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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren oder einer Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug nach Gattung der unabhängigen Ansprüche.
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Bei Unfällen können nach einer Primärkollision weitere Sekundärkollisionen des Unfallfahrzeugs folgen, zum Beispiel weil der Fahrer die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat. Dies gefährdet sowohl die Fahrzeuginsassen als auch andere Verkehrsteilnehmer. Deshalb ist es aus dem Stand der Technik bekannt, durch eine Secondary-Collision-Mitigation-Funktion (SCM-Funktion) im Falle einer erfolgten Primärkollision eine Bremsfunktion zu aktivieren, um Bewegungsenergie aus dem Fahrzeug zu nehmen bzw. um eine Sekundärkollision zu vermeiden. Die SCM-Funktion nutzt dabei die Auswertungen eines Steuergerätes zur Kollisionserkennung, beispielsweise eines Airbagsteuergeräts, als Sensorinformation, um nach einer Kollision ein entsprechendes Ansteuersignal an ein Bremssteuergerät zu senden. Grundsätzliches Ziel der SCM-Funktion ist es eine mögliche zweite Kollision des Fahrzeugs zu verhindern oder zumindest die Fahrzeuggeschwindigkeit abzubauen, so dass bei einem zweiten Aufprall eine geringere Kollisionsgeschwindigkeit vorliegt, wobei die Bewegung des Fahrzeugs durch gezielte Bremseingriffe auch stabilisiert werden kann.
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Aus der
DE 10 2008 043 637 A1 ist ein Verfahren zur Aktivierung und/oder Ansteuerung von mindestens einem Schutzsystem in einem Fahrzeug bekannt, welches zur Erkennung eines Primäraufpralls unfallrelevante Informationen erfasst und auswertet. Nach einem erkannten Primäraufprall wird eine erste Auslöseentscheidung für das mindestens eine Schutzsystem getroffen. Hierbei werden nach einem erkannten Primäraufprall optische Informationen ausgewertet, um eine aktuelle Umgebungssituation des Fahrzeugs und/oder einen aktuellen Fahrzustand des Fahrzeugs zu bestimmen. Die aktuelle Umgebungssituation und/oder der aktuelle Fahrzustand können dann zur Erkennung eines bevorstehenden Sekundäraufpralls und/oder nach einem erkannten Sekundäraufprall zur Erzeugung und/oder Plausibilisierung einer zweiten Auslöseentscheidung für das mindestens eine Schutzsystem ausgewertet werden. Bei einem erkannten bevorstehenden Sekundäraufprall wird eine Aktivierung und/oder Ansteuerung eines ersten Schutzsystems durchgeführt, welches aktiv in die Fahrzeugbewegung eingreift. Das erste Schutzsystem umfasst beispielsweise ein Bremssystem und/oder ein Lenksystem, so dass ein nach einem Primäraufprall außer Kontrolle geratenes Fahrzeug durch gezielte automatische Brems- und/oder Lenkeingriffe wieder stabilisiert werden kann, falls der Fahrer keine Übersteuerung der automatischen Systeme vornimmt. Zusätzlich oder alternativ kann bei einem erkannten bevorstehenden Sekundäraufprall und/oder bei einem erkannten Sekundäraufprall eine Aktivierung und/oder Ansteuerung eines noch nutzbaren zweiten Schutzsystems durchgeführt werden, welches beispielsweise ein irreversibles und/oder reversibles Rückhaltesystem umfasst.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Vorrichtung bzw. das Verfahren zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche 1 bzw. 6 haben den Vorteil, dass in einer Unfallsituation durch gezieltes Verstellen von lenkbaren Rädern des Fahrzeugs vor einem Primäraufprall eine durch den Primäraufprall bewirkte Fahrzeugtrajektorie so stark geändert wird, dass ein nachfolgender Sekundäraufprall verhindert oder zumindest dessen Wirkung abgeschwächt werden kann.
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Insbesondere in einer Abbiegesituation, bei welcher das Fahrzeug mit bereits eingeschlagenen Vorderrädern im Bereich der Einmündung steht, kann ein als Heckaufprall erfolgter Primäraufprall einen Sekundäraufprall des Fahrzeugs mit einem entgegenkommenden Fahrzeug bewirken. Durch die Aufprallenergie des Primäraufpralls und die eingeschlagenen Vorderräder kann sich das Fahrzeug in Richtung Gegenverkehr bewegen und einen zweiten schweren Unfall verursachen. Durch Ausführungsformen des Verfahrens oder der Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug kann der potentielle Primäraufprall rechtzeitig erkannt und die lenkbaren Räder entsprechend verstellt werden, wenn mit der aktuellen Stellung der lenkbaren Räder ein nachfolgender Sekundäraufprall mit hoher Wahrscheinlichkeit erkannt wird. Die lenkbaren Räder können beispielsweise in eine Null-Position oder abhängig von der Orientierung des Fahrzeuges, welche beispielsweise durch Auswerten von Fahrbahnmarkierungen ermittelt wird, oder in Abhängigkeit von der aktuellen Verkehrssituation, welche durch Auswerten der unfallrelevanten Informationen ermittelt wird, so eingestellt werden, dass der Sekundäraufprall verhindert oder zumindest in seiner Wirkung abgeschwächt wird. Die lenkbaren Räder werden vorzugsweise verstellt, wenn in der zu erwartenden Fahrzeugtrajektorie Hindernisse, wie beispielsweise andere Verkehrsteilnehmer oder ortsfeste Objekte erkannt werden.
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Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung stellen ein Verfahren zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug zur Verfügung. Hierbei werden unfallrelevante Informationen erfasst und zur Erkennung eines bevorstehenden Primäraufpralls ausgewertet. Zudem werden die erfassten unfallrelevanten Informationen zur Erkennung eines bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls ausgewertet, wenn der Eintritt des bevorstehenden Primäraufpralls mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt wurde. Hierbei wird eine aktuelle Stellung der lenkbaren Räder ermittelt, wobei aus der aktuellen Stellung der lenkbaren Räder und aus den unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden Primäraufpralls eine durch den Primäraufprall bewirkte zu erwartende Fahrzeugtrajektorie berechnet wird. Des Weiteren werden die berechnete zu erwartende Fahrzeugtrajektorie und die unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls ausgewertet. Zudem wird mindestens ein Stellsignal erzeugt und vor dem Primäraufprall an ein aktives Lenksystem ausgegeben, welches die Stellung der lenkbaren Räder so verändert, dass der Sekundäraufprall verhindert oder zumindest dessen Wirkung abgeschwächt wird, wenn einen bevorstehender Sekundäraufprall mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt wird.
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Zudem wird eine Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug vorgeschlagen, welches zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist und mindestens eine vorausschauende Umfeldsensorik, welche unfallrelevante Informationen erfasst, und eine Auswerte- und Steuereinheit umfasst, welche die unfallrelevanten Daten zur Erkennung eines bevorstehenden Primäraufpralls auswertet. Zudem wertet die Auswerte- und Steuereinheit die erfassten unfallrelevanten Informationen zur Erkennung eines bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls aus, wenn der Eintritt des bevorstehenden Primäraufpralls mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt wurde. Hierbei empfängt die Auswerte- und Steuereinheit Informationen des aktiven Lenksystems und wertet diese aus und ermittelt eine aktuelle Stellung der lenkbaren Räder. Aus der aktuellen Stellung der lenkbaren Räder und aus den unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden Primäraufpralls berechnet die Auswerte- und Steuereinheit eine durch den Primäraufprall bewirkte zu erwartende Fahrzeugtrajektorie. Zudem wertet die Auswerte- und Steuereinheit die berechnete zu erwartende Fahrzeugtrajektorie und die unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls aus. Hierbei erzeugt die Auswerte- und Steuereinheit mindestens ein Stellsignal und gibt es vor dem Primäraufprall an das aktive Lenksystem aus, welches die Stellung der lenkbaren Räder so verändert, dass der Sekundäraufprall verhindert oder zumindest dessen Wirkung abgeschwächt ist, wenn ein bevorstehender Sekundäraufprall mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt ist.
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Unter der Auswerte- und Steuereinheit kann vorliegend ein elektrisches Gerät, wie beispielsweise ein Steuergerät, insbesondere ein Airbagsteuergerät, verstanden werden, welches erfasste Sensorsignale verarbeitet bzw. auswertet. Die Auswerte- und Steuereinheit kann mindestens eine Schnittstelle aufweisen, die hard- und/oder softwaremäßig ausgebildet sein kann. Bei einer hardwaremäßigen Ausbildung können die Schnittstellen beispielsweise Teil eines sogenannten System-ASICs sein, der verschiedenste Funktionen der Auswerte- und Steuereinheit beinhaltet. Es ist jedoch auch möglich, dass die Schnittstellen eigene, integrierte Schaltkreise sind oder zumindest teilweise aus diskreten Bauelementen bestehen. Bei einer softwaremäßigen Ausbildung können die Schnittstellen Softwaremodule sein, die beispielsweise auf einem Mikrocontroller neben anderen Softwaremodulen vorhanden sind. Von Vorteil ist auch ein Computerprogrammprodukt mit Programmcode, der auf einem maschinenlesbaren Träger wie einem Halbleiterspeicher, einem Festplattenspeicher oder einem optischen Speicher gespeichert ist und zur Durchführung der Auswertung verwendet wird, wenn das Programm von der Auswerte- und Steuereinheit ausgeführt wird.
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Unter einer Umfeldsensorik wird vorliegend eine Baueinheit verstanden, welche mindestens ein Sensorelement umfasst, welches eine physikalische Größe bzw. eine Änderung einer physikalischen Größe direkt oder indirekt erfasst und vorzugsweise in ein elektrisches Sensorsignal umwandelt. Dies kann beispielsweise über das Aussenden und/oder das Empfangen von Schallwellen und/oder elektromagnetischen Wellen und/oder über ein Magnetfeld bzw. die Änderung eines Magnetfeldes und/oder das Empfangen von Satellitensignalen beispielsweise eines GPS-Signals erfolgen. Möglich sind auch optische Sensorelemente, welche Bilder der Umgebung erzeugen und beispielsweise eine Fotoplatte und/oder eine fluoreszierende Fläche und/oder einen Halbleiter aufweisen, welche das Auftreffen bzw. die Intensität, die Wellenlänge, die Frequenz, den Winkel usw. der empfangen optischen Welle detektieren, wie beispielsweise Infrarotsensorelemente. Ebenso ist ein akustisches Sensorelement denkbar, wie beispielsweise ein Ultraschallsensorelement und/oder ein Hochfrequenzsensorelement und/oder ein Radarsensorelement und/oder ein Sensorelement, welches auf ein Magnetfeld reagiert, wie beispielsweise ein Hallsensorelement und/oder ein magnetoresistives Sensorelement und/oder ein induktives Sensorelement, welches die Änderung eines Magnetfeldes beispielsweise über die durch magnetische Induktion entstehende Spannung registriert. Eine vorausschauende Umfeldsensorik kann beispielsweise mindestens einen Videosensor und/oder Radarsensor und/oder Lidarsensor und/oder mindestens eine Kamera usw. umfassen und wird eingesetzt, um die Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Aufpralls bzw. Kontakts mit einem Objekt zu erkennen und eine Objektklassifikation durchzuführen. Solche vorausschauenden Umfeldsensoriken werden auch als Precrashsensorsysteme bezeichnet.
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Die ermittelten Sensorsignale werden in Sensordaten umgewandelt, welche eine aus einer erfassten physikalischen Größe ermittelte physikalische Größe mit der dazugehörigen Einheit umfasst. Hierbei wird beispielsweise von einem Sensorelement die Wegänderung in einem bestimmten Zeitfenster ermittelt und daraus von der Auswerte- und Steuereinheit eine Geschwindigkeit und/oder Beschleunigung berechnet. Weitere berechenbare physikalische Größen sind Abstand, Masse, Umdrehungszahl, Kraft, Energie und/oder andere denkbare Größen, wie beispielsweise eine Eintrittswahrscheinlichkeiten für ein bestimmtes Ereignis.
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Durch die in den abhängigen Ansprüchen aufgeführten Maßnahmen und Weiterbildungen sind vorteilhafte Verbesserungen des im unabhängigen Patentanspruch 1 angegebenen Verfahrens zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug und der im unabhängigen Patentanspruch 6 angegebenen Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug möglich.
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Besonders vorteilhaft ist, dass in Abhängigkeit von den erfassten unfallrelevanten Informationen mindestens ein weiteres Stellsignal erzeugt und an ein Personenschutzsystem und/oder ein Fahrdynamiksystem ausgegeben werden kann. Dadurch kann beispielsweise ein Bremssystem angesteuert werden, um vor bzw. nach dem Primäraufprall die Fahrzeuggeschwindigkeit zu beeinflussen. Das Personenschutzsystem kann irreversible Rückhaltesysteme, wie z. B. Airbags oder pyrotechnische Gurtstraffer, und/oder reversible Rückhaltesysteme, wie z. B. elektromotorische Gurtstraffer umfassen.
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In vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens können die lenkbaren Räder vor der automatischen Verstellung von einem Lenkrad entkoppelt werden. Durch eine solche physikalische Trennung können die entsprechenden automatisierten Lenkungsaktionen an den lenkbaren Rädern zur Vermeidung des Sekundäraufpralls in vorteilhafter Weise keine negativen Rückwirkungen auf den Fahrer haben. Zudem kann verhindert werden, dass der Fahrer kontraproduktiv in den Einstellprozess eingreift.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens können die unfallrelevanten Informationen bei einer erkannten Abbiegesituation ausgewertet werden, wobei die Abbiegesituation durch Auswerten von Standortdaten und/oder von Fahrzustandsdaten des Fahrzeugs erkannt werden kann. Die Standortdaten können beispielsweise Ortungsinformationen und/oder Navigationsinformationen und/oder Karteninformation umfassen, welche von einem Navigationssystem zur Verfügung gestellt werden. Die Fahrzustandsdaten können beispielsweise Informationen einer Fahrtrichtungsanzeigevorrichtung und/oder Geschwindigkeitsinformationen umfassen.
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In vorteilhafter Ausgestaltung der Vorrichtung kann die Auswerte- und Steuereinheit in Abhängigkeit von den erfassten unfallrelevanten Informationen mindestens ein weiteres Stellsignal erzeugen und an ein Personenschutzsystem und/oder ein Fahrdynamiksystem ausgeben.
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In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung der Vorrichtung kann eine Lenkungskupplung die lenkbaren Räder vor der automatischen Verstellung von einem Lenkrad entkoppeln, um Rückwirkungen auf den Fahrer zu vermeiden.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. In der Zeichnung bezeichnen gleiche Bezugszeichen Komponenten bzw. Elemente, die gleiche bzw. analoge Funktionen ausführen.
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Figurenliste
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- 1 zeigt ein schematisches Blockdiagramm eines Ausführungsbeispiels einer Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems in einem Fahrzeug.
- 2 zeigt eine schematische Darstellung einer Abbiegesituation eines Fahrzeugs vor dem Eingriff einer Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems aus 1.
- 3 zeigt eine schematische Darstellung der Abbiegesituation des Fahrzeugs aus 2 nach dem Eingriff der Vorrichtung zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems aus 1.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Wie aus 1 ersichtlich ist, umfasst das dargestellte Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung 10 zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems 20 in einem Fahrzeug 1 zwei vorausschauende Umfeldsensoriken 14, 16, welche unfallrelevante Informationen erfassen, und eine Auswerte- und Steuereinheit 12, welche die unfallrelevanten Daten zur Erkennung eines bevorstehenden Primäraufpralls auswertet. Zudem wertet die Auswerte- und Steuereinheit 12 die erfassten unfallrelevanten Informationen zur Erkennung eines bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls aus, wenn der Eintritt des bevorstehenden Primäraufpralls mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt wurde. Hierbei empfängt die Auswerte- und Steuereinheit 12 Informationen des aktiven Lenksystems 20 und wertet diese aus und ermittelt eine aktuelle Stellung der lenkbaren Räder 3. Die Auswerte- und Steuereinheit 12 berechnet aus der aktuellen Stellung der lenkbaren Räder 3 und aus den unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden Primäraufpralls eine durch den Primäraufprall bewirkte zu erwartende Fahrzeugtrajektorie. Zudem wertet die Auswerte- und Steuereinheit 12 die berechnete zu erwartende Fahrzeugtrajektorie und die unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls aus. In Abhängigkeit von der Auswertung erzeugt die Auswerte- und Steuereinheit 12 ein Stellsignal und gibt dieses vor dem Primäraufprall an das aktive Lenksystem 20 aus, welches die Stellung der lenkbaren Räder 3 so verändert, dass der Sekundäraufprall verhindert oder zumindest dessen Wirkung abgeschwächt ist, wenn ein bevorstehender Sekundäraufprall mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt wird.
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Wie aus 1 weiter ersichtlich ist, erzeugt die Auswerte- und Steuereinheit 12 in Abhängigkeit von den erfassten unfallrelevanten Informationen mindestens ein weiteres Stellsignal und gibt dieses an ein Personenschutzsystem 30 und/oder ein Fahrdynamiksystem 40 aus. Das Personenschutzsystem 30 kann irreversible Rückhaltesysteme, wie z. B. Airbags oder pyrotechnische Gurtstraffer, und/oder reversible Rückhaltesysteme, wie z. B. elektromotorische Gurtstraffer umfassen. Das Fahrdynamiksystem 40 umfasst im dargestellten Ausführungsbeispiel zumindest ein Bremssystem, so dass über das mindestens eine weitere Stellsignal die Fahrzeuggeschwindigkeit vor bzw. nach dem Primäraufprall beeinflusst werden kann.
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Wie aus 1 weiter ersichtlich ist, ist das aktive Lenksystem 20 über eine Lenkungskupplung 22 mit den lenkbaren Räder 3, hier den Vorderrädern des Fahrzeugs 1 gekoppelt. Die Lenkungskupplung 22 entkoppelt vor der automatischen Verstellung ein nicht näher dargestelltes Lenkrad von den lenkbaren Rädern 3, um bei einem automatischen Eingriff durch das Lenksystem 20 eine negative Rückwirkung auf den Fahrer zu verhindern.
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Im dargestellten Ausführungsbeispiel umfasst die Vorrichtung 10 zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems 20 zwei vorausschauende Umfeldsensoriken 14, 16, von denen eine erste Umfeldsensorik 14 im Frontbereich des Fahrzeugs 1 und eine zweite Umfeldsensorik 16 im Heckbereich des Fahrzeugs 1 angeordnet ist. Die Umfeldsensoriken 14, 16 können jeweils mindestens einen Videosensor und/oder Radarsensor und/oder Lidarsensor und/oder mindestens eine Kamera umfassen, um einen vorgegebenen Erfassungsbereich 14.1, 16. 1 zu überwachen, wie aus 2 ersichtlich ist.
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Das Verfahren zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems 20 in einem Fahrzeug 1 erfasst unfallrelevante Informationen und wertet diese zur Erkennung eines bevorstehenden Primäraufpralls aus. Zudem werden die erfassten unfallrelevanten Informationen zur Erkennung eines bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls ausgewertet, wenn der Eintritt des bevorstehenden Primäraufpralls mit einer vorgegebenen ersten Wahrscheinlichkeit erkannt wurde. Hierbei wird eine aktuelle Stellung der lenkbaren Räder 3 ermittelt, wobei aus der aktuellen Stellung der lenkbaren Räder 3 und aus den unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden Primäraufpralls eine durch den Primäraufprall bewirkte zu erwartende Fahrzeugtrajektorie berechnet wird. Die berechnete zu erwartende Fahrzeugtrajektorie und die unfallrelevanten Informationen des bevorstehenden nachfolgenden Sekundäraufpralls werden ausgewertet, wobei mindestens ein Stellsignal erzeugt und vor dem Primäraufprall an das aktives Lenksystem 20 ausgegeben wird, welches die Stellung der lenkbaren Räder 3 so verändert, dass der Sekundäraufprall verhindert oder zumindest dessen Wirkung abgeschwächt wird, wenn einen bevorstehender Sekundäraufprall mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit erkannt wird.
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Wie oben bereits ausgeführt ist, wird im dargestellten Ausführungsbeispiel in Abhängigkeit von den erfassten unfallrelevanten Informationen mindestens ein weiteres Stellsignal erzeugt und an das Personenschutzsystem 30 und/oder das Fahrdynamiksystem 40 ausgegeben. Zudem werden die lenkbaren Räder 3 vor der automatischen Verstellung von einem Lenkrad entkoppelt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann beispielsweise in Software oder Hardware oder in einer Mischform aus Software und Hardware beispielsweise in einem Steuergerät implementiert werden. Die in 1 dargestellte Vorrichtung 10 zur Ansteuerung eines aktiven Lenksystems 20 ist ebenfalls zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet.
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Vorzugsweise werden die unfallrelevanten Informationen bei einer erkannten Abbiegesituation ausgewertet, wobei die Abbiegesituation durch Auswerten von Standortdaten und/oder von Fahrzustandsdaten des Fahrzeugs 1 erkannt wird. Die Standortdaten umfassen im dargestellten Ausführungsbeispiel Ortungsinformationen, Navigationsinformationen und Karteninformation, welche von einem nicht näher dargestellten Navigationssystem, das auch eine GPS-Ortungssystem zur Positionsbestimmung umfasst, zur Verfügung gestellt werden. Die Auswerte- und Steuereinheit 12 empfängt die Standortdaten und wertet diese zur Erkennung der Abbiegesituation aus Die Fahrzustandsdaten umfassen Informationen einer Fahrtrichtungsanzeigevorrichtung und/oder Geschwindigkeitsinformationen, welche der Auswerte- und Steuereinheit 12 über ein nicht näher dargestelltes Fahrzeugdatenbussystem zur Verfügung gestellt werden.
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Wie aus 2 weiter ersichtlich ist, befindet sich das Fahrzeug 1 in einer Abbiegesituation. In der dargestellten Abbiegesituation sind die lenkbaren Räder 3 schon eingeschlagen. Da die lenkbaren Räder 3 nicht mehr gerade stehen bzw. nicht mehr in der Null-Stellung sind, kann die Situation auftreten, dass das Fahrzeug 1 bei einem durch ein nachfolgendes Fahrzeug 1A verursachten Heckaufprall durch die Energie des als Heckaufprall auftretenden Primäraufpralls in Richtung Gegenfahrbahn bewegt wird. Dadurch kann es zu einem Sekundäraufprall mit einem entgegenkommenden Fahrzeug 1B kommen. Im dargestellten Ausführungsbeispiel wertete die Auswerte- und Steuereinheit 12 unfallrelevante Informationen der zweiten Umfeldsensorik 16 im Heckbereich des Fahrzeugs 1 aus. Das bedeutet, dass die Auswerte- und Steuereinheit 12 im Erfassungsbereich 16.1 der zweiten Umfeldsensorik 16 die Annäherung des nachfolgenden Fahrzeugs 1B erkennt und die Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Primäraufpralls ermittelt. Liegt die ermittelte Aufprallwahrscheinlichkeit über einem vorgegebenen Schwellwert, wertet die Auswerte- und Steuereinheit 12 unfallrelevante Informationen der ersten Umfeldsensorik 14 im Frontbereich des Fahrzeugs 1 aus und erkennt im ersten Erfassungsbereich 14.1 der ersten Umfeldsensorik 14 das entgegenkommende Fahrzeug 1B. Da sich die zu erwartende durch den Primäraufprall verursachte Trajektorie des Fahrzeugs 1 mit der Trajektorie des entgegenkommenden Fahrzeugs 1B kreuzt, erzeugt die Auswerte- und Steuereinheit 12 das korrespondierende Stellsignal und gibt dieses vor dem Primäraufprall an das aktive Lenksystem 20 aus. Das aktive Lenksystem verändert die Stellung der lenkbaren Räder 3 in die in 3 dargestellte Null-Stellung, so dass im dargestellten Ausführungsbeispiel der Sekundäraufprall verhindert werden kann. Zudem erzeugt die Auswerte- und Steuereinheit 12 in der in 3 dargestellten Unfallsituation mindestens ein weiteres Stellsignal und gibt dieses an das Personenschutzsystem 30 und das Fahrdynamiksystem 40 aus. Dadurch werden irreversible Rückhaltesysteme und/oder reversible Rückhaltesysteme des Personenschutzsystems 30 zum Schutz der Insassen und das Bremssystem des Fahrdynamiksystems 40 aktiviert, um die Fahrzeuggeschwindigkeit nach dem Primäraufprall zu beeinflussen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008043637 A1 [0003]