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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Entlastung des Hauptauslegers eines Krans, insbesondere eines Mobilkrans, wobei der Kran einen wippbaren Hauptausleger und wenigstens eine Verstelleinheit zur Verstellung wenigstens einer Wippstütze zur Betätigung eines am Kopf des Hauptauslegers montierten Hilfsauslegers, auch Wippspitze genannt, aufweist.
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Krane, insbesondere Mobilkrane, sind mit einem Hauptausleger ausgestattet, der als Teleskopausleger ausgestaltet sein kann.
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So offenbart die
DE 199 29 549 B4 beispielsweise einen Teleskopkran mit einem Unterwagen und einem darauf drehbar angeordneten Oberwagen, an den ein Ausleger anlenkbar und ein Gegengewicht angeordnet sind und der Ausleger mit einer Vorrichtung zur Anordnung einer Auslegerverlängerung in Form von miteinander verbindbaren Elementen versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Ausleger nur einen Grundkasten aufweist und in seinem Bereich ein diesen umgreifendes Anschlußelement lösbar befestigt ist, das mit Verbindungselementen versehen ist zur lösbaren Verbindung mit dem Grundkasten und zur lösbaren Verbindung mit den Elementen der Auslegerverlängerung.
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Ferner beschreibt die WO 2004/ 087 557 A1 ein Verfahren zum Auf- und Abbauen eines mindestens zweiteiligen Hauptauslegers für einen Gittermastkran. Das Auf- und Abbauverfahren führt dazu, dass die geometrisch-kinematischen Eigenschaften des Hauptauslegers so genutzt werden, dass während des Auf- und Abbaus der wirksame Hebelarm des Hauptauslegers reduziert wird, um ein Kippen des Krans zu verhindern.
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Zudem ist aus der
CN 104 709 833 A ein neuartiger Kran mit einer integrierten Umlenkrollenvorrichtung bekannt, die auf einer hinteren wippenden Stützrippe angeordnet ist.
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Je nach Anwendungszweck und zur Erhöhung der maximalen Hubhöhe kann am Kopf des Hauptauslegers noch ein Hilfsausleger montiert sein. Die Betätigung einer derartigen Wippspitze erfolgt über ein oder mehrere Wippstützen und passenden Seilzug. Eine Verstelleinheit wird über eine am Kranoberwagen montierte Verstellwinde betätigt und sorgt für den notwendigen Seilzug zur Veränderung des Wippwinkels der Wippspitze.
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Soll der Mobilkran schwere Hübe verrichten, ist der Einsatz der Wippspitze meist nicht möglich, da das auftretende Lastmoment zu groß wird. Die für den Wippbetrieb zuvor beschriebenen Baugruppen, wie die Wippstützen, der Seilzug sowie die Verstellwinde bleiben in diesem Fall nutzlos, da der Kran seinen Hub ausschließlich mit dem teleskopierbaren Hauptausleger durchführt.
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Als traglastbegrenzendes Kriterium gilt in diese Fällen häufig der Wippzylinder oder eventuell auch der teleskopierbare Hauptausleger. Eine Entlastung dieser Baugruppen ohne weitreichende Modifikation bestehender Kranstrukturen wäre aus diesem Grund wünschenswert, um das maximale Lastmoment weiter steigern zu können.
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Das Ziel der Erfindung ist es demnach, die Tragfähigkeit eines derartigen Krans steigern zu können, insbesondere unter Ausnutzung bereits bestehender Kranbaugruppen.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren gemäß den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens sind Gegenstand der abhängigen Unteransprüche.
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Ausgangspunkt für die Verfahrensausführung ist ein Kran mit einem wippbaren Hauptausleger und wenigstens eine Verstelleinheit, die üblicherweise zur Verstellung wenigstens einer Wippstütze dient. Eine derartige Wippstütze ist für die Betätigung einer am Kopf des Hauptauslegers montierten Wippspitze/Hilfsauslegers bestimmt.
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Erfindungsgemäß wird nun dazu übergegangen, bei Nichtgebrauch des Hilfsauslegers, insbesondere bei demontiertem Hilfsausleger, die Verstelleinheit zweckfremd einzusetzen. Dazu wird die Verstelleinheit am Hauptausleger angelenkt, um mit dieser ein rückwärtsgerichtetes Moment auf den Hauptausleger einzubringen. Das rückwärtsgerichtete Moment wirkt vorzugsweise entgegen dem Lastmoment. Dadurch kann zumindest zeitweise eine Entlastung des Hauptauslegers und/oder wenigstens eines Wippzylinders des Hauptauslegers erreicht werden. Damit lässt sich die maximal mögliche Traglast mit bereits bestehenden Kranbauteilen erhöhen. Insbesondere Kunden, die einen derartigen Kran mit Wippspitze erwerben und ihr Eigentum nennen, profitieren von dem erfindungsgemäßen Verfahren. Denn beim vorgeschlagen Betrieb ohne Wippspitze kann die maximale Traglast weiter erhöht werden, die dazu benötigten Kranbauteile liegen bereits beim Kranbetrieber vor, weshalb keine weiteren Kosten entstehen.
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Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Verstelleinheit ein Flaschenzug ist, dessen Oberflasche am Hauptausleger, insbesondere am oberen Drittel des Hauptauslegers, angelenkt wird. Die Unterflasche wird vorzugsweise schwenkbar an einer Winde, insbesondere an deren Windenhalterung des Oberwagens angelenkt. Die dazu eingesetzte Winde entspricht üblicherweise der Winde, die ohnehin für die Betätigung einer Wippspitze/Hilfsauslegers eingesetzt wird. Über die Winde lässt sich der Flaschenzug spannen und das notwendige Moment bzw. die Zgkraft in den Hauptauslegers zur Entlastung der Auslegerstruktur bzw. ein oder mehrere Wippzylinder einbringen.
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In einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist es vorgesehen, eine passende Steuerung der Verstelleinheit, insbesondere des Windenantriebs, vorzusehen. Die Steuerung bzw. Regelung erfolgt vorteilhafter Weise in Abhängigkeit des tatsächlichen Wippwinkels des Hauptauslegers.
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Ferner bietet sich entweder eine Kraftregelung oder eine Wegregelung an. Bei einer Kraftregelung der Verstelleinheit bzw. des Windenantriebs wird vorzugsweise die gemessene Zugkraft am Anlenkpunkt der Verstelleinheit am Hauptausleger und/oder an der Verstellwinde auf eine vordefinierte Sollzugkraft geregelt.
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Bei der Wegregelung ist es denkbar, dass diese die vorliegende Durchbiegung des Hauptauslegers berücksichtigt. Damit wird versucht, stets eine gleichbleibende Solldurchbiegung des Hauptauslegers zu regeln und abhängig davon den entsprechenden Antrieb der Verstellwinde anzusteuern. Die Solldurchbiegung lässt sich vorzugsweise anhand der Seillänge der Verstelleinheit, d.h. des Flaschenzuges, erfassen, weshalb an dieser Stelle von Wegeregelung gesprochen wird.
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Bei Nichtgebrauch der Verstelleinheit für die Entlastung des Hauptauslegers muss diese sicher am Kran untergebracht werden. Dies gilt insbesondere für den Straßentransport des Kranes. Dazu wird die Oberflasche der Verstelleinheit gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung für den Krantransport in eine dazu vorgesehene Aufnahme der Unterflasche abgelegt. Besonders bevorzugt weist die Unterflasche eine geeignete Fangeinrichtung für die Aufnahme der Oberflasche, insbesondere der Rollenachse der Flasche auf. Als geeignet erweist sich eine gabelförmige Fangeinrichtung, wobei die Rollenachse der Oberflasche in der Gabelöffnung abgelegt wird. Denkbar ist es, dass die Unterflasche über eine Konsole mit der Windenhalterung der Verstellwinde schwenkbar verbunden ist. Die Konsole erstreckt sich vorzugsweise über die Unterflasche hinaus und bildet endseitig die gabelförmige Öffnung der Fangeinrichtung.
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Neben dem erfindungsgemäßen Verfahren betrifft die vorliegende Erfindung ebenfalls einen Kran, der zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist. Dementsprechend umfasst der Kran wenigstens einen wippbaren Hauptausleger sowie wenigstens eine Verstelleinheit, die üblicherweise zur Verstellung des Hilfsauslegers/Wippspitze mittels ein oder mehrerer Wippstützen ausgestaltet ist. Die Verstelleinheit ist derart ausgestaltet, sodass sich diese zweckfremd zur Entlastung des Hauptauslegers und/oder wenigstens eines Wippzylinders an diesem anlenken lässt, indem eine ausreichende Zugspannung auf den Hauptausleger einbringbar ist. Ferner ist eine passende Steuerung/Regelung für den Windenantrieb vorgesehen, die die zuvor beschriebene Kraft- und/oder Wegereglung übernimmt.
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Die Vorteile und Eigenschaften des erfindungsgemäßen Krans entsprechen folglich denen des erfindungsgemäßen Verfahrens. Auf eine wiederholende Beschreibung wird verzichtet.
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Der Kran umfasst idealerweise Mittel zur variablen Verstellung des Ballastradius.
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Bevorzugt ist eine Ausgestaltung der Verstelleinheit als Flaschenzug mit wenigstens einer Ober- und Unterflasche. Die Unterflasche kann optional eine Fangeinrichtung zur Aufnahme der Oberflasche aufweisen. Ferner kann die Fangeinrichtung als Gabel ausgestaltet sein, um die Rollenachse der Oberflasche aufzunehmen. Dies vereinfacht das Ablassen der Oberflache in der Fangeinrichtung und ermöglicht eine sichere Lagerung der Oberflasche in der Fangeinrichtung für den Transport.
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Der Flaschenzug hat eine mehrsträngige Seilführung, insbesondere wenigstens 10-fach, idealerweise mindestens 16-fach.
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Bevorzugt ist die Unterflasche des Flaschenzugs der Verstelleinheit schwenkbar an einer Verstellwinde, insbesondere der Windenhalterung der Verstellwinde angelenkt. Zu Verbindungszwecken wird vorzugsweise eine Verbindungskonsole eingesetzt, die eine schwenkbare Verbindung zwischen Unterflasche und Verstellwinde bzw. Windenhalterung ermöglicht. Diese umfasst vorzugsweise wenigstens eine integrierte Kraftmessdose, um vorherrschende Zugkräfte in der Verstelleinheit zu messen und die auf den Hauptausleger aufgebrachte Zugkraft zu erfassen.
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Da durch die Verstelleinheit bzw. den Flaschenzug etwaige Zugspannungen nahezu punktuell in den Hauptausleger eingebracht werden, ist es zweckmäßig, den Hauptausleger gezielt in diesem Bereich der Anlenkung der Verstelleinrichtung zu verstärken. Als geeignet erweist sich die Einbringung wenigstens einer Beulsteife in das Auslegersystem, vorzugsweise im Obergurt des Hauptauslegers, an dem die Verstelleinheit angelenkt ist.
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Weitere Vorteile und Eigenschaften der Erfindung sollen im Folgenden anhand eines in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiels näher erläutert werden. Es zeigen:
- 1: eine schematische Darstellung eines Mobilkrans mit montiertem Hilfsausleger;
- 2: die erfindungsgemäße Verwendung der Verstelleinheit für die Entlastung des Hauptauslegers und
- 3: eine Detaildarstellung der Anbringung der Unterflasche der Verstelleinheit an einer Verstellwinde.
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1 zeigt eine schematische Seitendarstellung eines erfindungsgemäßen Krans, insbesondere Mobilkrans. Zur Vereinfachung der Darstellung ist lediglich das Auslegersystem abgebildet. Dieses besteht aus einem Hauptausleger 10, der als an sich bekannter Teleskopausleger ausgestaltet ist. Der Teleskopausleger 10 ist wippbar am Oberwagen des Krans angelenkt. Zur Ausführung der Wippbewegung dient wenigstens ein Wippzylinder 11.
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Am Kopf des innersten Teleskopschusses 12, d.h. an dessen Kragen 13 ist über einen Adapter 14 eine Wippspitze 20 montiert. Die Wippbewegung der Wippspitze 20 in der Wippebene wird über die beiden Wippstützen 21, 22 und die entsprechenden Abspannstangen 23 erreicht. Zur Betätigung der Abspannstangen 23 und somit zur Winkeländerung der Wippspitze 20 dient die Verstelleinheit 30 in Kombination mit der Verstellwinde 40. Die Verstelleinheit 30 ist als Flaschenzug mit der Oberflasche 31 und der Unterflasche 32 ausgestaltet.
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Bei Nichtgebrauch de Wippspitze 20 wird die Verstelleinheit 30 erfindungsgemäß für die Entlastung des Auslegersystems eingesetzt, insbesondere zur Entlastung der Struktur des Teleskopauslegers 10 als auch des Wippzylinders 11. Aufgrund der erzielten Entlastung des Hauptauslegers 10 als auch des Wippzylinders 11 während des Kranbetriebes ergibt sich eine höhere Flexibilität bei der Ballastierung des Krans.
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2 zeigt den erfindungsgemäßen Einsatz der Verstelleinheit 30 zur Entlastung des Hauptauslegers 10. Die Oberflasche 31 der Verstelleinheit 30 ist dazu am Kragen 16 des vorletzten Teleskopschusses 15 montiert. Die Unterflasche 32 ist über eine Konsole 33 schwenkbar an der Windenhalterung 41 der Verstellwinde 40 gelagert. Der Flaschenzug 30 ist mit einer Verseilung 34 ausgeführt, die 16-fach eingeschert wurde.
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In der Konsole 33 ist eine Messdose 50 integriert, um die vorhandene Zugspannung in der Verstelleinheit 30 und damit die in den Hauptausleger 10 eingebrachte Zugspannung messtechnisch zu erfassen und der Kransteuerung zuzuführen.
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Die Regelung des Windenantriebes der Winde 40 erfolgt in Abhängigkeit des eingestellten Wippwinkels des Hauptauslegers 10. Zudem bietet sich entweder eine Kraftregelung an, wobei hierbei die eingebrachte Zugspannung auf eine Sollzugspannung eingeregelt wird. Als Ist-Größe dienen die Messwerte der Messdose 50. Alternativ oder zusätzlich bietet es sich auch an, die Regelung in Abhängigkeit der Durchbiegung des Hauptauslegers 10 vorzunehmen. Folglich soll hierbei eine Solldurchbiegung des Hauptauslegers 10 eingeregelt werden, welche sich beispielsweise anhand der Seillänge des Flaschenzugs der Verstelleinheit 30 messen lässt.
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3 zeigt nochmals eine Detaildarstellung der Montage der Unterflasche 32 an der Winde 40. Die Unterflasche 32 ist, wie bereits beschrieben, über die Konsole 33 schwenkbar mit der Windenhalterung 41 der Winde 40 verbolzt. Innerhalb der Konsole 33 befindet sich die Messdose 50, um die auftretenden Zugkräfte zu erfassen. Weiterhin ragt die Konsole 33 über die Unterflasche 32 hinaus und bildet in Richtung der Oberflasche 31 eine gabelförmige Öffnung 35. In diese Öffnung lässt sich bei Nichtgebrauch die Rollenachse der Oberflasche 31 aufnehmen und für den Transport sichern. Die Gabelöffnung 35 bildet eine Fangeinrichtung, die eine einfache und komfortable Aufnahme der abgelassenen Oberflasche 31 zulässt.
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Da die Zugspannung der Verstelleinheit 30 punktuell am Kragen 16 des vorletzten Teleskopschusses 15 eingebracht wird, ist dieser durch Einbringung ein oder mehrerer Beulsteifen im Obergurt gezielt verstärkt worden und daher vor ungewollter Durchbiegung geschützt. Dadurch lässt sich die maximal einbringbare Zugkraft in das Auslegersystem erhöhen.