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Die Erfindung betrifft ein Geschoss, umfassend eine Geschosshülle und darin angeordneten Sprengstoff.
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Geschosse der in Rede stehenden Art werden in bekannter Weise durch eine Abschussvorrichtung auf eine hohe Geschwindigkeit gebracht und fliegen sodann ungelenkt und ohne weiteren Antrieb in Richtung des Ziels. Beim Auftreffen auf das Ziel oder, wenn das Geschoss über eine Tempiervorrichtung verfügt, unmittelbar vor dem Auftreffen kommt es zur Zündung des Sprengstoffs über eine geschossseitige Zündeinrichtung. Der Sprengstoff explodiert, die Geschosshülle zerreißt, es kommt zur Splitterbildung. Diese Splitterbildung kann noch dadurch verstärkt werden, dass geschosshüllenseitig, sei es an der Innenseite, sei es im Hüllenmaterial selbst, sei es an der Außenseite, zusätzliche Splitterelemente vorgesehen werden, so dass der sich bildende, ringförmig offene Splitterkegel nicht nur durch Hüllmaterialsplitter, sondern auch durch die zusätzlichen eingebrachten Splitterelemente gebildet wird.
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Im Falle der Sprengstoffdetonation erfahren die sich bildenden Splitter sowohl eine radiale Geschwindigkeitskomponente resultierend aus der Detonation, als auch eine axiale Geschwindigkeitskomponente resultierend aus der Geschossbewegung. Es bildet sich folglich ein unter einem entsprechenden Winkel nach vorne gerichteter, ringförmig offener Splitterkegel aus. In diesem Splitterkegel befindet sich ein Großteil der Splitter in einem schmalen Bereich hoher Splitterdichte, das heißt, dass die Kegelbreite als solche relativ schmal ist. Entsprechend klein ist auch der Wirkbereich.
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Der Erfindung liegt damit das Problem zugrunde, ein Geschoss anzugeben, das demgegenüber verbessert ist.
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Zur Lösung dieses Problems ist bei einem Geschoss der eingangs genannten Art erfindungsgemäß vorgesehen, dass die Hülle derart ausgebildet und/oder der Sprengstoff derart angeordnet oder verteilt ist, dass sich bei Zündung des Sprengstoffs zumindest abschnittsweise ein radiales Geschwindigkeitsprofil der durch Bersten der Hülle erzeugten Splitter mit in Geschosslängsrichtung gesehen von vorne nach hinten zunehmender radialer Geschwindigkeit ergibt.
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Das Geschoss zeichnet sich dadurch aus, dass die Splitter, gesehen in Längsrichtung, mit immer größerer radialer Geschwindigkeit bewegt werden, mithin also die radiale Beschleunigung von vorne nach hinten zunimmt. Dies führt dazu, dass, da alle Splitter die gleiche axiale Geschwindigkeit aufweisen, die überlagerte radiale Geschwindigkeitskomponente im vorderen Splitterbereich einen geringeren Einfluss als im hinteren Bereich hat. Der radiale Geschwindigkeitsvektor nimmt von vorne nach hinten zu. Dies führt dazu, dass der aus der Radial- und Axialkomponente resultierende Gesamtvektor eines Splitters, der im vorderen Hüllenbereich erzeugt wird, stärker in Längsrichtung des Geschosses gerichtet ist, als der resultierende Vektor eines Splitters, der im hinteren Hüllenbereich erzeugt wird. Die Splitter fliegen folglich im vorderen Geschossbereich unter einem kleineren Winkel relativ zur Geschosslängsachse weg, verglichen mit Splitter aus dem hinteren Geschossbereich, die unter einem größeren Winkel relativ zur Geschosslängsachse wegfliegen.
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Insgesamt ergibt sich hieraus durch die Anpassung respektive Variation der radialen Splittergeschwindigkeit in Abhängigkeit der axialen Position im Geschoss eine Aufweitung des Splitterkegels und damit eine gleichmäßigere Splitterdichte.
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Um ein solches Geschwindigkeits- oder Beschleunigungsprofil zu realisieren, sind unterschiedliche Ausgestaltungen denkbar. Gemäß einer ersten Erfindungsvariante kann die Wandstärke der Hülle zumindest abschnittsweise in Geschosslängsrichtung gesehen von vorne nach hinten abnehmen. Je dicker die Hüllenwand ist, umso geringer ist die Radialbeschleunigung, da mehr Masse zu bewegen ist. Nimmt folglich die Hüllendicke in Geschosslängsrichtung von vorne nach hinten ab, werden zwangsläufig die weiter vorne erzeugten Splitter weniger stark beschleunigt als die weiter hinten erzeugten Splitter.
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Alternativ oder zusätzlich kann auch die Dichte des die Hülle bildenden Materials zumindest abschnittsweise in Geschosslängsrichtung gesehen von vorne nach hinten abnehmen. Je höher die Dichte des Materials ist, desto geringer ist die radiale Beschleunigung und daraus folgend die radiale Geschwindigkeitskomponente.
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Um diese Dichtevariation zu erzielen, kann die Hülle zumindest abschnittsweise aus zwei unterschiedlichen Materiallagen bestehen, von denen eine eine höhere Dichte als die andere Materiallage aufweist, wobei die die höhere Dichte aufweisende Materiallage in ihrer Stärke in Geschosslängsrichtung gesehen abnimmt und die die niedrigere Dichte aufweisende Materiallage in ihrer Stärke zunimmt. Die die höhere Dichte aufweisende Materiallage kann beispielsweise aus einem Schwermetall wie Wolfram bestehen, oder aus einer wolframhaltigen Legierung, während die die niedrigere Dichte aufweisende Materiallage beispielsweise aus Stahl besteht.
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Alternativ oder zusätzlich zu einer oder beiden vorgenannten Ausgestaltungsmöglichkeiten kann gemäß einer weiteren erfindungsgemäßen Variante auch die Sprengstoffmenge zumindest abschnittsweise in Geschosslängsrichtung gesehen von vorne nach hinten zunehmen. Das heißt, dass im Bereich der Geschossspitze mengenmäßig weniger Sprengstoff als im hinteren Geschossbereich vorgesehen ist, wobei die Sprengstoffzunahme beispielsweise linear ausgelegt sein kann. Auch die Variation der Sprengstoffmenge führt dazu, dass die im vorderen Bereich erzeugten Splitter weniger stark beschleunigt werden als die im hinteren Bereich erzeugten Splitter.
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Um die Sprengstoffvorlage wie beschrieben variieren zu können, ist zweckmäßigerweise im Innern des Geschosses, in der Geschosslängsachse liegend, ein vorzugsweise kegelförmiges Füllstück angeordnet. Dieses füllt einen Teil des Geschossinneren aus, so dass zwangsläufig der Raum, in den der Sprengstoff eingebracht werden kann, im Volumen von vorne nach hinten zunimmt.
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Als weitere erfindungsrelevante Variante, die alternativ oder zusätzlich vorgesehen sein kann, kann auch die Gurney-Energie des Sprengstoffs in Geschosslängsrichtung gesehen von vorne nach hinten zunehmen. Die Gurney-Energie eines Sprengstoffs ist ein Maß dafür, wie stark ein durch den detonierenden Sprengstoff bewegtes Material beschleunigt wird. Variiert nun die Gurney-Energie des Sprengstoffs derart, dass die Gurney-Energie im Bereich der Geschossspitze geringer ist als im hinteren Geschossbereich, so kann auch hierüber das erfindungsgemäß variierende Beschleunigungsprofil eingestellt werden.
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Um dies zu erreichen, kann beispielsweise der Sprengstoff aus zwei unterschiedlichen Sprengstofftypen bestehen, wobei der eine Sprengstofftyp im Kern und der andere Sprengstofftyp außen um den ersten Sprengstofftyp herum angeordnet ist, und wobei der eine Sprengstofftyp eine höhere Gurney-Energie besitzt als der andere Sprengstofftyp, und wobei in Geschosslängsrichtung gesehen die Menge des einen Sprengstofftyps von vorne nach hinten zunimmt und die Menge des anderen Sprengstofftyps von vorne nach hinten abnimmt. Es kommen also zwei unterschiedliche Sprengstofftypen mit unterschiedlicher Gurney-Energie zum Einsatz. Die Menge der unterschiedlichen, quasi lagemäßig geschichtet im Geschossinneren angeordneten Sprengstofftypen variiert derart, dass der eine Sprengstofftyp mengenmäßig gesehen in Geschosslängsrichtung zunimmt, während der andere Sprengstofftyp mengenmäßig abnimmt. Auch hierüber kann folglich eine Variation der radialen Splitterbeschleunigung über die Geschosslängsachse erreicht werden.
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Zur Erleichterung der Splitterbildung kann die Hülle mittels Kerben oder Nutten innen- oder außenseitig strukturiert sein. Diese Kerben oder Nuten bilden quasi Sollbruchstellen, längs welcher beim Zünden des Sprengstoffs die Geschosshülle bevorzugt zerreißt.
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Weiterhin kann an der Hülleninnenseite oder im Hüllenmaterial selbst im Bereich, in dem das Geschwindigkeitsprofil gegeben ist, zusätzliche Splitterelemente, die lose Splitter umfassen oder die selbst in Splitter zerbersten, angeordnet sein. Denkbar ist beispielsweise die Anordnung innenliegender Splitterplatten, beispielsweise aus Schwermetall wie Wolfram, die beim Zünden des Sprengstoffs in Splitter zerreißen. Auch ist es denkbar, im Hüllmaterial selbst entsprechende Schwermetallsplitter zu integrieren, die bei Zündung des Sprengstoffs freigegeben werden.
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Alternativ oder zusätzlich zur hülleninnenseitigen oder hüllmaterialseitigen Anordnung der Splitterelemente ist es auch denkbar, an der Hüllenaußenseite im Bereich, in dem das Geschwindigkeitsprofil gegeben ist, zusätzliche Splitterelemente, die lose Splitter umfassen oder die selbst in Splitter zerbersten, und die mittels einer sie übergreifenden Außenhülle fixiert sind, anzuordnen. Es können also auch geschossaußenseitig entsprechende Splitterplatten, vorzugsweise aus Schwermetall oder entsprechenden Legierungen oder dergleichen, angeordnet werden. Diese sind über eine dünne Außenhülle fixiert, die bei Zündung des Sprengstoffs natürlich ebenfalls zerreißt.
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Gemäß einer zweckmäßigen Weiterbildung der Erfindung können ferner im Bereich der Geschossspitze lose Splitterelemente eingebracht sein, die bei Zündung des Sprengstoffs einen in Geschosslängsrichtung gerichteten, geschlossenen Splitterkegel bilden. Die Geschossspitze ist also mit separaten, zusätzlichen losen Splitterelementen gefüllt, die primär eine axiale Beschleunigung erfahren, respektive deren axiale Beschleunigungskomponente größer ist als die radiale Beschleunigungskomponente, so dass sich ein sich nach vorne öffnender, geschlossener Splitterkegel ergibt. Der „Abstand” dieses Splitterkegels zum Splitterkegel, der durch die hüllenseitig generierten Splitter erzeugt wird, ist aufgrund der erfindungsgemäßen Aufweitung oder Aufspreizung dieses zweiten Splitterkegels geringer als bei bisher bekannten Geschossen.
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Bevorzugt ist in diesem Zusammenhang das Geschwindigkeitsprofil derart ausgelegt, dass sich der durch die mit unterschiedlicher radialer Geschwindigkeit weggeschleuderten Splitter gebildete offene Splitterkegel an den geschlossenen Splitterkegel anschließt. Es bildet sich folglich eine quasi geschlossene Splitterfront aus, so dass ein sehr großflächiger Wirkbereich gegeben ist.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnung. Dabei zeigen:
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1 eine Prinzipdarstellung eines erfindungsgemäßen Geschosses im Schnitt,
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2 eine Prinzipdarstellung zur Erläuterung der Splitterbildung bei bisher bekannten Geschossen,
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3 eine Prinzipdarstellung eines Splitterkegels, wie er sich bei bisher bekannten Geschossen ausbildet,
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4 eine Prinzipdarstellung eines sich bei einem erfindungsgemäßen Geschoss ausbildenden Splitterkegels,
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5 eine Prinzipdarstellung eines Hüllenaufbaus einer ersten Ausführungsform,
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6 eine Prinzipdarstellung eines Hüllenaufbaus einer zweiten Ausführungsform,
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7 eine Prinzipdarstellung eines Hüllenaufbaus einer dritten Ausführungsform mit innenliegendem Füllstück zur Variation der Sprengstoffmenge,
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8 eine Prinzipdarstellung eines Geschosses mit verschiedenen Sprengstofftypen,
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9 eine Prinzipdarstellung der Splitterbildung bei einem erfindungsgemäßen Geschoss, und
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10 eine Prinzipdarstellung der Bildung zweier sich ergänzender Splitterkegel eines erfindungsgemäßen Geschosses.
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1 zeigt eine Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Geschosses 1, umfassend eine aus Edelstahl bestehende Geschosshülle 2 mit einem darin eingebrachten Sprengstoff 3 sowie eine Zündeinrichtung 4, über die der Sprengstoff in an sich bekannter Weise gezündet werden kann. Die Geschosshülle 2 ist beispielsweise aus Stahl, sie weist im vorliegenden Ausführungsbeispiel hüllenseitig integrierte zusätzliche Splitterelemente 5 auf. Im Bereich der Geschossspitze 6 sind in einem gegenüber dem Raum, in dem der Sprengstoff aufgenommen ist, abgegrenzten Raum weitere lose Splitterelemente 7, beispielsweise in Form von Kugeln, aufgenommen. Die Splitterelemente 5 und 7 können beispielsweise aus Schwermetall wie Wolfram sein.
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Wird der Sprengstoff 3 über die Zündeinrichtung 4 gezündet, so kommt es zur Splitterbildung. Zum einen zerreißt die Geschosshülle 2, es bilden sich eine Vielzahl einzelner Splitter, deren Form durch eine Strukturierung der Innen- oder Außenseite der Geschosshülle 2 mittels Nuten oder Kerben gegebenenfalls beeinflusst respektive definiert werden kann. Auch die Splitterelemente 5, beispielsweise Splitterplatten, bersten in viele einzelne Splitter. Entsprechendes gilt für die Splitterelemente 7, die bei Zündung des Sprengstoffs 3 ebenfalls als Splitter in die Umgebung geschleudert werden.
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2 zeigt in Form einer Prinzipdarstellung die Splitterbildung respektive Splitterbewegung der Splitter, die durch die Geschosshülle 2 erzeugt werden. Aufgrund der Zündung des Sprengstoffs 3 erfahren die einzelnen Splitter eine radiale Beschleunigung, wie durch den Vektorpfeil ν →r dargestellt ist. Da das Geschoss fliegt, ist auch eine axiale Geschwindigkeitskomponente gegeben, wie durch den Vektorpfeil ν →α dargestellt ist. Hieraus resultiert der Gesamtvektor ν →l der die Bewegungsrichtung des Splitters angibt.
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In der Praxis bildet sich ein in Geschosslängsrichtung offener, relativ schmaler Splitterkegel 8 aus, wie in 3 gezeigt ist. Ein Großteil der Hüllensplitter liegt in dem schmalen Bereich, also dem Splitterkegel 8, in dem die Splitterdichte relativ hoch ist.
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Dies resultiert daraus, dass bei bekannten Geschossen alle hüllenseitig erzeugten Splitter über den zündenden Sprengstoff 3 die gleiche Radialbeschleunigung erfahren, mithin also die radiale Geschwindigkeitskomponente respektive der radiale Geschwindigkeitsvektor ν →r gesehen in der Geschosslängsachse, quasi überall gleich ist.
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Demgegenüber ist bei einem erfindungsgemäßen Geschoss 1 vorgesehen, diesen Splitterkegel 8 aufzuweiten, was dadurch erfolgt, dass über die Geschosslängsachse ein variierendes Beschleunigungsprofil und damit ein variierendes Geschwindigkeitsprofil der weggeschleuderten Splitter erzeugt wird. Erfindungsgemäß werden durch unterschiedliche Maßnahmen, auf die nachfolgend noch eingegangen wird, die näher zur Geschossspitze 6 erzeugten Splitter weniger stark beschleunigt als die Splitter, die näher zum Geschossende 9 erzeugt werden. Dies ist in 4 dargestellt. Auch dort ist ein Splitterkegel 8 gezeigt, der jedoch, verglichen mit dem Splitterkegel 8 aus 3, deutlich breiter ist und der sich mit zunehmender Entfernung vom Geschoss aufweitet.
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Als eine Maßnahme, ein solches Beschleunigungs- oder Geschwindigkeitsprofil zu erzeugen, besteht die Möglichkeit, die Geschosshülle 2 in ihrer Wandstärke in Richtung der Geschosslängsachse zu variieren. Ein Ausführungsbeispiel in Form einer Prinzipdarstellung zeigt 5. Gezeigt ist die Geschosshülle 2 und der Sprengstoff 3. Ersichtlich ist die Geschosshülle in dem Bereich, der näher zur hier nur gestrichelt dargestellten Geschossspitze 6 liegt, dicker, die Wandstärke ist also größer als in dem Bereich, der näher zum auch hier nur gestrichelt gezeigten Geschossende 9 liegt. Damit variiert zwangsläufig auch die Menge an Sprengstoff gesehen über die Geschosslängsachse, die hier durch die strichpunktierte Linie L dargestellt ist. Ersichtlich ist im Bereich, der näher zur Geschossspitze 6 liegt, weniger Sprengstoff aufgrund der dickeren Hülle 2 eingebracht als in dem Bereich, der näher zum Geschossende 9 liegt. Die Geschosshülle 2 ist, was die Außenseite angeht, zumindest in diesem Bereich beispielsweise zylindrisch.
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Eine weitere Möglichkeit, das Beschleunigungs- oder Geschwindigkeitsprofil in der erfindungsgemäßen Weise längs der Geschosslängsachse variieren zu können, ist in 6 gezeigt. Wiederum ist in der Prinzipdarstellung die Geschosshülle 2 sowie der Sprengstoff 3 gezeigt. Die Wandstärke der Geschosshülle 2 ist bei dieser Ausgestaltung über die Geschosslängsachse gleich, jedoch variiert die Dichte des Geschosshüllenmaterials. In diesem Fall ist die Geschosshülle 2 aus zwei Materiallagen 2a und 2b aufgebaut. Die Materiallage 2a weist eine höhere Dichte auf, verglichen mit der Materiallage 2b. Bei der Materiallage 2a kann es sich beispielsweise um ein Schwermetallmaterial handeln, während es sich bei der Materiallage 2b um Stahl handeln kann. Die Wandstärke der Materiallage 2a nimmt von dem geschossspitzenseitigen Bereich zum geschossendeseitigen Bereich ab, während die Wandstärke der die niedrigere Dichte aufweisenden Materiallage vom geschossspitzenseitigen Bereich zum geschossendseitigen Bereich zunimmt. Hieraus ergibt sich folglich, dass die Gesamtdichte der Geschosshülle 2 von vorne nach hinten abnimmt. Die Sprengstoffmenge bleibt, axial gesehen, an jeder Stelle gleich. Dies führt dazu, dass Splitter aus dem Bereich mit höherer Dichte zwangsläufig langsamer beschleunigt werden, mithin also eine geringere Splittergeschwindigkeit aufweisen als Splitter, die im Bereich des Geschossendes erzeugt werden. Die jeweiligen Radialvektorkomponenten sind folglich über die Geschosslängsachse unterschiedlich, was zwangsläufig dazu führt, dass der Gesamtvektor eines spitzennah erzeugten Splitters deutlich flacher und in einem geringeren Winkel zur Geschosslängsachse L steht als der Gesamtvektor eines Splitters, der im Bereich des Geschossendes erzeugt wurde.
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Eine weitere mögliche Maßnahme zur Erzielung des Beschleunigungsprofils ist in 7 gezeigt. Die Geschosshülle 2 ist bei dieser Ausgestaltung unverändert, sie besteht beispielsweise aus Edelstahl konstanter Wanddicke. Im Inneren der Geschosshülle 2 ist ein kegelförmiges Füllstück 10, beispielsweise ein Stahlkegel, eingebracht. Dieser Stahlkegel variiert über die Geschosslängsachse zwangsläufig den Raum, in den der Sprengstoff 3 eingebracht werden kann. Ersichtlich ist im Bereich, der näher zur Geschossspitze 6 liegt, weniger Sprengstoff 3 vorhanden als in dem Bereich, der näher zum Geschossende 9 liegt. Zwangsläufig ergibt sich eine geringere Beschleunigung und damit eine geringere Radialgeschwindigkeit für die Splitter, die näher zur Geschossspitze 6 erzeugt werden, als für die Splitter, die näher zum Geschossende erzeugt werden.
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Eine vierte mögliche Maßnahme zur Erzeugung des Beschleunigungs- oder Geschwindigkeitsprofils ist schließlich in 8 gezeigt. Auch hier ist die Geschosshülle 2 unverändert, sie weist eine konstante Wanddicke auf und besteht beispielsweise aus Stahl. Im Inneren der Geschosshülle 2 ist wiederum der Sprengstoff 3 eingebracht, der jedoch aus zwei unterschiedlichen Sprengstofftypen 3a und 3b besteht. Der Sprengstoff 3a weist eine höhere Gurney-Energie auf als der Sprengstoff 3b. Die beiden Sprengstoffe 3a, 3b sind in definierten Lagen respektive Schichten angeordnet. Das Einbringen erfolgt derart, dass die Menge an die höhere Gurney-Energie aufweisenden Sprengstoff 3a vom Bereich der Geschossspitze zum Bereich des Geschossendes 9 hin zunimmt, während die Menge an die niedrigere Gurney-Energie aufweisenden Sprengstofftyp 3b vom Bereich der Geschossspitze 6 zum Geschossende 9 hin abnimmt. Dies führt dazu, dass die quasi „überlagerte” Gurney-Energie des Sprengstoffs 3 vom Bereich der Geschossspitze 6 zum Bereich des Geschossendes 9 hin zunimmt. Ein näher zur Geschossspitze 6 erzeugter Splitter wird folglich weniger stark beschleunigt als ein näher zum Geschossende 9 hin erzeugter Splitter.
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9 zeigt eine Prinzipdarstellung der unterschiedlichen Einzelvektoren respektive des Gesamtvektors bezogen auf einen Splitter, der nahe der Geschossspitze erzeugt wird, und auf einen Splitter, der nahe dem Geschossende erzeugt wird.
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Die genannten Maßnahmen (Variation der Geschosshüllenwandstärke, Variation der Geschosshüllendichte, Variation der Sprengstoffmenge oder Variation der Gurney-Energie) sollten zumindest auf den zylindrischen Teil des Geschosses, der nahe der Geschossspitze 6, also nahe der Ogive liegt, angewendet werden. Vermindert man dort den radialen Anteil der Splittergeschwindigkeit, in dem die Splitter geringer beschleunigt werden, so neigt sich, siehe 9, der Vektor ν → in Flugrichtung. Damit kann der Bereich der Splitter aus dem zylindrischen Geschossteil, also der Splitterkegel 8, an den Splitterbereich respektive Splitterkegel, der ogivenseitig gegebenenfalls erzeugt wird, angenähert werden.
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Die Erzeugung eines solchen ogivenseitig erzeugten Splitterkegels 10 ist exemplarisch in 10 gezeigt. Bei dem Geschoss gemäß 1 sind im Bereich der Geschossspitze 6 zusätzliche Splitterelemente 7 in Form der losen, beispielsweise kugelförmigen Schwermetallsplitter eingebracht. Beim Zünden des Sprengstoffs 3 werden auch diese beschleunigt. Es bildet sich näherungsweise ein geschlossener Splitterkegel aus, wie er in 10 exemplarisch dargestellt ist.
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Die Variation des Beschleunigungs- oder Geschwindigkeitsprofils der hüllenseitig erzeugten Splitter erfolgt nun bevorzugt derart, dass der nach vorne offene Splitterkegel 8 möglichst so erzeugt wird, dass er benachbart zum natürlich nahtlos an dem Splitterkegel 10 anschießt. Aus diesem Grund sollten die beschriebenen Maßnahmen möglichst nahe an der Geschossspitze realisiert werden, sie sollten sich, wenn möglich, auch möglichst weit über die Geschosshüllenlänge erstrecken. Ersichtlich ergibt sich in einem solchen Fall ein relativ breiter, geschlossener Wirkbereich des Geschosses 1. Bevorzugt jedoch sollten sich die Maßnahmen möglichst weit bis zum Geschossende erstrecken.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Geschoss
- 2
- Geschosshülle
- 2a, 2b
- verschiedene Materiallagen
- 3
- Sprengstoff
- 3a, 3b
- verschiedene Sprengstofftypen
- 4
- Zündeinrichtung
- 5
- Splitterelement
- 6
- Geschossspitze
- 7
- Splitterelement
- 8
- Splitterkegel
- 9
- Geschossende
- 10
- Füllstück
- L
- Linie