung 3 kann hierbei verschiedene Stellglieder, Hydraulikkreise, Elektromotoren, Antriebsvorrichtungen und andere Arbeitsaggregate an der jeweiligen Baumaschine ansteuern. Dies können beispielsweise bei dem gezeigten Kran dessen Hubwerk, dessen Drehwerk, dessen Katzantrieb, dessen -ggf. vorhandener - Ausleger-Wippantrieb oder dergleichen sein.
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Die genannte elektronische Steuervorrichtung 3 kann hierbei mit einem Endgerät 4 kommunizieren, das am Steuerstand bzw. in der Führerkabine angeordnet sein kann und beispielsweise die Form eines Tablets mit Touchscreen und/oder Joysticks, Drehknöpfe, Schiebeschalter und ähnliche Bedienelemente aufweisen kann, so dass einerseits verschiedene Informationen vom Steuerungsrechner 3 an dem Endgerät 4 angezeigt und umgekehrt Steuerbefehle über das Endgerät 4 in die Steuervorrichtung 3 eingegeben werden können.
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Die genannte Steuervorrichtung 3 des Krans 1 kann insbesondere dazu ausgebildet sein, die genannten Antriebsvorrichtungen des Hubwerks, der Laufkatze und des Drehwerks auch dann anzusteuern, wenn eine Pendeldämpfungseinrichtung 340 pendelrelevante Bewegungsparameter erfaßt.
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Hierzu kann der Kran 1 eine Pendelsensorik bzw. Erfassungseinrichtung 60 aufweisen, die einen Schrägzug des Hubseils 207 und/oder Auslenkungen des Lasthakens 208 gegenüber einer Vertikalen 61, die durch den Aufhängungspunkt des Lasthakens 208, d.h. die Laufkatze 206 geht, erfasst. Insbesondere kann der Seilzugwinkel φ gegen die Schwerkraftwirklinie, d.h. die Vertikale 62 erfaßt werden, vgl. 1.
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Die hierzu vorgesehenen Bestimmungsmittel 62 der Pendelsensorik 60 können beispielsweise optisch arbeiten, um die genannte Auslenkung zu bestimmen. Insbesondere kann an der Laufkatze 206 eine Kamera 63 oder eine andere bildgebende Sensorik angebracht sein, die von der Laufkatze 206 senkrecht nach unten blickt, so dass bei unausgelenktem Lasthaken 208 dessen Bildwiedergabe im Zentrum des von der Kamera 63 bereitgestellten Bilds liegt. Wird indes der Lasthaken 208 gegenüber der Vertikalen 61 ausgelenkt, beispielsweise durch ruckhaftes Anfahren der Laufkatze 206 oder abruptes Bremsen des Drehwerks, wandert die Bildwiedergabe des Lasthakens 208 aus dem Zentrum des Kamerabilds heraus, was durch eine Bildauswerteeinrichtung 64 bestimmt werden kann.
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In Abhängigkeit der erfassten Auslenkung gegenüber der Vertikalen 61, insbesondere unter Berücksichtigung der Richtung und Größe der Auslenkung, kann die Steuervorrichtung 3 mithilfe der Pendeldämpfungseinrichtung 340 den Drehwerksantrieb und den Laufkatzenantrieb ansteuern, um die Laufkatze 206 wieder mehr oder minder exakt über den Lasthaken 208 zu bringen und Pendelbewegungen zu kompensieren, bzw. zu reduzieren oder gar nicht erst eintreten zu lassen.
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Hierzu umfasst die Pendeldämpfungseinrichtung 340 eine Strukturdynamik-Sensorik 344 zum Bestimmen von dynamischen Verformungen von Strukturbauteilen, wobei der Reglerbaustein 341 der Pendeldämpfungseinrichtung 340, der das Ansteuern der Antriebseinrichtung pendeldämpfend beeinflusst, dazu ausgebildet ist, beim Beeinflussen der Ansteuerung der Antriebseinrichtungen die bestimmten dynamischen Verformungen der Strukturbauteile des Krans zu berücksichtigen.
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Dabei kann auch eine Schätzeinrichtung 343 vorgesehen sein, die die Verformungen und Bewegungen der Maschinenstruktur unter dynamischen Belastungen, die sich in Abhängigkeit von am Steuerstand eingegegebenen Steuerbefehlen und/oder in Abhängigkeit von bestimmten Ansteueraktionen der Antriebseinrichtungen und/oder in Abhängigkeit bestimmter Geschwindigkeits- und/oder Beschleunigungsprofile der Antriebseinrichtungen ergeben, unter Berücksichtigung von die Kranstruktur charakterisierenden Gegebenheiten abschätzt. Insbesondere kann eine Berechnungseinheit 348 die Strukturverformungen und sich daraus ergebende Strukturteilbewegungen anhand eines gespeicherten Berechnungsmodells in Abhängigkeit der am Steuerstand eingegebenen Steuerbefehle berechnen.
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Vorteilhafterweise erfasst die Pendeldämpfungseinrichtung 340 mittels der Strukturdynamik-Sensorik 344 solche elastischen Verformungen und Bewegungen von Strukturbauteilen unter dynamischen Belastungen. Eine solche Sensorik 344 kann beispielsweise Verformungssensoren wie Dehnungsmessstreifen am Stahlbau des Krans, beispielsweise den Gitterfachwerken des Turms 201 oder des Auslegers 202 umfassen. Alternativ oder zusätzlich können Beschleunigungs- und/oder Geschwindigkeitssensoren und/oder Drehratensensoren vorgesehen sein, um bestimmte Bewegungen von Strukturbauteilen wie beispielsweise Nickbewegungen der Auslegerspitze oder rotatorische Dynamikeffekte am Ausleger 202 zu erfassen. Alternativ oder zusätzlich können solche Strukturdynamik-Sensoren auch am Turm 201, insbesondere an dessen oberen Abschnitt, an dem der Ausleger gelagert ist, vorgesehen sein, um die Dynamik des Turms 201 zu erfassen. Alternativ oder zusätzlich können auch den Antriebssträngen Bewegungs- und/oder Beschleunigungssensoren zugeordnet sein, um die Dynamik der Antriebsstränge erfassen zu können. Beispielsweise können den Umlenkrollen der Laufkatze 206 für das Hubseil und/oder Umlenkrollen für ein Abspannseil eines Wippauslegers Drehgeber zugeordnet sein, um die tatsächliche Seilgeschwindigkeit am relevanten Punkt erfassen zu können.
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Wie 2 verdeutlicht, werden die Signale y (t) der Strukturdynamik-Sensoren 344 und der Pendelsensorik 60 an den Reglerbaustein 341 zurückgeführt, sodass ein geschlossener Regelkreis realisiert wird. Der besagte Reglerbaustein 341 beeinflusst die Ansteuersignale u (t) zum Ansteuern der Kranantriebe, insbesondere des Drehwerks, des Hubwerks und des Laufkatzantriebs in Abhängigkeit der rückgespeisten Strukturdynamik- und Pendelsensoriksignale.
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Wie 2 zeigt, besitzt die Reglerstruktur ferner eine Filtereinrichtung bzw. einen Beobachter 345, der die rückgeführten Sensorsignale bzw. die Kranreaktionen beobachtet, die sich bei bestimmten Stellgrößen der Antriebsregler einstellen und unter Berücksichtigung vorbestimmter Gesetzmäßigkeiten eines Dynamikmodells des Krans, das grundsätzlich verschieden beschaffen sein kann und durch Analyse und Simulation des Stahlbaus gewonnen werden kann, anhand der beobachteten Kranreaktionen die Stellgrößen des Reglers beeinflusst.
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Eine solche Filter- bzw. Beobachtereinrichtung 345b kann insbesondere in Form eines sogenannten Kalmanfilters 346 ausgebildet sein, dem als Eingangsgröße die Stellgrößen u (t) der Antriebsregler 347 des Krans und die rückgeführten Sensorsignale y (t), d.h. die erfassten Kranbewegungen, insbesondere der Seilzugwinkel φ gegenüber der Vertikalen 62 und/oder dessen zeitliche Änderung bzw. die Winkelgeschwindigkeit des genannten Schrägzugs, sowie die strukturdynamischen Verwindungen des Auslegers 202 und des Turms 201 zugeführt werden und der aus diesen Eingangsgrößen anhand von Kalman-Gleichungen, die das Dynamiksystem der Kranstruktur, insbesondere dessen Stahlbauteile und Antriebsstränge, modellieren, die Stellgrößen der Antriebsregler 347 entsprechend beeinflusst, um die gewünschte pendeldämpfende Wirkung zu erzielen.
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Mithilfe einer solchen closed-loop-Regelung können insbesondere Verformungen und Schwingungsformen des Turmdrehkrans unter Last gedämpft bzw. von Anfang an vermieden werden, wie sie in 3 beispielhaft gezeigt sind, wobei dort die Teilansicht a.) zunächst schematisch eine Nickverformung des Turmdehkrans unter Last infolge eines Durchbiegens des Turms 201 mit dem damit einhergenden Absenken des Auslegers 202 und einen damit verknüpften Schrägzug des Hubseils zeigt.
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Ferner zeigen die Teilansichten b.) und c.) der 3 beispielhaft in schematischer Weise eine Querverformung des Turmdrehkrans in perspektivischer Darstellung sowie in Draufsicht von oben mit den dabei auftretenden Verformungen des Turms 201 und des Auslegers 202.
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Schließlich zeigt die 3 in ihren Teilansichten d.) und e.) einen mit solchen Querverformungen verknüpften Schrägzug des Hubseils.
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Wie 2 ferner zeigt, ist die Reglerstruktur in Form einer Zwei-Freiheitsgrade-Regelung ausgebildet und umfasst neben der genannten „closed-loop“-Regelung mit Rückführung der Pendelsensorik- und Strukturdynamik-Sensorsignale eine Vorsteuerung bzw. feed-forward-Steuerstufe 350, die durch ein möglichst gutes Führungsverhalten versucht, im Idealfalls gar keine Regelfehler auftreten zu lassen.
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Die genannte Vorsteuerung 350 ist vorteilhafterweise flachheitsbasiert ausgebildet und nach der sogenannte differentiellen Flachheitsmethode bestimmt, wie eingangs schon erwähnt.
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Da die Auslenkungen der Strukturbewegungen und auch der Pendelbewegungen im Vergleich zu den angetriebenen Kranbewegungen, die den Soll-Verfahrweg darstellen, sehr klein sind, werden für die Bestimmung der Vorsteuerungssignale ud (t) und xd (t) die Strukturdynamiksignale und Pendelbewegungssignale vernachlässigt, das heißt die Signale y (t) der Pendel- und Strukturdynamiksensoriken 60 bzw. 344 werden dem Vorsteuermodul 350 nicht rückgeführt.
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Wie 2 zeigt, werden dem Vorsteuermodul 350 Sollwerte für das Lastaufnahmemittel 208 zugeführt, wobei diese Sollwerte Positionsangaben und/oder Geschwindigkeitsangaben und/oder Bahnparameter für die genannten Lastaufnahmemittel 208 sein können und die gewünschte Verfahrbewegung definieren.
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Insbesondere können die Sollwerte für die gewünschte Lastposition und deren zeitliche Ableitungen vorteilhafterweise einem Trajektorien-Planungsmodul 351 und/oder einem Sollwertfilter 352 zugeführt werden, mittels derer bzw. mittels dessen ein Sollverlauf für die Lastposition und deren erste vier Zeitableitungen bestimmt werden kann, woraus in dem Vorsteuermodul 350 über algebraische Gleichungen der exakte Verlauf der notwendigen Stellsignale ud (t) zum Ansteuern der Antriebe sowie der exakte Verlauf ud (t) der entsprechenden Systemzustände berechnet werden können.
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Um durch die Vorsteuerung keine Strukturbewegungen anzuregen, kann vorteilhafterweise eine Kerbfiltereinrichtung 353 dem Vorsteuermodul 350 vorgeschaltet sein, um die dem Vorsteuermodul 350 zugeführten Eingangsgrößen entsprechend zu filtern, wobei eine solche Kerbfiltereinrichtung 353 insbesondere zwischen dem genannten Trajektorien-Planungsmodul 351 bzw. dem Sollwertfiltermodul 352 einerseits und dem Vorsteuermodul 350 andererseits vorgesehen sein kann. Die genannte Kerbilftereinrichtung 353 kann insbesondere dazu ausgebildet sein, aus den der Vorsteuerung zugeführten Sollwertsignale die angeregten Eigenfrequenzen der Strukturdynamik zu eliminieren.
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Um eine Schwingungsdynamik zu reduzieren bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen, kann die Pendeldämpfungseinrichtung 340 dazu ausgebildet sein, das Drehwerk und das Katzfahrwerk und ggf. auch das Hubwerk so zu korrigieren, dass das Seil möglichst immer im senkrechten Lot zur Last steht, auch wenn sich der Kran durch das zunehmende Lastmoment immer mehr nach vorne neigt.
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Beispielsweise kann beim Anheben einer Last vom Boden die Nickbewegung des Krans infolge seiner Verformung unter der Last berücksichtigt und das Katzfahrwerk unter Berücksichtigung der erfassten Lastposition so nachgefahren bzw. unter vorausschauender Abschätzung der Nickverformung so positioniert werden, dass das Hubseil bei der sich ergebenden Kranverformung im senkrechten Lot über der Last steht. Die größte statische Verformung tritt dabei an dem Punkt auf, an dem die Last den Boden verlässt. In entsprechender Weise kann alternativ oder zusätzlich auch das Drehwerk unter Berücksichtigung der erfassten Lastposition so nachgefahren und/oder unter vorausschauender Abschätzung einer Querverformung so positioniert werden, dass das Hubseil bei der sich ergebenden Kranverformung im senkrechten Lot über der Last steht.
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Das der pendeldämpfenden Regelung zugrundeliegende Modell kann grundsätzlich verschieden beschaffen sein.
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Für die regelungsorientierte mechanische Modellierung von elastischen Drehkranen ist dabei die entkoppelte Betrachtung der Dynamik in Schwenkrichtung sowie innerhalb der Turm-Ausleger Ebene nützlich. Die Schwenkdynamik wird durch den Drehwerksantrieb angeregt und geregelt, während die Dynamik in der Turm-Ausleger-Ebene durch den Katzwerks- und den Hubwerks-Antrieb angeregt und geregelt wird. Die Last pendelt in zwei Richtungen - einerseits quer zum Ausleger (Schwenkrichtung), andererseits in Ausleger-Längsrichtung (radial). Die vertikale Last-Bewegung entspricht aufgrund der geringen Hubseil-Elastizität weitgehend der vertikalen Auslegerbewegung, die bei Turmdrehkranen klein im Vergleich zu den Last-Auslenkungen aufgrund der Pendelbewegung ist.
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Für eine Stabilisierung der Lastpendelbewegung müssen inbesondere die Anteile der Systemdynamik berücksichtigt werden, die durch das Drehwerk und durch das Katzwerk angeregt werden. Diese werden als Schwenk- bzw. Radialdynamik bezeichnet. Solange die Pendelwinkel nicht null sind, können sowohl Schwenk- als auch Radialdynamik zusätzlich durch das Hubwerk beeinflusst werden. Für einen Regelungsentwurf ist dies jedoch vernachlässigbar, insbesondere für die Schwenkdynamik.
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Die Schwenkdynamik umfasst insbesondere Stahlstruktur-Bewegungen wie Turmtorsion, Auslegerquerbiegung um die vertikale Achse und die Turmbiegung quer zur Auslegerlängsrichtung, sowie die Pendeldynamik quer zum Ausleger und die Drehwerk-Antriebsdynamik. Die Radialdynamik umfasst die Turmbiegung in Auslegerrichtung, die Pendeldynamik in Auslegerrichtung und je nach Betrachtungsweise auch die Auslegerbiegung in vertikaler Richtung. Zudem wird der Radialdynamik auch die Antriebsdynamik des Katzwerks sowie ggfs. des Hubwerks zugerechnet.
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Für die Regelung wird vorteilhafterweise ein lineares Entwurfsverfahren angestrebt, das auf der Linearisierung der nichtlinearen mechanischen Modellgleichungen um eine Ruhelage basiert. Durch eine solche Linearisierung fallen alle Kopplungen zwischen Schwenk- und Radialdynamik weg. Das bedeutet auch, dass für den Entwurf einer linearen Regelung auch dann keine Verkopplungen berücksichtigt werden, wenn das Modell zunächst gekoppelt hergeleitet wurde. Beide Richtungen von können vornherein als entkoppelt betrachtet werden, da dies die mechanische Modellbildung deutlich vereinfacht. Zudem wird so für die Schwenkdynamik ein übersichtliches Modell in kompakter Form erzielt, das sich schnell auswerten lässt, wodurch einerseits Rechenleistung eingespart und andererseits der Entwicklungsprozess des Regelungsentwurfes beschleunigt wird.
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Um die Schwenkdynamik als ein kompaktes, übersichtliches und genaues dynamisches Systemmodell herzuleiten, kann der Ausleger als ein Euler-Bernoulli Balken und damit zunächst als ein System mit verteilter Masse (verteiltparametrisches System) betrachtet werden. Ferner kann zudem die Rückwirkung der Hubdynamik auf die Schwenkdynamik vernachlässigt werden, was für kleine Pendelwinkel aufgrund des verschwindenden horizontalen Kraftanteils eine gerechtfertigte Annahme ist. Wenn große Pendelwinkel auftreten, kann die Wirkung des Windwerks auf die Schwenkdynamik als Störgröße mit berücksichtigt werden.
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Der Ausleger wird als Balken in einem bewegten Referenzsystem modelliert, das durch den Drehwerksantrieb mit der Drehrate γ̇ rotiert, wie in 4 gezeigt.
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Damit wirken drei Scheinbeschleunigungen innerhalb des Referenzsystems, die als Coriolis, Zentrifugal- und Euler-Beschleunigung bekannt sind. Da das Referenzsystem um einen festen Punkt rotiert, ergibt sich für jeden Punkt
innerhalb des Referenzsystems die Scheinbeschleunigung a' zu
wobei x das Kreuzprodukt darstellt,
den Rotationsvektor und
v' den Geschwindigkeitsvektor des Punktes relativ zum rotierenden Referenzsystem.
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Von den drei Scheinbeschleunigungen stellt nur die Coriolisbeschleunigung eine bidirektionale Verkopplung zwischen Schwenk- und Radialdynamik dar. Diese ist proportional zur Drehgeschwindigkeit des Referenzsystems sowie zur relativen Geschwindigkeit. Typische maximale Drehraten eines Turmdrehkrans liegen im Bereich von ca.
weshalb die Coriolisbeschleunigung typischerweise kleine Werte annimmt im Vergleich zu den angetriebenen Beschleunigungen des Turmdrehkrans. Während der Stabilisierung der Lastpendelbewegung an einer festen Position ist die Drehrate sehr klein, während großer Führungsbewegungen kann die Coriolisbeschleunigung durch eine Vorsteuerung vorgeplant und explizit berücksichtigt werden. In beiden Fällen führt daher die Vernachlässigung der Coriolisbeschleunigung nur zu geringen Approximationsfehlern, weshalb sie im Folgenden vernachlässigt wird.
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Die Zentrifugalbeschleunigung wirkt in Abhängigkeit der Drehrate nur auf die Radialdynamik und kann für diese als Störgröße berücksichtigt werden. Auf die Schwenkdynamik wirkt sie sich aufgrund der langsamen Drehraten kaum aus und kann daher vernachlässigt werden. Wichtig ist allerdings die lineare Euler Beschleunigung, die in tangentialer Richtung wirkt und daher bei der Betrachtung der Schwenkdynamik eine zentrale Rolle spielt.
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Aufgrund der kleinen Querschnittsfläche des Auslegers und kleinen Schubverformungen kann der Ausleger als Euler-Bernoulli Balken betrachtet werden. Damit wird die rotatorische kinetische Energie der Balkendrehung um die vertikale Achse vernachlässigt. Es wird angenommen, dass die mechanischen Parameter wie Massebeläge und Flächenträgheitsmomente der Euler-Bernoulli Näherung der Ausleger-Elemente bekannt sind und zur Berechnung verwendet werden können.
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Abspannungen zwischen dem A-Bock und dem Ausleger wirken sich kaum auf die Schwenkdynamik aus und werden daher nicht mit modelliert. Verformungen des Auslegers in Längsrichtung sind ebenfalls so gering, dass sie vernachlässigt werden können. Damit lässt sich die ungedämpfte Dynamik des Auslegers im rotierenden Referenzsystem durch die bekannte partielle Differentialgleichung
für die Ausleger-Auslenkung w(x,t) an der Stelle x zur Zeit t angeben. Dabei ist µ(x) der Massebelag, I(x) das Flächenträgheitsmoment an der Stelle x, E der Elastizitätsmodul und q̃(x,t) die einwirkende verteilte Kraft auf den Ausleger. Der Nullpunkt der Ortskoordinate x liegt für diese Herleitung am Ende des Gegenauslegers. Die Schreibweise
beschreibt dabei die örtliche Differentiation. Dämpfungsparameter werden an späterer Stelle eingeführt.
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Um eine Beschreibung der Auslegerdynamik im Inertialsystem zu erhalten wird die Eulerkraft aus der verteilten Kraft ausgegliedert, was auf die partielle Differentialgleichung
führt. Dabei ist l cj die Länge des Gegenauslegers und
q(x,t) die tatsächliche verteilte Kraft auf den Ausleger ohne die Eulerkraft. Beide Balkenenden sind frei und nicht eingespannt. Daher gelten die Randbedingungen
mit der Gesamtlänge L von Ausleger und Gegenausleger.
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Eine Skizze des Auslegers ist in 5 dargestellt. Die Federsteifigkeiten ct und cb repräsentieren die Torsionssteifigkeit bzw. Biegesteifigkeit des Turms und werden im Folgenden erläutert.
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Für die Modellierung der Schwenkdynamik wird vorteilhafterweise die Turmtorsion und Turmbiegung quer zur Auslegerrichtung berücksichtigt. Der Turm kann aufgrund seiner Geometrie zunächst als homogener Euler-Bernoulli-Balken angenommen werden. Zugunsten einer einfacheren Modellierung wird der Turm an dieser Stelle durch ein Starrkörper-Ersatzmodell dargestellt. Es wird nur eine Eigenmode für die Turmbiegung und eine für die Turmtorsion berücksichtigt. Da im Wesentlichen nur die Bewegung an der Turmspitze für die Schwenkdynamik relevant ist, kann die Turmdynamik durch jeweils ein Feder-Masse-System mit übereinstimmender Eigenfrequenz als Ersatzsystem für Biegung bzw. Torsion verwendet werden. Für den Fall einer höheren Elastizität des Turmes lassen sich die Feder-Masse-Systeme an dieser Stelle leichter um weitere Eigenmoden ergänzen, indem entsprechend viele Massen und Federn hinzugefügt werden, vgl. 6.
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Die Parameter Federsteifigkeit
cb und Masse
mT werden so gewählt, dass die Auslenkung an der Spitze sowie die Eigenfrequenz mit der des Euler-Bernoulli-Balkens übereinstimmen, welcher die Turmdynamik repräsentiert. Sind für den Turm das konstante Flächenträgheitsmoment
IT , die Turmhöhe
lT und der Massebelag
µT bekannt, so lassen sich die Parameter aus der statischen Auslenkung am Balkenende
und der ersten Eigenfrequenz
eines homogenen Euler-Bernoulli Balkens analytisch zu
berechnen.
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Für die Turmtorsion lässt sich analog ein Starrkörper Ersatzmodell mit der Trägheit JT und der Torsionsfedersteifigkeit ct herleiten wie in gezeigt.
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Sind für den Turm das polare Flächenträgheitsmoment
Ip , das Torsionsträgheitsmoment
JT (welches für Kreisringquerschnitte dem polaren Flächenträgheitsmoment entspricht), die Massendichte
ρ und der Schubmodul
G bekannt, so lassen sich die Parameter des Ersatzmodells zu
bestimmen, um eine übereinstimmende erste Eigenfrequenz zu erzielen.
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Um sowohl die Ersatzmasse
mT als auch die Ersatzträgheit
JT in Form eines additiven Massebelags des Auslegers zu berücksichtigen, kann die Approximation der Trägheit für schlanke Objekte verwendet werden, aus der folgt, dass ein schlankes Balkensegment der Länge
die Masse
mT und bezüglich seines Schwerpunkts die Trägheit
JT besitzt. D.h. der Massebelag des Auslegers µ(x) wird an der Stelle der Turmeinspannung über eine Länge von b um den konstanten Wert
erhöht.
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Da die Dimensionen und Trägheitsmomente der Nutzlasten eines Turmdrehkrans in der Regel unbekannt sind, kann die Nutzlast weiterhin als konzentrierter Massenpunkt modelliert werden. Die Seilmasse kann vernachlässigt werden. Im Gegensatz zum Ausleger wird die Nutzlast etwas stärker durch Euler, Coriolis und Zentrifugalkräfte beeinflusst. Die Zentrifugalbeschleunigung wirkt nur in Auslegerrichtung, ist also an dieser Stelle nicht relevant, die Coriolisbeschleunigung ergibt sich mit dem Abstand
xL der Last zum Turm zu
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Aufgrund der geringen Ausleger-Drehraten kann die Coriolisbeschleunigung auf die Last vernachlässigt werden, insbesondere wenn die Last positioniert werden soll. Um bei Bedarf eine Störgrößenaufschaltung realisieren zu können wird sie jedoch noch für einige Schritte mitgeführt.
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Für die Herleitung der Pendeldynamik wird diese auf eine Tangentialebene projiziert, die orthogonal zum Ausleger orientiert ist und die Position der Laufkatze schneidet.
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Die Eulerbeschleunigung ergibt sich zu
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Aufgrund der in der Regel kleinen Pendelwinkel gilt die Näherung
aus der die Approximation
folgt, dass die Euler-Beschleunigung aufgrund der Drehung des Referenzsystems in etwa gleiche Weise auf Last und Laufkatze wirkt.
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Die Beschleunigung auf die Last sind in 7 dargestellt.
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Dabei ist
die
y-Position der Laufkatze in der Tangentialebene. Die Position der Laufkatze auf dem Ausleger
xtr wird aufgrund der Entkopplung von Radial- und Schwenkdynamik hier als konstanter Parameter approximiert.
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Die Pendeldynamik lässt sich leicht über den Lagrange Formalismus herleiten. Dazu wird zunächst die potentielle Energie
mit der Lastmasse
mL , der Erdbeschleunigung
g und der Seillänge
l(t) aufgestellt sowie die kinetische Energie
wobei
die
y-Position der Last in der Tangentialebene. Mit der Lagrange Funktion
und den Lagrange'schen Gleichungen der
2. Art
mit der nicht-konservativen Corioliskraft
folgt die Pendeldynamik in Schwenkrichtung als
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Linearisiert um ϕ = 0,ϕ̇ = 0 folgt daraus unter Vernachlässigung der Seillängenänderung i ≈ 0 und der Coriolisbeschleunigung a
Coriolis,y ≈ 0 die vereinfachte Pendeldynamik
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Um die Rückwirkung der Pendeldynamik auf die Strukturdynamik von Ausleger und Turm zu beschreiben, muss die Seilkraft
FR bestimmt werden. Am einfachsten wird diese dazu durch ihren Hauptanteil durch die Erdbeschleunigung zu
approximiert. Ihr horizontaler Anteil in
y -Richtung ergibt sich damit zu
bzw. linearisiert um ϕ = 0 zu
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Das verteiltparametrische Modell (5) der Auslegerdynamik beschreibt unendlich viele Eigenmoden des Auslegers und ist in der Form noch nicht für einen Regelungsentwurf geeignet. Da für Beobacher und Regelung nur wenige der niederfrequentesten Eigenmoden relevant sind, bietet sich eine Modaltransformation mit anschließender modaler Ordnungsreduktion auf diese wenigen Eigenmoden an. Eine analytische Modaltransformation der Gleichung (5) ist jedoch eher schwierig. Stattdessen bietet es sich an, Gleichung (5) zunächst mittels finiten Differenzen oder der finite Elemente Methode örtlich zu diskretisieren und somit eine gewöhnliche Differentialgleichung zu erhalten.
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Bei einer Diskretisierung mittels der finiten Differenzen wird der Balken auf N äquidistant verteilte Massepunkte an den Auslegerpositionen
aufgeteilt. Die Balkenauslenkung an jeder dieser Positionen wird als
notiert. Die örtlichen Ableitungen werden mit dem zentralen Differenzenquotient
approximiert, wobei Δ
x=x
i+1-x
i den Abstand der diskreten Massepunkte und
die örtliche Ableitung
w'(xi,t) beschreiben.
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Für die Diskretisierung von
w"(x) müssen die Randbedingungen (
6)-(
7)
nach
w-1 ,
w-2 ,
wN+1 und
wN+2 aufgelöst werden. Die Diskretisierung des Terms (I(x)w")" in Gleichung (5) ergibt sich zu
mit
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Durch die Wahl der zentralen Differenzen Approximation hängt Gleichung (35) an den Rändern von den Werten I-1 und IN+1 ab, welche in der Praxis durch die Werte I1 und IN ersetzt werden können.
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Für das weitere Vorgehen bietet sich eine Vektorschreibweise (fett gedruckt) an. Der Vektor der Ausleger Auslenkungen wird als
bezeichnet, womit die Diskretisierung des Terms (I(x)w")" in Vektorschreibweise als
mit der Steifigkeitsmatrix
ausgedrückt werden kann.
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Ebenso wird die Massenmatrix des Massebelags (Einheit kgm) als Diagonalmatrix
definiert, mit dem Vektor
welcher für jeden Knoten den Abstand zum Turm beschreibt.
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Für die verteilte einwirkende Kraft wird der Vektor
mit den Einträgen q
i = q(x
i) definiert, so dass die Diskretisierung der partiellen Balkendifferentialgleichung (5) in diskretisierter Form als
angegeben werden kann.
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Nun soll das dynamische Zusammenwirken von Stahlstruktur-Bewegung und Pendeldynamik beschrieben werden.
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Hierzu werden zunächst die zusätzlichen Punktmassen auf dem Ausleger, nämlich die Gegenballastmasse
mcj , die Ersatzmasse für den Turm
mT sowie die Katzmasse
mtr der verteilten Massenmatrix
hinzugefügt.
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Zudem können die Kräfte und Momente beschrieben werden, mit denen Turm und Last auf den Ausleger wirken. Die Kraft aufgrund der Turmbiegung ist über das Ersatzmodell durch
mit q
T = q(l
cj) gegeben. Für die Bestimmung des Moments durch die Turmtorsion wird zunächst die Verdrehung des Ausleger-Balkens an der Einspannungsstelle,
benötigt, aus der sich dann das Torsionsmoment
ergibt, das beispielsweise durch zwei gleich weit vom Turm entfernt angreifende (Hebelarm), gleichgroße Kräfte approximiert werden kann. Der Wert dieser beiden Kräfte ist
wenn Δx jeweils der Hebelarm ist. Dadurch kann das Moment durch den Vektor
der Kräfte auf den Ausleger beschrieben werden. Dazu müssen nur die beiden Einträge
gesetzt werden.
-
Durch die horizontale Seilkraft (
28) ergibt sich der Eintrag
in
-
Da somit nun alle Kräfte von
ϕ oder
abhängen, kann die Verkopplung aus Struktur- und Pendeldynamik in Matrixschreibweise geschrieben werden als
mit
und
-
An dieser Stelle sei angemerkt, dass die drei Parameter Position der Laufkatze auf dem Ausleger xtr , Hubseillänge l und Lastmasse mL im laufenden Betrieb variieren. Daher handelt es sich bei (50) um eine lineare parametervariante Differentialgleichung, deren konkrete Ausprägung erst zur Laufzeit insbesondere online ermittelt werden kann. Beim späteren Beobachter- und Regelungsentwurf muss dies beachtet werden.
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Die Anzahl der Diskretisierungspunkte N sollte groß genug gewählt werden, um eine präzise Beschreibung der Balkenverformung und -Dynamik zu gewährleisten. Damit wird (50) zu einem großen Differentialgleichungs-System. Für die Regelung bietet sich jedoch eine modale Ordnungsreduktion an, um die Vielzahl der Systemzustände auf eine niedrigere Anzahl zu reduzieren.
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Die modale Ordnungsreduktion ist eines der am häufigsten verwendeten Reduktionsverfahren. Die Grundidee besteht darin, zunächst eine Modaltransformation durchzuführen, also die Dynamik des Systems auf Basis der Eigenmoden (Formen) und der Eigenfrequenzen anzugeben. Anschließend werden dann nur die relevanten Eigenmoden (in der Regel die niederfrequentesten) ausgewählt und alle höherfrequenten Moden vernachlässigt. Die Anzahl der berücksichtigten Eigenmoden wird im Folgenden mit ξ bezeichnet.
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Zunächst müssen die Eigenvektoren
mit i ∈ [1,N+1] berechnet werden, welche zusammen mit den entsprechenden Eigenfrequenzen
ωi das Eigenwertproblem
erfüllen. Diese Berechnung lässt sich über bekannte Standardverfahren leicht lösen. Die Eigenvektoren werden daraufhin mit steigender Eigenfrequenz sortiert in die Modalmatrix
geschrieben. Die Modaltransformation lässt sich dann durchführen über die Berechnung
wobei der neue Zustandsvektor
die Amplituden der Eigenmoden enthält. Da die modal transformierte Steifigkeitsmatrix
K̂ eine Diagonalform aufweist, lässt sich das modal reduzierte System einfach durch Beschränkung auf die ersten
ξ Spalten und Zeilen dieses Systems als
erhalten, wobei der Zustandsvektor
nun nur noch die wenigen ξ Modalamplituden beschreibt. Durch experimentelle Identifikation lassen sich zudem die Einträge der diagonalen Dämpfungsmatrix
D̂r ermitteln.
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Drei der wichtigsten Eigenmoden sind in 8 dargestellt. Die oberste beschreibt die langsamste Eigenmode, die durch die Pendelbewegung der Last dominiert wird. Die zweite dargestellte Eigenmode weist eine deutliche Turmbiegung auf, während sich in der dritten der Ausleger deutlich biegt. Alle Eigenmoden, deren Eigenfrequenzen durch den Drehwerksantrieb angeregt werden können, sollten berücksichtigt bleiben.
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Die Dynamik des Drehwerk-Antriebes wird vorteilhafterweise als ein
PT1-Glied approximiert, das die Dynamik
mit der Zeitkonstanten T
γ aufweist. In Verbindung mit Gleichung (
57) ergibt sich damit
mit dem neuen Zustandsvektor
und dem Stellsignal u der Sollgeschwindigkeit des Drehwerks.
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Für den Beobachter und die Regelung der Schwenkdynamik kann das System (
59) um einen Ausgangsvektor
zu
ergänzt werden, so dass das System beobachtbar ist, d.h. dass alle Zustände im Vektor
durch die Ausgänge
sowie endlich viele Zeitableitungen der Ausgänge rekonstruierbar sind und damit zur Laufzeit geschätzt werden können.
-
Der Ausgangsvektor
beschreibt dabei genau die Drehraten, Dehnungen oder Beschleunigungen, welche durch die Sensoren am Kran gemessen werden.
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Auf Basis des Modells (
61) lässt sich beispielsweise ein Beobachter
345, vgl.
2, in Form des Kalman Filters
entwerfen, wobei der Wert
P aus der algebraischen Riccati Gleichung
folgen kann, die sich mit Standardverfahren leicht lösen lässt.
Q und
R stellen die Kovarianzmatrizen des Prozess- und Messrauschens dar und dienen als Auslegungs-Parameter des Kalmanfilters.
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Da die Gleichungen (60) und (61) ein parametervariantes System beschreiben, ist die Lösung P der Gleichung (63) immer nur für den entsprechenden Parametersatz {xtr ,l,mL ) gültig. Die Standardverfahren zur Lösung algebraischer Riccati Gleichungen sind allerdings recht rechenintensiv. Um Gleichung (63) nicht zur Laufzeit auswerten zu müssen, kann die Lösung P für ein fein aufgelöstes Kennfeld in den Parametern xtr ,l,mL offline vorberechnet werden. Zur Laufzeit (online) wird dann aus dem Kennfeld der Wert ausgewählt, dessen Parametersatz {xtr ,l,mL } den momentanen Parametern am nächsten liegt.
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Da durch den Beobachter
345 alle Systemzustände
geschätzt werden können, lässt sich die Regelung in Form einer Zustandsrückführung
realisieren. Dabei enthält der Vektor
die Sollzustände, die in der Ruhelage typischerweise alle null sind (bis auf den Drehwinkel
γ). Während dem Abfahren einer Bahn können die Werte ungleich null sein, sollten aber nicht zu weit von der Ruhelage abweichen, um die das Modell linearisiert wurde.
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Hierzu eignet sich beispielsweise ein linear-quadratischer Ansatz, bei dem die Rückführungsverstärkung
K so gewählt wird, dass das Gütefunktional
optimiert wird. Für den linearen Regelungsentwurf ergibt sich die optimale Rückführungsverstärkung zu
wobei sich P analog zum Kalmanfilter über die algebraische Riccati-Gleichung
bestimmen lässt.
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Da auch die Verstärkung K in Gleichung (66) abhängig vom Parametersatz {xtr ,l ,mL } ist, wird für diese analog zur Vorgehensweise für den Beobachter ein Kennfeld erzeugt. Im Kontext der Regelung ist dieser Ansatz unter dem Begriff „gain scheduling“ bekannt.
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Zur Anwendung der Regelung an einem Turmdrehkran, kann die Beobachterdynamik (
62) auf einem Steuergerät zur Laufzeit simuliert werden. Dazu können einerseits die Stellsignale u der Antriebe, sowie andererseits die Messignale
der Sensoren verwendet werden. Die Stellsignale berechnen sich widerum aus der Rückführungsverstärkung und dem geschätzten Zustandsvektor gemäß (
62).
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Da sich die Radialdynamik ebenfalls durch ein lineares Modell der Form (60)-(61) darstellen lässt, kann für die Regelung der Radialdynamik analog zur Schwenkdynamik vorgegangen werden. Beide Regelungen wirken am Kran dann unabhängig voneinander und stabilisieren die Pendeldynamik in radiale Richtung sowie quer zum Ausleger, jeweils unter Berücksichtigung der Antriebs- und Strukturdynamik.
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Im Folgenden wird ein Ansatz zur Modellierung der Radialdynamik beschrieben. Dieser unterscheidet sich von dem zuvor beschriebenen Ansatz zur Modellierung der Schwenkdynamik dadurch, dass der Kran nun durch ein Ersatzsystem aus mehreren verkoppelten Starrkörpern beschrieben wird und nicht durch kontinuierliche Balken. Dabei kann der Turm in zwei Starrkörper aufgeteilt werden, wobei ein weiterer Starrkörper den Ausleger repräsentieren kann, vgl. 9.
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Dabei beschreiben αy und βy die Winkel zwischen den Starrkörpem und ϕy den radialen Pendelwinkel der Last. Mit P werden die Positionen der Schwerpunkte beschrieben, wobei der Index CJ für den Gegenausleger, J für den Ausleger, TR für die Laufkatze (engl.: trolley) und T für den Turm (in diesem Fall den oberen Starrkörper des Turmes) steht. Die Positionen hängen dabei zumindest teilweise von den durch die Antriebe gestellten Größen xTR und l ab. An den Gelenken zwischen den Starrkörpern befinden sich Federn mit den Federsteifigkeiten c̃α
x ,ĉβ
y sowie Dämpfer, deren viskose Reibung durch die Parameter dαy und dβy beschrieben wird.
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Die Dynamik lässt sich über den bekannten Lagrange Formalismus herleiten. Dabei sind die drei Freiheitsgrade im Vektor
zusammengefasst. Mit diesen lassen sich die translatorischen kinetischen Energien
sowie die potentiellen Energien aufgrund Gravitation und Federsteifigkeiten
ausdrücken. Da die rotatorischen Energien im Vergleich zu den translatorischen vernachlässigbar klein sind, kann die Lagrange Funktion als
formuliert werden. Daraus ergeben sich die Euler-Lagrange Gleichungen
mit den generalisierten Kräften
welche die Einflüsse der nicht-konservativen Kräfte, beispielsweise der Dämpfungskräfte, beschreiben. Ausgeschrieben ergeben sich die drei Gleichungen
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Durch Einsetzen von L und Berechnung der entsprechenden Ableitungen ergeben sich in diesen Gleichungen sehr große Terme, so dass eine explizite Darstellung hier nicht sinnvoll ist.
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Die Dynamik der Antriebe des Katzwerks sowie des Hubwerks lässt sich in der Regel gut approximieren durch die
PT1 Dynamiken erster Ordnung
Darin beschreiben
τi die entsprechenden Zeitkonstanten und
ui die Sollgeschwindigkeiten.
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Hält man nun alle Antrie,lbsbezogenen Variablen im Vektor
fest, so lässt sich die gekoppelte Radialdynamik aus Antriebs-, Pendel- und Strukturdynamik darstellen als
oder durch Umstellen zur Laufzeit als die nichtlineare Dynamik in der Form
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Da die Radialdynamik somit in Minimalkoordinaten vorliegt, ist eine Ordnungsreduktion nicht erforderlich. Allerdings ist aufgrund der Komplexität der durch (
75) beschriebenen Gleichungen eine analytische offline Vorberechnung der Jacobi Matrix
nicht möglich. Um aus (
75) ein lineares Modell der Form (
60) für die Regelung zu erhalten, kann daher zur Laufzeit eine numerische Linearisierung durchgeführt werden. Hierfür kann zunächst die Ruhelage (
q̇0 ,
q0 ) bestimmt werden, für die
erfüllt ist. Dann lässt sich das Modell über die Gleichungen
linearisieren und es ergibt sich ein lineares System wie in Gleichung (60). Durch die Wahl einer geeigneten Sensorik für Struktur- und Pendeldynamik, beispielsweise mit Hilfe von Gyroskopen, ergibt sich ein Messausgang wie in (
61), durch den die Radialdynamik beobachtbar ist.
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Das weitere Vorgehen des Beobachter- und Regelungsentwurfes entspricht dem für die Schwenkdynamik.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202008018260 U1 [0006]
- DE 102009032270 A1 [0006]
- DE 202008018206 U1 [0006]
- EP 1628902 B1 [0007]
- DE 10324692 A1 [0007]
- EP 2562125 B1 [0007]
- US 20130161279 A [0007]
- DE 10064182 A1 [0007]
- US 5526946 B [0007]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- E. Arnold, O. Sawodny, J. Neupert and K. Schneider, „Anti-sway system for boom cranes based on a model predictive control approach“, IEEE International Conference Mechatronics and Automation, 2005, Niagara Falls, Ont., Canada, 2005, pp. 1533-1538 Vol. 3 [0008]
- Arnold, E., Neupert, J., Sawodny, O., „Modellprädiktive Trajektoriengenerierung für flachheitsbasierte Folgeregelungen am Beispiel eines Hafenmobilkrans“, at - Automatisierungstechnik, 56(8/2008) [0008]
- J. Neupert, E. Arnold, K. Schneider & O. Sawodny, „Tracking and anti-sway control for boom cranes“, Control Engineering Practice, 18, pp. 31-44, 2010 [0008]