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Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zum Bereitstellen eines Scheinzieles zum Schutz von Fahrzeugen und Objekten gegen radargelenkte Suchköpfe. Die Erfindung betrifft insbesondere eine Flugkörperabwehr auf See für maritime Einheiten (Schiffe), wie Korvetten, Fregatten, Patrouillenschiffe, Schiffe der Küstenwache, Versorgungsschiffe etc. wie auch für Fahrzeuge zu Luft und Land und andere schätzenswerte Objekte, insbesondere Gebäude, militärische und/oder industrielle Anlagen etc.
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Die Bedrohung durch Flugkörper mit modernsten Zielsuchsystemen, die hauptsächlich im Radarbereich (RF) und im Infrarotbereich (IR) arbeiten, nimmt für Schiffe oder andere Objekte weiterhin zu. Dabei werden vom Flugkörper sowohl das Radarrückstreuverhalten als auch die Abstrahlung spezieller Infrarotstrahlungen von Zielen, wie Schiffen, Flugzeugen, Panzern (Fahrzeuge) etc. zur Zielfindung und Zielverfolgung genutzt. Das führt zum Bestreben nach geeigneten Schutzmaßnahmen gegen diese Flugkörper.
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Aus der
EP 1 026 473 B1 ist ein Verfahren zum Bereitstellen eines Scheinziels und darin verwendbare Teilkörpergeschosse bekannt, wobei über eine Aktivierungs- und Verteilungseinrichtung in Form einer im Täuschkörpergeschoss mittig angeordneten Zünd- und Ausblaseinheit die Wirkmassen gezündet und nach ihrem Ausstoß in der Luft verteilt werden. Die Wirkmassen sind dazu in Längsrichtung des Geschosses hintereinander angeordnet.
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Eine Schutzeinrichtung sowie eine Schutzmaßnahme für eine Radaranlage offenbart die
EP 1 845 332 A1 . Diese aktive Schutzmaßnahme erfolgt unter Verwendung von passiven Sendern bzw. Täuschkörpern, die nach dem Reflexionsprinzip arbeiten. Dabei strahlt ein Radargerät, bevorzugt das schiffseigene Radar, die Täuschkörper an. Die von den Täuschkörpern in Richtung der ARM (Anti-Radiation-Missile) hin reflektierte Strahlung weist dabei die gleiche Charakteristik wie die direkte Strahlung des Radars selbst auf. Dadurch kann das ARM nicht unterscheiden, ob es sich um Tauschkörper oder um das richtige Radar handelt. Die Wolke selbst lenkt das ARM vom Ziel weg bzw. am Ziel vorbei, da die Wolke gegenüber dem Ziel ein größeres Objekt darstellt und somit attraktiver für den Flugkörper ist.
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Aus der
DE 103 46 001 B4 ist die Verwendung von Täuschkörpern zum Schutz von Schiffen vor endphasengelenkten Flugkörpern bekannt. Die hier vorgeschlagene Vorrichtung umfasst wenigstens einen Computer, Sensoren zur Erfassung sich nähernder endphasengelenkter Flugkörper, Sensoren zur Erfassung der Anflugrichtung, Entfernung und Geschwindigkeit der Flugkörper, des Weiteren Bewegungs- und/oder Navigationssensoren zur Erfassung der Schiffseigendaten, wenigsten einen Feuerleitrechner sowie wenigstens einen auf dem Schiff angeordneten in Azimut und Elevation richtbaren Täuschkörperwerfer. In einer Datenbank des Computers sind für den jeweiligen Flugkörpertyp geeignete Täuschkörpermuster hinterlegt. In Abhängigkeit vom Flugkörpertyp bis hin zur gemessenen Windrichtung und Windgeschwindigkeit wird innerhalb kürzester Zeit ein Täuschkörpergebilde bzw. -muster generiert, welches sowohl hinsichtlich Form und Größe als auch bezüglich Einsatzentfernung, Einsatzhöhe, Einsatzrichtung und zeitlicher Staffelung flexibel ist. Das Ermitteln des optimalen Täuschkörpermusters bezüglich der Anzahl der zur Flugkörperabwehr notwendigen Täuschkörper sowie deren räumliche und zeitliche Sollkoordinaten erfolgt dabei in Abhängigkeit der durch die Sensoren ermittelten Flugkörper- und Schiffsdaten. Es wird spontan ein Täuschmustergebilde erzeugt, welches unter Berücksichtigung der Parameter:
- • Art der Täuschkörpermunitionen (IR. RF, IR/RF),
- • Anzahl der unterschiedlichen Arten an Täuschkörpermunitionen,
- • Zeitintervall zwischen der Ausbringung der einzelnen Täuschkörper,
- • Kinematik des Täuschkörpergebildes sowie Form und Größe des Täuschkörpergebildes
flexibel ist. Die Vorrichtung verwendet ihrerseits Täuschkörpermunitionen deren erzeugter Scheinzieldurchmesser jeweils etwa 10 m bis 20 m entspricht, um die räumliche Signatur des zu schützenden Schiffes nachbilden zu können.
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DE 199 51 767 A1 offenbart ein Verfahren zum Bereitstellen eines Scheinziels zum Schutz von Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugen gegen Flugkörper, die einen im Infrarot- und/oder Radarbereich operierenden Zielsuchkopf aufweisen. Das Verfahren sieht vor, dass eine im Infrarotbereich Strahlung aussendende Masse auf Basis von Flares und eine Radarstrahlung rückstreuende Masse auf Basis von Dipolen in der richtigen Position als Scheinziel simultan zur Wirksamkeit gebracht werden, wobei Dipolmasse und Flaremasse in einem definierten Verhältnis stehen und bestimmte Sinkgeschwindigkeiten aufweisen.
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EP 2 150 836 A1 offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Auswahl eines Ziels aus Radardaten, wobei mit einer Echtzeitdatenquelle und einem Gegenmaßnahmesystem gearbeitet wird. Die Echtzeit-Datenquelle liefert Verfolgungsinformationen für ein potenzielles Ziel, aus denen eine Leitspur, die dem Ziel zugeordnet ist, für die Bekämpfung durch das Gegenmaßnahmesystem ausgewählt werden kann.
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Ausgehend von diesem Ansatz stellt sich die Erfindung die Aufgabe, eine Optimierung zur Bildung eines optimierten Scheinziels bzw. einer optimierten Täuschkörperwolke gegen radargelenkte Flugkörper aufzuzeigen.
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Gelöst wird die Aufgabe durch ein Verfahren nach dem Patentanspruch 1 sowie einer Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach dem Patentanspruch 6. Vorteilhafte Ausführungen sind in den Unteransprüchen aufgeführt.
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Die maximale Anzahl der Scheinziele/Tauschkörper für ein effektives Scheinziel bzw. eine effektive Täuschkörperwolke wird durch die maximale Rückstrahlsignatur des Objektes in den einzelnen bzw. jeweiligen Frequenzbändern, dem Aspektwinkel des Objektes zum Suchkopf des Flugkörpers, d. h., die Neigung und/oder der Anflugwinkel des Suchkopfes zum Objekt, und der Größe des Objektes etc. bestimmt. In der Praxis unterscheidet sich daher die maximal notwendige Anzahl der Tauschkörper für eine Täuschkörperwolke/ein Scheinziel zum Schutz einer Fregatte gegenüber der benötigten Anzahl für ein effektives Scheinziel zum Schutz einer Korvette etc.
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Der Erfindung liegt daher die Idee zugrunde, dass bei Verschuss der Täuschkörper in so genannten Salven aus einer Täuschkörperwurfanlage (TKWA) mit einem und/oder mehreren Werfer(n), die Anzahl der Salven wie auch die Anzahl der zu verschießenden Tauschkörper pro Salve vom Anwender frei definiert werden können. Das freie Definieren erfolgt dabei in Abhängigkeit der Größe des zu schützenden Objekts sowie des Flugkörpertyps. Durch diese Variationsmöglichkeit der Anzahl der Salven wie auch der Anzahl der zu verbringenden Täuschkörper innerhalb der Salve(n) ist eine Optimierung der Schutzmaßnahme durch das optimierte Ausbringen von Tauschkörpern/Scheinzielen geschaffen. Das bereitgestellte Verfahren arbeitet zur Laufzeit bzw. in Echtzeit unter Berücksichtigung von Umwelteinflüssen, wie Kurs und Fahrt des Objektes, Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Geschwindigkeit und Anflugwinkel des radargelenkten Flugkörpers. Die Täuschkörperwolke bzw. das Scheinziel selbst besteht aus Chaff-Material (Düppel) und Flares (IR), die ihrerseits aus abbrennendem rotem Phosphor beschaffen sind.
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Die vorgesehene Optimierung wird dabei zumindest zwei Bedingungen unterzogen und betrifft insbesondere die Optimierung der maximalen Anzahl der für die Bildung der Täuschkörperwolke benötigten Scheinziele/Tauschkörper. D. h., im Ergebnis der Optimierung werden nur so viele Täuschkörper und/oder nur die Täuschkörper verschossen, die für die Bildung des Scheinziels benötigt werden.
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Eine Bedingung besteht darin, dass die Tauschkörper, die bei einem Verschuss zu weit weg vom Ziel (aus Sicht des Flugkörpers) bzw. dem zu schützenden Objekt (aus Sicht der TKWA) verschossen bzw. ausgestoßen werden würden, nicht verschossen werden. Damit soll verhindert werden, dass Tauschkörper in Bereiche verbracht werden, in denen ein Schutz vor dem angreifenden Flugkörper nicht mehr wirksam ist („Cut-Off“-Bedingung). Eine weitere Bedingung ist, dass die Täuschkörper im effektiven Bereich, d.h., in dem Bereich, in dem ein Schutz durch die Tauschkörper als wirksam eingestuft wird, nicht zu dicht beieinander liegen dürfen (Minimal-Distanz-Bedingung). Mit dieser Maßnahme soll ein in der Praxis bekannter Nachteil vermieden werden, der sich einstellt, wenn die Zerlege- bzw. Detonationspunkte der Täuschkörper zu nahe beieinander liegen. Liegen die Zerlege- bzw. Detonationspunkte der Tauschkörper bei der Bildung der Täuschkörperwolke zu nahe zueinander, d.h., die Scheinziele überlappen sich, kommt es zu einer Kopplung und damit einhergehend zu einer Schwächung der Wirkung der einzelnen Tauschkörper. Die minimalen Abstände der Täuschkörper zueinander sind ihrerseits abhängig von der Munition bzw. den Täuschkörpern, die zur Bildung der Täuschkörperwolke verwendet bzw. verschossen wird/werden. Bei einem erzeugten Scheinzieldurchmesser von ca. 18 m wird daher die Minimale-Distanz-Bedingung 18 m betragen, während bei einem erzeugten Scheinzieldurchmesser von ca. 10 m die Minimale-Distanz-Bedingung nur 10 m beträgt. Der minimale Abstand richtet sich somit nach dem Durchmesser der verwendeten Munitionen/des verwendeten Tauschkörpers.
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Das Verfahren basiert auf einer bestimmten Abfolge bzw. Sequenz im Werfersystem, welche den Verschuss der Tauschkörper der richtbaren Wurfanlage, beispielsweise einer 2-Achsen-Täuschkörperwurfanlage, mit vom Benutzer definierbaren Parametern bestimmt bzw. berechnet. Die Berechnung der entsprechenden Schuss-Lösung erfolgt zur Laufzeit und wird als Ergebnis an eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) der Täuschkörperwurfanlage (TKWA) bei richtbaren Werfen zur Werferausrichtung (z. B.: in Azimut und/oder Elevation) und Initiierung der Tauschkörper innerhalb der Magazine der TKWA weitergegeben.
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Wie in der Praxis üblich, wird die Schutzmaßnahme - Bildung einer Täuschkörperwolke - nach Detektion eines Angriffs durch einen radargelenkten Flugkörpers eingeleitet. Bezüglich der Abfolge der Detektion etc. wird hiermit explizit auf die
DE 103 46 001 B4 verwiesen.
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Nach einer Detektion wird der radargelenkte Flugkörper identifiziert. Zur Identifizierung derartiger Flugkörper kann beispielsweise ein ESM-System (Electronic Support Measures) herangezogen werden, welches das Radarsignal (Frequenz, Signalform, etc.) des Suchkopfes des Flugkörpers aufnehmen kann. Dabei wird auf die Tatsache zurückgegriffen, dass jeder Radarsuchkopf seine eigene spezielle Signatur besitzt. Zur Bestimmung des Suchkopftyps werden die gewonnenen Informationen mit in einer Datenbank der ESM-Anlage abgespeicherten Werten verglichen. Die dabei gewonnenen Informationen werden entweder direkt oder über ein Combat Management System (CMS) an die TWKA weitergeleitet. Die TKWA besitzt ebenfalls eine Datenbank mit relevanten Informationen der Flugkörper und vergleicht diese mit den übermittelten Informationen. Die TKWA gibt ihrerseits in Reaktion auf die Kenntnis des Flugköpertyps ein Täuschkörpermuster mit den Zerlege- bzw. Detonationspunkten der in der TKWA vorhandenen Täuschkörper in einem Täuschkörpermuster entsprechend der Schussauslösung nach Berechnung an. Diese Darstellung der Zerlege- bzw. Detonationspunkte erfolgt in einem Polarkoordinatensystem.
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In einem ersten Schritt zur Optimierung der Täuschkörperwolke wird ein Radius, ein so genannter Schutz- bzw. Wirkradius, um das zu schützende Objekt/Ziel ermittelt bzw. definiert. Dieser Radius wird berechnet bzw. definiert und bestimmt sich aus dem maximalen Suchradius der Radarkeule des angreifenden Flug- bzw. Suchkörpers. Nach Kenntnis bzw. Festlegung des Wirkradius werden nun in einem zweiten Schritt die Tauschkörper ermittelt, die bei Bildung der Täuschkörperwolke innerhalb des Radius liegen würden. Dabei wird auch überprüft, welche der Täuschkörper sich beim Ausbringen in ihrer Wirkung überlappen würden. Um eine optimale Wirkung der Täuschkörperwolke zu generieren, dürfen die Abstände der Zerlege- bzw. Detonationspunkte einen bestimmten Wert nicht unterschreiten. Dieser Abstand ist, wie bereits ausgeführt, abhängig vom Durchmesser des sich bildenden Scheinzieles. Daher wird, um einen zu geringen Abstand der Zerlege- bzw. Detonationspunkte zu vermeiden, ein für den Benutzer frei definierter Abstand als minimale Distanz der Punkte zueinander berücksichtigt. Wird diese Distanz bei der Ermittlung der Zerlege- bzw. Detonationspunkte unterschritten, werden diese entsprechenden Zerlege- bzw. Detonationspunkte verworfen.
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Im Ergebnis sieht die so optimierte Täuschkörperwolke die zielgerichtete Verwendung eines Teils der Tauschkörper der TKWA vor, während die verworfenen Tauschkörper nicht ausgebracht werden. Dieses Ergebnis wird der SPS der TKWA zugeführt und entsprechend die Täuschkörper gezündet, die zur Bildung der Täuschkörperwolke gegen den radargelenkten Flugkörper benötigt werden.
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Die Berechnung einer taktisch sinnvollen Lösung erfolgt somit unter Berücksichtigung von relativer Wind-Drift, Suchkopfinformationen, Flugkörpergeschwindigkeit, Distanz und Anflugwinkel (Aspektwinkel). Das Ergebnis ist eine Liste von X/Y-Koordinaten, für die in Konsequenz der Berechnung eine passende Position für die Täuschkörperwolke bei gegebener Z-Koordinate findet. Die Berechnung unter den vorgegebenen Bedingungen wird dabei solange wiederholt, bis sich eine physikalisch realisierbare Bedingung für das Scheinziel ergibt und die TKWA dieses Scheinziel erzeugen kann.
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Vorgeschlagen wird insbesondere ein Verfahren, bei dem nach Identifizierung des radargelenkten Flugkörpers und Berechnung eines Täuschkörpermusters entsprechend der Schussauslösung bzw. entsprechend dem identifizierten radargelenkten Flugkörper eine die Darstellung des Täuschkörpermusters als Punktwolke der Zerlege- bzw. Detonationspunkte des Scheinziels in Form von Polarkoordinaten erfolgt. In diesen Polarkoordinaten wird dann eine „Cut-Off“-Distanz zur Bestimmung eines Abwehrradius ermittelt bzw. festgelegt und ein minimaler Abstand zwischen den Zerlege- bzw. Detonationspunkten innerhalb des Abwehrradius frei wählbar festgelegt. Das Optimieren des Scheinziels erfolgt dann anhand der „Cut-Off“-Distanz und dem minimalen Abstand zwischen den Zerlege- bzw. Detonationspunkten. Im Ergebnis dieser Berechnung werden nur die Tauschkörper ausgestoßen, die die Bedingungen erfüllen, d. h., die den minimalen Abstand zwischen den Zerlege- bzw. Detonationspunkten innerhalb des Abwehrradius im optimierten Scheinziel besitzen. Die anderen werden verworfen.
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Anhand eines Ausführungsbeispiels mit Zeichnung soll die Erfindung näher erläutert werden. Die Zeichnungen sind skizzenartig und dienen zum besseren Verständnis. Es zeigt:
- 1 in einer Blockbilddarstellung die wesentlichen Baugruppen einer Schutzvorrichtung gegen radargelenkte Flugkörper;
- 2a, b eine Darstellung der in Salven ausgebrachten Tauschkörper;
- 3a, b, 4a, b eine Darstellung des Optimierungsablaufs für das Ausbringen der Täuschkörper;
- 5 Ansicht von oben bei einer Anflugrichtung 60° von Norden,
- 6 Ansicht aus Sicht des Tauschkörpers in Anlehnung der Darstellung in 4a .
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In 1 dargestellt sind die wesentlichen Baugruppen einer Schutzvorrichtung 100 zum Schutz eines Objektes 1 (5), hier eines Schiffes, gegen radargelenkte Flugkörper 2. Die Schutzvorrichtung 100 umfasst zumindest einen Sensor 3 zur Erkennung bzw. Identifizierung des Flugkörpers 2 sowie diverse Sensoren 4 , 5 etc., die Umgebungsdaten etc. liefern. Nicht näher dargestellt sind Mittel, die einen das Objekt 1 angreifenden Flugkörper 2 detektieren, da derartige Mittel oder Sensoren bekannt sind.
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Der Sensor 3 ist bevorzugt ein ESM-System, welches das Radarsignal (Frequenz, Signalform) des Suchkopfes 2.1 des Flugkörpers 2 aufnehmen kann. Anhand einer im ESM-System hinterlegten Datenbank wird in Auswertung der Flugkörpertyp des Flugkörpers 2 ermittelt. Der bzw. die Sensoren 4 liefern die Umweltdaten, wie Windrichtung, Windgeschwindigkeit etc. Über den Sensor 5 werden die Navigationsdaten des Schiffes beigesteuert. Die Einbindung und Berücksichtigung derartiger Informationen zur Bereitstellung einerTäuschkörperwolke ist als solche bekannt, wobei explizit auf die
DE 103 46 001 B4 verwiesen wird, auf die hiermit Bezug genommen wird.
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Die Schutzvorrichtung 100 umfasst des Weiteren wenigstens eine Täuschkörperwurfanlage (TKWA) 7, die ihrerseits zumindest einen Werfer 8 besitzt. Die TKWA 7 kann aber auch zwei oder mehrere Werfer 8 aufweisen, die ebenfalls in Azimut und/oder Elevation richtbar oder nicht richtbar sind. Bevorzugt werden vier am Objekt 1 eingebundene Werfer 8 (6) mit jeweils acht Magazinen 12. Die TWKA 7 beinhaltet ein nicht näher dargestelltes Feuerleitsystem, mit jenem die Schiffssysteme (z. B.: CMS, ESM, diverse Sensoren) und die Steuereinheit der TKWA 7 bzw. der Werfer 8 elektronisch verbunden sind. Über diese Verbindung erfolgt die Übertragung der Steuersignale zum Richten des/der Werfer 8 (Stellsignale in Azimut und/oder Elevation) der TKWA 7 sowie die Signale zur Initiierung der in der TKWA 7 bzw. in den Werfern 8 befindlichen Tauschkörper 9 zur Bildung einer Täuschkörperwolke 10.
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Im TWKA 7 ist eine Datenbank 7.1 implementiert, in der Informationen über eine Vielzahl von bekannten Radarsuchköpfen abgespeichert sind. Die TKWA 7 ist direkt oder über ein CMS (Combat Management Systems) 6 mit dem ESM-System 3 elektronisch verknüpft. Dieses CMS 6 verfügt über die Fähigkeit, alle Informationen der auf dem Schiff befindlichen Sensoren 3 , 4 , 5 und Baugruppen miteinander in Echtzeit zu betrachten und auszuwerten und diese Auswertungen weiterzugeben. Bei Wegfall des CMS 6 übernimmt diese Aufgabe die Feuerleitanlage der TKWA 7 . Die TKWA 7 ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel mit acht Magazinen 12 (12.1 - 12.4) bestückt. Diese Anzahl der acht Magazine 12 ist jedoch nicht als beschränkend anzusehen.
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Das Verfahren läuft wie folgt ab:
- Mit Detektion des Flugkörpers 2 übernimmt der Sensor 3 die Identifizierung des Flugkörpers 2. Nach Identifizierung wird diese Information an das CMS 11 übergeben, das auch die Daten der Sensoren 4, 5 aufnimmt. Im Abgleich mit den Daten der Sensoren 4, 5 bietet die TKWA 7 ein Täuschkörpermuster (Punktwolke) 20 an (2a, 2b).
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Im Feuerleitsystem der TKWA erfolgt dann die Optimierung der Ausbringung der Tauschkörper 9, wobei zur Laufzeit bestimmt wird, wie lang eine Salve sein muss und wie viele Täuschkörper 9 je Salve ausgebracht bzw. gezündet werden sollen. Die Anzahl der Salven, wie auch die Anzahl der Tauschkörper 9 je Salve, sind vom Anwender frei definierbar und ergeben sich aus dem zu schützenden Objekt.
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Diese Berechnung der benötigten Tauschkörper 9 für die optimierte Täuschkörperwolke 10 erfolgt sowohl in einem X-Y Koordinatensystem (für die Minimale-Distanz-Bedingung) als auch in Form von Polarkoordinaten („Cut-Off“ Bedingung), um eine Punktwolke 20 zu generieren und so effektiver die Optimierung vornehmen zu können. Die optimierte Punktwolke 20 liegt ihrerseits dann innerhalb einer in Abhängigkeit des Flugkörpers 2 definierten Radarkeule RK (gestrichelte Linie).
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Im Feuerleitsystem der TKWA 7 erfolgt die Optimierung der Punktwolke mit Hilfe einer Clusteranalyse der Punktwolke 20. Eine bekannte Analyse ist hierbei das DBSCAN (Quelle: Ester, Martin; Kriegel, Hans-Peter; Sander, Jörg; Xu, Xiaowei (1996). Simoudis, Evangelos; Han, Jiawei; Fayyad, Usama M., eds. „A density-based algorithm for discovering clusters in large spatial databases with noise“. Proceedings of the Second International Conference an Knowledge Discovery and Data Mining (KDD-96). AAAI Press. pp. 226-231). Mit dem Ergebnis der Clusteranalyse wird die Punktwolke 20 optimiert.
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2a, 2b zeigen das Verschießen der Tauschkörper 9 in Anzahl von vier Salven [1] bis [4], wobei pro Salve acht Täuschkörper 9 verschossen werden können. Zum Verschießen der vier Salven [1] bis [4] weist die wenigstens eine TKWA 7 acht Magazine 12 auf, in denen jeweils vier Täuschkörper 9 eingebracht sind. Das ergibt für das vorliegende Ausführungsbeispiel 32 ein Scheinziel als Gesamtscheinziel. Die 2a, 2b stellen hier die Sicht eines Patterns (Täuschkörpermuster 20) aus dem anfliegenden radargelenkten Flugkörpers 2 ohne Optimierung dar. Bei einer vorgegebenen Mindestanzahl der Scheinziele (ergibt sich aus dem Wert der einzuhaltenden Schiffssignatur) beispielsweise von 20 Scheinzielen (für eine Fregatte), die ausgebracht werden müssen, um einen Schutz des Objektes 1 zu garantieren, liegt der Spielraum für die Optimierung dann zwischen 20 und 32 Scheinzielen.
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Zur Optimierung der Scheinziele wird entsprechend der 3a ein vertikaler Abstand zwischen zwei aufeinander folgende Salven vom Benutzer fei definiert. Der vertikale Abstand wird in der Mitte C der Salve gemessen. Die Mitte C der Salve wird durch den halben Abstand des äußeren rechten und des äußeren linken Magazins 12 bestimmt. Danach wird die Höhe des Zentrums der Punktwolke 20 (Täuschkörpermuster) frei definiert (3b). Die Höhe H wird als Mittelwert der Höhen der höchsten [1] und niedrigsten Salve [4] ermittelt. Die Höhe einer Salve wird als horizontaler Mittelpunkt einer Salve definiert, welche aus der Mitte der Salve gemessen wird. Die Mitte der Salve wird durch den halben Winkel des äußersten rechten 12.1 und des äußersten linken 12.4 Magazins 12 bestimmt.
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Anhand dieser Werte wird in Folge nunmehr ein Polarkoordinatenradius (Abwehrradius) Pr, d.h. die „Cut-Off“-Distanz festgelegt, d. h. jene Distanz vom Mittelpunkt der Punktwolke 20, innerhalb derer eine Bedrohung durch den ermittelten Flugkörper 2 zu erwarten ist. Zerlege- bzw. Detonationspunkte der einzelnen Tauschkörper 9, die außerhalb dieses festgelegten Radius Pr liegen, werden bei der Berechnung nicht weiter berücksichtigt, vielmehr werden diese verworfen. Die Darstellung dieser Distanz in Polarkoordinaten (auch Kreiskoordinaten) hat einen gravierenden Vorteil gegenüber einer Darstellung in kartesischen Koordinaten. Die so genannte Radarkeule RK eines radargelenkten Flugkörpers 2 entspricht nämlich im Querschnitt der in 4a dargestellten Strichlinie. Befinden sich die Zerlege- bzw. Detonationspunkte der einzelnen Täuschkörper 9 innerhalb dieser Radarkeule RK, ist eine entsprechende Wirkung des Scheinziels bzw. der Täuschkörperwolke 10 garantiert.
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Die Wirkung des Scheinziels wird des Weiteren durch den jeweiligen Abstand der einzelnen Zerlege- bzw. Detonationspunkte beeinträchtigt. Um eine optimale Wirkung des Scheinziels bzw. der Täuschkörperwolke 10 zu generieren, dürfen die Abstände der Zerlege- bzw. Detonationspunkte einen bestimmten Wert nicht unterschreiten. Die Zerlege- bzw. Detonationspunkte liegen entsprechend der Schussauslösung nach Berechnung mit einem bestimmten Abstand zueinander. Dieser Abstand kann nach Anflugwinkel des radargelenkten Flugkörpers 2 variieren. Um einen zu geringen Abstand der Zerlege- bzw. Detonationspunkte zu vermeiden, wird ein für den Benutzer frei definierter Abstand als minimale Distanz der Punkte zueinander berücksichtigt. Die zu definierende Distanz ist dabei aus Sicht des radargelenkten Flugkörpers 2 zu messen. Wird diese Distanz bei der Ermittlung der Zerlege- bzw. Detonationspunkte unterschritten, werden diese entsprechenden Zerlege- bzw. Detonationspunkte vom Berechnungsalgorithmus verworfen (4b).
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Als Berechnungsalgorithmus für die die Erkennung einer Unterschreitung der minimalen Distanz zwischen den Zerlege- bzw. Detonationspunkte wird das DBSCAN, ein ClusterAlgorithmus herangezogen. Mit Hilfe des DBSCAN soll eine Clustererkennung vorgenommen werden.
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Die Ergebnisse des DBSCAN dienen dazu, dass Cluster des Scheinzieles bzw. der Täuschkörperwolke 10 von außen nach innen ausgedünnt werden, in Kombination mit der Festlegung der „Cut-Off“-Distanz. Dabei werden so wenig wie mögliche aber so viele wie nötige Zerlege- bzw. Detonationspunkte verworfen und Täuschkörper 9 eingespart. In der Berechnung werden zur Laufzeit Umwelteinflüsse, wie Kurs und Fahrt des Objektes 1, sowie Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Geschwindigkeit und Anflugwinkel des radargelenkten Flugkörpers 2 berücksichtigt. Das daraus resultierende Scheinziel bzw. die daraus resultierende und optimierte Täuschkörperwolke 10 wird immer möglichst rechtwinkelig auf die Bedrohung (Anflugwinkel des radargelenkten Flugkörpers 2 relativ zum Objekt 1) berechnet. Das Ergebnis der Berechnung wird an die SPS der TKWA 7 weitergeleitet, welche dann den Verschuss der einzelnen Tauschkörper 9 sowie das Richten der TKWA 7 bzw. ihres Werfers in den Achsen vornimmt (5).
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Das Verfahren zur Optimierung der Täuschkörperwolke 10 auf den Flugkörper 2 selbst, greift auch bei mehreren Werfern 8 einer TKWA 7, die dann in Zusammenarbeit das gewünschte Scheinziel bzw. Täuschkörperwolke 10 erzeugen (5). Dazu melden alle Werfer 8 der TKWA 7 ihre erreichbaren Zerlege- bzw. Detonationspunkte für die entsprechende Salve. Alle Zerlege- bzw. Detonationspunkte werden für die „Cut-Off“ sowie die Minimale-Distanz-Bedingung herangezogen. Dadurch ergibt sich eine Verringerung der Anzahl an nötigen und möglichen Zerlege- bzw. Detonationspunkten.
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Zusätzlich erfolgt auch hier eine Überprüfung der Munitions-Minimum-Bedingung für die Gesamtzahl der definierten Zerlege- bzw. Detonationspunkte (Salve × Anzahl der Täuschkörper pro Salve). Ist die Anzahl der verbliebenen Zerlege- bzw. Detonationspunkte höher als die geforderte Anzahl, werden die „Cut-Off“ Bedingung und die Minimal-Distanz Bedingung (bis max. 18 m) entsprechend alternierend verringert bis die geforderte Anzahl an Zerlege- bzw. Detonationspunkten (vorgegebenen Anzahl der Scheinziele) erreicht ist. Sind z.B. 40 Zerlege- bzw. Detonationspunkte erreichbar, jedoch 32 erwünscht und 20 minimal gefordert, dann erfolgt eine Optimierung der Täuschkörperwolke bzw. des Scheinzieles zwischen 32 und 20. Diese Optimierungsmöglichkeit gilt auch für einen einzelnen Werfer der TKWA 7.
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Im Ergebnis der Optimierung ergibt sich eine Scheinzielwolke 10 für das zu schützende Objekt 1 wie in 6 dargestellt.