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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken in einer Ofenatmosphäre unter Einsatz von Wasserstoff oder Wasserstoffgemischen als Prozessgas. Unter Wasserstoffgemisch wird ein Gasgemisch zweier oder mehr Gaskomponenten verstanden, von denen eine Wasserstoff ist, wie beispielsweise Wasserstoff und Helium, Wasserstoff und Argon etc..
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Stand der Technik
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Aus dem Stand der Technik sind zahlreiche Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken unter Einsatz verschiedener Prozessgase bekannt. Einige dieser Wärmebehandlungsverfahren setzen Wasserstoff oder Wasserstoffgemische als Prozessgas ein. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sollen als Beispiele hierfür die Entkohlung sowie das Entwachsen beim Sintern beispielhaft kurz beschrieben werden. Ein weiteres typisches Beispiel wäre das Entkohlen von Elektroblechen.
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Bei Werkstoffen, die auf Eisen-Kohle-Legierungen (beispielsweise Stahl oder Gusseisen) basieren, können deren mechanischen Eigenschaften durch gezielte Entkohlung, also den teilweisen Entzug von Kohlenstoff, beeinflusst werden. Stahlwerkstoffe können zu diesem Zweck mittels einer Wasserstoff/Wasserdampf-Atmosphäre in Glühprozessen entkohlt werden. Hierbei wird in Folge Diffusion einer Oberflächenzone bis zur so genannten Entkohlungstiefe Kohlenstoff entzogen.
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Beim Sintern werden den beispielsweise metallischen Pulvern meist auch ein organisches Zusatzmittel (Presshilfsmittel, Gleitmittel) zugesetzt, das beim anschließenden Prozessschritt des Pressens ein Anschweißen des gepressten Körpers an das Presswerkzeug verhindern bzw. den Verschleiß des Presswerkzeuges minimieren soll. Vor der anschließenden Sinterung muss das Zusatzmittel thermisch entfernt werden (”Entwachsen”). Hierbei existieren Temperaturgrenzen, die vor der restlosen Entfernung des Zusatzmittels nicht überschritten werden dürfen, ohne dass unerwünschte Reaktionen zwischen Resten des Zusatzmittels und dem zu sinternden Metall auftreten. Durch solche Reaktionen können die Maßstabilität und mechanische Eigenschaften negativ beeinflusst werden. Es gibt aber auch Legierungen, die während des Aufheizens auf Sintertemperatur entwachst werden können. Die Entwachsung kann in der ersten Zone des Sinterofens oder in einem eigenen vorgeschalteten Ofen vorgenommen werden.
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Für die beispielhaft beschriebenen Prozesse des Entkohlens und der Entwachsung beim Sintern ist reiner Wasserstoff oder ein Wasserstoffgemisch als Prozessgas häufig zu trocken. Es kann daher versucht werden, Wasser in Form von Wasserdampf oder Luft zuzuführen.
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Die Zufuhr von Luft oder Wasser ist bei der C-Pegel-Regelung in Kammeröfen bekannt. Bei dieser C-Pegel-Regelung wird der Kohlenstoffgehalt indirekt über den Sauerstoff-Gehalt mittels einer Sauerstoff-Sonde oder über den gemessenen Taupunkt bestimmt. Zur Regelung des Kohlenstoffgehalts kann zum Abmagern der Ofenatmosphäre (Verringerung des Kohlenstoffgehalts) dann Luft oder Wasser in den Ofen eingeleitet werden.
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Es existieren jedoch Verfahren zur Wärmebehandlung unter Einsatz von Wasserstoff und Wasserstoffgemischen als Prozessgas, die sich nicht mit dem mit der Luft zugeführten Stickstoff vertragen und/oder bei denen die Zugabe vom Wasser oder Wasserdampf sich problematisch gestaltet. Hierzu gehören die oben genannten Prozesse der Entkohlung und Entwachsung beim Sintern.
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Es soll daher ein Verfahren gefunden werden, um einer Ofenatmosphäre bei der Wärmebehandlung mit Wasserstoff oder Wasserstoffgemischen als Prozessgas Wasser zuzuführen, ohne Wasser oder Luft in den Ofen einzuleiten.
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Kurzfassung der Erfindung
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Die Erfindung schlägt ein Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken in einer Ofenatmosphäre unter Einsatz von Wasserstoff oder Wasserstoffgemischen als Prozessgas vor, wobei reiner Sauerstoff zumindest einem Teil des Wasserstoffs zugegeben wird, um einen Wassergehalt in der Ofenatmosphäre einzustellen.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung.
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Die Erfindung ermöglicht es, Wasserstoff oder Wasserstoffgemische als Prozessgas für die Wärmebehandlung zu befeuchten, ohne Wasser dem Wärmebehandlungsofen zuzuführen. Ein bestimmter Wassergehalt ist, wie in der Beschreibungseinleitung dargelegt, für verschiedene Wärmebehandlungsverfahren (z. B. Entkohlung, Entwachsung beim Sintern) vorteilhaft. Sauerstoff reagiert mit Wasserstoff ab einer bestimmten Temperatur exotherm zu Wasser. Die entstehende Reaktionswärme kann für einen Temperaturanstieg im Ofen genutzt werden. Da überdies reiner Sauerstoff zugeführt wird, eignet sich das erfindungsgemäße Verfahren auch für Prozesse, die keinen Stickstoff (aus Luft) vertragen.
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In vorliegender Anmeldung soll unter dem Begriff ”reiner Sauerstoff' ein Gas verstanden werden, das einen Sauerstoffgehalt von mehr als 90%, insbesondere mehr als 95, mehr als 98 oder 99% aufweist.
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Vorteile der Erfindung
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Der Sauerstoff kann dem Wasserstoff oder dem Wasserstoffgemisch in der Ofenatmosphäre zugegeben werden. Hierzu kann der reine Sauerstoff getrennt vom Wasserstoff über entsprechende Leitungen in den Wärmebehandlungsofen zugeführt werden. Die Menge des Sauerstoffs wird so bemessen, dass ein gewünschter Wassergehalt in der Ofenatmosphäre entsteht.
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Alternativ oder zusätzlich kann der Sauerstoff zumindest einem Teil des Wasserstoffs oder des Wasserstoffgemischs in einem Reaktor zugeführt werden, in dem die exotherme Reaktion zu Wasser erfolgt. Anschließend wird das entstandene Reaktionsgemisch, also im Wesentlichen verbliebener Wasserstoff und etwaige weitere Gaskomponenten des Wasserstoffgemisches und Wasser der Ofenatmosphäre zugeführt. Ein derartiger vorgelagerter Reaktor erlaubt insbesondere eine bessere Kontrolle der Wasserstoff-Sauerstoff-Reaktion.
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Es ist besonders vorteilhaft, wenn der Wassergehalt in der Ofenatmosphäre auf einen Taupunkt von –10°C oder höher, insbesondere bis +10°C, weiter insbesondere auf +2°C, eingestellt wird.
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Die Zugabe von Sauerstoff erfolgt in einer vorteilhaften Ausführungsform in Abhängigkeit von der Durchflussmenge des der Ofenatmosphäre zugeführten Wasserstoffs oder Wasserstoffgemischs. Somit wird in Abhängigkeit von der Durchflussmenge des der Ofenatmosphäre zugeführten Wasserstoffs die Durchflussmenge des zugegebenen reinen Sauerstoffs eingestellt. Die Zugabe von gasförmigem Sauerstoff kann sehr genau dosiert werden, womit sich eine höhere Taupunkt-Genauigkeit als bei der Zugabe von Wasser in das Prozessgas erzielen lässt.
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Zusätzlich oder alternativ kann die Zugabe von Sauerstoff in Abhängigkeit von dem Sauerstoffgehalt im Wasserstoff, also beispielsweise im Wasserstoff im vorgelagerten Reaktor oder im Wasserstoff der Ofenatmosphäre, erfolgen. Gleiches gilt für ein Wasserstoffgemisch. Hierzu ist eine Sauerstoff-Sonde oder ein Sauerstoff-Analysator zur Messung des Sauerstoffgehalts notwendig. Solche Sauerstoff-Sonden sind zur indirekten C-Pegel-Regelung, wie in der Beschreibungseinleitung bereits erläutert, in der Regel bereits vorhanden, so dass keine Umrüstung am Wärmebehandlungsofen vorgenommen werden muss. Der gemessene Sauerstoffgehalt erlaubt insbesondere eine Vorausberechnung auf den zu erwartenden Taupunkt.
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Schließlich kann die Zugabe von Sauerstoff weiter alternativ oder zusätzlich in Abhängigkeit von dem in der Ofenatmosphäre gemessenen Taupunkt erfolgen. Beispielsweise kann auf einen vorteilhaften Taupunkt, wie den oben genannten von –10°C oder höher, geregelt werden. Taupunktsensoren werden ebenfalls häufig zur C-Pegel-Regelung eingesetzt, so dass auch in diesem Fall keine weitere Sensorik im Wärmebehandlungsofen zugefügt werden muss.
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Es ist insbesondere vorteilhaft, eine Regelung der Zugabe von Sauerstoff über eine Kombination der oben genannten Regelungsarten zu realisieren, wobei zwei oder alle drei der genannten Regelungsarten in Kombination verwendet werden können. Die genannte Regelung über die Durchflussmengen hat den Vorteil der Realisierung eines schnellen Regelkreises. Bei der Regelung über den Sauerstoffgehalt im Wasserstoff handelt es sich um einen mittleren Regelkreis, während es sich bei der Regelung über den Taupunkt um einen langsamen Regelkreis handelt, da Taupunktsensoren sich in der Regel sehr reaktionsträge verhalten. Da Regelkreise mit langen Reaktionszeiten regelungstechnisch immer problematisch sind, ist es vorteilhaft, die Taupunktregelung über die schnelleren Regelkreise der Regelung über die Durchflussmenge und/oder der Regelung über den Sauerstoffgehalt im Wasserstoff abzusichern.
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Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispieles in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung ausführlich beschrieben.
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Figurenbeschreibung
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1 zeigt schematisch einen Wärmebehandlungsofen, der für das erfindungsgemäße Wärmebehandlungsverfahren ausgerüstet ist.
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Die einzige 1 zeigt einen Wärmebehandlungsofen 1 schematisch in einer Seitenansicht. In der angegebenen Richtung 12 gelangen Werkstücke in den Wärmebehandlungsofen 1, um ihn nach der Wärmebehandlung in der Richtung 12 wieder zu verlassen. Der Wärmebehandlungsofen 1 ist für ein Wärmebehandlungsverfahren der Werkstücke in einer Ofenatmosphäre 13 unter Einsatz vom Wasserstoff (oder eines Wasserstoffgemischs) als Prozessgas ausgerüstet. Solche Prozesse sind beispielhaft die Entkohlung von Werkstücken oder die Entwachsung vor dem eigentlichen Sintern von Werkstücken. Die in 1 dargestellten Elemente beziehen sich auf die Erläuterung der anmeldungsgemäßen Erfindung; weitere Elemente, die dem Wärmebehandlungsverfahren dienen, sind der Übersichtlichkeit halber nicht extra behandelt.
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Die Leitung 5 dient der Zufuhr von befeuchtetem Wasserstoff. Der befeuchtete Wasserstoff wird in einem Reaktor 2 erzeugt, so dass durch die Leitung 5 der Ofenatmosphäre 13 direkt Wasserstoff mit einem gewünschten Wassergehalt zugeführt werden kann. Im Reaktor 2 reagieren die dem Reaktor zugeführten Gase Wasserstoff und Sauerstoff. Diese stark exotherme Reaktion kann im Reaktor 2 kontrolliert ablaufen. Über die Leitung 3 wird dem Reaktor 2 Sauerstoff, über die Leitung 4 wird dem Reaktor 2 Wasserstoff zugeführt. Die dem Reaktor 2 zugeführten Gasmengen können durch die jeweiligen Ventile 7 und 8 kontrolliert werden. In diesem Ausführungsbeispiel sollen dem Reaktor 2 reiner Wasserstoff und reiner Sauerstoff zugeführt werden. Das entstehende Reaktionsgemisch wird über die Leitung 5 dem Inneren des Wärmebehandlungsofens 1 zugeführt. Die Menge des eingeleiteten Reaktionsgemischs wird über das Ventil 9 kontrolliert.
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Besonders vorteilhaft ist eine geregelte Zugabe von Sauerstoff zur Einstellung des Wassergehalts in der Ofenatmosphäre 13 mittels dreier Regelkreise, die unterschiedlich schnell reagieren.
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Zunächst kann eine Regelung über die Durchflussmengen von Sauerstoff und Wasserstoff vorgenommen werden, die über die Leitungen 3 bzw. 4 in den Reaktor 2 fließen. Abhängig von der Durchflussmenge des Wasserstoffs wird Sauerstoff durch Leitung 3 zugeführt, um einen vorbestimmten Wassergehalt zu erzielen.
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Das Ventil 7, das die Durchflussmenge von Sauerstoff steuert, wird von einer Regeleinheit 16 angesteuert, die mit verschiedenen Sensoren in Wirkverbindung steht.
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Zunächst steht die Regeleinheit 16 mit einem Durchflusssensor 14, der in der Sauerstoff-Leitung 3 angeordnet ist, sowie mit einem Durchflusssensor 15, der in der Wasserstoff-Leitung 4 angeordnet ist, in Wirkverbindung. Abhängig von der Durchflussrate des Wasserstoffs kann somit eine geeignete Durchflussrate des Sauerstoffs eingeregelt werden. Dieser Regelkreis kann sehr schnell auf Veränderungen, beispielsweise auf eine Erhöhung des Wasserbedarfs, reagieren.
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Der Regelkreis 16 steht in dem dargestellten Ausführungsbeispiel gemäß 1 außerdem mit einem Sensor 10 in Wirkverbindung, über den der Sauerstoffgehalt in der Ofenatmosphäre 13 gemessen wird. Alternativ oder zusätzlich könnte auch der Sauerstoffgehalt in der Leitung 5 gemessen werden. Der gemessene Sauerstoffgehalt erlaubt insbesondere eine Vorausberechnung auf den zu erwartenden Taupunkt.
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Schließlich steht die Regeleinheit 16 mit einem Sensor 11 zur Taupunktmessung in Wirkverbindung. Beispielsweise wird mit Vorteil auf einen Soll-Taupunkt von –10°C, –5°C, –2°C, 0°C, +2°C, +5°C, +10°C oder höher geregelt. Sobald dieser Taupunkt unterschritten ist, was der Regeleinheit 16 über den Taupunktsensor 11 mitgeteilt wird, wird der Anteil Sauerstoff durch entsprechende Ansteuerung des Ventils 7 seitens der Regeleinheit 16 erhöht.
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Auf diese Weise stehen drei unterschiedlich schnelle Regelkreise zur Einstellung des Wassergehalts in der Ofenatmosphäre 13 zur Verfügung.
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Es sei angemerkt, dass die Sensoren 10 und 11 zur Messung des Sauerstoffgehalts bzw. des Taupunkts bei den meisten Wärmebehandlungsöfen ohnehin gängig für die C-Pegel-Regelung sind. Auf diese Weise kann das erfindungsgemäße Wärmebehandlungsverfahren in einfacher Weise bei vorhandenen Wärmebehandlungsöfen 1 realisiert werden, ohne dass es besonderer Veränderungen bedarf.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Wärmebehandlungsofen
- 2
- Reaktor
- 3
- Leitung
- 4
- Leitung
- 5
- Leitung
- 7
- Ventil
- 8
- Ventil
- 9
- Ventil
- 10
- Sensor
- 11
- Sensor
- 12
- Richtung
- 13
- Ofenatmosphäre
- 14
- Durchflusssensor
- 15
- Durchflusssensor
- 16
- Regeleinheit