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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ansteuerung einer Sicherheitsgurtvorrichtung eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen vom Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
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Zum Schutz von Insassen eines Kraftfahrzeuges bei Bremsmanövern und/oder bei Kollisionen werden üblicherweise Sicherheitsgurte und Airbags eingesetzt. Durch die Rückhaltewirkung der Sicherheitsgurte sollen die Insassen bei starken Fahrzeugverzögerungen, welche durch starke Bremsungen und/oder Kollisionen mit einem Hindernis verursacht werden, frühzeitig an die Fahrzeugverzögerung angekoppelt werden. Des Weiteren können durch den Gurt und durch im Kollisionsfall aufblasbare Airbags ein möglicher Kontakt mit harten Fahrzeugteilen, wie beispielsweise dem Lenkrad, der Instrumententafel oder der Windschutzscheibe, wirksam verhindert werden. Ein Sicherheitsgurt übernimmt dabei also eine maßgebliche Funktion zum Schutz eines angegurteten Insassen und zur Vermeidung von ernsten, unter Umständen lebensbedrohlichen Verletzungen. In nicht zu ferner Zukunft werden Kraftfahrzeuge selbst zunehmend automatische Fahrfunktionen übernehmen können (sogenanntes autonomes Fahren), mit der Folge, dass der Fahrer schrittweise von seinen Fahraufgaben entbunden wird. Die Fahrzeuginsassen, insbesondere der Fahrer können sich beim autonomen Fahren während der Fahrt anderen Tätigkeiten zuwenden. Die Zeit kann beispielsweise zum Schlafen, Essen, Lesen oder Arbeiten benutzt werden. Für derartige Tätigkeiten ist es wünschenswert, mehr Bewegungsfreiheit zu haben.
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Üblicherweise werden in Kraftfahrzeugen derzeit sogenannte Drei-Punkt-Sicherheitsgurtvorrichtungen eingesetzt. Diese bestehen aus einem Becken- und einem Schultergurt, welcher an Strukturbauteilen des Kraftfahrzeugs oder auch am Fahrzeugsitz selbst verankert sind. Allerdings wird durch die Sicherheitsgurte die Bewegungsfreiheit eines Insassen stark eingeschränkt, auch wenn heutige Sicherheitsvorrichtungen auf Grund von Gurtaufrollautomatiken eine gewisse Bewegungsfreiheit ermöglichen.
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Zur Verbesserung der Bewegungsfreiheit ist aus der
DE 10 2015 014 818 A1 ein Verfahren mit den Merkmalen vom Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bereits bekannt. Konkret wird in dieser Schrift vorgeschlagen, bei geringer Unfallwahrscheinlichkeit den Schultergurt der Sicherheitsgurtvorrichtung in einen entriegelbaren Zustand zu versetzen und dadurch dem Insassen die Möglichkeit zu geben, den Schultergurt abzulegen. Technisch wird dies dadurch realisiert, dass nur ein einziges Gurtschloss vorhanden ist, welches zwei Aufnahmen zum Einstecken der Gurtschlosszungen vom Beckengurt und vom Schultergurt aufweist. Jeder Aufnahme ist ein Entriegelungselement zur Entriegelung zumindest eines der Gurtschlosszungen zugeordnet.
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Ein ähnliches Verfahren schlägt auch die
DE 10 2015 014 784 A1 vor, wobei hier die gebildeten Gurtschlösser vom Becken- und vom Schultergurt hintereinander geschaltet sind.
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In der
DE 10 2014 214 396 A1 wird eine Sicherheitseinrichtung für einen Insassen eines Fahrzeugs vorgeschlagen, bei der die Sicherheitsgurtvorrichtung lediglich einen Beckengurt aufweist. Auf einen Schultergurt wird verzichtet. Allerdings bilden das Gurtband des Beckengurtes, ein Airbag und ein netzartiges Haltemittel eine gemeinsam handhabbare Baueinheit. Im Falle einer Kollision tritt der Airbag aus dem Beckengurt aus und bläht sich schützend zwischen dem Insassen und dem Lenkrad oder der Instrumententafel auf. Das netzartige Haltemittel wird durch eine Bewegungsvorrichtung in eine Haltestellung verfahren und hält den Airbag in Kontakt mit dem Fahrzeuginsassen.
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Ein wesentlicher Aspekt für die Verletzungsgefahr eines Fahrzeuginsassen bei Kollisionen und/oder starken Bremsungen wird jedoch auch durch die momentane Position des Insassen während einer starken Bremsung und/oder einer Kollision gegeben.
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Diesem Umstand wird durch den oben genannten Stand der Technik nicht ausreichend Rechnung getragen.
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Aus der
DE 10 2014 117 794 A1 ist eine Vorrichtung zum Erfassen eines Objekts im Innenraum eines Kraftfahrzeugs bekannt. Diese umfasst eine Sensoreinrichtung zum Bestimmen eines Abstandswertes zwischen dem Objekt und der Sensoreinrichtung. Anhand des Abstandswertes kann eine Steuereinrichtung der Vorrichtung eine relative Lage des Objektes zu einem Lenkrad oder zu einem Armaturenbrett bestimmen. Signale der Vorrichtung können wiederum dazu genutzt werden, um ein Insassenrückhaltesystem anzusteuern, welches beispielsweise einen Airbag und/oder einen Gurtstraffer umfassen kann. Dadurch kann beispielsweise die Ansteuerung eines Airbags in Abhängigkeit von der relativen Lage des Objekts zum Lenkrad erfolgen.
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In der
DE 38 02 159 A1 wird eine Schalteinrichtung zur Freigabe oder zum Unterbinden einer Aktivierung eines Personenrückhaltesystems beschrieben. Um die Belegung eines Sitzes sicher und zuverlässig feststellen zu können, werden Positionsdaten eines Sitzes (dessen Längsposition und die Neigung seiner Rückenlehne) erfasst. Hieraus wird eine Distanz eines in der unteren Hälfte der Rückenlehne liegenden Oberflächenpunktes zu einem Entfernungsmesser in der Instrumententafel ermittelt. Der Entfernungsmesser seinerseits misst durch Ultraschall eine Entfernung in Richtung des Oberflächenpunktes. Ist diese Entfernung identisch mit der Distanz zwischen Oberflächenpunkt und Entfernungsmesser, so ist der Sitz unbelegt. Sind beide Werte identisch, so wird der Sitz als belegt angesehen und die Aktivierung des Personenrückhaltesystems freigegeben.
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Der
DE 10 2013 217 947 A1 ist ein Verfahren zum Betreiben von Personenschutzmitteln zu entnehmen, welches in Abhängigkeit von einem Abstand eines Insassen zu einem Lenkrad oder einem Armaturenbrett betrieben wird.
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Aus der
DE 10 2015 218 588 A1 ist ein bordeigenes Warnsystem eines Fahrzeugs bekannt, bei dem erfasst wird, ob ein Sitz belegt ist und ein dem Sitz zugeordnetes Überwachungsziel (bspw. ein Gurtschloss) eine Warnstufe erreicht hat, bspw. durch ein Nichtanschnallen des auf dem Sitz befindlichen Insassen. In einem solchen Fall werden dem Sitz zugeordnete bzw. zuordenbare Warnleuchten eingeschaltet. Nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne werden die Warnleuchten wieder ausgeschaltet, wenn die Zustände für die Warnstufe nicht aufgehoben wurden.
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Die
WO 92 / 18 348 A1 beschreibt einen um 180° drehbaren Fahrzeugsitz. Dieser weist ein Gurtschloss auf, welches an einem schwenkbaren Arm befestigt ist. Der Arm kann von einer nach oben gerichteten Gebrauchsstellung in eine in etwa horizontale Nichtgebrauchsstellung geschwenkt werden, in der eine Benutzung eines Sicherheitsgurtes erschwert ist. Nur in der Nichtgebrauchsstellung des Arms ist der Sitz um 180° verdrehbar.
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In der
DE 10 2015 114 602 A1 ist ein System zur optimalen Einstellung von Airbags oder Gurtkraftbegrenzern in einem Fahrzeug beschrieben. Dabei werden insbesondere eine Position des Sitzes und das Gewicht des auf dem Sitz befindlichen Insassen berücksichtigt.
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Schließlich ist der
DE 10 2007 015 187 A1 ein Gurtschloss zu entnehmen, welches über eine Positionierungsmechanik in verschiedene Stellungen bringbar ist. So kann das Gurtschloss situationsbedingt beispielsweise in eine Schlossbringstellung positioniert werden, wenn sich der Fahrzeuginsasse anschnallen will oder soll.
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Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Ansteuerung einer Sicherheitsgurteinrichtung bereitzustellen, bei dem eine momentane Position des Insassen besser berücksichtigt und zum anderen die Bewegungsfreiheit des Insassen bei einer Kommunikation mit anderen Fahrzeuginsassen vergrößert werden.
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Gelöst wird diese Aufgabe mit den Merkmalen von Patentanspruch 1. Vorteilhafte Weiterbildungen beziehungsweise Ausgestaltungen der Erfindung sind den abhängigen Ansprüchen zu entnehmen.
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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Ansteuerung einer Sicherheitsgurtvorrichtung eines Kraftfahrzeugs. Dabei weist die Sicherheitsgurtvorrichtung mehrere Gurtsegmente auf und jedes Gurtsegment ist durch wenigstens ein diesem zugeordnetes Gurtschloss lösbar befestigt. Bei einem Vorliegen bestimmter Fahr- und/oder Betriebsbedingungen des Kraftfahrzeugs wird wenigstens eines der Gurtsegmente von einem nicht entriegelbaren Zustand in einen entriegelbaren Zustand gebracht, in dem das Gurtsegment vom Gurtschloss lösbar ist.
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Die Sicherheitsgurteinrichtung kann beispielsweise als Dreipunkt-Sicherheitsgurt ausgebildet sein, bei der zwei Gurtsegmente, nämlich Schulter- und Beckengurt vorhanden sind. Es sind aber auch Sicherheitsgurtvorrichtungen denkbar, die mehr als zwei Gurtsegmente aufweisen.
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Der Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes kann auf vielfältige Art und Weise erfolgen. So ist eine elektromechanische, hydraulische oder auch pneumatische Realisierung des Zustandswechsels möglich, wobei auch Kombinationen dieser Lösungen denkbar sind.
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Die Erfindung schlägt nun als einen Aspekt vor, dass der Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes wenigstens auch in Abhängigkeit eines einer angegurteten Person zur Verfügung stehenden Abstandes von einem potentiellen Aufprallhindernis im Fahrzeuginnenraum erfolgt. Der zur Verfügung stehende Abstand kann bspw. durch eine oder mehrere Kameras erfasst werden.
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Auf diese Weise wird dem Umstand sinnvoll Rechnung getragen, dass die Bewegungsfreiheit eines angegurteten Fahrzeuginsassen nur dann durch Ablegen eines Gurtsegmentes vergrößert werden darf, wenn eine Verletzungsgefahr auch auf Grund eines ausreichenden Abstandes und damit ausreichenden Vorverlagerungsweges von möglichen Aufprallhindernissen im Fahrzeuginnenraum gering ist.
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Gemäß einer Weiterbildung des Verfahrens erfolgt der Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes wenigstens auch in Abhängigkeit wenigstens eines Verstellparameters eines von der angegurteten Person genutzten Sitzes. Durch Nutzung von erfassten Werten möglicher Verstellparameter eines Kraftfahrzeugsitzes, auf dem ein angegurteter Fahrzeuginsasse sitzt beziehungsweise den er nutzt, kann auf Grund bekannter geometrischer Maße des Innenraums auf einen Abstand eines angegurteten Fahrzeuginsassen zu einem potentiellen Aufprallhindernis geschlossen werden. Das Verfahren kann dadurch somit kostengünstig und einfach durchgeführt werden.
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In einer weiteren Ausgestaltung des Erfindungsgedankens sind die Verstellparameter eine Sitzlängsverstellung und/oder eine Sitzneigungsverstellung (also eine Neigungsverstellung der Sitzfläche bzw. des Sitzkissens) und/oder eine Sitzlehnenneigungsverstellung. Diese Verstellparameter bieten in erster Linie einen zuverlässigen Rückschluss auf den für einen angegurteten Fahrzeuginsassen frei verfügbaren Vorverlagerungsweg beziehungsweise Abstand zu einem potentiellen Aufprallhindernis im Fahrzeuginnenraum.
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So vergrößert sich der freie verfügbare Vorverlagerungsweg durch eine Verstellung des Sitzes nach hinten, durch eine Verstellung nach vorne wird er verkleinert. Bei einer Sitzlehnenneigungsverstellung nach hinten wird der freie verfügbare Vorverlagerungsweg ebenfalls vergrößert, bei einer Aufrechtstellung der Sitzlehne ist er minimal. Die beiden genannten Verstellparameter beeinflussen sich gegenseitig.
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Es ist gemäß einer anderen Ausbildung der Erfindung auch denkbar, dass der Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes wenigstens auch in Abhängigkeit wenigstens eines Verstellparameters eines von der angegurteten Person genutzten Lenkrades erfolgt. Eine derartige Ausbildung ist für einen angegurteten Fahrer im Kraftfahrzeug sinnvoll, da sich bei diesem der freie verfügbare Vorverlagerungsweg auch durch die Verstellung des Lenkrades bestimmt. Als Verstellparameter des Lenkrades können insbesondere die Längsverstellung und die Höhenverstellung zum Tragen kommen.
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Für eine angegurtete Person kann es sehr hilfreich sein, wenn nach einem Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes eine akustische und/oder optische Meldung an die angegurtete Person abgegeben wird.
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Beispielsweise ist denkbar die Meldung über einen im Fahrzeuginnenraum vorhandenen Lautsprecher auszugeben. Zusätzlich oder alternativ kann auch eine optische Meldung auf einem Anzeigeelement im Fahrzeuginnenraum, beispielsweise auf einem Kombiinstrument oder einem Display ausgegeben werden. Die optische Meldung kann als Klartext oder auch in Form einer Symbolik ausgegeben werden.
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Es kann für einen Fahrzeuginsassen durchaus wünschenswert sein, sofern dies technisch möglich ist, den von ihm genutzten Fahrzeugsitz um 180 Grad entgegen der gewöhnlichen Fahrtrichtung zu schwenken. Dies kann insbesondere eine Kommunikation mit anderen Fahrzeuginsassen deutlich erleichtern.
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Für einen solchen Fall schlägt die Erfindung weiter vor, dass ein Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes immer dann erfolgt, wenn ein von einer angegurteten Person genutzter Sitz um 180 Grad entgegen einer gewöhnlichen Fahrtrichtung verdreht ist.
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Eine weitere Ausbildung des Erfindungsgedankens schlägt vor, bei einem Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes Auslöseparameter wenigstens eines Rückhaltemittels anzupassen, welches der angegurteten Person zugeordnet ist. Hierdurch kann das Verhalten des Rückhaltemittels auf den im Vergleich zur normalen, voll angegurteten Sitzposition veränderten Abstand zu potentiellen Aufprallhindernissen besser berücksichtigt werden. So ist beispielsweise denkbar, durch den vergrößerten Abstand von potentiellen Aufprallhindernissen die Füllgeschwindigkeit eines Airbags und/oder dessen Fülldruck oder auch die Gurtkraft eines Gurtkraftbegrenzers entsprechend anzupassen. Denkbar ist auch die Anpassung des Auslösezeitpunktes eines Gurtstraffers und/oder eines Airbags.
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Weiterhin ist es sehr zweckmäßig, wenn bei einem Unterschreiten der Bedingungen für einen Zustandswechsel vom nicht entriegelbaren Zustand in den entriegelbaren Zustand des Gurtsegmentes der Zustandswechsel rückgängig gemacht und bei bereits entriegeltem Gurtsegment eine Aufforderung an die angegurtete Person geht, das entriegelte Gurtsegment wieder anzulegen. Die Aufforderung kann wiederum vorzugsweise optisch und/oder akustisch geschehen.
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Beispielsweise ist denkbar, dass der Fahrer während eines autonomen Fahrabschnitts auf der Autobahn die Rückenlehne seines Sitzes maximal nach hinten stellt, um zu schlafen. In diesem Fall erhält der Fahrer gemäß dem Verfahren einen Hinweis, dass ein Gurtsegment (beispielsweise ein Schultergurt) entriegelbar ist. Entriegelt er dies, um besser schlafen zu können und stellt nach dem Schlafen die Sitzlehne wieder aufrecht, so wird er durch diese Meldung rechtzeitig daran erinnert, das abgelegte Gurtsegment wieder anzulegen.
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Im Übrigen ist auch denkbar, dass eine Steuereinrichtung für die Sicherheitsgurtvorrichtung mit einem Navigationssystem gekoppelt ist und bei absehbarem Ende einer autonomen Fahrt der Fahrzeuginsasse bereits frühzeitig durch optische und/oder akustische Hinweise darauf aufmerksam gemacht wird, wieder die üblichen Sitzpositionen einzunehmen und ein gegebenenfalls abgelegtes Gurtsegment anzulegen.
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In diesem Zusammenhang kann eine Weiterbildung der Erfindung auch dadurch gebildet sein, dass die Aufforderung zum Wiederanlegen eines entriegelten Gurtsegmentes durch Bewegung eines Gurtbringers in Richtung der angegurteten Person erfolgt.
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Ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Figuren dargestellt und wird anhand der Figuren in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Dadurch werden auch noch weitere Vorteile der Erfindung deutlich. Gleiche Bezugszeichen, auch in unterschiedlichen Figuren, beziehen sich auf gleiche, vergleichbare oder funktional gleiche Bauteile. Dabei werden entsprechende oder vergleichbare Eigenschaften und Vorteile erreicht, auch wenn eine wiederholte Beschreibung oder Bezugnahme darauf nicht erfolgt.
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Es zeigen, jeweils schematisch
- 1 ein nach dem Verfahren arbeitendes Kraftfahrzeug mit einer entsprechend ansteuerbaren Sicherheitsgurtvorrichtung, von der Seite,
- 2 die Sicherheitsgurtvorrichtung aus 1, in Alleinstellung,
- 3 ein Signalflussplan zur Verdeutlichung einer möglichen gegenseitigen Beeinflussung der beteiligten Komponenten,
- 4 die Darstellung möglicher Zustände eines Gurtsegmentes in Abhängigkeit von Verstellparametern eines Sitzes und
- 5 ein Ablaufdiagramm zur Darstellung eines möglichen Verfahrensablaufs.
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Die 1 zeigt ein Kraftfahrzeug K, mit welchem das erfindungsgemäße Verfahren durchführbar ist.
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Im Kraftfahrzeug K ist eine Person P auf einem Sitz 7 mittels einer Sicherheitsgurtvorrichtung 1 angegurtet.
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Im Ausführungsbeispiel ist die Sicherheitsgurtvorrichtung 1 ein Dreipunkt-Sicherheitsgurt und weist zwei Gurtsegmente 2 (Beckengurt) und 3 (Schultergurt) auf. Der Beckengurt 2 ist aufrollbar beweglich in einem Gurtaufroller 4, der Schultergurt 3 aufrollbar beweglich in einem Gurtaufroller 5 gehalten. Die Gurtaufroller 4, 5 sind an der Struktur des Sitzes 7 fest verankert. Hierdurch wird eine Drehung des Sitzes 7 um eine Drehachse D um 180 Grad entgegen einer gewöhnlichen Fahrtrichtung F ermöglicht.
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In der Darstellung befindet sich der Sitz 7 in einer gewöhnlichen Nutzposition, bei der die Person P einen Abstand a1 zu einem Lenkrad 10 und einen entsprechend größeren Abstand a2 zu einer Instrumententafel 11 aufweist. Durch die Abstände a1, a2 werden frei verfügbare Vorverlagerungswege zu den genannten, potentiellen Aufprallhindernissen im Fall einer starken Bremsung und/oder einer Kollision bestimmt.
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Der Sitz 7 weist ein Sitzkissen 8 und eine Sitzlehne 9 auf. Das Sitzkissen 8 ist über einen Verstellparameter S1, nämlich über eine horizontale Sitzlängsverstellung verstellbar. Die Sitzlehne 9 ist über einen Verstellparameter S2, nämlich eine Sitzlehnenneigungsverstellung verstellbar. Die Sitzverstellung kann manuell oder auch elektromechanisch mittels nicht dargestellter Stellmotoren erfolgen.
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Es ist offensichtlich, dass bei einer Verstellung der Sitzlehne 9 nach hinten, bspw. hin zu einer Position 9' der Abstand a1 der angegurteten Person P zum Lenkrad 10 deutlich auf einen Abstand a1' vergrößert wird. Mit L1 ist ein erster Verstellparameter (Lenkradlängsverstellung) und mit L2 ein weiterer Verstellparameter (Lenkradhöhenverstellung) des verstellbaren Lenkrads 10 beziffert. Durch die Verstellparameter L1 und L2 wird der Abstand a1 ebenfalls beeinflusst.
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Über eine Erfassungseinrichtung 16 kann die Sitzlängsverstellung S1 des Sitzkissens 8 und durch eine Erfassungseinrichtung 17 die Sitzlehnenneigungsverstellung S2 der Sitzlehne 9 erfasst werden. Die Erfassungseinrichtungen 16 und 17 sind vorzugsweise als Positionssensoren, beispielsweise als Hall-Sensor und/oder als Drehwinkelsensor ausgebildet.
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Über einen Lautsprecher 23a sind akustische Meldungen beziehungsweise Warnhinweise ausgebbar. Durch ein Kombiinstrument 23b können optische Meldungen beziehungsweise Warnhinweise ausgegeben werden.
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Über einen Gurtbringer 22 ist der Schultergurt 3 in Richtung der Person P bewegbar, falls der Schultergurt 3 nicht angelegt ist.
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Schließlich ist noch eine Kamera 12 im Dachhimmelbereich angeordnet, welche optional und daher nur gestrichelt dargestellt ist. Mit der Kamera 12 können die genannten Abstände a1 und a2 ebenfalls erfasst werden.
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Anhand von 2 wird nunmehr die Sicherheitsgurtvorrichtung 1 in Alleinstellung näher beschrieben. Der besseren Darstellung halber sind die Gurtsegmente 2 und 3 in Explosionsdarstellung dargestellt.
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Das Gurtsegment 2, also der Beckengurt, kann über ein Befestigungsende 21 mit einer Befestigungsaufnahme 14 eines karosserie- oder sitzseitigen Verankerungselementes 13 verbunden werden. Die Befestigungsaufnahme 14 und das Befestigungsende 21 sind vorzugsweise als Steckzunge und korrespondierende Steckaufnahme ausgebildet. Hierdurch wird ein Gurtschloss 6a ausgebildet. Das Gurtsegment 3, also der Schultergurt, kann über ein Befestigungsende 30 mit einer Befestigungsaufnahme 20 verbunden werden. Das Befestigungsende 30 und die Befestigungsaufnahme 20 sind wiederum vorzugsweise als Steckzunge und korrespondierende Steckaufnahme ausgebildet. Die Befestigungsaufnahme 20 ihrerseits ist fest an dem Befestigungsende 21 verbunden. Über das Befestigungsende 30 und die Befestigungsaufnahme 20 wird ein zweites Gurtschloss 6b ausgebildet. Die Gurtschlösser 6a, 6b sind auch in 1 angedeutet.
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Durch diese Konstruktion ist es möglich, dass einerseits der Beckengurt 2 über das Gurtschloss 6a lösbar mit dem Verankerungselement 13 und andrerseits der Schultergurt 3 über das Gurtschloss 6b lösbar mit dem Verankerungselement 13 verbunden ist. Der Schultergurt 3 kann also gelöst beziehungsweise abgelegt werden ohne dass der Beckengurt 2 ebenfalls gelöst werden muss.
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Anhand der 3 ist beschrieben, wie ein möglicher Signalfluss bei der Durchführung des Verfahrens erfolgen kann.
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So ist eine Auswerte- und Steuereinrichtung 15 vorhanden, welche mit den Erfassungseinrichtungen 16 und 17 für die Erfassung der Verstellparameter des Sitzes 7 signaltechnisch verbunden ist.
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Ferner ist die Auswerte- und Steuereinrichtung 15 signaltechnisch mit der Befestigungsaufnahme 20 für den Schultergurt 3, mit einer Bewegungsvorrichtung für den Gurtbringer 22, mit dem Lautsprecher 23a und dem Kombiinstrument 23b verbunden. Ist der Sitz 7 ein Fahrersitz, so besteht zusätzlich eine signaltechnische Verbindung der Auswerte- und Steuereinrichtung 15 mit Erfassungseinrichtungen 18 und 19 für die Lenkradhöhenverstellung L2 beziehungsweise Lenkradlängsverstellung L1. Die Erfassungseinrichtungen 18 und 19 sind wie die Erfassungseinrichtungen 16 und 17 vorzugsweise als Positionssensoren ausgebildet.
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Werden durch die Erfassungseinrichtungen 16 und/oder 17 bestimmte Werte der Verstellparameter S1 und/oder S2 sowie gegebenenfalls L1 und/oder L2 erfasst, so wird zunächst durch eine interne Logik der Auswerte- und Steuereinrichtung 15 geprüft, ob die erfassten Werte einen entriegelbaren Zustand des Schultergurtes 3 zulassen. Um die gegenseitigen Abhängigkeiten mehrerer Verstellparameter (bspw. S1, S2, L1 und L2) abbilden zu können, ist in der Auswerte- und Steuereinrichtung 15 vorzugsweise ein Kennfeld hinterlegt, in welchem die verfügbaren Abstände a1, a2 (vgl. 1) bei bestimmten Kombinationen von Werten der Verstellparameter abgelegt sind.
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Ist nach Prüfung ein Zustandswechsel des Schultergurtes 3 vom nicht entriegelbaren in den entriegelbaren Zustand möglich, so wird die Befestigungsaufnahme 20 durch die Auswerte- und Steuereinrichtung 15 derart angesteuert, dass eine Entriegelung, d. h. ein Lösen des Befestigungsendes 30 von der Befestigungsaufnahme 20 erfolgen kann. Gleichfalls werden der Lautsprecher 23a und/oder das Kombiinstrument 23b derart angesteuert, dass ein entsprechender Hinweis für die angegurtete Person P wahrnehmbar ist.
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Wird alternativ oder sogar zusätzlich eine Kamera 12 zur Erfassung der Abstände a1 und a2 (vgl. 1) eingesetzt, so erfolgt ebenfalls eine entsprechende Ansteuerung der genannten Komponenten 20, 22 und 23a, b durch die Auswerte- und Steuereinrichtung 15.
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Sind die Voraussetzungen für eine Freigabe des Schultergurtes 3 auf Grund veränderter Abstände a1, a2 beziehungsweise veränderter Werte der Verstellparameter S1, S2 und/oder L1, L2 nicht mehr gegeben, so erfolgt eine entsprechende Ansteuerung des Lautsprechers 23a und/oder des Kombiinstrumentes 23b. Dadurch wird die nicht mehr voll angegurtete Person P dazu aufgefordert, den abgelegten Schultergurt 3 wieder anzulegen. Des Weiteren erfolgt eine Ansteuerung der Befestigungsaufnahme 20 derart, dass bei einem wieder eingesteckten Befestigungsende 30 dieses nicht mehr von der Befestigungsaufnahme 20 lösbar ist.
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In der 4 ist beispielhaft beschrieben, welche Zustände die Befestigungsaufnahme 20 in Abhängigkeit der Verstellparameter S1 und S2 annehmen kann.
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So ist auf der horizontalen Achse die Sitzlängsverstellung S1 und auf der vertikalen Achse die Sitzlehnenneigungsverstellung S2 aufgetragen. Mit S1min und S2min sind minimale Werte und mit S1max und S2max Maximalwerte der Sitzlängsverstellung bzw. Sitzlehnenneigungsverstellung beziffert. Durch die Maximalwerte S1max und S2max wird ein großes Rechteck R2 gebildet.
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Bei S1min befindet sich der Sitz 7 ganz vorn, ist also weitest möglich in Richtung der Fahrtrichtung F verschoben. Bei S1max ist der Sitz 7 weitest möglich entgegen der Fahrtrichtung F verstellt.
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Bei S2min befindet sich die Sitzlehne 9 in einer in etwa senkrechten Position, während bei S2max die Sitzlehne 9 im Wesentlichen flach verstellt ist.
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Innerhalb der Maximalwerte S1min und S1max beziehungsweise S2min und S2max sind Grenzwerte GS1 beziehungsweise GS2 vorhanden. Durch die Grenzwerte GS1 und GS2 wird ein kleines Rechteck R1 gebildet.
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Wird zumindest einer dieser Grenzwerte GS1, GS2 durch eine Sitzverstellposition überschritten, so wird die Befestigungsaufnahme 20 in einen entriegelbaren Zustand Z2 geschaltet.
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Werden beide Grenzwerte GS1 und GS2 nicht überschritten, so befindet sich die Befestigungsaufnahme 20 in einem nicht entriegelbaren Zustand Z1. Ein entriegelbarer Zustand Z2 wird also durch einen Bereich gebildet, welcher zwischen dem großen Rechteck R2 und dem kleinen Rechteck R1 liegt.
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Beispielhaft sind drei Sitzverstellpositionen Pos1 bis Pos3 dargestellt.
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In der Sitzverstellposition Pos1 befindet sich die Sitzlehne 9 in einer sehr flachen Position. Der Grenzwert GS2 wird also deutlich überschritten. Der Sitz 7 bzw. das Sitzkissen 8 ist hingegen fast ganz nach vorne zur Instrumententafel 11 verstellt. Der Grenzwert GS1 wird somit unterschritten. Insgesamt sind die Bedingungen jedoch erfüllt, dass die Befestigungsaufnahme 20 in einen entriegelbaren Zustand Z2 gebracht wird.
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Bei einer Sitzverstellposition Pos2 ist das Sitzkissen 8 weit nach hinten, von der Instrumententafel 11 weg geschoben, während die Sitzlehne 9 fast senkrecht gestellt ist. Während dadurch der Grenzwert GS2 unterschritten wird, wird der Grenzwert GS1 deutlich überschritten. Auch hier ist die Bedingung dafür erfüllt, dass die Befestigungsaufnahme 20 in einen entriegelbaren Zustand Z2 gebracht wird.
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Bei der Sitzverstellposition Pos3 wurde der Sitz 7 von der Sitzverstellposition Pos2 wieder nach vorne in Richtung der Instrumententafel 11 geschoben. Dies hat zur Folge, dass keiner der Grenzwerte GS1 oder GS2 überschritten wird und die Befestigungsaufnahme 20 wieder in den nicht entriegelbaren Zustand Z1 versetzt werden muss.
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Abschließend soll anhand von 5 ein möglicher Ablauf der Ansteuerung der Sicherheitsgurtvorrichtung 1 skizziert werden. Dabei wird in einer ersten Abfrage A1 überprüft, ob ein automatischer Fahrmodus, also ein autonomes Fahren aktiviert ist oder nicht. Falls nicht, wird die Befestigungsaufnahme 20 in den nicht entriegelbaren Zustand Z1 versetzt.
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Falls sich das Kraftfahrzeug K in einem automatischen Fahrmodus befindet, so wird in einer Abfrage A2 abgefragt, ob der Sitz 7 in Fahrtrichtung F ausgerichtet ist oder um 180 Grad entgegen der Fahrtrichtung F verdreht wurde.
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Ist der Sitz 7 nicht in Fahrtrichtung F ausgerichtet, also um 180 Grad verdreht, so wird die Befestigungsaufnahme 20 in den entriegelbaren Zustand Z2 versetzt. Ist der Sitz 7 allerdings in Fahrtrichtung F ausgerichtet, so wird in einer Abfrage A3 abgefragt, ob die Sitzlängsverstellung S1 größer als der Grenzwert GS1 ist. Falls dies zutrifft, wird die Befestigungsaufnahme 20 ebenfalls in den entriegelbaren Zustand Z2 versetzt.
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Wird der Grenzwert GS1 nicht überschritten, so wird in einer Abfrage A4 abgefragt, ob die Sitzlehnenneigungsverstellung S2 den Grenzwert GS2 übersteigt. Ist dies der Fall, so wird die Befestigungsaufnahme 20 wiederum in den entriegelbaren Zustand Z2 versetzt. Ist auch dies nicht der Fall, so verbleibt die Befestigungsaufnahme 20 im nicht entriegelbaren Zustand Z1.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Sicherheitsgurtvorrichtung
- 2
- Gurtsegment; Beckengurt
- 3
- Gurtsegment; Schultergurt
- 4
- Gurtaufroller
- 5
- Gurtaufroller
- 6a
- Gurtschloss
- 6b
- Gurtschloss
- 7
- Sitz
- 8
- Sitzkissen
- 9, 9'
- Sitzlehne
- 10
- Lenkrad
- 11
- Instrumententafel
- 12
- Kamera
- 13
- karosserieseitiges Verankerungselement
- 14
- Befestigungsaufnahme
- 15
- Auswerte- und Steuereinrichtung
- 16
- Erfassungseinrichtung
- 17
- Erfassungseinrichtung
- 18
- Erfassungseinrichtung
- 19
- Erfassungseinrichtung
- 20
- Befestigungsaufnahme
- 21
- Befestigungsende
- 22
- Gurtbringer
- 23a
- Lautsprecher
- 23b
- Kombiinstrument
- 30
- Befestigungsende
- a1, a1'
- Abstand
- a2
- Abstand
- A1-A4
- Abfragen
- D
- Drehachse
- F
- Fahrtrichtung
- GS1
- Grenzwert der Sitzlängsverstellung
- GS2
- Grenzwert der Sitzlehnenneigungsverstellung
- K
- Kraftfahrzeug
- L1
- Verstellparameter; Lenkradlängsverstellung
- L2
- Verstellparameter; Lenkradhöhenverstellung
- P
- angegurtete Person
- Pos1-3
- Sitz-Verstellpositionen
- R1
- kleines Rechteck
- R2
- großes Rechteck
- S1
- Verstellparameter; Sitzlängsverstellung
- S1min
- Minimalwert der Sitzlängsverstellung
- S1max
- Maximalwert der Sitzlängsverstellung
- S2
- Verstellparameter; Sitzlehnenneigungsverstellung
- S2min
- Minimalwert der Sitzlehnenneigungsverstellung
- S2max
- Maximalwert der Sitzlehnenneigungsverstellung
- Z1
- nicht entriegelbarer Zustand
- Z2
- entriegelbarer Zustand