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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Formkörpern aus Aerogelen oder enthaltend Aerogele und Formkörper hergestellt nach diesen Verfahren.
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Gemäß dem Stand der Technik werden gegenwärtig thermische und akustische Abschirmteile auf Kunststoff- und Textil-Basis mit Hilfe des Thermoformverfahrens hergestellt. Das Thermoformen dient zur Umformung von thermoplastischen Kunststoffen. Mattenförmige Halbzeuge, bestehend aus thermoplastischen und weiteren textilen Fasern werden dabei zunächst erwärmt, so dass eine "Aktivierung", das heißt ein Anschmelzen der thermoplastischen Fasern erfolgt. Damit ein optimales Umformen des Materials ermöglicht wird, muss das Halbzeug zunächst vorgestreckt werden, um anschließend in Formwerkzeugen ausgeformt zu werden. Erst nach Abkühlung des thermoplastischen Kunststoffs bis unterhalb seiner Schmelztemperatur kann das fertige Bauteil entformt werden.
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Alternativ können entsprechende Bauteile aus Schäumen verschiedener Art hergestellt werden. Die Herstellungsverfahren hierzu sind im Stand der Technik einschlägig bekannt. In der Regel werden entsprechende Bauteile mit Deckvliesstoffen oder -folien oder metallischen Decklagen kaschiert, um eine optisch ansprechende Oberfläche zu schaffen oder durch hydrophobe oder oleophobe oder flammfeste Deckschichten zusätzliche Funktionen einzuführen.
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Beim Stand der Technik ist es vom Nachteil, dass Bauteile auf der Basis von Schäumen meist mechanisch nur ungenügend belastbar sind. Außerdem wird im Herstellungsprozess ein Anteil an Verschnitt erzeugt, der in der Regel nicht wirtschaftlich gerechtfertigt wieder in die Wertschöpfungskette eingeführt werden kann.
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Bauteile auf der Basis faserbasierter Halbzeuge können durch Mischungen mit Glasfaseranteilen eine ausreichende mechanische Festigkeit erreichen, besitzen dann jedoch eine verschlechterte thermische und akustische Dämmwirkung. Der Herstellungsprozess ist auf Grund der notwendigen thermischen Behandlung vergleichsweise energieintensiv und erzeugt auch Verschnitt, dessen Einführung in einen Kreislauf auf Grund niedriger Rohstoffpreise unwirtschaftlich ist und zudem technisch schwierig ist.
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Die thermische Belastbarkeit von Schäumen, wie auch thermoformbaren Thermoplasten ist entweder sehr gering, oder auf Grund eines hohen finanziellen Zusatzaufwands für Sonderwerkstoffe nicht in großen, industriell relevanten Maßstäben darstellbar.
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Weiterhin sind aus dem Stand der Technik Aerogele auf Silikat- oder Kohlenstoffbasis bekannt. Derartige Aerogele besitzen bekannter Weise eine äußerst geringe Dichte und sind exzellente thermische wie auch akustische Isolatoren.
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Nachteil bei den bekannten Aerogelen ist es, dass diese nur eine extrem geringe mechanische Belastbarkeit haben. Insbesondere führen statische und/oder dynamische Belastungen, insbesondere Vibrationsbelastungen schnell zur Zerstörung oder zum Versagen eines Bauteils aus solchen Aerogelen.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Herstellverfahren für Formkörper aus Aerogelen oder enthaltend Aerogele anzugeben, die eine erhöhte mechanische Beanspruchung, sowohl statisch wie auch dynamisch oder hochdynamisch bereitstellen können und die für Aerogele charakteristischen guten Wärmeisolations- sowie Schalldämmeigenschaften bei aerogeltypisch geringer Dichte beizubehalten.
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Diese Aufgaben werden mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und einen Formkörper mit den Merkmalen des Anspruchs 15 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen des Verfahrens sind in den Ansprüchen 2 bis 14 angegeben.
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Die vorliegende Erfindung sieht vor, Bauteile basierend auf Aerogelen auf Polysaccharidbasis wie Agar, Cellulose, Stärke, Carrageenen, Gelatine, Chitosan, Chitin, Alginat, Pektin oder Mischungen hieraus herzustellen. Diese Stoffe bilden aus einer flüssigen Polymerlösung je nach Zusammensetzung robuste Hydrogelkörper und können in beliebigen Formen bereitgestellt werden.
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Zur Darstellung von Formkörpern aus der flüssigen, hydrokolloidalen Lösung sind grundsätzlich sämtliche Urform-, Umform- oder Beschichtungsverfahren geeignet. Einige hiervon werden nachfolgend näher erläutert. Urformverfahren zum Erhalt von Hydrogel-Formkörpern aus hydrokolloidalen Lösungen enthaltend Polysaccharide zum Zwecke des Erhalts eines Aerogels sind der Anmelderin nicht bekannt.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Herstellen von Formkörpern aus Aerogelen oder enthaltend Aerogele weist die nachfolgenden Schritte auf.
- a) Bereitstellen einer hydrokolloidalen Lösung enthaltend zumindest ein Polysaccharid;
- b) Durchführen eines Urformverfahrens mit der hydrokolloidalen Lösung aus Schritt a) als Werkstoff zur Ausbildung eines Formkörpers aus flüssigem Werkstoff;
- c) Gelieren des aus Schritt b) erhaltenen Formkörpers zum Erhalt eines eigenformstabilen Hydrogelkörpers;
- d) Trocknung des Hydrogelkörpers zum Erhalt eines Aerogel-Formkörpers.
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Als vorteilhafte Ausführungsform zur Durchführung des Verfahrens hat sich herausgestellt, dass die hydrokolloidale Lösung einzeln oder in Mischung Polysaccharide wie Agar, Cellulose, Stärke, Carrageene, Chitosan, Chitin, Alginat, Pektin oder Gelatine enthalten kann.
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Als Umformverfahren haben sich Gießen, Druckgießen, Spritzgießen, Spritzpressen, vorgenannte Verfahren mittels einer Formkavität, und das Extrudieren z. B. mit einer Extrudierdüse bewährt.
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Zweckmäßigerweise erfolgt die Gelbildung der hydrokolloidalen Lösung zum Erhalt eines eigenformstabilen Hydrogelkörpers durch Erhitzen oder Abkühlen der hydrokolloidalen Lösung, die als Werkstoff für das verwendete Urformverfahren dient.
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Vorteilhaft ist es, die Gelierung in der Formkavität oder im Bereich der Extrudierdüse vor dem Austritt des formstabilen Hydrogelkörpers aus der Düse stattfinden zu lassen.
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Sofern als Urformverfahren das Extrudieren verwendet wird, kann – wie vorbeschrieben – bereits vor dem Austritt des Werkstoffes aus der Düse die Gelierung stattfinden, so dass aus der Extrudierdüse bereits ein formstabiler Hydroqelkörper tritt. Hierzu ist es technisch notwendig aber auch ohne Weiteres durchführbar, den nicht mehr fließförmigen und formstabilen Hydrogelkörper mit Druck durch die Extrusionsdüse zu pressen.
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Alternativ kann im Wege der Extrusion auch vorgesehen sein, dass flüssige hydrokolloidale Lösung die Extrudierdüse verlässt. In diesem Fall liegt beim Verlassen der Extrudierdüse also noch kein formstabiler Körper vor. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, zur Gelierung die hydrokolloidale Lösung, beispielsweise auf ein auf Geliertemperatur temperiertes, insbesondere gekühltes Laufband aufzutragen, so dass auf dem Laufband schichtartig aufgetragene hydrokolloidale Lösung zu einem platten- oder bahnenförmigen Körper gelieren kann.
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In einer weiteren Alternative besteht die Möglichkeit, flüssige, hydrokolloidale Lösung vor dem Gelieren mittels der Extrudierdüse in ein Geliermedium einzubringen. Das Geliermedium ist derart gewählt, dass eine Vermischung mit der hydrokolloidalen Lösung, solange diese flüssig ist, nicht erfolgt. Durch geeignete Temperierung des Geliermediums unterhalb der Geliertemperatur kann die flüssige hydrokolloidale Lösung innerhalb des Geliermediums, welches ebenfalls flüssig oder zähförmig ist, gelieren. Dadurch, dass keine Vermischung zwischen der hydrokolloidalen Lösung und dem Geliermittel stattfindet, entspricht der sich bildende Gelkörper hinsichtlich seiner Querschnittsraumform der Düsenform der Extrusionsdüse.
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Besonders vorteilhaft bei der Gelierung außerhalb der Extrudierdüse aber innerhalb eines Geliermediums ist, dass in besonders einfacher Art und Weise komplizierte Extrusionsquerschnitte, z. B. Hohlprofile oder Formprofile sowie Vollprofile und Filamente in einfacher Art und Weise hergestellt werden können.
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Der Hydrogelkörper wird zweckmäßigerweise aus der Formkavität entnommen und außerhalb der Formkavität modifiziert und anschließend zu einem Aerogel getrocknet.
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Des Weiteren kann es zweckmäßig sein, den Hydrogelkörper bahnenförmig auszubilden und zu einer Rolle aufzurollen, wobei die nachfolgende Trocknung des Hydrogelkörpers als Rolle durchgeführt wird, sodass eine aufgerollte Aerogelbahn gebildet wird.
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Dabei sollte das Aufrollen unter Verwendung von diffusionsoffenen Zwischenschichten zwischen zwei Hydrogellagen der Rolle erfolgen.
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Es ist auch zweckmäßig, einen Waben enthaltenden Hydrogel-Formkörper zu erzeugen und die Waben vor dem Trocknen des Hydrogel-Formkörpers mit einer aerogelhaltigen Füllung oder mit einem zur Bildung eines Aerogels geeigneten Medium zu versehen oder zumindest teilweise zu füllen.
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Es kann zweckmäßig sein, zumindest zwei zu verbindende Hydrogel-Formkörper im Bereich einer gewünschten Verbindungsstelle der Hydrogel-Formkörper lokal bis über die Schmelztemperatur zu erwärmen und zu fügen. Die Fügepartner müssen dabei zunächst, z. B. getrennt voneinander, lokal aufgeschmolzen und dann schnell zusammengepresst werden. Nach dem Abkühlen stellt sich ein stoffschlüssiger Verbund durch erneutes Gelieren im Bereich der Fügestelle ein. Dies gelingt bei sogenannten thermoreversiblen Gelen in besonders gutem Maße. Bei den Aerogelen auf Polysaccharid-Basis ist es im Vergleich zu Thermoplasten besonders vorteilhaft, dass die lokale Verflüssigung der Gelkörper bei deutlich niedrigeren Temperaturen als den Schmelztemperaturen von Thermoplasten stattfindet. Insoweit ist der Energieaufwand zur Erzeugung einer stoffschlüssigen Verbindungsstelle im Vergleich zu Thermoplastkunststoffen bei der Erfindung deutlich niedriger. Die lokale Erwärmung zur oberflächigen Verflüssigung der Hydrogelformkörper kann beispielsweise über das Heizelementschweißen, das Ultraschallschweißen oder das Vibrationsschweißen erfolgen. Insoweit sind prinzipiell Hydrogelformkörper aus thermoreversiblen Gelen in den Grundzügen ganz ähnlich fügbar, wie thermoplastische Kunststoffe. Eine solche Verbindung gelingt insbesondere dann, wenn zur Ausbildung der hydrokolloidalen Lösung Polysaccharide ausgewählt werden, die ein thermoreversibles „physikalisches“ Hydrogel ausbilden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht es zudem, dass als Formkörper Verbundkörper aus unterschiedlichen Aerogelen hergestellt werden.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte folien- oder bahnenförmige Hydrogel-Formkörper können auch kaschiert werden.
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Als Umformverfahren im Sinne der Erfindung ist auch ein freiformendes Eindüsen der hydrokolloidalen Lösung in eine Flüssigkeit ungleicher Polarität (Gelationsmedium) zur Ausbildung einer Hydrogelstruktur innerhalb des Gelationsmediums zu verstehen. Besitzen die Flüssigkeiten nicht ausreichend ungleiche Polaritäten, so kann eine Vermischung vor der Gelbildung dennoch durch eine entsprechend hohe Festkörper-Konzentration in der Polysaccharid-Lösung unterbunden werden.
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In allgemeiner Form sollen nachfolgend einige ausgewählte Herstellverfahren und deren besondere Möglichkeiten erläutert werden:
- 1. Direkte Formgebung aus dem flüssigen Zustand (Herstellung von Aerogelfasern und Aerogelfilamenten):
Die Faser-/Filamentherstellung erfolgt durch Eindüsung der flüssigen Polymerlösung in eine Flüssigkeit, die als Gelationsmedium dient. Das Gelationsmedium soll gegenüber einem Lösungsmittel, in dem das Polymer gelöst ist, eine möglichst weit abweichende Polarität aufweisen, damit sich die Polymer-Lösung und das Gelationsmedium nicht vermischen können. Als Gelationsmedium eignet sich z B. Ethanol, Methanol, Isopropanol, Aceton, Heptan, Hexan, Pentan, oder allgemein Öle. Die Düse muss sich hierbei in dem Gelationsmedium befinden, damit das spätere Hydrogel die durch die Düse vorgegebene Form beibehält. Hierbei ist entweder ein Gelationsmedium notwendig, in dem die Polysaccharid-Lösung nicht in Lösung gehen kann (z.B. Wasser-/Agar-System in Öl) oder es wird durch eine entsprechende Prozessführung die Viskosität des flüssigen Gels so stark erhöht, dass auf Grund dessen keine Vermischung der Systeme gleicher Polarität erfolgt (z.B. Wasser-/Ethanol-Agar-System in Ethanol). In diesem Medium wird dann durch geeignete Temperierung des Gelationsmediums die Gelbildung vollzogen und damit die Endform fixiert.
Durch eine derartige Verdüsung mit beweglichem Düsenkopf oder Formbett in eine negative Bauteilform können dann endkonturnahe Bauteile hergestellt werden. Weiterhin besteht hier auch die Möglichkeit, durch eine Prozessführung mit mehreren Düsenköpfen oder Ablageeinheiten Aerogel-Aerogel-Verbundsysteme herzustellen oder Fremdfasern (organisch oder anorganisch, d.h. Naturfasern, Glasfasern, Silikatfasern, etc,) einzubringen.
Auch besteht die Möglichkeit, die Ablage der Fasern oder Fasermischung in ein bereits gefülltes Formbett zu vollziehen. So könnte eine Verbindung mit einer beispielsweise hydrophoben, oleophoben oder flammresistenten Deckschicht weitere Funktionen ohne zusätzlichen Nachbehandlungsaufwand in den finalen Bauteilverbund integrieren.
Besonders vorteilhaft ist es, die Gelbildung in einem Gelationsmedium wie Ethanol, Isopropanol oder Aceton zu vollziehen, das sich bei einer nachfolgenden Trocknung in den Poren des Gelkörpers befinden sollte (z.B. Wasser-/Agar-System in Aceton). Auf diese Weise kann der Lösungsmittelaustausch als separater Prozessschritt eingespart werden. In diesem Fall bietet es sich außerdem an, den Prozess derart zu gestalten, dass die Konzentration des Wassers im Gelationsmedium (z.B. Aceton) kontinuerlich ermittelt werden kann, um den Wassergehalt, der im Gel so niedrig wie möglich gehalten werden muss, zu bestimmen.
Das vorbeschriebene Verfahren stellt somit eine Extrusion der Polymer-Lösung in ein Gelationsmedium dar, wobei die Gelierung außerhalb der Düse und innerhalb des Gelationsmediums erfolgt.
- 2. Direkte Formgebung aus dem flüssigen Zustand: Spritzguss/Extrusion:
Die flüssigen Polysaccharid-Lösungen besitzen je nach Werkstoffsystem unterschiedliche Gelbildungsmechanismen. Im prozesstechnisch einfachsten Fall erfolgt eine Gelbildung temperaturgesteuert durch Erhitzen (z.B. Cellulose) oder Abkühlen (z.B. Agar, Gelatine), nach Bedarf auch im Beisein weiterer Zusatzstoffe wie Salzen (z.B. Carrageen, Pektin). Diese Gele entstehen in der Regel meist durch Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen (physikalische Gele) und sind damit thermoreversibel.
Für diese Werkstoffsysteme, prinzipiell jedoch auch für thermisch irreversible Systeme (chemische Gele, z.B. bei Johannisbrotkernmehl erfolgt die Gelbildung nach dem Einfrieren und Auftauen) bietet sich eine direkte Formgebung durch Umformverfahren wie Spritzguss an. Die flüssigen Polysaccharid-Lösungen werden dabei in einem Förder-/Vorratsbehälter temperiert und je nach Verfahren und Prozessauslegung in Intervallen oder kontinuierlich in Werkzeugkavitäten oder -formen gespritzt, gegossen oder anders gefüllt. Diese Formen sind wiederum derart temperiert, dass eine Gelbildung in den Formen erfolgt. In einem nächsten Prozessschritt werden die verfestigten Gelkörper dann der Form entnommen und je nach Werkstoffsystem entweder in weitere Flüssigkeiten eingelegt (z.B. ein Ethanolbad zum Waschen mit Salzen verunreinigter Cellulose-Gele) oder gleich weiter bearbeitet.
Beispielsweise werden Agarlösungen in einer temperierten Schnecke unter Druck in eine gekühlte Werkzeugkavität gespritzt und gelieren dort nach einer kurzen Halte- und Abkühlzeit. Die Temperatur der temperierten Schnecke soll dabei naturgemäß größer sein als die Geliertemperatur TG und kleiner als die Siedetemperatur der hydrokolloidalen Lösung. Sie beträgt bei den erfindungsgegenständlichen Polymer- oder Polysaccharid-Lösungen vorteilhafterweise 50° C bis 80° C. Die Werkzeugkavitäten werden geöffnet, die Formkörper entnommen, möglicherweise nachbearbeitet (z.B. Angussentfernung oder Lösungsmittelaustausch) und dann in einen geeigneten Hochdruckbehälter zur Trocknung mit überkritischem CO2 eingelegt.
Natürlich besteht hier auch die Möglichkeit, beliebige Strukturen auf geeignete Weise zu hinterspritzen oder zu umspritzen, um in einem schlanken Prozess weitere Funktionen in ein Verbundbauteil zu integrieren.
- 3. Formgebung aus Halbzeugen: Folienverfahren (Rolle-zu-Rolle):
Flüssige Polysaccharid-Lösungen können durch Guss- oder Extrusionsverfahren zu Folien verschiedener Dicken geformt werden, die dann als Gelkörper wieder auf Rollen aufgerollt werden können. Gerade im Hinblick auf eine nachfolgend erforderliche Trocknung in Hochdruckbehältern ergeben sich durch die zylindrische Form der aufgerollten gelierten Folien eine Reihe prozesstechnischer Vorteile.
Zur Verbesserung der Trocknung können hierbei beliebige Zwischenschichten eingebracht werden. Diese sollten vor allem eine ausreichende Diffusion ermöglichen, keine in überkritischem CO2 löslichen Bestandteile enthalten und nicht von möglichen Salz-, Lösemittel- oder anderen Reaktionsresten angegriffen werden. Edelstahl-, Aluminium-, Teflon-, aber auch verschiedene Kunststoffgewebe eignen sich beispielsweise gut.
Die Rollbarkeit (maximal möglicher Biegeradius ohne Schädigung der Folie) der flächigen gelierten Halbzeuge hängt unter anderem von der Elastizität und damit der Art des Werkstoffsystems, Festkörperanteil oder Folienstärke ab.
Auch hier ist es möglich, eine Kaschierung der Folienhalbzeuge in den Prozess zu integrieren.
- 4. Formgebung aus Halbzeugen: Wabenverfahren:
Im Stand der Forschung wurde bereits eine Füllung von Waben verschiedener Art (angepasst auf den Aerogel-Grundstoff) mit Aerogelen untersucht. Die vorliegende Erfindung schlägt jedoch vor, basierend auf der komplett freien Formbarkeit der flüssigen Aerogel-Precursor-Lösungen die Wabenstruktur selbst aus Aerogel zu fertigen. Damit könnte man Aerogel-Aerogel-Verbundkörper herstellen, die aus einem mechanisch robusten, dennoch beliebig formbaren Aerogel-Grundgerüst mit einer thermisch und akustisch hochdämmenden Füllung aus Aerogel bestehen.
Beispielhaft könnten Aerogel-Precursor-Lösungen (Polysaccharid-Lösungen) flüssig in temperierte Negativformen gegossen oder gespritzt werden und nach der Gelbildung fertige Waben aus Hydrogel entformt werden. Diese können dann entweder mit einem weiteren Aerogelsystem befüllt oder gleich dem Trocknungsprozess zugeführt werden. Das Verfahren ist auch gut in kontinuierlicher oder semikontinuierlicher Ausführung denkbar.
Weiterhin ist denkbar, extrudierte Hydrogel-Profile einer bestimmten Länge nebeneinander zu platzieren und diese durch eine lokale Erhitzung (thermoreversible Gele bilden dann eine gemeinsame flüssige Grenzschicht) an den Berührungsflächen stoffschlüssig miteinander zu verbinden.
Grundsätzlich können alle polysaccharidbasierenden thermoreversiblen Aerogele einerseits durch Urformen aus der flüssigen Phase (z.B. Gießen) in endformnahe Konturen gebracht werden. Andererseits können stabile Platten oder Blöcke hergestellt werden, die sowohl im Hydrogelzustand (ohne Druck, mit niedriger Temperatur ~100°C) als auch im Aerogelzustand (ohne Temperatur, mit wenig Druck) geformt werden können. Die Berücksichtigung von Aussparungen etc. im Bauteil ist entweder durch Gießen einer entsprechenden Form oder Nachbearbeitung des Hydrogels oder Aerogels möglich.
Im Übrigen sind auch weitere Fertigungsverfahren wie Schäumen, Beschichtung, 3D-Druck oder Infiltration von Trägermaterialien sehr gut denkbar.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wie auch bei den hiermit hergestellten Aerogel-Formkörpern ist nachfolgend Aufgeführtes von besonderem Vorteil:
Die beschriebenen Verfahren und Werkstoffe erlauben die wirtschaftliche und serientaugliche Herstellung endformnaher Aerogele und Aerogel-Halbzeuge, wie sie nach dem aktuellen Stand der Technik nicht gefertigt werden können. Es können sowohl mechanische robuste als auch weiche und flexible Aerogele und deren Verbundsysteme sowie Hybridsysteme mit beliebigen pulver-, granulat-, faser- oder folienförmigen Zusätzen dargestellt werden. Der im Bauteilherstellungsprozess entstehende Verschnitt kann bei thermoreversiblen Gelen durch Überführen in den Aktivierungsbereich auf günstige Weise ohne weitere Nachteile wieder in den Wertschöpfungsprozess zurückgeführt werden.
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Dabei weisen Bauteile basierend auf Aerogelen gegenüber Bauteilen nach dem Stand der Technik deutlich verbesserte thermische und akustische Eigenschaften auf und lassen sich je nach Werkstoffformulierung auch zur Darstellung struktureller Aufgaben einsetzen.
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Über die Verfahren können damit nicht nur Formkörper mit einem hohen gestalterischen Freiheitsgrad teils ohne Umformung hergestellt werden, die eine hervorragende thermische und akustische Wirksamkeit aufweisen. Vielmehr ergeben sich vielfach auch Synergieeffekte hinsichtlich der nachgelagerten Trocknung. Beispielsweise erlauben Werkstoffe in Form von Filamenten oder dünnen Platten eine deutliche höhere Diffusionsrate von Flüssigkeiten und Gasen und damit einen viel schnelleren Austausch der Porenflüssigkeit und überkritischen Trocknung.
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Je nach Zusammensetzung können beispielsweise agarbasierte Aerogele elastisch/weich/flexibel oder hart/steif hergestellt werden. Dazu sind nur sehr geringe Festkörperanteile im Bereich von 0,5–10% erforderlich, was in Bauteilen mit sehr geringer Dichte resultiert. Die Aerogele weisen sehr niedrige thermische Leitfähigkeiten, sehr hohe akustische Absorptionsgrade und ein sehr ausgeprägtes plastisches Verformungsverhalten auf. Sie können daher neben der thermischen und akustischen Abschirmung auch als selbsttragende, struktursteife beziehungsweise strukturelle Bauteile eingesetzt werden.
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Durch Synergien mit weiteren Zusatzstoffen können sämtliche Eigenschaften (mechanisch, thermisch, akustisch) zielsystemorientiert modifiziert werden und auf konkrete Anwendungsfälle angepasst werden, ohne den grundsätzlichen Herstellungsprozess zu verändern.