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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Einspurfahrzeugs, insbesondere Motorrad, wobei das Einspurfahrzeug mehrere Steuereinrichtungen zum Bedienen des Einspurfahrzeugs sowie eine Notrufeinrichtung zum automatischen Aussenden eines Notrufs bei einem Unfall des Einspurfahrzeugs aufweist.
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Ferner betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Betreiben eines entsprechenden Einspurfahrzeugs. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Computerprogramm sowie ein Computer-Programmprodukt.
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Stand der Technik
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Verfahren und Vorrichtungen der Eingangs genannten Art sind aus dem Stand der Technik bekannt. Bei Personenkraftfahrzeugen sind Notrufsysteme bekannt, die einen Notruf automatisch dann absenden, wenn ein Airbag-Sensor auslöst. Da bei Einspurfahrzeugen Airbags in der Regel nicht vorgesehen sind, können derartige Auslösemechanismen für einen automatischen Notruf daher nicht genutzt werden. Da jedoch gerade Fahrer von Einspurfahrzeugen bei Unfällen in der Regel besonders gefährdet sind, werden Lösungen gesucht, die das automatische Aussenden eines Notrufs bei Erfassen einer Unfallsituation ermöglichen, um eine möglichst schnelle Hilfe zu gewährleisten.
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Auf dem Motorradmarkt sind beispielsweise Nachrüstsystems bekannt, die nachträglich an dem Motorrad befestigt werden und über eigene Sensoren zur Erfassung einer Unfallsituation sowie zum Aussenden eines Notrufs verfügen. Derartige Nachrüstsysteme bedeuten eine zusätzliche Belastung des Motorrads, insbesondere ein zusätzliches Gewicht, und für den Fahrer auch entsprechende zusätzliche Kosten.
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Es sind auch Systeme bekannt, wie sie beispielsweise in der Offenlegungsschrift
DE 10 2008 023 243 A1 beschrieben werden, die auf Sensoren von Sicherheitseinrichtungen des Motorrads zugreifen, um eine Unfallsituation zu erkennen. So ist es aus der genannten Druckschrift bekannt, die Werte von einem Lagesensor, einem Beschleunigungssensor und einem Geschwindigkeitssensor zu erfassen und auszuwerten. Ebenso wird vorgeschlagen, Berührungssensoren oder Drucksensoren am Lenkrad sowie an der Sitzfläche oder an den Fußrasten vorzusehen, die das Vorhandensein eines Fahrers auf dem Motorrad erfassen sollen. Die erfassten Daten werden miteinander verglichen, um zu bestimmen, ob eine Unfallsituation vorliegt, in welcher der Fahrer beispielsweise von dem Motorrad heruntergeschleudert wurde. Die genannten Sensoren müssen dabei jedoch zusätzlich in das Motorrad integriert werden, was zu einem entsprechenden Kosten- und Konstruktionsaufwand führt.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 hat den Vorteil, dass auf ohnehin im Motorrad oder Einspurfahrzeug vorgesehene Sensoren zur Bestimmung einer Unfallsituation zugegriffen wird. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass die Steuereinrichtungen des Einspurfahrzeugs auf Betätigungen überwacht werden. Die erfassten Betätigungen werden miteinander und/oder mit mindestens einem Grenzwert verglichen, um einen Unfall aufgrund einer unplausiblen Betätigung zu erfassen. Wird eine entsprechende unplausible Betätigung erfasst, wird automatisch ein Notruf ausgesendet. Anhand der Betätigung der Steuereinrichtungen wird somit auf ein unplausibles Verhalten des Fahrers geschlossen, was auf einen Unfall hindeutet. Unter den Steuervorrichtungen sind dabei insbesondere ein Gasdrehgriff, eine Bremse, eine Kupplung, eine Gangschaltung und/oder eine Lenkung zu verstehen. Sämtliche dieser Steuervorrichtungen sind regelmäßig mit einem Sensor zum Erfassen einer entsprechenden Betätigung ausgestattet. Die Daten dieses jeweiligen Sensors werden für das erfindungsgemäße Verfahren entsprechend erfasst und ausgewertet. Wird beispielsweise erkannt, dass der Fahrer während einer Beschleunigungsphase plötzlich das Soll-Antriebsdrehmoment zurücknimmt, indem er den Gasdrehgriff loslässt, ohne jedoch eine Bremse zu betätigen, und gleichzeitig der Lenkwinkel schnell und weit verändert wird, kann auch auf eine unplausible Betätigung beziehungsweise auf eine Unfallsituation geschlossen werden. Das Verfahren nutzt somit im Einspurfahrzeug in der Regel ohnehin vorhandene beziehungsweise erfasste Werte zum Erkennen einer Unfallsituation aus. Dadurch können Kosten und Aufwand gespart werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass auf eine unplausible Betätigung erkannt wird, wenn plötzlich keine Betätigungen mehr erfasst werden. Es wird dann davon ausgegangen, dass der Fahrer sich nicht mehr auf dem Einspurfahrzeug befindet.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass auf eine unplausible Betätigung erkannt wird, wenn eine Betätigung, insbesondere ein Betätigungsgradient, einen ersten vorgebbaren Grenzwert überschreitet. Wird beispielsweise ein Lenkwinkel besonders schnell insbesondere bei hoher Fahrgeschwindigkeit des Einspurfahrzeugs verändert, kann ebenfalls darauf geschlossen werden, dass eine Unfallsituation vorliegt.
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Ferner ist bevorzugt vorgesehen, dass der Notruf nur dann ausgesendet wird, wenn der Unfall oder die Unfallsituation durch wenigstens eine zusätzliche Sensoreinrichtung des Einspurfahrzeugs verifiziert wird. Dadurch soll vermieden werden, dass aufgrund einer unkorrekten Auswertung der Betätigungen verfrüht auf eine Unfallsituation geschlossen wird. Die Sicherheit der Auslösung des Notrufs wird dadurch erhöht.
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Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass zur Verifikation Messwerte eines Neigungssensors, eines Beschleunigungssensors und/oder eines Drehzahlsensors als zusätzliche Sensoreinrichtung erfasst und mit jeweils mindestens einem vorgebbaren Grenzwert verglichen werden. So kann beispielsweise durch die Werte des Neigungssensors und des Beschleunigungssensors erkannt werden, ob sich das Einspurfahrzeug in einer plausiblen Lage befindet. Deuten die erfassten Werte sowie die erfassten Betätigungen jeweils auf unplausible Ergebnisse hin, so wird ein Notruf ausgesendet. Durch den Vergleich der Werte des Neigungssensors und des Beschleunigungssensors mit jeweils mindestens einem vorgebbaren zweiten Grenzwert kann schnell auf eine unplausible Situation beziehungsweise auf eine Unfallsituation geschlossen werden.
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Ferner ist bevorzugt vorgesehen, dass zusätzlich oder alternativ zur Verifikation Messwerte mindestens eines Tankfüllstandsensors als zusätzliche Sensoreinrichtung erfasst werden. Die Messwerte des mindestens einen Tankfüllstandsensors können dazu benutzt werden, die Lage des Einspurfahrzeugs zu bestimmen, Insbesondere, wenn mehrere Tankfüllstandsensoren an einem Tank des Einspurfahrzeugs vorgesehen sind, kann durch den Vergleich der Werte darauf geschlossen werden, in welcher Lage sich das Einspurfahrzeug befindet. Die Unfallerkennung durch die Lageerfassung oder -Abschätzung erfolgt dabei in der Annahme, dass sich die Flüssigkeit im Tank in Abhängigkeit von der Schwerkraft oder Fliehkraft in einen Bereich bewegt, der im Normalbetrieb des Einspurfahrzeugs üblicherweise nicht oder nur kurzzeitig durch die Flüssigkeit erreicht wird. Dadurch kann beispielsweise auf das Vorsehen eines zusätzlichen Neigungssensors, wie er zuvor beschrieben wurde, verzichtet werden. Stattdessen wird der Messwert des einen oder der mehreren Tankfüllstandsensoren zur Lageerfassung oder zumindest zur Lageabschätzung genutzt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 7 zeichnet sich durch ein speziell hergerichtetes Steuergerät aus, das Mittel zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens aufweist. Insbesondere handelt es sich bei den Mitteln um den Steuereinrichtungen des Einspurfahrzeugs zugeordnete Steuersensoren, die Betätigungen der Steuereinrichtungen erfassen. Mithilfe der erfassten Betätigungen führt das Steuergerät das zuvor beschrieben Verfahren entsprechend aus. Vorzugsweise enthält das Steuergerät wenigstens einen nicht flüchtigen Speicher, in welchem die zuvor beschriebenen Verfahrensschritte als Steuergeräteprogramm abgelegt sind.
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Das erfindungsgemäße Computerprogramm mit den Merkmalen des Anspruchs 8 sieht vor, dass alle Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgeführt werden, wenn es auf einem Computer abläuft.
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Das erfindungsgemäße Computer-Programmprodukt mit den Merkmalen des Anspruchs 9, mit einem auf einem maschinenlesbaren Träger gespeicherten Programmcode führt das erfindungsgemäße Verfahren aus, wenn das Programm auf einem Computer abläuft.
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Im Folgenden soll die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden. Dazu zeigt die einzige
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Figur ein Einspurfahrzeug in einer vereinfachten Darstellung.
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Die Figur zeigt in einer Seitenansicht vereinfacht ein Einspurfahrzeug 1, das als Motorrad ausgebildet ist. Das Motorrad weist ein lenkbares Vorderrad 2 sowie ein antreibbares Hinterrad 3 auf. Zum Antrieb des Hinterrads ist eine Antriebseinrichtung 4, insbesondere ein Elektromotor und/oder ein Verbrennungsmotor vorgesehen. Zum Lenken des Vorderrads 2 ist ein Lenker 5 vorgesehen, der über eine Lenkstange mit dem Rad 2 verbunden ist. Der Lenkstange ist ein Lenksensor 6 zum Erfassen eines aktuellen Lenkwinkels zugeordnet. Der Lenker 5 weist weiterhin einen Gasdrehgriff 7 sowie eine Kupplungseinrichtung 8 auf, die mit einem Getriebe der Antriebsvorrichtung 4 verbunden ist. Weiterhin weist das Einspurfahrzeug 1 einen Tank 9 auf, der zur Aufnahme eines flüssigen Kraftstoffs dient. Dem Tank sind mehrere Tankfüllstandsensoren 10 zugeordnet, die an unterschiedlichen Stellen des Tanks 9 angeordnet sind.
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Weiterhin weist das Einspurfahrzeug 1 eine Steuereinrichtung 11 auf, die mit den Sensoren 10, sowie mit einem dem Gasdrehgriff 7 und einem der Kupplungseinrichtung 8 zugeordneten Sensor verbunden ist. Optional kann die Steuereinrichtung 11 auch mit einer Gangschaltung 12 beziehungsweise einem der Gangschaltung 12 zugeordneten Sensor verbunden sein, um einen Gangwechsel beziehungsweise eine Gangbetätigung zu erfassen.
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Die Steuereinrichtung 11 erfasst die Werte der Sensoren, insbesondere die Werte der Steuereinrichtungen des Einspurfahrzeugs 1, wie des Gasdrehgriffs 7, der Kupplungseinrichtung 8 sowie des Lenkwinkelsensors 6.
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Die erfassten Werte werden insbesondere miteinander verglichen, um die Plausibilität der Betätigungen der Steuervorrichtungen zu prüfen. Insbesondere werden die erfassten Werte mit jeweils einem vorgebbaren Grenzwert verglichen, wobei insbesondere vorgesehen ist, dass die Betätigungsgradienten mit einem vorgebbaren Grenzwert verglichen werden, um plötzliche unplausible Betätigungen, wie beispielsweise das plötzliche Einstellen eines großen Lenkwinkels zu erfassen, was auf eine Unfallsituation hinweisen kann. Gleichzeitig werden die Werte der Tankfüllstandsensoren 10 erfasst. Diese messen in Abhängigkeit der Lage des Einspurfahrzeug 1 unterschiedliche Tankfüllzustände. Durch eine Zusammenschau der erfassten Werte kann somit darauf geschlossen werden, wie sich die Flüssigkeit in einem Tank 10 verhält, beziehungsweise wo im Tank sie sich befindet. Daraus wird wiederum auf die Lage des Einspurfahrzeugs 1 geschlossen. Dadurch kann durch Berücksichtigung der Werte der Tankfüllstandsensoren 10 die Lage des Einspurfahrzeugs 1 zumindest abgeschätzt werden. Gegebenenfalls kann hierdurch auf einen zusätzlichen Neigungssensor des Einspurfahrzeugs 1 verzichtet werden. Weist die Antriebseinrichtung 4 jedoch keinen Verbrennungsmotor auf, dann steht auch kein Kraftstoff-Tank 9 zur Verfügung, dessen Füllstandsensoren 10 zur Lagebestimmung genutzt werden könnten. Vorzugsweise ist für diesen Fall dann wenigstens ein zusätzlicher Neigungssensor, insbesondere ein 3-Achs-Beschleunigungssensor zur Lagebestimmung vorgesehen.
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Wird eine unplausible Betätigung durch eine der Steuereinrichtungen des Einspurfahrzeugs 1 erfasst, und wird gleichzeitig mithilfe der Tankfüllstandsensoren 10 eine unplausible beziehungsweise kritische Lage des Einspurfahrzeugs 1 ermittelt, so wird automatisch ein Notruf mittels einer Notrufeinrichtung 13, die ebenfalls mit der Steuereinrichtung 11 verbunden ist, ausgesendet.
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Das beschriebene Verfahren führt somit zu einer hohen Betriebssicherheit des Notrufsystems und ist im Vergleich zu bekannten Einrichtungen und Verfahren kostengünstiger, da bereits vorhandene Sensorik des Einspurfahrzeugs genutzt wird. Durch die Vernetzung der gewonnenen Informationen beziehungsweise Werte der einzelnen Sensoren wird eine zuverlässige Unfalldetektion erreicht. Wird eine Unfall oder eine Unfallsituation erkannt, so löst das System sicher einen automatischen Notruf aus.
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Insbesondere ist vorgesehen, dass der Notruf dann ausgesendet wird, wenn die Schräglagensensorik, die entweder durch die beschriebenen Tankfüllstandsensoren 10 oder alternativ durch einen oder mehrere Neigungssensoren ermittelt wird, über eine vorgebbare Zeit erfasst, dass das Motorrad nicht wieder aufgerichtet wird. Werden ein oder mehrere Neigungssensoren vorgesehen, so wird dazu vorzugsweise jeweils ein 3-Achs-Beschleunigungssensor verwendet. Zum Erfassen der Geschwindigkeit des Einspurfahrzeugs 1 werden vorzugsweise Raddrehzahlsensoren vorgesehen oder genutzt, deren Werte oder -Gradienten mit Schwellwerten verglichen werden, um beispielsweise das plötzliche Stehenbleiben des Einspurfahrzeugs 1 zu erfassen. In Abhängigkeit der erfassten Drehzahlen kann auch ein Fahr- und Geschwindigkeitsprofil erfasst werden, welches zur Ermittlung einer Unfallsituation ausgewertet werden kann. Beispielsweise wird eine erfasste starke Verzögerung des Einspurfahrzeugs 1 gepaart mit einem abrupten Rad-Stillstand als Unfallsituation ausgewertet, wenn gleichzeitig eine unplausible Betätigung der Steuereinrichtungen erfolgt. Auch kann eine Motordrehzahlsensorik zur Aufprallerkennung genutzt werden. Ebenfalls ist es denkbar, durch Überwachen von Schaltern, beispielsweise eines Lichtschalters und/oder eines Blinkschalters des Einspurfahrzeugs 1, zu prüfen, ob der Fahrer das Einspurfahrzeug überhaupt noch aktiv steuert. Wird beispielsweise plötzlich keinerlei Betätigung mehr über einen vorgebbaren Zeitraum erfasst, wird auf einen Unfall geschlossen und der Notruf automatisch ausgesendet beziehungsweise getätigt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008023243 A1 [0005]